Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitende Gedanken
Kritische Erziehungswissenschaft – Ein Überblick
Wolfgang Klafki
Zur Herangehensweise einer Begriffsdefinition der Didaktik Klafkis
Biographischer Hintergrund
Kritisch-konstruktive Didaktik
Gegenstandsbereich und Aufgabenfeld der kritisch-konstruktiven Didaktik
Die Didaktische Analyse als Praxisbezug der kritisch-konstruktiven Didaktik Klafkis
Klaus Mollenhauer
Zur Herangehensweise einer Begriffsdefinition der Didaktik Mollenhauers
Biographischer Hintergrund
Repräsentation als didaktischer Begriff Mollenhauers
Comenius als Begründer einer Weltordnung
Diego Velázquez und die Metapher des Spiegels
Die Kindsperspektive Johann Heinrich Pestalozzis
Zusammenfassender Begriff der Didaktik Mollenhauers in Vergessene Zusammenhänge
Vergleichende Darstellung von Mollenhauers und Klafkis Didaktik
Unterschiede in der Theorie der Didaktik
Gemeinsamkeiten in der Theorie der Didaktik
Abschließende Gedanken
Quellennachweise
Einleitende Gedanken
Möchte man sich einen Gesamtüberblick über die erziehungswissenschaftliche Theoriebildung verschaffen, empfiehlt es sich, dies anhand der drei großen Hauptströmungen zu tun. Einerseits wird die geisteswissenschaftliche Pädagogik als Richtung der Erziehungswissenschaft verstanden. Wilhelm Dilthey gilt als Vorreiter dieser Strömung und bildet für viele der später verfassten Theorien die Grundlage. Methode der geisteswissenschaftlichen Pädagogik ist primär die Hermeneutik. Das Erschließen von Texten soll zu einem tieferen Verständnis der Bedeutungszusammenhänge führen. Führende Vertreter waren beispielsweise Theodore Litt (1880-1962), Herman Nohl (1879-1960) oder Erich Weniger (1894-1961) (vgl. Gudjons; Traub 2016, S. 30 ff.). Als nächste Hauptströmung lässt sich die kritisch-rationale oder auch empirische Erziehungswissenschaft aufzählen. Entgegen dem Beispiel der geisteswissenschaftlichen Orientierung findet hier die Methode der Empirie Einzug in die pädagogisch-wissenschaftliche Praxis. Der auch als „realistische Wende“ bezeichnete Umschwung brachte naturwissenschaftliche Methoden in die Erziehungswissenschaft. Vor allem die Werke von Wolfgang Brezinka sind als Paradebeispiele dieser erkenntnis- und wirklichkeitsorientierten Auslegung der Pädagogik (vgl. Gudjons; Traub 2016, S. 34 ff.). Die letzte der großen drei Hauptströmungen ist die kritische Erziehungswissenschaft. Sie übt, wie der Name bereits vermuten lässt, Kritik an der geisteswissenschaftlichen und empirischen Pädagogik. Erziehungspraxen und pädagogische Grundbegriffe werden in der kritischen Erziehungswissenschaft unter Einbezug gesellschaftlicher und sozialpsychologischer Faktoren betrachtet. Als die größten Vertreter dieser Strömung gelten Herwig Blankertz (1927-1983), Klaus Mollenhauer (1928-1998) und Wolfgang Klafki (1927-2016). Die Theorieansätze Letzterer sollen zentraler Gegenstand dieser Arbeit sein. Denn nicht nur unter den verschiedenen Strömungen, sondern auch innerhalb dieser unterscheiden sich die Ansätze teils stark. Über diese Differenz soll in der folgenden Betrachtung in den wissenschaftlichen Diskurs getreten und sich inhaltlich an folgender These orientiert werden: Die folgende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich der Begriff der Didaktik bei Klafki und Mollenhauer definieren lässt und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich in einer vergleichenden Betrachtung erkennen lassen. Bevor sich mit den beiden zentralen Theoretikern beschäftigt werden kann, soll ein kurzer Einblick in die kritische Erziehungswissenschaft gegeben werden. Anschließend wird sich dem Didaktik-Begriff von Klafki und Mollenhauer gewidmet. Als Primärliteratur dienen einerseits die Veröffentlichungen „Studien zur Bildungstheorie und Didaktik (1963) und das Nachfolgewerk aus dem Jahr 2007 und andererseits die „Vergessenen Zusammenhänge“ (2008). Aus diesen Werken werden, mithilfe von Sekundärliteratur, die didaktischen Verständnisse der beiden Autoren herausgearbeitet. Abschließend wird ein Vergleich der beiden Theoretiker vollzogen.
Kritische Erziehungswissenschaft – Ein Überblick
Wie schon in den Einleitenden Gedanken angedeutet ist die kritische Erziehungswissenschaft immer nur in Abgrenzung zu der empirischen und geisteswissenschaftlichen Pädagogik zu verstehen, da sich primär aus der Kritik an den vorangehenden Strömungen nährt. Eine einheitliche Definition der kritischen Erziehungswissenschaft lässt sich nicht finden, da die konkreten Auslegungen stark von Theoretiker zu Theoretiker variieren. Dies ist auch einer Entwicklung der kritischen Pädagogik geschuldet die laut Göddertz „keineswegs eine gradlinige, sondern vielmehr eine wellenförmige und verschiedentlich akzentuierte“ (2018, S. 54) ist. Beispielhaft wird die Definition Klafkis angeführt, da dieser ebenfalls Hauptthema dieses Berichts sein wird. Klafki selbst definiert die kritische Erziehungswissenschaft als:
„Forschung und Theoriebildung im Hinblick auf die Klärung des Problems der Selbstbestimmung, der Demokratisierung, der Emanzipation in pädagogischer Perspektive“ (Klafki 1971, S. 264).
Diese Ausrichtung der wissenschaftlichen Bemühungen wird seit den 60er Jahren verfolgt und findet, nicht ausschließlich, jedoch sehr stark ihre Grundausrichtung in der philosophischen Theorie von Jürgen Habermas. Die emanzipatorische Orientierung, welche vor allem den Ansatz Mollenhauers prägte, fand bei Ihm seine Anfänge. Zum Ermöglichen von Emanzipation, muss die Interdependenz zwischen Gesellschaft und Pädagogik erforscht und ergründet werden (Göddertz 2018, S. 54ff.). Die kritische Pädagogik war alles andere als unumstritten jedoch formt sie die erziehungswissenschaftliche Debatte um einige Grundbegriffe bis heute. Vor allem in Subformen wie der Entwicklungspädagogik, der handlungstheoretischen Erziehungswissenschaft oder der kommunikativen Pädagogik lebt sie bis heute weiter (Göddertz 2018, S. 57). Zwei der berühmtesten Vertreter und Begründer dieser Idee haben auch den Begriff der Didaktik, unter ihren Vorstellungen, einer kritischen Analyse unterzogen. Die Haltungen von Wolfgang Klafki und Klaus Mollenhauer sollen im Folgenden vor dem Hintergrund der kritischen Erziehungswissenschaft wissenschaftlich diskutiert werden.
Wolfgang Klafki
Zur Herangehensweise einer Begriffsdefinition der Didaktik Klafkis
Das Werk „Pädagogische Grundbegriffe“ von Dieter Lenzen ist wohl einer der bekanntesten Versuche, Klarheit in die pädagogische Begriffswelt zu bringen. Diese Buchreihe ist als Versuch zu verstehen, Ordnung in eine begriffliche Verwirrung zu bringen, die einen wissenschaftlichen Diskurs über die Thematiken und somit auch eine erziehungswissenschaftliche Praxis ermöglicht. Auch Lenzen befasste sich mit dem Begriff der Didaktik und versteht unter ihm
„die wissenschaftliche Reflexion des Lehrens und Lernens“ (Lenzen 2006, S. 307).
Andere verstehen unter der Didaktik die reine Unterrichtsforschung, wiederum lässt sie sich auch als „Bildungslehre“ interpretieren. Bei Klaus Mollenhauer, wessen Ansicht ebenfalls Vergleichsgegenstand der folgenden Diskussion sein soll, verbirgt sich der Begriff der Didaktik primär hinter dem Terminus der Repräsentation (Mollenhauer 2008, S. 52-77). Duden online gibt ebenfalls drei verschieden Definitionen an, von welchen eine die Didaktik als „Theorie der Bildung“ (Dudenredaktion (o.J.)) betrachtet. Diese ohne große Mühen erstellte Aufzählung an Definitionen macht deutlich, wie vielfältig sich der Begriff der Didaktik auslegen lässt. Keine dieser begrifflichen Bestimmungen ist falsch, sie sind nur alle unterschiedlich weit gefasst. Dieser Bandbreite an Definitionen ist es geschuldet, weshalb einem Vergleich eine sehr detaillierte Beschreibung der Begrifflichkeit voranzustellen ist. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass eine komplette Darstellung dieser komplexen Begrifflichkeit der beiden Theoretiker im vorgegebenen Umfang dieser Arbeit nicht möglich ist. Es wird folgend also versucht, den Didaktik-Begriff der beiden Theoretiker so umfangreich wie nötig jedoch so kompakt wie möglich zu definieren. Aus diesem Grund wird sich primär auf die in der Einleitung genannten Hauptwerke der Pädagogen bezogen.
Biographischer Hintergrund
Es macht Sinn, einer Betrachtung der kritisch-konstruktiven Didaktik einen kurzen Abriss des Lebens von Wolfgang Klafkis voranzustellen. Interessant sind hier vor allem seine akademischen Lehrer, die ihn und seine Theorie maßgeblich mitbestimmt und geformt haben. Als Schüler Wenigers und Litts war Klafki schwer geprägt von diesen zwei Begründern der geisteswissenschaftlichen Pädagogik (Stübig; Kinsella 2008 S. 9). Diesen Hintergrund gilt es beim Lesen seiner Schriften zu beachten da seine erziehungswissenschaftliche Theorie als Weiterentwicklung und kritische Betrachtung der geisteswissenschaftlichen Theorie seiner beiden Vorgänger zu verstehen ist.
Kritisch-konstruktive Didaktik
Im Folgenden soll die kritisch-konstruktive Didaktik des Wolfgang Klafki definiert werden:
„Didaktik wird verstanden als ‚die Theorie der Bildungsaufgaben und Bildungsinhalte‘ (Klafki 1963, S. 84)“ (Matthes 1996, S. 36).
Diese Definition von Matthes durch Klafki selbst bringt die Begrifflichkeit sehr stark komprimiert auf den Punkt. Wiederum ist sie durch einen weiteren Begriff gespickt, der die Definition ohne Bestimmung dessen wenig aussagekräftig wirken lässt. Deshalb soll vorerst eine begriffliche Bestimmung des Bildungsbegriffs Klafkis vorgenommen werden, bevor sich darauffolgend der konkreten Definition der Didaktik gewidmet werden kann.
Die Bildung ist Zentrum des Verständnisses Klafkis (vgl. Klafki 2007, S. 94). Ihm kommt in Klafkis Ansatz eine sehr bedeutende Rolle zu, weshalb man seine Didaktik auch als bildungstheoretisch bezeichnet (vgl. Terhart 2017, S. 20). Um ein Grundverständnis der Terminologie herzustellen, lässt sich diese mit anderen Begriffen vergleichen. Möchte man die Bildung als Gegenstand beschreiben wäre sie als Selbstbestimmung, Solidarität und Mitbestimmung zu verstehen. Diese Zustände gilt es für jeden Menschen zu erreichen, weshalb es grundsätzlich Sinn macht, die Bildung als Ziel der pädagogischen Bemühungen zu verstehen (vgl. Lischewski 2014, S. 457 ff.). Diese Ausrichtung der Bildung als Zielbegriff ist für die unten folgende Betrachtung der Didaktik Klafkis der zentrale Punkt. Die beschriebenen Zustände werden im Bildungsprozess über drei verschiedene Wege erreicht. Klafki bezeichnet diese als Momente der Bildung (vgl. Klafki 2007, S. 19-25). Im ersten Moment wird versucht, alle Interessen und Fähigkeiten des Kindes auszubilden. Es wird sich folglich um eine mehrdimensionale Entwicklung bemüht, um Autonomie und Mündigkeit hervorzurufen. Auch die institutionelle Ebene wird in Klafkis Bildungsbegriff nicht vernachlässigt, denn im zweiten Moment fordert er zu einer Bildung für alle auf. Damit gemeint ist primär die Herstellung von Chancengleichheit, welche durch das Zugänglichmachen von Bildung für Menschen aller Gesellschaftsschichten entsteht. Der dritte Moment konzipiert die Bildung als Allgemeinbildung. Für das Erreichen der oben beschriebenen Kompetenzen ist bei Bildung auch auf die Vermittlung der entscheidenden Schlüsselprobleme unserer Gesellschaft zu achten. Werden diese drei Momente verwirklicht ist ein Erreichen des Ziels Bildung in Form von Selbstbestimmung, Solidarität und Mitbestimmung möglich.
Da das Bildungsverständnis Klafkis für diese Betrachtung nun ausreichend definiert ist soll sich nun wieder gezielt der Didaktik gewidmet werden. Betrachtet man die obenstehende Definition in Verbindung mit dem soeben hergestellten Grundwissen über den Bildungsbegriff ergibt sich folgendes Verständnis: Didaktik stellt also eine Theorie auf, durch welche Aufgaben und Inhalte in einem Lernprozess ein Zustand der Selbstbestimmung, Solidarität, Mitbestimmung und Bildung erreicht werden kann. Diese Definition könnte jedoch ebenso als der geisteswissenschaftlichen Pädagogik zugeordnet verstanden werde. Deshalb ist es wichtig, sich auch mit den Begriffen konstruktiv und kritisch auseinander zu setzen. Klafkis Verständnis von Didaktik ist einerseits kritisch, da er die pädagogischen Hilfen zum Erreichen von Selbstbestimmung, Solidarität und Mitbestimmung vor dem Hintergrund der Fähigkeiten von Kindern und Erwachsenen, wie den institutionellen Problemen sieht (Klafki 2007, S. 90). Der Unterschied zur geisteswissenschaftlichen Didaktik besteht also darin, dass sich die kritische Didaktik-Ausrichtung bewusst darüber ist, welche gesellschaftliche Hemmnisse und Problem bestehen und diese mitberücksichtigt werden können. Andererseits ist Klafkis Didaktik konstruktiv, da sie die didaktische Betrachtung des Theorie-Praxis Verhältnisses im Vergleich zu den theoretischen Vorgängern noch einen Schritt weiterdenkt. Neben der schon bestehenden Praxis werden „Vorgriffe der Theorie, Modelentwürfe für mögliche Praxis [und, Anmerkung d. Verf.] begründete Konzepte für eine veränderte Praxis“ (Matthes 1996, S. 74) mitgedacht.
Gegenstandsbereich und Aufgabenfeld der kritisch-konstruktiven Didaktik
Doch welche Aufgaben hat die Didaktik nach Klafkis Verständnis zu erfüllen? Ganz grundlegend könnte man aufgrund obenstehender Erläuterungen zum Schluss kommen, dass Didaktik zur Aufgabe hat, die als Ziel ausgeschriebene Bildung zu verwirklichen. Diese Schlussfolgerung ist nicht falsch doch auch wenig konkret. Eine genauere Bestimmung des Gegenstandsbereichs soll nun vorgenommen werden. Grundlegend sollen didaktische Prinzipien bei der Auswahl von Inhalten hilfreich sein (vgl. Matthes 1996, S. 36f). In der didaktischen Analyse findet die kritisch-konstruktive Didaktik ihren Praxisbezug. Zum Abschluss der Bestimmung des Didaktik-Ansatzes Klafkis soll nun die didaktische Analyse geschildert werden, um den praktischen Gegenstandsbereich der Didaktik zu verdeutlichen.
Die Didaktische Analyse als Praxisbezug der kritisch-konstruktiven Didaktik Klafkis
Bevor sich der didaktischen Analyse gewidmet werden kann, muss erklärt werden, was gemeint ist, wenn Klafki sich auf eine Didaktik im engeren Sinne bezieht. Eine Didaktik im engeren Sinn schließt die Methodik, also den Weg zum Ziel, nicht mit ein. An diesem Verständnis bedient sich Klafki und begründet dies mit dem Stellenwert der Didaktik (vgl. Meyer; Meyer 2007, 72ff.) (vgl. Matthes 1996, S. 36f). Er erachtet das Auswählen der Inhalte als wesentlich wichtiger und stellt die Methodik hinten an:
„Methoden im strengen Sinne des Wortes gibt es nur als Wege zu bestimmten Zielen, und ob ein Weg richtig oder falsch, angemessen oder unangemessen ist, das richtet sich eben danach, ob er zum Ziele führt. Also: man muß das Ziel kennen, um über den Weg entscheiden zu können“ (Klafki 1963, S. 86).
Fragen der Methodik sind also erst von Bedeutung, wenn das inhaltliche Ziel festgelegt ist. Der didaktische Auswahlprozess muss vor Beginn der Lehrbemühung abgeschlossen sein. Nun ist es die Aufgabe der Lehrperson mit Hilfe der didaktische Analyse Klafkis die inhaltlich entsprechende Auswahl an Gehalten zu treffen. Es geht bei der didaktischen Analyse nicht um die Lehrplangestaltung, sondern darum, aus diesem, die richtigen Bildungsgehalte für die konkrete Lehrveranstaltung zu ziehen (vgl. Meyer; Meyer 2007, S. 68). Als oberster Bezugsrahmen bei dieser Auswahl von Inhalten ist der oben beschrieben Ziel-Begriff der Bildung zu verstehen (vgl. Matthes 1996, S. 40). In diesem Findungsprozess gilt es für professionell handelnde Pädagoge durch die didaktische Analyse, Lehrpläne auf verborgene Motivationen von beispielsweise Kirche oder Staat zu überprüfen und somit die bestmögliche Auswahl an Inhalten zu ermöglichen. Konkret wird dieser Prozess mithilfe von fünf Fragen vollzogen. Eine negative Beantwortung einer der Fragen spricht dem Bildungsgehalts die Geltung ab und soll deshalb nicht vermittelt werden. Die fünf Fragen werden im Folgenden kurz geschildert.
Die erste didaktische Frage wird nach der exemplarischen Bedeutung des Inhalts gestellt. Es geht darum, was die Schüler mit dem gelernten Inhalt anfangen können. Konkreter wird sich auf das im Besonderen angelegte Allgemeine fokussiert. Darunter wird verstanden, welchen allgemeinen Gehalt der Lernende sich aus dem Speziellen erschließen kann. Ergibt sich hier kein Mehrwert so muss über das Ausschließen oder Abändern des Inhalts nachgedacht werden (vgl. Klafki 1963, S. 135f.). Als zweites stellt Klafki die Frage nach dem Gegenwartsbezogen. Welchen Nutzen kann der Lernende im Hier und Jetzt aus dem Inhalt ziehen und welche Verknüpfungspunkte lassen sich herstellen:
„Es ist also zu überlegen, ob und wenn ja welche Anknüpfungspunkte es in der Lebenswelt der jungen Menschen für die Behandlung des ausgewählten Inhalts gibt“ (Matthes 1996, S. 41).
Im Gegensatz zur zweiten Frage stellt sich die Dritte nicht nach der Gegenwart, sondern nach der Zukunft. Welche Bedeutung lässt sich für den Lernenden in Zukunft aus dem Lerngegenstand ziehen? Die Fragestellung lautet also, ob sich der präsentierte Inhalt zukünftig zur Bewältigung von Aufgaben nutzen lässt oder nicht (vgl. Klafki 1963, S. 137). Viertens frägt Klafki nach der spezifischen Struktur des Inhalts. Durch die Beantwortung der drei vorhergehenden Fragen wurde schon eine pädagogische Sicht auf die Inhalte geschaffen. Nun gilt es die Struktur der Gehalte zu erforschen. Durch mehrere Teilfragen, auf dessen genauere Ausführung aus Gründen des Umfangs verzichtet werden soll, wird die pädagogische Struktur ergründetet und dadurch eine Bildungswirkung der Inhalte möglich (vgl. Klafki 1963, S. 137). Bei der fünften und letzten Frage wird sich mit der Zugänglichkeit und Darstellbarkeit beschäftigt. Damit ist gemeint, dass erfragt wird ob und wie sich der Inhalt für die Lernenden darstellen lässt. Es gilt also eine interessante und intrinsische Motivation anregende inhaltliche Auswahl zu treffen.
An diesem Punkt ist die kritisch-konstruktive Didaktik Klafkis ausreichend bestimmt und es kann sich dem zweiten Theoretiker gewidmet werden, um anschließend einen Vergleich anzustellen.
Klaus Mollenhauer
Zur Herangehensweise einer Begriffsdefinition der Didaktik Mollenhauers
Unter den oben kurz erwähnten zahlreichen verschiedenen Definitionen der Didaktik hat auch Klaus Mollenhauer seine eigene Ansicht. Einleitend lässt sich festhalten, dass auch für Mollenhauers Ansatz der Umfang dieser Arbeit nicht ausreichen würde, um ihn ganz zu erfassen, weshalb sich erneut um eine kurze jedoch ausreichende Definition bemüht werden wird. Aus demselben Grund wird sich ebenfalls auf primär ein Werk konzentriert: Die „Vergessenen Zusammenhänge“. Die Herangehensweise an die Erklärung seiner Didaktik ist weniger direkt und funktioniert nur durch die Interpretation von vorhergehenden Werken anderen Theoretiker. An ihnen stellt Mollenhauer in einer sehr kritischen Haltung die „Vergessenen Zusammenhänge“ heraus und ebnet so den Weg für eine konkretere Didaktik. Nicht durch genaue Beschreibung seiner Begrifflichkeiten und Konzepte, sondern anhand der Schilderung seiner verwendeten Beispiele und den daraus zu ziehenden Schlüssen soll im Folgenden sein didaktisches Verständnis skizziert werden.
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