Die sozialliberale Koalition 1969 war bisher das einzige Mal in der bundesdeutschen Geschichte, dass sich SPD und FDP auf Bundesebene zusammenfanden, um gemeinsam eine Regierung zu bilden. Damit stellt sie in fast 60 Jahren Bundesrepublik-Geschichte einen absoluten Präzedenzfall dar. Sie zeigt die Möglichkeit und Realisierbarkeit einer solchen Koalition, aber auch die Notwendigkeit günstiger Umstände. Die Voraussetzungen für eine derartige Koalitionsbildung stellen somit einen Betrachtungsschwerpunkt dar, schließlich würden sich daraus Rückschlüsse über andere Parteientwicklungen und vor allem Koalitionsbildungen unter Beteiligung der FDP ziehen lassen. Das 1969 gebildete sozialliberale Bündnis ist also auch für das heutige Parteienspektrum von Interesse.
Zweitens erweckt die SPD/FDP-Koalition den Eindruck der Flexibilität und Offenheit des Parteiengeflechts für verschiedenste Koalitionen. Immerhin gingen diesem Zusammenschluss 20 Jahre CDU-Regierung - größtenteils mit der FDP - voraus. Die parteisystematische Varianz schließt eine Koalition aus Frei- und Sozialdemokraten mit ein, deren Grundlage hier untersucht werden soll. Schließlich bleibt noch die Frage, welche Umstände überhaupt zur Bildung einer Koalition führen. Anhand der sozialliberalen Koalition ist dies für historische Vergleichsanalysen anderer Koalitionsbildungen relevant.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entfremdung der FDP von der CDU zwischen 1955 und 1966
- Die 50er Jahre: Zerwürfnis mit der CDU
- Richtungsstreit innerhalb der FDP zwischen „entschiedener“ und „gemäßigter“ Opposition
- Bruch der christliberalen Koalition
- Liberale Oppositionsjahre 1956-1961
- Die FDP auf Konfrontationskurs mit den Christdemokraten
- „Mit der CDU, aber ohne Adenauer!“
- Die FDP in der Spirale eines neuen Parteienspektrums der 60er Jahre
- Der Reaktionär Erich Mende übernimmt den Parteivorsitz
- Richtungswechsel: Deutschlandpolitik
- „Liberales Korrektiv“ oder „Dritte Kraft“?
- Austritt der FDP-Minister aus der Koalition
- Die 50er Jahre: Zerwürfnis mit der CDU
- Die FDP in der parlamentarischen Opposition 1966-1969
- Warum scheiterte die sozialliberale Koalition 1966?
- Risiken und Chancen der „Mini-Opposition“
- Von Erich Mende zu Walter Scheel
- Der „Schollwer-Plan“ als Zeichen der Neuausrichtung
- Walter Scheel: Die FDP auf neuen Wegen
- Dahrendorf und der Linksliberalismus
- Die erste sozialliberale Koalition in der Geschichte der BRD
- SPD/FDP-Bündnisse in den Landesparlamenten
- Die Bundespräsidentenwahl Heinemanns als Ausdruck sozialliberaler Koalitionsorientierung
- Sozialliberale Wahlplattform
- Deutschlandpolitik als wesentliches Fundament der Koalitionsbildung
- Divergenzen zwischen Linksliberalismus und Sozialdemokratie
- Über die Möglichkeiten der Regierungsbildung
- Ergebnis der Bundestagswahl 1969
- Wahldebakel für die Freidemokraten
- Die FDP nimmt erneut die Position als „Zünglein an der Waage“ ein
- Scheel und Brandt im Schulterschluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Hintergründe des Zusammenschlusses von SPD und FDP zur sozialliberalen Koalition 1969. Es wird analysiert, ob die Beweggründe der FDP primär machtpolitisch motiviert waren oder auf einer programmatischen Annäherung an die SPD basierten. Die Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik, insbesondere die Rolle der FDP, steht dabei im Mittelpunkt.
- Die Entfremdung der FDP von der CDU in den 1950er und 1960er Jahren.
- Die ideologische und programmatische Annäherung von FDP und SPD.
- Die Rolle der Deutschlandpolitik in der Koalitionsbildung.
- Der Einfluss von Machtpolitik und programmatischer Konvergenz auf die Entscheidung der FDP.
- Die Bedeutung der sozialliberalen Koalition für das deutsche Parteiensystem.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Relevanz der sozialliberalen Koalition 1969 und formuliert die zentrale Forschungsfrage nach den Motiven der FDP für den Koalitionsbeitritt. Kapitel 2 beschreibt die Abwendung der FDP von der CDU, hervorgerufen durch innerparteiliche Konflikte und unterschiedliche Auffassungen in der Deutschlandpolitik. Kapitel 3 behandelt die Zeit der FDP in der Opposition nach 1966 und die Verschiebung innerhalb der Partei hin zu einer neuen Ausrichtung unter Walter Scheel. Kapitel 4 beleuchtet die Entstehung der sozialliberalen Koalition, einschließlich der Rolle der Deutschlandpolitik und der Bundestagswahl 1969.
Schlüsselwörter
Sozialliberale Koalition, FDP, SPD, CDU, Deutschlandpolitik, Parteiensystem, Machtpolitik, programmatische Konvergenz, Koalitionsbildung, Parteientwicklung, 1969.
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- Sebastian Knecht (Autor), 2006, Die FDP auf dem Weg in die sozialliberale Koalition 1969, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119606