Koordinative Fähigkeiten in den Thüringer Lehrplänen für das Fach Sport und aktuelle Theoriemodelle der Wissenschaft

Ein Vergleich


Epreuve d'examen, 2008

71 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Sportmotorische Fähigkeiten
2.1.1 Konditionelle Fähigkeiten
2.1.2 Koordinative Fähigkeiten
2.1.2.1 Definition nach dem Sportwissenschaftlichen Lexikon (RÖTHIG/PROHL)
2.1.2.2 Allgemein
2.1.2.3 Begriffserklärungen „Fähigkeiten“ und „Fertigkeiten“
2.2 Überblick über einzelne koordinativen Fähigkeiten
2.2.1 Motorische Differenzierungsfähigkeit
2.2.2 Kopplungsfähigkeit
2.2.3 Reaktionsfähigkeit
2.2.4 Orientierungsfähigkeit
2.2.5 Gleichgewichtsfähigkeit
2.2.5.1 Definition nach MEINEL & SCHNABEL
2.2.5.2 Definition nach dem Sportwissenschaftlichen Lexikon (RÖTHIG & PROHL)
2.2.5.3 Allgemein
2.2.6 Umstellungsfähigkeit
2.2.7 Rhythmisierungsfähigkeit
2.3 Strukturierungs− und Differenzierungsansätze koordinativer Fähigkeiten
2.3.1 Fähigkeitssystem von PÖHLMANN & KIRCHNER
2.3.2 Hierarchisches Fähigkeitssystem nach ROTH
2.3.3 Fähigkeitssystem nach LJACH
2.3.4 Strukturmodell koordinativer Fähigkeiten nach ZIMMER
2.3.5 „Greifswalder Modell für den Schulsport“ nach HIRTZ
2.3.6 Modell nach BLUME
2.4 Schulung von koordinativen Fähigkeiten im Schulsport
2.4.1 Schulung der motorischen Differenzierungsfähigkeit
2.4.2 Schulung der Gleichgewichtsfähigkeit
2.4.3 Schulung der Reaktionsfähigkeit
2.4.4 Schulung der Orientierungsfähigkeit
2.4.5 Schulung der Rhythmisierungsfähigkeit
2.5 Motorische Ontogenese und Entwicklung koordinativer Fähigkeiten
2.5.1 Mittleres Kindesalter (1. – 3./4. Schuljahr)
2.5.2 Spätes Kindesalter (5. – 6. Schuljahr)
2.5.3 Frühes Jugendalter (7. – 8. Schuljahr)
2.5.4 Spätes Jugendalter (9. – 12. Schuljahr)

3 Motorik-Tests zur Erfassung koordinativer Fähigkeiten
3.1 Münchner Fitness−Test (MFT)
3.2 Körper−Koordinationstest für Kinder (KTK)
3.3 Wiener Koordinationsparcours (WKP)
3.4 Kinderkoordinationstest (KIKO)

4 Lehrplananalyse für das Fach Sport
4.1 Aufbau der einzelnen Lehrpläne
4.1.1 Grundschule
4.1.2 Regelschule
4.1.3 Gymnasium
4.1.4 Berufsbildende Schule
4.2 Auswertungen
4.3 Zur Kritik

5 Möglichkeiten und Ausblick
5.1 Thüringer Lehrpläne
5.2 Wissenschaftliche Modelle der Koordinativen Fähigkeiten

6 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Konditionelle Fähigkeiten

Abbildung 2: Koordinative Fähigkeiten

Abbildung 3: Fünf Fähigkeiten nach HIRTZ

Abbildung 4: Entwicklung koordinativer Fähigkeiten nach HIRTZ

Abbildung 5: Wiener Koordinationsparcours

Abbildung 6: Aufbau Lehrplan Grundschule

Abbildung 7: Aufbau Lehrplan Regelschule

Abbildung 8: Aufbau Lehrplan Gymnasium

Abbildung 9: Aufbau Lehrplan für Berufsbildende Schulen

Abbildung 10: Anz der Nennung "koordinative Fähigkeiten" in den versch. Lehrplänen/Klassenstufen

Abbildung 11: Anzahl von Nennungen koordinativer Aspekte im Lernbereichsteil

Abbildung 12: Anzahl der Nennungen koordinativer Aspekte im Lernbereichsteil des Lehrplans Grundschule

Abbildung 13: Anzahl der Nennungen koordinativer Aspekte im Lernbereichsteil des Lehrplans Regelschule

Abbildung 14: Anzahl der Nennungen koordinativer Aspekte im Lernbereichsteil des Lehrplans Gymnasium

Abbildung 15: Nennung einzelner koordinativer Fähigkeiten in den versch. Lehrplänen

Abbildung 16: Sensible Phasen Mädchen nach Klassenstufen

Abbildung 17: Sensible Phasen Jungen nach Klassenstufen

Abbildung 18: Vorschlag zur Übersicht eines Lernbereichs

Abbildung 19: Vorschlag Strukturierung des Lernbereichs Tanz

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Motorische Ontogenese

Tabelle 2: Modell der sensiblen Phasen nach ASMUS

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Beobachtet man Hochleistungssportler, wie Turniertänzer, Eiskunstläufer oder Skisportler ist es fast unvorstellbar, was der menschliche Körper zu leisten vermag. Nur durch das perfekte Zusammenspiel von Muskulatur und Nervensystem, ist es dem Menschen möglich Hochleistungen zu erbringen. Allein das Gehen oder benutzen der Hände, welches bereits im frühen Kindesalter erlernt wird, birgt höchste Anforderungen an koordinative Fähigkeiten. Jede Alltagsbewegung und auch sonst alle motorischen Bewegungen müssen erst gelernt, stabilisiert und automatisiert werden, damit der Mensch diese „Bewegungsschablonen“ im Gehirn abrufen kann. Koordinative Fähigkeiten sind folglich unabdingbar für die Prozesse der Bewegungssteuerung. Die menschliche Bewegungskoordination ist beispielweise unabdingbar für eine gute Unfallprophylaxe. Vorhersehbare sowie nicht vorhersehbare Bewegungssituationen können bewältigt und komplexe Alltagsaufgaben1 verrichtet werden. Einen hohen Stellenwert haben koordinative Fähigkeiten besonders im Sport, in Bezug auf das Erlernen und Verbessern von taktischen und technischen Fertigkeiten. Situationsbedingte Bewegungen können, auch unter Zeitdruck mühelos angepasst werden.

Im Kapitel 2 werden alle für das Thema erforderlichen, theoretischen Grundlagen im Bereich Sportmotorik und menschlicher Ontogenese vorgestellt. Ebenso beinhaltet es die Auseinandersetzung mit aktuellen Theoriemodellen der koordinativen Fähigkeiten. Die einzelnen Fähigkeiten werden vorgestellt. Das Kapitel 3 beschäftigt sich darauffolgend mit der Erfassbarkeit von koordinativen Fähigkeiten. Verschiedene Motorik−Testreihen und anwendbare Testverfahren für den Schulsport werden vorgestellt und kritisch betrachtet.

Aufgrund der enormen Wichtigkeit von koordinativen Fähigkeiten in den bereits genannten Lebensbereichen, werden die Thüringer Lehrpläne für das Fach Sport im Kapitel 4 auf koordinative Aspekte sowie Umsetzung deren Schulung kritisch analysiert. Es wird ein Vergleich zu wissenschaftlichen Strukturmodellen gezogen und festgestellt, ob diese in den Lehrplänen ausreichende Berücksichtigung finden und/oder sich widerspiegeln.

Im fünften und letzten Kapitel dieser Arbeit, wird ein Fazit gezogen, welches einen abschließenden Ausblick sowie Möglichkeiten der Umsetzung koordinativer Aspekte in den Thüringer Lehrplänen enthält.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Sportmotorische Fähigkeiten

Um eine sportliche Leistung zu erbringen, benötigt der Mensch bestimmte körperlich− physische Voraussetzungen – die sogenannten „motorischen Fähigkeiten“. Hierbei wird zwischen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten unterschieden. Nach LOOSCH (1999) sind konditionelle Fähigkeiten2 jene, die der organismischen Energiebereitstellung dienen, wogegen koordinative Fähigkeiten die Qualität der motorischen Abstimmungsprozesse und raum−zeitliche Merkmale beschreiben.

2.1.1 Konditionelle Fähigkeiten

MEINEL & SCHNABEL (2007) weisen darauf hin, dass vier wesentliche konditionelle Fähigkeiten existieren: Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit sowie Beweglichkeit3 und sind in erster Linie energetische Prozesse. Das folgende Modell soll einen Überblick über die Konditionellen Fähigkeiten geben (Abb. 1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Konditionelle Fähigkeiten (nach LOOSCH, 1999)

Die Kraftfähigkeit ermöglicht dem Menschen, durch Muskeltätigkeit äußere Widerstände zu überwinden oder ihnen entgegenzuwirken. Neben sportartspezifischen Fähigkeiten, existieren auch allgemeine Kraftfähigkeiten. Dazu gehören die Maximalkraft, die Schnellkraft, die Kraftausdauer und die Reaktivkraft. (HARTMANN & SENF, 1997)

Ausdauer beschreibt die Widerstandsfähigkeit des Organismus gegen ermüdungsbedingten Leistungsabfall bei langandauernden sportlichen Belastungen. Außerdem unterstützen sie einen schnellen Regenerierungsprozess nach der sportlichen Betätigung (RÖTHING, 1983). Man unterscheidet hierbei zwischen Grundlagenausdauer und wettkampfspezifischer Ausdauer (Kurzzeitausdauer, Mittelzeitausdauer und Langzeitausdauer). Bei den zwei weiteren Bereichen, der Schnelligkeit und Beweglichkeit, wirken energetische und koordinative Komponenten komplex zusammen (MARTIN, CARL & LEHNERTZ, 2001)4.

Schnelligkeit bedeutet die Fähigkeit zu besitzen, motorische Aktionen mit höchstmöglicher Geschwindigkeit durchzuführen und/oder schnellstmöglich auf ein Signal bzw. einen Reiz reagieren zu können (u.a. MARTIN, CARL & LEHNERTZ, 2001). Unterschieden wird meist zwischen Reaktionsschnelligkeit, Beschleunigungsfähigkeit und Bewegungsschnelligkeit.

Als Beweglichkeit5 bezeichnet man die Fähigkeit, beliebige Bewegungen mit einem großen Bewegungsspielraum in verschiedenen Gelenken ausüben und/oder bestimmte Körperhaltungen einzunehmen zu können (ebenda, 2001). Nach MEINEL/SCHNABEL (2008) „wird die Beweglichkeit von der Dehnfähigkeit der Muskeln, Bänder und Sehnen bestimmt und andererseits durch die Gelenkigkeit begrenzt“. Unterschieden wird hierbei zwischen allgemeiner und spezieller, statischer und dynamischer sowie aktiver und passiver Beweglichkeit. Die Beweglichkeit nimmt als motorische Fähigkeit eine Zwischenstellung zwischen den Bereichen Koordination und Kondition ein, da sie zum Einen durch konstitutionelle6 und energetisch−konditionelle7 Voraussetzungen bedingt ist sowie zum Anderen maßgeblich durch koordinative Komponenten (z.B. Muskelentspannungsfähigkeit) beeinflusst wird. Somit „stellt die Beweglichkeit einen eigenständigen Fähigkeitsbereich dar“ (MEINEL & SCHNABEL, 2008).

2.1.2 Koordinative Fähigkeiten

2.1.2.1 Definition nach dem Sportwissenschaftlichen Lexikon (RÖTHIG/PROHL)

„Der Begriff koordinative Fähigkeiten ist eine Sammelbezeichnung für die überwiegend von den informationsaufnehmenden und informationsverarbeitenden Prozessen determinierenden Bedingungen zur Realisierung (sportlicher) Bewegungshandlungen.“

„Koordinative Fähigkeiten sind von den überwiegend energetisch bestimmten konditionellen Fähigkeiten zu unterscheiden.“

2.1.2.2 Allgemein

Koordinative Fähigkeiten sind eine Klasse motorischer Fähigkeiten, die sich primär auf Bewegungssteuerung und −regelung beziehen und durch diese wesentlich bedingt sind. Somit bilden sie notwendige Voraussetzungen, um komplexe, dominant koordinative Bewegungsanforderungen zu bewältigen. (u.a. MEINEL & SCHNABEL, 2007; ZIMMERMANN, 1983; HIRTZ, 1994).

Kurz gesagt, benötigt man koordinative Fähigkeiten, um bestimmte sportliche Tätigkeiten und motorische Anforderungen zu bewältigen, die vorrangig koordinativen Charakter haben. Sie sind Voraussetzung und Ergebnis zugleich, denn sie entwickeln sich erst mit der Tätigkeit.

Obwohl die Regel− und Steuerprozesse bei jedem Menschen nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten ablaufen, sind die Ausprägung der Fähigkeiten und der qualitative Ablauf von Bewegungsprozessen bei jedem Mensch unterschiedlich. Eine Bewegung − vielmehr ein Bewegungsgefüge, besteht nicht nur aus einer einzelnen koordinativen Anforderung, sondern aus mehreren koordinativen Fähigkeiten, die miteinander in Verbindung stehen und in der Regel mit anderen Fähigkeiten8 als Konstrukt agieren. Gut ausgebildete koordinative Fähigkeiten ermöglichen die erfolgreiche Bewältigung von Bewegungsaufgaben und vermeiden überflüssige Muskelinnervationen und Fehlbelastungen. Nach ZIMMERMANN, SCHNABEL & BLUME (2002) „stellen [sie] in enger Verflechtung mit anderen Eigenschaften eine Leistungsvoraussetzung dar, die im Grad der Schnelligkeit und Qualität der Erlernung, Vervollkommnung und Stabilisierung motorischer Fertigkeiten sowie ihrer situations− und bedingungsadäquaten Anwendung, aber auch in der Höhe des Ausnutzungsgrades, der Ökonomisierung konditioneller Potenzen zum Ausdruck kommen“.

2.1.2.3 Begriffserklärungen „Fähigkeiten“ und „Fertigkeiten“

Der Begriff Fähigkeiten ist nicht allgemein mit dem Begriff Fertigkeiten gleichzusetzen, jedoch besteht eine enge Verbindung zwischen ihnen. Beide sind koordinativ bedingte Leistungsvoraussetzungen und wesentlich am regulativen Ablauf einer Bewegung beteiligt. Der wesentliche Unterschied besteht in dem Grad der Allgemeinheit. Fertigkeiten sind „bereits weitestgehend automatisierte, konkrete und verfestigte Bewegungshandlungen bzw. Teilhandlungen“ (MEINEL & SCHNABEL, 2007), während koordinative Fähigkeiten zwar auch verfestigt, jedoch eine Art verallgemeinerte Leistungsvoraussetzung für viele Bewegungshandlungen sind. Sie sind nicht direkt sichtbar; man kann sie nur durch spezielle Tests oder Beobachtungen erkennen (LOOSCH, 1999).

Eine jeweils bestimmte Ausprägung der koordinativen Fähigkeiten ist eine notwendige Voraussetzung für das Erlernen von Bewegungsfertigkeiten. Es existiert ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen dem Ausgangsniveau der koordinativen Fähigkeiten und der Lernzeit, was besondere Bedeutung für den Schulsport hat. MEINEL & SCHNABEL (2007) sind der Meinung, dass „Schulkinder mit [bereits] gut ausgeprägten koordinativen Fähigkeiten, motorisch schneller und effektiver lernen, da sie auf die antrainierten und verfestigten […] Verlaufsqualitäten zurückgreifen können“. Außerdem erhöhe sich bei ihnen „auch der Wirkungsgrad bereits angeeigneter sporttechnischer Fertigkeiten, was die Vervollkommnung, Stabilisierung und situationsadäquate Anwendung, Umstellung und Anpassung“ fördere.

Die verschiedenen Sportarten und Disziplinen mit verschiedensten Anforderungen an Bewegungskoordination, erfordern unterschiedliche Ausprägungen und Formen der jeweiligen koordinativen Aspekte.

2.2 Überblick über einzelne koordinativen Fähigkeiten

Vor allem für die Sportpraxis ist es notwendig, auf ein einsetzbares und praktisch verwendbares Strukturierungsmodell zurückgreifen zu können. Nach ZIMMERMANN & BLUME (in MEINEL & SCHNABEL 2004) unterscheidet man koordinative Fähigkeiten in allgemeine koordinative Grundfähigkeiten (Steuerungsfähigkeit, Adaptionsfähigkeit und motorische Lernfähigkeit) und spezielle koordinative Fähigkeiten. Die Zusammenhänge sind in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Koordinative Fähigkeiten

Im Folgenden werden sieben, für den Schulsport wichtige, spezielle koordinative Fähigkeiten (nach BLUME, 1981) vorgestellt und näher charakterisiert.

2.2.1 Motorische Differenzierungsfähigkeit

Unter motorischer Differenzierungsfähigkeit versteht man laut MEINEL & SCHNABEL (2007) „die Fähigkeit zum Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsphasen und Teilkörperbewegungen, die in großer Bewegungsgenauigkeit und Bewegungsökonomie zum Ausdruck kommt“.

Diese Fähigkeit beruht auf dem Vergleich des inneren Modells eines Bewegungsablaufes und der damit verbundenen, bewussten, genauen Wahrnehmung der aktuellen Bewegung im Raum−, Zeit und Kraftgefüge. Hierbei ist entscheidend inwieweit die Bewegungserfahrung und der Beherrschungsgrad der jeweiligen motorischen Handlung ausgeprägt sind. So werden Differenzen in der zeitweiligen Bewegungsausführung erkenn− und veränderbar.

Die Differenzierungsfähigkeit lässt sich wie folgt klassifizieren (u.a. Dissertation KIRCHEIS, 1977):

- Art der Bewegungsausführung (entsprechend spezieller Zielstellungen):

z.B. genaues Wiederholen, Nuancieren, Geschwindigkeitsanpassung - Art der Bewegungsparameter (über die vornehmlich die Feinsteuerung erfolgt):

z.B. räumliche, zeitliche und dynamische Parameter - Hauptsächlich agierende Körperteile:

z.B. Hand−, Finger−, Fuß−, Kopf−Geschicklichkeit, große Körperteile wie Rumpf, Arme und Beine - Art der Umweltbedingungen (mit denen sich der Sportler auseinandersetzt):

(.B. Luft, Wasser, Schnee, Eis, Bodenbeschaffenheit, Gegner, Partner, starre oder bewegliche GeräteAufgaben, die ein hohes Maß an Differenzierungsfähigkeit erfordern sind beispielsweise das Variieren und Nachahmen von vorgegebenen Bewegungsamplituden oder Krafteinsätzen, Zielwürfen oder –Sprüngen oder das Laufen einer Strecke in einer bestimmten Zeit. (MEINEL & SCHNABEL, 2007)

In engem Zusammenhang mit der Differenzierungsfähigkeit stehen die Kopplungs− und Orientierungsfähigkeit. Sie ist die Voraussetzung, um Bewegungen mit einem hohen Maß an Gleichgewichts− und Rhythmisierungsfähigkeit ausführen zu können.

2.2.2 Kopplungsfähigkeit

Unter Kopplungsfähigkeit versteht man zum Einen, die Kompetenz, Teilkörperbewegungen9 untereinander abzustimmen und zum Anderen, diese Bewegungen in Beziehung zur Gesamtkörperbewegung räumlich, zeitlich und dynamisch, dem Zweck entsprechend aufeinander abzustimmen. (ebenda, 2007)

Kopplungsfähigkeit kann wie folgt klassifiziert werden (u.a. nach FARFEL 1983):

- zeitliche Kopplung, der jeweils nacheinander und simultan ablaufenden Aktionen
- räumlicher Ablauf der Teilkörperbewegungen, der durch die entsprechenden Raumpositionen bestimmt wird
- ausgewogener Krafteinsatz, damit die zeitliche und räumliche Komponente eine optimale Ausprägung erfährt
- biomechanische Prinzipien bei der Koppelung der Teilbewegungen
- Impulsübertragung, die entweder von den Extremitäten auf den Rumpf oder umgekehrt nur dann effizient erfolgen kann, wenn die jeweiligen Teilbewegungen abgebremst werden
- Rumpfbewegung in Hinsicht auf die Bewegungsrichtung
- Kopfbewegung bzw. Steuerungsfunktion des Kopfes in Hinsicht auf die Rumpfmuskulatur
- beteiligte Analysatoren zur differenzierten Bewegungs−Wahrnehmung und
–Steuerung und
- unterschiedliche Kopplung der Körperteile (z.B. Überkreuzbewegungen, Folgebewegungen oder Bewegung beider Arme in verschiedenen Ebenen).

Aufgaben, die ein hohes Maß an Kopplungsfähigkeit erfordern, sind beispielsweise Übungen im Bereich Gymnastik, Geräteturnen oder Sportspielen. Dabei handelt es sich oft um sogenannte „Manipulationsaufgaben“10. Kopplungsfähigkeit ist eine entscheidende Grundlage, für das Ausführen von schwer zu bewältigenden Koordinationsaufgaben. (MEINEL & SCHNABEL, 2007)

Die Kopplungsfähigkeit steht oft in Zusammenhang mit der Orientierungs−, Differenzierungs− und Rhythmisierungsfähigkeit.

2.2.3 Reaktionsfähigkeit

Nach MEINEL & SCHNABEL (2007) bedeutet Reaktionsfähigkeit, die Kompetenz zu besitzen, eine motorische Aktion, aufgrund eines Signals, schnell einleiten und ausführen zu können. Das Signal kann dabei optisch, taktil oder kinästhetischem Ursprungs sein. Dabei ist es wichtig mit der höchstmöglichsten Geschwindigkeit zu reagieren und die geforderte Bewegung mit dem erwarteten Erfolg auszuführen. Diese kann ebenso eine gewollte Verzögerung der Aktion sein11.

Reaktionsfähigkeit lässt sich, wie folgt klassifizieren (nach VILKNER 1977):

- Reaktion auf akustisches Signal
(z.B. Läufer, Schwimmer, Spieler)
- Reaktion auf optisches Signal
(z.B. Mitspieler, Zweikampfgegner, Spielgerät, Staffelläufe)
- Reaktion auf taktile und kinästhetische Reize
(z.B. im Tanzen)
- Reaktion auf Mehrfach − Signale durch Auswahl eines entscheidenden Signals (z.B. Abwehr des gegnerischen Angriffs beim Zweikampf)

In enger Verbindung mit der Reaktionsfähigkeit steht oft die Umstellungsfähigkeit.

2.2.4 Orientierungsfähigkeit

MEINEL & SCHNABEL (2007) verstehen unter Orientierungsfähigkeit die „[…] Fähigkeit zur Bestimmung und zieladäquaten Veränderung der Lage und Bewegung des Körpers in Raum und Zeit, bezogen auf ein definiertes Aktionsfeld […] und/oder ein sich bewegendes Objekt“.

Grundlage bilden vorwiegend optisch aufgenommene Informationen, die Aufschluss über Lage und Bewegung des Körpers in Raum und Zeit geben, und somit die gesamte Bewegung des Körpers (nicht nur seiner Teile zueinander) steuern.

Orientierungsfähigkeit kann wie folgt klassifiziert werden (nach MASCHKE & RIEDER 1995):

- Realisierung von Position und Positionsveränderungen nach Orientierungspunkten entsprechend der veränderten Spielsituationen (z.B. Gegner, Mitspieler, Spielgerät)
- rechtzeitiges, präzise reguliertes Handeln, als Ausdruck richtiger Berechnung optisch−motorischer Aktionen (z.B. Kopfball, Doppelpässe)
- Anpassung an veränderte Position und Lage des Gegners in Zweikampfsportarten
- schnelle, gezielte Lageveränderungen um Drehachsen in technisch− kompositorischen Sportarten (z.B. Wasserspringen, Skiakrobatik, Trampolin− und Geräteturnen)

Es besteht eine Vernetzung zwischen der Orientierungsfähigkeit und der Differenzierungsfähigkeit. Sie ist oft Voraussetzung für das Erlernen anderer koordinativen Fähigkeiten. (MEINEL & SCHNABEL, 2007)

2.2.5 Gleichgewichtsfähigkeit

2.2.5.1 Definition nach MEINEL & SCHNABEL

„Unter Gleichgewichtsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, den gesamten Körper im Gleichgewichtszustand zu halten, oder während und nach umfangreichen Körperverlagerungen diesen Zustand beizubehalten bzw. wieder herzustellen.“

2.2.5.2 Definition nach dem Sportwissenschaftlichen Lexikon (RÖTHIG & PROHL)

„Gleichgewicht als physikalische Größe ist der Zustand eines Systems, indem sich Kräfte, Drehmomente oder ablaufende Reaktionen gegenseitig kompensieren. Das Gesamtsystem muss sich dabei nicht in Ruhe befinden (z.B. Radfahrer während der Fahrt). Selbst im aufrechten Stand des Menschen treten kontinuierliche Regulationsbeschwerden in der Vor−, Rück− und der seitlichen Ebene auf.

In der Trainings− und Bewegungslehre des Sports wird die Fähigkeit des Menschen, den eigenen oder fremden Körper durch Ausgleichsbewegungen in einer Gleichgewichtslage zu belassen, als motorisches Gleichgewicht (bzw. als motorische Gleichgewichtsfähigkeit) bezeichnet. Bei sportlichen Bewegungen mit entsprechend hohen äußeren Kräften ist die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts von besonderer Bedeutung.“

RÖTHIG & PROHL (2003) gehen von einer allgemeinen, aber individuell unterschiedlichen Gleichgewichtsfähigkeit aus. Die Gründe hierfür sind nicht exakt bekannt. Bewiesen sei jedoch, dass sich die Gleichgewichtsfähigkeit schulen lässt.

2.2.5.3 Allgemein

Man unterscheidet zwischen statischem und dynamischem Gleichgewicht. (Vgl. MEINEL & SCHNABEL, 2007) Das statische Gleichgewicht ist bei relativ ruhigen oder langsamen Bewegungen erforderlich, ebenso wie bei Ruhestellungen des Körpers in bestimmten Situationen. Es ist die Grundlage für alle motorischen Aktionen. Dagegen ist bei schnellen Bewegungen und Lageveränderungen12 des Körpers das dynamische Gleichgewicht nötig, um den Körper in Balance zu halten.13

Gleichgewicht kann wie folgt klassifiziert werden (u.a. HIRTZ, HOTZ & LUDWIG, 2000; TEIPEL, 1995):

- Standgleichgewicht (auf stabilen Unterlagen oder labilen Unterstützungsflächen): Das Standgewicht sorgt für Erhalt und Wiederherstellung des Körpergleichgewichts bei Bewegungen ohne Ortsveränderung. Es umfasst die Gleichgewichtskontrolle auf stabiler Unterlage sowie aus labilen Standflächen.
- Balanciergleichgewicht (auf stabilen oder sich bewegenden Geräten): Das Balanciergewicht dient dem Erhalt bzw. Wiederherstellung des Körpergleichgewichts bei Bewegungen mit Ortsveränderungen.
- Drehgleichgewicht (bei und nach Drehbewegungen um die verschiedenen Achsen): Das Drehgleichgewicht sorgt für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung des Körpergleichgewichts bei und nach Drehbewegungen um die verschiedenen Körperachsen.
- Fluggleichgewicht (in der stützlosen Phase):
Das Fluggleichgewicht dient dem Erhalt und der Wiederherstellung des Körpergleichgewichts in der stützlosen Phase.

Es besteht die Annahme, dass die Gleichgewichtsfähigkeit eine grundlegende Bedeutung für alle sportlichen Bewegungshandlungen besitzt. Wissenschfaftlichen Untersuchungen zufolge bestehen enge Vernetzungen zwischen der Gleichgewichtsfähigkeit und der sportlichen Leistung (TEIPEL, 1995). Es existiert eine Beziehung zwischen der Gleichgewichtsfähigkeit und den anderen koordinativen Fähigkeiten.

2.2.6 Umstellungsfähigkeit

Unter Umstellungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, sein Handlungsprogramm einer wahrgenommenen oder vorauszusehenden Situation entsprechend, anzupassen oder umzustellen. Ein neues Handlungsziel wird gewählt und entsprechend zu verwirklicht. Die Fähigkeit des Umstellens eines Handlungsvollzugs ist abhängig von der Geschwindigkeit und der Präzision der Wahrnehmung einer veränderten Situation. (Vgl. MEINEL & SCHNABEL, 2007) Die Situationsveränderungen können mehr oder weniger spontan und unerwartet auftreten. Nach ZIMMERMANN, SCHNABEL & BLUME (2002) werden dabei die zeitlichen, räumlichen sowie dynamischen Parameter zweckmäßig so angepasst, das geplante oder ablaufende Handlungsprogramm wird jedoch beibehalten. Ebenso sind ein Abbruch des Bewegungsvollzugs und eine neue Bewegungsfortsetzung möglich, wenn umfangreichere Situationsveränderungen auftreten (ebenda, 2002).

Häufig findet man eine Verknüpfung mit der Orientierungs− und Reaktionsfähigkeit. Die Umstellungsfähigkeit nimmt vor allem als Komplex, der sogenannten „ Spielfähigkeit “, einen Stellenwert ein.

2.2.7 Rhythmisierungsfähigkeit

Nach MEINEL & SCHNABEL bedeutet Rhythmisierungsfähigkeit die Fähigkeit, einen von außen vorgegebenen Takt bzw. Rhythmus zu erfassen, ihn motorisch zu reproduzieren sowie ihn zu verinnerlichen und der eigenen Vorstellung entsprechend in einer Bewegungstätigkeit zu realisieren.

Dies tritt oft in Verbindung mit musikalisch bzw. akustisch oder visuell vorgegebenen Rhythmen auf. Anwendungsbeispiele finden sich hier beispielsweise in der rhythmischen Sportgymnastik, Tanz, Eiskunstlauf oder Bodenturnen.

Ein weiterer Aspekt ist, neben dem von außen vorgegebenen Takt, der von innen selbst organisierte Rhythmus des Bewegungsvollzugs. Dieser dient dem präzisen Ausführen von bestimmten Bewegungsabläufen aufgrund von verinnerlichten „ Leitbildern “. (Vgl. MEINEL & SCHNABEL, 2007)

Rhythmisierung lässt sich wie folgt klassifizieren (u.a. nach HOLTZ 1979):

- äußeres Erscheinungsbild, nach zeitlichen, räumlichen, kraftbezogenen und formalen Merkmalen
- inneres Erscheinungsbild, nach selbst gewählten und fremd bestimmten Merkmalen
- äußere Einflussgrößen wie Umwelt, Geräte, Objekte, Musik, Geräusche, Partner, Gegner
- innere Einflussgrößen wie z.B. emotionale Prozesse sowie Krankheit, Verletzung

Die Rhythmisierungsfähigkeit ist jedoch nicht nur bedeutsam für musische Disziplinen. Auch beim Erlernen von jeder sportlichen Bewegung fördert ein vorangeschrittenes Maß an dieser Fähigkeit den schnellen Lernprozess. In der Praxis wird häufig durch den Lehrenden, mit der sogenannten „ rhythmisierenden Lehrweise “, eine Hilfestellung zum Erfassen der zeitlichen Ordnung und Erleichterung des Krafteinsatzes gegeben. Ein weiterer Aspekt der Rhythmisierungsfähigkeit ist, sich dem Bewegungsrhythmus eines Partners oder einer Gruppe anzupassen (MEINEL & SCHNABEL, 2007).14

In der Literatur wird oft auf eine enge Verknüpfung mit der Differenzierungs−, Orientierungs− und Kopplungsfähigkeit sowie konditionellen, intellektuellen und musischen Fähigkeiten hingewiesen.

[...]


1 z.B. Treppen steigen und Auto fahren etc.

2 Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit

3 Dabei ist Beweglichkeit ist nach MEINEL & SCHNABEL nur teilweise koordinativ bedingt.

4 Beweglichkeit und Schnelligkeit werden aus trainingsmethodischen und systematischen Gründen den konditionellen Fähigkeiten zugeordnet (vgl. MARTIN, CARL, & LEHNERTZ, 2001).

5 Beweglichkeit wird oft auch als Flexibilität oder Gelenkigkeit bezeichnet.

6 Gelenkmobilität / anatomischer Bau.

7 Kraftfähigkeit der zu bewegenden Muskeln.

8 Z.B. konditionelle, intellektuelle, musische oder volitive Fähigkeiten. (Vgl. MEINEL/SCHNABEL 2007)

9 Beispielsweise Rumpf− und Kopfbewegungen.

10 Aufgaben bei denen Bälle, Reifen, Stäbe etc. gehandhabt werden müssen.

11 Beispielsweise ein Torschuss beim Handball.

12 Translatorisch und/oder rotatorisch.

13 Beispiel: Eiskunstlauf, Tanz oder Turmspringen.

14 beispielsweise beim Tanzen.

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Résumé des informations

Titre
Koordinative Fähigkeiten in den Thüringer Lehrplänen für das Fach Sport und aktuelle Theoriemodelle der Wissenschaft
Sous-titre
Ein Vergleich
Université
University of Erfurt
Note
2,0
Auteur
Année
2008
Pages
71
N° de catalogue
V119917
ISBN (ebook)
9783640236626
ISBN (Livre)
9783640239559
Taille d'un fichier
3208 KB
Langue
allemand
Mots clés
Koordinative, Fähigkeiten, Thüringer, Lehrplänen, Fach, Sport, Theoriemodelle, Wissenschaft, Vergleich
Citation du texte
Anja Burkl (Auteur), 2008, Koordinative Fähigkeiten in den Thüringer Lehrplänen für das Fach Sport und aktuelle Theoriemodelle der Wissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119917

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