Humor in der Radiowerbung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

22 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung
„Witz und Humor“- eine Begriffsannäherung
Zwischenfazit

Der Begriff „Werbung“

Funktionen des Humors in der Werbung
Aufmerksamkeit erregen
Markenkenntnis schaffen
Schaffung eines positiven Images
Steigerung der Kaufabsicht

Humor in der Radiowerbung - eine empirische Studie

Der deutsche Humor-Rezipient
Zwischenfazit

Drei Werbespots mit humorigen Elementen- eine kleine Analyse
Das Kinderzimmer von Volkswagen - der neue Sharan
Grün oder besser Ariel-Grün?
Helge Schneider und Toy´R´Us

Literaturverzeichnis

Einleitung

Zunächst will ich mich mit den beiden Begriffen „Witz“ und „Humor“ aus sprachwissenschaftlicher Sicht nähern und davon ausgehend auf Auseinandersetzungen mit beiden Begriffen aus dem Bereich der Geisteswissenschaften eingehen.

Nachdem ich mich in einem nächsten Schritt kurz dem Begriff der „Werbung“ und dessen Beziehung zum Humor widme, um aus der Historie heraus die Gegenwart nachvollziehbarer darstellen zu können, folgt die konkrete Auseinandersetzung zum Thema Humor in der Radiowerbung. Dazu ist zu sagen, dass in der Literatur mehrfach auf einen ungenügenden Forschungsstand zum Thema hingewiesen wurde. [1] Ausführliche Studien fehlen vor allem im deutschsprachigen Raum, weshalb auf us-amerikanisches Material zurückgegriffen wird. Da aber den Humor sein kulturspezifische Wesen auszeichnet ist das keine zufrieden stellende Lösung. Zum Schluss meiner Arbeit will ich eine kleine Analyse von humorigen Werbespots, die im Anhang meiner Arbeit auf einer CD enthalten sind, mit Rücksicht auf die von mir in der Theorie gewonnen Erkenntnisse durchführen.

„Witz und Humor“- eine Begriffsannäherung

Ein Problem der Auseinandersetzung mit den Begriffen „Humor“ und „Witz“ besteht in ihrer Mehrdimensionalität. Humor bzw. Witz an sich sind weder greifbar noch messbar und es existieren zu viele unterschiedliche Arten von ihnen, um alle intensiv in dieser Arbeit zu behandeln. Ziel ist es also eine grundsätzliche Idee davon zu bekommen, wie Humor bzw. Witz funktioniert und die Erkenntnisse dann in die Thematik des Werbehumors bzw. Werbewitzes mitzunehmen.

„Witz“ als ein Begriff der germanischen Sprachen bedeutete „Wissen durch Sehen“ und fasste Erlerntes und Erfahrenes zusammen. Bis ins späte 17. Jahrhundert wurde „Witz“ im Sinne von Verstand, Klugheit, Wissen und Weisheit gebraucht. „Humor“ dagegen kommt von dem lateinischen „humores“, womit alle möglichen Flüssigkeiten, Feuchtigkeiten oder Säfte bezeichnet wurden. Die aus der Antike bis in die frühe Neuzeit wirksame Lehre von den vier Körpersäften [humores naturales] Blut, Schleim, helle und schwarze Galle wurde in den nicht stofflichen Bereich übertragen. Den vier Säften wurden vier Temperamente zugeordnet: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts kamen Humor und Witz in einem für beide Begriffe neuen Bereich des Komischen und traten dort gemeinsam auf: „Dabei blieb im Witz ein intellektuelles Moment wirksam. Wer über Witz verfügte, der konnte leicht und schnell Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Dingen wahrnehmen und damit überraschend <witzige> Einsichten vermitteln. Und wer Humor besaß, der hatte jetzt nicht mehr nur eine der vier humoralpathologischen Charaktereigenschaften, sondern verfügte über ein heiteres Gemüt und gute Laune.“ [2] Zur Abwertung des Witzes kommt es nach Otto F. Best im Zuge der aufkommenden anti-französischen Haltung im späten 18. Jahrhundert. [3] In der Sturm und Drang Phase richtet sich das deutsche Volk neu aus: „Die junge Generation wählt zu ihrem Ideal das Genie.“ [4] Der „Witz“ hingegen verliert den Verstand und verkommt zum „Scherz“. [5]

Harald Erbeldinger und Christoph Kochhan, deren Text [6] mir als Kernquelle für meine Arbeit zur Rolle des Humors/Witz in der Werbung diente, beziehen ihre Begriffsdefinition aus der Encyclopaedia Britannica (1989). Hier heißt es: „Humour as a form of communication in which a complex, mental stimulus illuminates, or amuses, or elicits the reflex of laughter“ [7] Erbeldinger und Kochhan umgehen damit elegant eine Auseinandersetzung mit den deutschen Begriffen Humor bzw. Witz. Pragmatisch leiten sie zwei Aspekte aus der sprachwissenschaftlichen Begriffsbeschreibung ab: zum einen besitzt Humor ein stimulierendes Element, das „zum Nachdenken anregt“, zum anderen zielt Humor als Kommunikationsform auf eine Reaktion der Rezipienten ab, die als typisch humorig gilt, was dann die „gute Stimmung“ wäre, die sich oft in einem Lächeln oder Lachen äußert.

Siegmund Freud verstand „Witz“ zunächst einmal so, wie er vor der „Abwertung zum Scherz“ wahrgenommen wurde, nämlich als Gabe, die einen befähigt schnell verschiedene Dinge zusammenzufügen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Dieses Zusammenfügen kann dann Zusammenhänge offenbaren, die tiefgründig sind. Anders als harte Denkarbeit ist der Witz jedoch ein spontanes Phänomen, welches das Element des Spielerischen impliziert. [8] Diese Bedeutung des Witzes zeugt von der Nähe zu Freuds Domäne, der Psychologie. In seiner Traumdeutung war Freud auf das Phänomen des aberwitzigen und spektakulären Generierens von Unterschiedlichkeiten im Traum getroffen. Scheinbar existierte im Traum ein Gewirr heterogener Vorstellungen und scheinbar unlogische und unerklärliche Geschichten, aber nach intensiver Selbstanalyse bewies Freud, dass durchaus Sinnvolles hinter diesen Bildern stand. Mit anderen Worten, Freud bewies den Witz, den der Geist im Schlaf entfaltet. [9] Witze funktionieren nach Freud nämlich so ähnlich wie Träume. Sie arbeiten mit Verschiebungen von Bedeutung: „Wie in der Traumarbeit sind es oft einfache Verdichtungen des sprachlichen Materials, die zum Lachen reizen, vor allem dann, wenn sich dahinter ein komplexer Gedanke verbirgt.“ [10] Der Gleichklang von Worten beispielsweise ist nach Freud oft kein Zufall und wird sprachlich thematisiert. So weist der Ausruf „Traduttore - Traditore“ (Übersetzter - Verräter) auf eine tiefer liegende Ähnlichkeit zwischen Übersetzer und Verräter hin. Der Übersetzer begeht nämlich in gewissem Sinne Verrat am sprachlichen Ausdruck des Originals, wenngleich er doch so exakt wie nur möglich dasselbige wiedergeben will. [11] Der folgende Witz spielt mit dem schnellen Auffassungsvermögen des Zuhörers, der die Mehrdeutigkeit der verwendeten Sprachen erkennen muss: „Wie geht´s?“ fragt der Blinde den Lahmen. „Wie Sie sehen“, antwortet der Lahme dem Blinden.

Zwischenfazit

Die hier präsentierten, sich ergänzenden Auseinandersetzungen mit den Begriffen „Witz“ und „Humor“ kann man resümierend wie folgt zusammenfassen: Gelungener Humor/Witz ist eine Kommunikationsform und somit sozial und kennzeichnet sich durch ein Lachen oder Lächeln als Reaktion beim Rezipienten aus. Darüber hinaus hat Humor immer etwas mit schneller Auffassungsgabe zu tun, denn Witze arbeiten mit Bedeutungs- oder semantischen Verschiebungen, die vom Rezipienten unmittelbar verstanden werden müssen. Verschiebungen zeichnen sich dadurch aus, dass man sie (zunächst) für etwas anderes hält, als sie eigentlich bedeuten, bzw. Verbindungen von Ideen schaffen, deren Logik scheinbar üblichen Gedankengängen widersprechen.

Der Begriff „Werbung“

Eine Betrachtung der historischen Entwicklung des Phänomens „Werbung“ offenbart dessen drastische Veränderungen vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung im Zusammenspiel der vorherrschenden Kommunikationsbedingungen: Erst zu Beginn des 20. Jh. begannen deutschen Unternehmer die Vorteile der sogenannten „Reklame“, die dann zur „Werbung“ [12] wurde, zu schätzen. Die Kommunikationsform „Werbung“ als bewusstes Handwerkszeug der Unternehmen fasste aber schnell Fuß und wurde in den Zeiten des Nationalsozialismus wichtiger Bestandteil einer auf Krieg ausgerichteten Wirtschaftsmaschinerie und in der Form der „Propaganda“ zur Hetze zum Mord gegenüber Feinden des Regimes genutzt. So erstaunt es nicht, dass in den 1950er und 1960er Jahren die Werbung einerseits fachlich rezipiert wird, um sie weiter zu entwickeln, andererseits aber bei den Intellektuellen Auseinandersetzung große Skepsis gegenüber der Werbung vorherrscht. Die Werbung kann sich erst in den 70er Jahren vom Image als „Darstellung gesellschaftlicher Macht“ und „Feind einer emanzipierten Reflexion des Individuums über seine sozialen Umstände“ beginnen zu lösen. [13] Die neu entstehenden Betrachtungen der Werbung räumen dem Verbraucher eine wesentlich größere Eigenständigkeit ein: „Statt diese zum Opfer ökonomischer Machtentfaltung zu stilisieren, rückt jetzt das Potenzial der Verbraucher, bestimmte Werbebotschaften zu ignorieren, andere zu privilegieren in den Vordergrund. Diesem Konzept eines Zuwachses an <Konsumentensouveränität> (Schmidt/Spieß 1995) entspricht die sich weiter steigernde Präsenz, Finesse und Subtilität der W[erbung] (Product Placement, Sponsoring, Merchandising etc.), die sich innerhalb der Werbelandschaft ebenso in einer verstärkten Rezeptionsforschung niederschlägt.“ [14] Im Zeitalter der Massenmedien und einem wirtschaftlich zu Reichtum gekommenen Land wandelt sich die Werbung zu einem Bereitsteller von „Identifikationsangeboten“: „Durch Identifikation verwandeln die Rezipienten die anfängliche Kontingenz der Werbebotschaften in eine Praxis der Geschmacksurteile (<Lifestyle>). W[erbung] referiert so nicht länger auf ein tatsächliches Warensortiment, sondern markiert primär die Repräsentation eines Produktimages in Differenz zu anderen Produktimages.“ [15] Die Werbung wird ein wichtiges selbstreferentielles Element in einer Gesellschaft, in der sich mit ihrer Hilfe einerseits ein Markenbewusstsein etabliert, das auf schnelllebige Trends einer konsumfreudigen Kundschaft zielt. Andererseits verbindet sich die Werbung, die dem Kunden eine emanzipierte Unterscheidungskompetenz eingesteht, „in ihrer Medialität einem irreduziblen Risiko, das in ihr selbst als einer im Grunde asymmetrischen Kommunikationsstruktur liegt. W[erbung] wird auf diese Weise nicht mehr nur linear, d.h. als Merkmal und Vehikel eines Konsumzwangs oder der Versklavung des Unbewussten zum Zwecke ökonomischer Machtentfaltung, sondern differenzierter, d.h. im Kontext einer Mythologie des Alltagslebens (R. Barthes) lesbar.“ [16] Zieht man ältere Beispiele aus der wissenschaftlichen Literatur hinzu, kann man sich vor Augen führen, dass sich im Verlaufe der Jahrzehnte in der Wahrnehmung von Werbung einiges getan hat. So schreibt Wilhelm Hasenack in seinem Buch „Humor in der Werbung - Zusammenhänge und Beispiele“, aus dem Jahr 1974 über den „Humanwert des Zusatznutzens durch humorige Werbung“ [17]. Er regt an, die Werbebranche an ihr positives Potential zur - schlicht gesagt - Weltverbesserung zu erinnern, auch wenn natürlich ökonomischer Gewinn durchaus im Vordergrund steht: „Der Mensch, der gesunde Fröhlichkeit ausstrahlt, gewinnt auch für sich etwas. Denn er vermag Ärger, der einfressen will, schneller und sicherer abzureagieren als andere. Er gewinnt Abstand und wird innerlich frei, <überlegen über die Welt und sich selbst> (Lützeler, a.a.O. S.66).“ [18] Und weiter heißt es: „Humorwerbung habe <sicherlich schon vieles zur Selbstbefreiung des Deutschen aus der Zwangsjacke des tierischen Ernstes beigetragen>.“ [19] Heutzutage würde man solche naiven Überlegungen wohl kaum in medienwissenschaftlichen Texten finden. Humor in der Werbung wird heutzutage anstatt als Fröhlichkeitsspender eher als Quell (guter) Unterhaltung angesehen: „(…)Bei Radio und TV hingegen muss der Rezipient dem Tempo der Medien folgen. Er bleibt passiv und will unterhalten werden; und gerade Humor ist ein wichtiges Unterhaltungsmittel.“ [20] ´ [21] Gute Unterhaltung kann natürlich auch Fröhlichkeit provozieren; ich denke aber, dass der Unterschied auch anhand der Sprache der zitierten Ausschnitte, den ganz anders gearteten Blick auf das Phänomen „Werbung“ deutlich gemacht hat. Die Wahrnehmung der Werbung insgesamt unterliegt wie die gesamte Gesellschaft einem ständigen Wandel und mit ihr wandelt sich gegebenenfalls auch die Funktion des Humors. Heute sieht die Medienforschung die Funktion des Humors in der Werbung als emotionalen Appell, als Bestandteil einer generellen Werbestrategie, die auf die emotionale Aktivierung des Rezipienten setzt. [22] Diese Strategie leitet sich aus gesättigten Märkten und eben den aktuellen Kommunikationsbedingungen ab. Aber gerade die tatsächliche Wirkung humorvoller Stimuli in der Werbung ist umstritten. „Denn nur für wenige Phänomene besteht eine solche Ungewissheit und Widersprüchlichkeit wie für das Element des Humors: Humor kann zum einen bei jedem Individuum unterschiedliche Reaktionen auslösen und bewegt sich zum anderen im Spannungsfeld zwischen kognitiver Aktivität und affektiver Reaktion.“ [23]

[...]


[1] Unter anderem: Vgl. Harald Erbeldinger und Christoph Kochhan „ Humor in der Werbung. Chancen und Risiken“ in Michael Jäckel (Hrsg.) „Die umworbene Gesellschaft - Analysen zur Entwicklung der Werbekommunikation“, Opladen 1998, S.142

[2] Manfred Geier „Worüber kluge Menschen lachen - kleine Philosophie des Lachens“, Hamburg 2006, S.112

[3] vgl. Otto F. Best „Volk ohne Witz - Über ein deutsches Defizit“, Frankfurt am Main 1993, S71

[4] ebd.

[5] Anmerkung: In Worten wie „witzlos“ oder „aberwitzig“ ist das sprachgeschichtliche Erbe des Begriffs heutzutage noch deutlich zu erkennen.

[6] H. Erbeldinger und C. Kochhan „ Humor in der Werbung. Chancen und Risiken“ in Michael Jäckel (Hrsg.) „Die umworbene Gesellschaft - Analysen zur Entwicklung der Werbekommunikation“, Opladen 1998

[7] ebd., S. 142

[8] Vgl. M. Geier a.a.o., S.193 ff

[9] vgl. M. Geier a.a.o., S.196

[10] M. Geier a.a.o., S.198

[11] vgl. M. Geier a.a.o., S.197

[12] „Werben“ kommt vom alt-hochdeutschen Wort „werban“ oder auch „wervan“, was soviel wie „sich drehen“, „hin- und hergehen“ , „sich bemühen“ und „etwas betreiben“ bedeutet

[13] Vgl. Hrsg. Helmut Schanze, Metzler Lexikon „Medientheroie Medienwissenschaft - Ansätze-Personen-Grundbegriffe“, Stuttgard 2002, S.362/363

[14] ebd., S.362/363

[15] ebd.

[16] ebd.

[17] Wilhelm Hasenack „Humor in der Werbung - Zusammenhänge und Beispiele“, Stuttgart 1974, S.24

[18] W. Hasenack a.a.O., S.25

[19] ebd. (Hasenack zitiert Gass)

[20] www.medialine.de (powered by “Focus”) http://relaunch.medialine.de//PM1D/PM1DB/PM1BDF/pm1dbf_koop.htm?snr=2509

[21] Humorige Werbung als Unterhaltung hat sogar ein eigenes Fernsehformat, dessen einziger Inhalt eben witzige Werbespots sind: „WWW Die witzigsten Werbespots der Welt“ (bis Ende 2006 bei Sat.1 im Programm, zu Zeit Pause)

[22] Vgl. H. Erbeldinger und C. Kochhan a.a.O., S.141

[23] ebd.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Humor in der Radiowerbung
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Spots und Sounds - Radiowerbung in Deutschland
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V120138
ISBN (eBook)
9783640240838
ISBN (Buch)
9783640244836
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Witz/Humor, Radiowerbung, Spots, Sounds, Radiowerbung, Deutschland
Arbeit zitieren
Jonas Lobgesang (Autor:in), 2007, Humor in der Radiowerbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120138

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