Das ambivalente Verhältnis von Nachhaltigkeit und Innovation

Entstehungspfade und Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen in der deutschen Automobilindustrie


Diploma Thesis, 2008

114 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aktuelle Situation
1.2 Problemstellung, Ziele und zentrale Fragen
1.3 Konzeption der Arbeit

2 Nachhaltigkeit
2.1 Die regulative Idee einer nachhaltigen Entwicklung
2.1.1 Konstitutive Elemente einer nachhaltigen Entwicklung
2.1.2 Generelle Ziele einer nachhaltigen Entwicklung
2.1.3 Die drei Zieldimensionen einer nachhaltigen Entwicklung
2.2 Motive für nachhaltiges Unternehmenshandeln
2.3 Barrieren für nachhaltiges Unternehmenshandeln

3 Innovation
3.1 Der Innovationsbegriff
3.2 Bestimmungsfaktoren für Innovationen
3.3 Innovationsbarrieren

4 Nachhaltigkeitsinnovationen
4.1 Verhältnis von Nachhaltigkeit und Innovation
4.1.1 Wirkung von Nachhaltigkeitsanforderungen auf Innovationsprozesse
4.1.2 Wirkung von Innovationen auf eine nachhaltige Entwicklung
4.2 Begriffsverständnis von Nachhaltigkeitsinnovationen
4.3 Typen von Nachhaltigkeitsinnovationen
4.4 Entstehungspfade von Nachhaltigkeitsinnovationen
4.5 Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen

5 Nachhaltigkeitsinnovationen in der deutschen Automobilindustrie
5.1 Die deutsche Automobilindustrie als Untersuchungsobjekt
5.2 Nachhaltigkeitsinnovationen in der Antriebstechnologie
5.2.1 Entstehungspfade
5.2.2 Unternehmensexterne Determinanten

6 Reflexion und Ausblick

Literaturverzeichnis

Internetquellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2–1: ´Magisches Dreieck´ der Nachhaltigkeit

Abb. 2–2: Leitkonzepte unternehmerischer Nachhaltigkeit

Abb. 3–1: Phasen des Innovationsprozesses

Abb. 3–2: Innovation Community als organisationsübergreifendes Promotorennetzwerk

Abb. 4–1: Anwendungsmöglichkeiten naturfaserverstärkter Kunststoffe

Abb. 4–2: Ansatzpunkte für Nachhaltigkeitsinnovationen

Abb. 4–3: Entstehungspfade von Nachhaltigkeitsinnovationen

Abb. 4–4: Multiimpulsmodell unternehmensexterner Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen

Abb. 4–5: Multiimpulsmodell unternehmensexterner und -interner Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen

Abb. 4–6: Multiimpulsmodell systemexterner und -interner Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen

Abb. 5–1: F&E-Aufwendungen der deutschen Automobilindustrie

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Aktuelle Situation

Vor dem Hintergrund zunehmender globaler Umweltund Entwicklungsprobleme wurde Mitte der 1980er Jahre der Begriff ´nachhaltige Entwicklung´ geprägt. Bei der Analyse der zahlreichen Veröffentlichungen zu diesem Thema wird schnell erkennbar, dass es an Konkretisierungsversuchen für diesen Begriff nicht mangelt.

Eine mittlerweile mehr als zwanzig Jahre andauernde, intensiv geführte wissenschaftliche und politische Diskussion hat allerdings bislang noch nicht zu einem Konsens über ein einheitliches Begriffsverständnis von ´Nachhaltigkeit´ bzw. ´nachhaltiger Entwicklung´[1] geführt (vgl. Walz/Kuhlmann 2005, S. 279; Klemmer/Lehr/Löbbe 1999, S. 29f.). Darüber hinaus ist noch weitestgehend unklar, wie Nachhaltigkeit zu bewerten ist und welche konkreten Schritte notwendig sind, um die Gesellschaft auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad zu bewegen (vgl. Coenen/Grunwald 2003, S. 37).

Die Ursache, weshalb sich nachhaltige Entwicklung trotz dieser konzeptionellen Unklarheiten als ein gesellschaftliches Leitbild etabliert hat, liegt in der generellen Zustimmungsfähigkeit. Darüber hinaus besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass die Art und Weise der menschlichen Bedürfnisbefriedigung gegenwärtig als nicht nachhaltig bezeichnet werden muss (vgl. Coenen/Grunwald 2003, S. 56; Belz 2002, S. 18; Klemmer/Lehr/Löbbe 1999, S. 29f.).

„Trotz dieser zweifellos beeindruckenden Karriere eines Begriffs fließen die Grundannahmen der Nachhaltigkeit jedoch nicht selbstverständlich und reibungslos in wirtschaftliches, umweltrelevantes und soziales Handeln ein. Es mangelt ganz offensichtlich an tragfähigen Brü- ckenschlägen zwischen Zielvorgaben, Umsetzungskonzepten und den vorhandenen Innovationspotenzialen in den relevanten Handlungsfeldern“ (Linne/Schwarz 2003, S. 13).

Neben den staatlichen Akteuren, die über eine Gestaltung geeigneter Rahmenbedingungen und Anreizmechanismen Impulse für einen Pfadwechsel in Richtung einer nachhaltigeren Entwicklung setzen sollen, sind es immer häufiger die Unternehmen, denen eine zentrale Rolle auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zugeschrieben wird und die sich dieser großen Herausforderung annehmen (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 19).

Eine Branche, die sich diesbezüglich besonders engagiert und in der das Bewusstsein der unternehmerischen Verantwortung für die Umsetzung des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung stark ausgeprägt ist, ist die Automobilindustrie (vgl. Boms 2008, S. 185).

Die Verbesserung der Verkehrssicherheit und die Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen zählen zu den zentralen Handlungsfeldern, in denen sich die Automobilunternehmen proaktiv engagieren. Die Automobilindustrie sieht insbesondere in der brancheninhärenten Innovationsfähigkeit die größten Potenziale, einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten zu können.

Aber nicht nur in der Automobilbranche, sondern auch in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion ist man sich der Bedeutung bzw. Notwendigkeit von Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung bewusst.

Das Thema ´Innovation´ nimmt bereits seit vielen Jahren eine zentrale Rolle in der Management-Literatur ein (vgl. Fichter 2005, S. 149). Ähnlich wie beim Konzept einer nachhaltigen Entwicklung, konnte sich jedoch bislang kein inhaltlich vollständiges und einheitliches Verständnis von Innovation etablieren.

Innovationen sind flexible Reaktionen auf sich verändernde Rahmenbedingungen. Vor dem Hintergrund einer durch hohe Komplexität und Dynamik gekennzeichneten wirtschaftlichen Entwicklung stellt die Innovationskraft eines Unternehmens einen bedeutenden strategischen Wettbewerbsfaktor dar. Gerade aufgrund dieser Einschätzung lassen sich in der Literatur zahlreiche Positionen finden, die in der Innovationsfähigkeit den „Generalschlüssel zur Sicherung von Zukunftsfähigkeit“ (Konrad/Scheer 2004, S. 61) sehen (vgl. auch z.B. Behrendt et al. 1998, S. 109). Die Notwendigkeit von Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung ist unbestritten. Das Verhältnis von Nachhaltigkeit und Innovation präsentiert sich in der Realität jedoch wesentlich komplexer als es die vorherige Aussage vermuten lässt. Nicht jede Innovation leistet automatisch einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit. Welche Innovationen als Nachhaltigkeitsinnovationen bezeichnet werden können, soll im Rahmen dieser Arbeit erläutert werden.

1.2 Problemstellung, Ziele und zentrale Fragen

Nachhaltigkeit und Innovation weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Wie bereits erwähnt, konnte sich bislang für keine dieser beiden wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutsamen Leitideen ein einheitliches Begriffsverständnis etablieren. Es existieren mittlerweile weit über 200 Konkretisierungsversuche für ´nachhaltige Entwicklung´ (vgl. Fichter 2005, S. 33) und auch die Bandbreite unterschiedlicher Definitionen von ´Innovation´ ist kaum noch überschaubar (vgl. beispielsweise Hauschildt 2004, S. 4ff.). Beide Themengebiete sind durch eine hohe Komplexität und Dynamik gekennzeichnet. Darüber hinaus sind beide Aspekte auf die Zukunft fokussiert und daher mit einem hohen Grad an Unsicherheit verbunden.

Die überwiegende Mehrheit der bisherigen Publikationen, die sich mit diesen Thematiken befassen, ist theoretischer Natur und beschränkt sich zumeist auf die Entwicklung konzeptioneller Modelle und Erklärungsansätze. Mit zunehmender Anzahl an Veröffentlichungen, drohen der Innovationsbegriff und die Grundgedanken der Nachhaltigkeitskonzeption jedoch an Klarheit zu verlieren (vgl. Steger et al. 2002, S. 21f.).

Mittlerweile liegen zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse darüber vor, was inhaltlich unter einer nachhaltigen Entwicklung zu verstehen ist. Über die Mittel und Wege zur Zielerreichung herrscht hingegen keineswegs Klarheit. Es mangelt an konzeptionellen Ideen, wie Nachhaltigkeit konkret zu erreichen ist (vgl. Linne/Schwarz 2003, S. 12).

Die Verantwortung für die Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzeptes wird derweil immer häufiger den Unternehmen zugewiesen (vgl. Fichter 2005, S. 17). Aufgrund der fehlenden Präzisierung und Konkretisierung eines einheitlichen Nachhaltigkeitsverständnisses ist es nicht verwunderlich, dass die Umsetzung in die Unternehmenspraxis bislang mit großen Problemen verbunden ist.

Obwohl sich vermehrt die Erkenntnis durchsetzt, dass innovative Marktleistungen in Zukunft verstärkt mit der Lösung ökologischer und sozialer Probleme verknüpft sein werden, schenkt die betriebswirtschaftliche Innovationsforschung der erfolgsstrategischen Rolle von Nachhaltigkeitsanforderungen bislang kaum Aufmerksamkeit (vgl. Fichter 2005, S. 18).

Eine wesentliche Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht zunächst in der Systematisierung der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Umweltund Nachhaltigkeitsforschung und der Innovationsforschung. Darauf aufbauend sollen eine eingehende Analyse des Verhältnisses von Nachhaltigkeit und Innovation sowie die Verknüpfung dieser beiden komplexen Themengebiete erfolgen. Für die synthetische Betrachtung von Nachhaltigkeit und Innovation hat sich in der deutschsprachigen Literatur das Kompositum dieser beiden Begriffe, ´Nachhaltigkeitsinnovation´, durchgesetzt (vgl. Fichter 2005, S. 5).

Als eine wesentliche Voraussetzung muss zunächst ein Ausgangsverständnis von nachhaltiger Entwicklung geschaffen werden. Es wird versucht, das Konzept der Nachhaltigkeit hinreichend zu konkretisieren, anschaulich zu erklären und die wesentlichen Kernelemente verdichtet darzulegen. Im Fokus der Betrachtung steht hierbei die Rolle des Unternehmens. In diesem Zusammenhang sollen vor allem folgende zentrale Fragestellungen geklärt werden:

- Welche Motive sind ausschlaggebend dafür, dass Unternehmen sich nachhaltig engagieren?
- Mit welchen Problemen ist nachhaltiges Unternehmenshandeln verbunden?

Darüber hinaus zielt diese Arbeit darauf ab, ein einheitliches Ausgangsverständnis von Innovation zu schaffen. Aufbauend auf einer Präzisierung des Innovationsbegriffes stehen im Innovationskontext folgende Fragestellungen im Mittelpunkt der Betrachtung:

- Welche Bestimmungsfaktoren sind ausschlaggebend für die Initiierung von Innovationsprozessen?
- Mit welchen Problemen sind Innovationsprozesse verbunden?

Zentraler Gegenstand dieser Arbeit ist das bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung auf der einen und Innovation auf der anderen Seite. Dieses soll aus zwei separaten Blickwinkeln betrachtet werden. Zunächst wird die Wirkung von Nachhaltigkeitsanforderungen auf Innovationsprozesse untersucht. Die zu beantwortende zentrale Frage für diesen Blickwinkel lautet:

- Wirken Nachhaltigkeitsanforderungen eher innovationshemmend oder –fördernd?

Die konträre Sichtweise der Wirkung von Innovationen auf eine nachhaltige Entwicklung soll Antworten auf die folgende Frage liefern:

- Tragen Innovationen eher zur Lösung oder zu einer Verschärfung der Nachhaltigkeitsprobleme bei?

Mit der Fokussierung auf Nachhaltigkeitsinnovationen wird eine Verdichtung der behandelten Thematik angestrebt. Das noch junge Forschungsgebiet der Nachhaltigkeitsinnovationen stellt das zweite Kernelement der vorliegenden Arbeit dar. Ziel ist es, auch für diesen Begriff ein einheitliches Ausgangsverständnis zu schaffen. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht hier insbesondere die Entstehung von Nachhaltigkeitsinnovationen. Damit verknüpft sind diese zentralen Fragestellungen:

- Sind Nachhaltigkeitszielsetzungen eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung von Nachhaltigkeitsinnovationen?
- Wodurch wird die Entstehung von Nachhaltigkeitsinnovationen beeinflusst?

Mit dem Ziel, die behandelte Thematik zu konkretisieren und anschaulich zu gestalten, wird der Versuch unternommen, die erarbeiteten theoretischen Grundlagen und Erkenntnisse auf die Unternehmenspraxis zu übertragen. Die deutsche Automobilindustrie bietet sich dafür als Untersuchungsobjekt besonders an. Der Fokus liegt hier vor allem auf der Analyse von Nachhaltigkeitsinnovationen in der Antriebstechnologie hinsichtlich zugrunde liegender Entstehungspfade und unternehmensexterner Determinanten. Die zentrale Erkenntnis, die im Rahmen dieser Untersuchung gewonnen werden soll, ist:

- Lassen sich die theoretischen Konzepte auf die deutsche Automobilindustrie anwenden?

1.3 Konzeption der Arbeit

Wie bereits aus dem vorherigen Abschnitt ersichtlich wird, müssen als Voraussetzung für eine eingehende Analyse des ambivalenten Verhältnisses von Nachhaltigkeit und Innovation zuerst die begrifflichen Grundlagen geschaffen werden.

In Kapitel 2 erfolgt daher zunächst die separate Betrachtung des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung. Im Mittelpunkt stehen hier die Vermittlung eines Ausgangsverständnisses von nachhaltiger Entwicklung sowie die Präzisierung des Nachhaltigkeitsbegriffes. Weitere Schwerpunkte in Kapitel 2 liegen auf der Analyse der Motive, warum Unternehmen sich nachhaltig engagieren und auf den Barrieren, die mit nachhaltigem Unternehmenshandeln verbunden sind.

Eine Präzisierung des Innovationsbegriffes erfolgt in Kapitel 3. Im weiteren Verlauf befasst sich Kapitel 3 mit den Bestimmungsfaktoren für Innovationen. Darüber hinaus werden potenzielle Innovationsbarrieren identifiziert und gleichzeitig Möglichkeiten offeriert, die zu ihrer Überwindung beitragen können.

Die zuvor separat betrachteten Themenkomplexe der Nachhaltigkeit und der Innovation werden in Kapitel 4 zusammengeführt. Bevor jedoch die Synthese von Nachhaltigkeit und Innovation unter der Bezeichnung ´Nachhaltigkeitsinnovation´ erfolgt, wird zunächst deren Verhältnis zueinander aus zwei separaten Blickwinkeln eingehend analysiert. Im Anschluss an die Abgrenzung dessen, was im Rahmen dieser Arbeit unter Nachhaltigkeitsinnovationen verstanden werden soll, werden unterschiedliche Typen von Nachhaltigkeitsinnovationen vorgestellt. Des Weiteren liegt ein wesentlicher Schwerpunkt der Betrachtung auf den unterschiedlichen Entstehungspfaden, die Nachhaltigkeitsinnovationen zugrunde liegen können. Zudem wird ein theoretisches Modell präsentiert, dass der Beschreibung und Erklärung von Nachhaltigkeitsinnovationen dient, indem es den Fokus auf die ausschlaggebenden unternehmensexternen und –internen Determinanten der Entstehung von Nachhaltigkeitsinnovationen legt.

In Kapitel 5 werden die gewonnenen theoretischen Grundlagen und Erkenntnisse auf die deutsche Automobilindustrie übertragen. Bevor jedoch ein konkreter Bezug zu Nachhaltigkeitsinnovationen hergestellt wird, erfolgt zunächst ein allgemeiner Branchenüberblick. Dieser soll verdeutlichen, weshalb sich die deutsche Automobilindustrie als Untersuchungsobjekt der behandelten Thematik besonders eignet. Da nicht alle Nachhaltigkeitsinnovationen der deutschen Automobilindustrie Gegenstand dieser Arbeit sein können, beschränkt sich die Analyse insbesondere auf die Nachhaltigkeitsinnovationen in der Antriebstechnologie. Der

Fokus liegt dabei auf der Identifizierung von Hinweisen, die Aufschluss über zugrunde liegende Entstehungspfade und unternehmensexterne Determinanten dieser Nachhaltigkeitsinnovationen geben können.

Die Reflexion der gewonnenen Erkenntnisse und ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der behandelten Thematik erfolgen in Kapitel 6.

2 Nachhaltigkeit

Das global stetig steigende wirtschaftliche Wachstum ist mit einer drastischen Expansion des Rohstoffund Energieverbrauchs sowie von Schadstoffemissionen verbunden und die daraus resultierenden gravierenden ökologischen, sozialen und ökonomischen Probleme werden derzeit immer offensichtlicher (vgl. Arnold 2007, S. 29; Pfriem 2006, S. 5).

Klimawandel, drohende Verknappung nicht regenerativer Ressourcen, Verlust an Biodiversität, Bevölkerungswachstum oder wachsende Einkommensungleichheiten sind drängende gesellschaftliche Probleme, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsdiskussion eine hohe Bedeutung besitzen (vgl. Fichter 2005, S. 17; Coenen/Grunwald 2003, S. 55).

Da sich fast alle Entwicklungsländer an den gegenwärtigen Produktionsund Konsummustern der industrialisierten Länder orientieren wird offensichtlich, dass sich die gerade genannten Probleme noch weiter verschärfen werden, sofern keine Lehren aus vorangegangenen Industrialisierungsprozessen gezogen werden. Gerade die jüngste wirtschaftliche Entwicklung in China ist beispielhaft für diesen Entwicklungstrend (vgl. Pfriem 2006, S. 7; Paech/Pfriem 2002, S. 12).

Ohne eine notwendige Umsteuerung wird die ökologische Tragfähigkeit der Erde, die sogenannte ´carrying capacity´, bereits in naher Zukunft bei weitem überschritten sein (vgl. Linne/Schwarz 2003, S. 11; Belz 2002, S. 18; Behrendt et al. 1998, S. 280). Vor diesem Hintergrund hat sich das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung etabliert. Hierunter werden sämtliche Anstrengungen subsumiert, die zu einer Vermeidung oder zumindest einer Minderung der globalen gesellschaftlichen Probleme beitragen sollen (vgl. Arnold 2007, S. 29; Coenen/Grunwald 2003, S. 55).

Im Folgenden wird ein Ausgangsverständnis davon geschaffen, was im Rahmen dieser Arbeit unter einer nachhaltigen Entwicklung zu verstehen ist. Dazu erfolgt zunächst ein Blick auf die Entstehung der regulativen Idee einer nachhaltigen Entwicklung.

2.1 Die regulative Idee einer nachhaltigen Entwicklung

Die Grundidee einer nachhaltigen Entwicklung beruht auf dem Kapitalerhaltungsziel, von den Erträgen einer Substanz zu leben und nicht von der Substanz selbst. In diesem Ziel ist die Forderung impliziert, natürliche Ressourcen nur in dem Maße zu nutzen, dass sie dauerhaft erhalten bleiben (vgl. Boms 2008, S. 82; Fichter 2005, S. 34).

Diese Idee lässt sich auch in der weitgehend akzeptierten und bis heute bedeutendsten Definition für eine nachhaltige Entwicklung bzw. Sustainable Development wiederfinden, die von der World Commission on Environment and Development (WCED) stammt. In ihrem 1987 veröffentlichten, als Brundtland-Report[2] bekannt gewordenen Zukunftsbericht ´Our common future´ definieren sie eine Entwicklung als nachhaltig, wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (Hauff 1987, S. 46).

Unter Beachtung der Anforderungen, die an eine Definition und Operationalisierung des Konzeptes einer nachhaltigen Entwicklung zu richten sind[3], gilt es „den Begriff nachhaltiger Entwicklung soweit zu präzisieren, dass er „hinreichend“ praktikabel und trennscharf wird“ (Coenen/Grunwald 2003, S. 58).

Hierzu ist zunächst eine Bestimmung der konstitutiven Elemente einer nachhaltigen Entwicklung erforderlich. Von den konstitutiven Elementen ausgehend, werden anschließend generelle Ziele der nachhaltigen Entwicklung abgeleitet. Sowohl die konstitutiven Elemente als auch die generellen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung stellen grundlegende Bestandteile des integrativen Konzeptes nachhaltiger Entwicklung nach COENEN/GRUNWALD (2003) dar (vgl. Coenen/Grunwald 2003, S.55ff.). Integrative Ansätze haben sich in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion zunehmend durchgesetzt. Sie betrachten Nachhaltigkeit als ein mehrdimensionales Zielsystem aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielen, die gleichermaßen zu berücksichtigen und integrativ zu betrachten sind (vgl. Arnold 2007, S. 34; Coenen/Grunwald 2003, S. 39).

2.1.1 Konstitutive Elemente einer nachhaltigen Entwicklung

Konstitutive Elemente einer nachhaltigen Entwicklung sollen dazu beitragen, die Unterscheidungsleistung des Nachhaltigkeitsbegriffes näher zu präzisieren. Sie sollen herausstellen, worauf sich der Begriff der Nachhaltigkeit erstreckt und worauf nicht.

Auf der Basis einer Auswertung der politischen Dokumente des Nachhaltigkeitsdiskurses (Bericht der Brundtland-Kommission, Berichte zur UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro sowie des Rio-Nachfolge-Prozesses) lassen sich drei konstitutive Elemente des Konzeptes einer nachhaltigen Entwicklung identifizieren (vgl. hierzu und im Folgenden Fichter 2005, S. 36ff.; Coenen/Grunwald 2003, S. 58ff.; Kopfmüller et al. 2001, S. 129ff.):

1. intraund intergenerative Gerechtigkeit,
2. globale Orientierung und
3. anthropozentrischer Ansatz.

1. Intraund intergenerative Gerechtigkeit

Die im vorherigen Kapitel 2.1 bereits zitierte Definition einer nachhaltigen Entwicklung enthält zwei Elemente: Erstens impliziert sie die Mindestanforderung, dass eine Entwicklung nur dann nachhaltig ist, „wenn sie die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt“ (Hauff 1987, S. 46). Zweitens erfolgt eine Präzisierung für diese Mindestanforderung durch den Zusatz „ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (Hauff 1987, S. 46). Entsprechend einer normativen Interpretation von nachhaltiger Entwicklung wird auf diese Weise die gerechte Bedürfnisbefriedigung innerhalb einer Generation (intragenerativ) mit der gerechten Bedürfnisbefriedigung zwischen einzelnen Generationen (intergenerativ) kombiniert (vgl. auch Baumgartner 2005, S. 53). Die intragenerative Gerechtigkeit, bei der eine gerechtere räumliche Verteilung im Vordergrund steht und die intergenerative Gerechtigkeit, bei der die zeitliche Dimension fokussiert wird, müssen demnach als gleichrangig und zusammengehörig betrachtet werden.

Gerechtigkeit wird in diesem Zusammenhang in erster Linie als soziale Verteilungsgerechtigkeit verstanden. Eine gerechtere Verteilung bzw. Umverteilung wird als Ziel gegenwärtiger und zukünftiger Entwicklungen charakterisiert, während Ungerechtigkeit als Ursache für globale Probleme und Konflikte identifiziert wird (vgl. Coenen/Grunwald 2003, S. 59f.).

Die Ausrichtung an Gerechtigkeitsüberlegungen hat für das Nachhaltigkeitsverständnis weitreichende Konsequenzen. Es geht nicht mehr ´nur´ um die Ausrichtung gesellschaftlicher Produktionsund Konsummuster an ´objektiven´ Grenzen (z.B. Tragekapazität von Ökosystemen oder Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen). Die Einbeziehung von Gerechtigkeitsaspekten erweitert den Nachhaltigkeitskontext um die Berücksichtigung gesellschaftlicher Zustände und Entwicklungen (vgl. Fichter 2005, S. 37).

2. Globale Orientierung

Eine globale Orientierung als konstitutiver Bestandteil nachhaltiger Entwicklung lässt sich in dreierlei Hinsicht begründen:

In ethischer Hinsicht:

Nachhaltige Entwicklung impliziert ein moralisches Recht für alle Menschen, sowohl gegenwärtiger als auch zukünftiger Generationen, auf die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse (beispielsweise Nahrung, Kleidung, Wohnen, Arbeit) und den berechtigten Wunsch nach einem besseren Leben (vgl. Hauff 1987, S. 46f.). Des Weiteren besteht das Recht auf die Erhaltung der lebensnotwendigen Funktionen der Ökosysteme und auf einen gerechten Zugang zu den globalen Ressourcen (vgl. Hauff 1987, S. 44).

In problemorientierter Hinsicht:

Viele der bekannten Nachhaltigkeitsprobleme wie Klimawandel, Verlust an Artenvielfalt, demographischer Wandel oder die Verknappung nicht regenerativer Ressourcen sind globale Probleme. Sie betreffen nicht nur einzelne Regionen oder Länder, sondern die gesamte Weltbevölkerung und jeder beliebige Ort der Erde ist, wenn auch in unterschiedlichem Maße, davon betroffen.

In handlungsstrategischer Hinsicht:

Globale Probleme können nicht von einzelnen Individuen, Organisationen oder Staaten allein gelöst werden. Eine globale Zusammenarbeit ist erforderlich, sowohl bei der Problemidentifizierung und –analyse, als auch bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungsstrategien.

3. Anthropozentrischer Ansatz

Erneut Bezug nehmend auf die Definition von nachhaltiger Entwicklung, wird deutlich, dass das primäre Ziel einer nachhaltigen Entwicklung die Gewährleistung einer dauerhaften Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ist (siehe Kapitel 2.1). Dies wird ebenfalls in Grundsatz 1 der Rio-Deklaration deutlich: „Human beings are at the centre of concerns for sustainable development. They are entitled to a healthy and productive life in harmony with nature”.[4]

COENEN/GRUNWALD (2003) bezeichnen nachhaltige Entwicklung in Bezug auf die natürliche Umwelt als ein „spezifisches anthropogenes Konzept“ (Coenen/Grunwald 2003, S. 63).

Es muss im Eigeninteresse des Menschen liegen, behutsam mit der Natur umzugehen und den langfristigen Erhalt der vielfältigen Funktionen zu gewährleisten, welche die Natur für den Menschen erfüllt. Hierzu zählt z.B. die Nutzung der Natur als Quelle für Rohstoffe oder als Senke für Abfallströme und Schadstoffemissionen. Darüber hinaus erfüllt die Natur aber auch vielfältige kulturelle Funktionen.

Im Sinne einer ´erweiterten Anthropozentrik´[5] wird die Bewahrung von Natur und Umwelt nicht als Ziel an sich angestrebt, sondern als notwendige Voraussetzung für eine dauerhafte Befriedigung menschlicher Bedürfnisse angesehen.

2.1.2 Generelle Ziele einer nachhaltigen Entwicklung

Im Anschluss an die erfolgte Präzisierung des Nachhaltigkeitsbegriffes ist nun die Notwendigkeit gegeben, das Konzept der nachhaltigen Entwicklung zu operationalisieren. Dazu müssen zunächst die konstitutiven Elemente von Nachhaltigkeit in generelle Ziele einer nachhaltigen Entwicklung ´übersetzt´ werden.

Nach COENEN/GRUNWALD (2003) lassen sich drei generelle Ziele identifizieren, deren Einhaltung eine notwendige Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung darstellt (vgl. hierzu und im Folgenden Coenen/Grunwald 2003, S. 65ff):

1. Sicherung der menschlichen Existenz,
2. Erhaltung des gesellschaftlichen Produktivkapitals und
3. Bewahrung der Entwicklungsund Handlungsmöglichkeiten.

Bereits bei Verletzung von lediglich einem der drei Ziele, wäre die Forderung nach intraund intergenerativer Gerechtigkeit nicht erfüllt. Die Sicherung der menschlichen Existenz stellt eine Vorbedingung dar, überhaupt über Gerechtigkeit zu reden. Dadurch, dass bei Nicht- Erhaltung des gesellschaftlichen Produktivkapitals und bei Nicht-Bewahrung der Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten zukünftige Generationen schlechter gestellt würden als gegenwärtige, läge keine intergenerative Gerechtigkeit mehr vor.

Aus den zuvor genannten Bedingungen lässt sich das elementare Nachhaltigkeitskriterium der zeitlichen und räumlichen Übertragbarkeit von Wirtschafts-, Konsumund Lebensweisen ableiten. Demnach sind Wirtschafts-, Konsumund Lebensweisen nur nachhaltig bzw. dauerhaft übertragbar, wenn sie ohne eine Schädigung des Gesamtsystems fortgeführt werden können (vgl. Fichter 2005, S. 44f.; Paech/Pfriem 2002, S. 12f.).

Da im Rahmen dieses Kapitels lediglich ein Ausgangsverständnis von nachhaltiger Entwicklung vermittelt werden soll, werden die weiteren notwendigen Schritte des integrativen Konzeptes einer nachhaltigen Entwicklung nach COENEN/GRUNWALD (2003) nicht weiter betrachtet. An dieser Stelle soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass für eine ganzheitliche Betrachtung des integrativen Konzeptes in einem weiteren Schritt operationalisierbare Kriterien für eine nachhaltige Entwicklung bestimmt werden müssten. Die Ableitung sowohl substanzieller als auch instrumenteller Nachhaltigkeitsregeln aus dem Übertragbarkeitsansatz und den generellen Zielen einer nachhaltigen Entwicklung, auf deren Basis wiederum weitere konkrete

Indikatoren, Ziele und Problemfelder identifiziert werden können, soll allerdings nicht Gegenstand dieser Arbeit sein.[6]

Einen weiteren bedeutenden Beitrag zu einer möglichen Operationalisierung des Nachhaltigkeitskonzeptes stellt die auf der Rio-Konferenz 1992 verabschiedete Agenda 21 dar. Mit der Agenda 21 wurde erstmalig ein umfassendes politisches Aktionsprogramm mit detaillierten Handlungsaufträgen formuliert, das zeigt, wie eine global nachhaltigere Entwicklung erreicht werden könnte. Demnach sind in erster Linie die Regierungen der einzelnen Staaten für eine Umsetzung nachhaltiger Entwicklung auf nationaler Ebene verantwortlich. Gleichzeitig werden erstmalig aber auch zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure mit in die Verantwortung einbezogen. In Zusammenhang mit der Zielsetzung einer nachhaltigeren Entwicklung wird besonders den Unternehmen eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Die zentrale Bedeutung der Privatwirtschaft für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes wird besonders in Kapitel 30 der Agenda 21 deutlich herausgestellt.[7] Der Fokus der Betrachtung soll daher im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf die Unternehmensebene verlagert werden.

Im Folgenden werden die drei Zieldimensionen einer nachhaltigen Entwicklung, die ökologische, die soziale und die ökonomische Dimension erläutert. Diese müssen von den Unternehmen in ihren Aktivitäten gleichermaßen berücksichtigt werden, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten.

2.1.3 Die drei Zieldimensionen einer nachhaltigen Entwicklung

HÜBNER/NILL (2001) bezeichnen Nachhaltigkeit als „eine mehrdimensionale Zielgröße, bei der insbesondere ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen miteinander in Streit geraten können“ (Hübner/Nill 2001, S. 66).

An dieser Stelle sollen daher zunächst diese drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung separat beschrieben werden (vgl. hierzu und im Folgenden Arnold 2007, S. 88ff.):

Ökologische Dimension:

In ökologischer Hinsicht stehen die Sicherung der Funktionsund Leistungsfähigkeit und der Erhalt der Natur als Lebensgrundlage für gegenwärtige und zukünftige Generationen im Vordergrund. Dies umfasst u.a. die Schonung natürlicher Ressourcen, den Erhalt der Biodiversität und die Bewahrung der Assimilationsfähigkeit der Ökosysteme.

Soziale Dimension:

Im Rahmen der sozialen Dimension geht es vor allem um Aspekte der Gerechtigkeit, im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Sie beinhaltet eine gewisse Chancengleichheit, beispielsweise hinsichtlich des Zugangs zu natürlichen Ressourcen oder zu Bildung, sowohl innerhalb einzelner Nationen als auch im internationalen Kontext. Des Weiteren umfasst die soziale Dimension den Schutz der menschlichen Gesundheit und Partizipationsmöglichkeiten am materiellen Wohlstand.

Ökonomische Dimension:

Die ökonomische Dimension zielt auf eine langfristige Existenzsicherung ab, welche nur durch die Beachtung des Kapitalerhaltungsziels (siehe hierzu Kapitel 2.1) erreicht werden kann. Aus der Nutzung vorhandener Ressourcen erwachsen langfristig Erträge, die die ökonomische Leistungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen. Es wird ein angemessenes quantitatives, aber vor allem qualitatives Wachstum angestrebt. Auf die besondere Problematik, die mit einem zunehmenden Wirtschaftswachstum hinsichtlich der Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung verbunden ist, wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit in Kapitel 4.1.2 eingegangen.

Die inhaltliche Charakterisierung der einzelnen Dimensionen wird in der Literatur sehr allgemein und vage formuliert. Es ist festzustellen, dass Unklarheiten darüber bestehen, was die einzelnen Dimensionen konkret bedeuten bzw. beinhalten (vgl. beispielsweise Boms 2008, S. 88).

Über die Vorgehensweise, dass diese drei Zieldimensionen gleichzeitig zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen sind, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, besteht in der Literatur hingegen ein relativ umfassender Konsens (vgl. beispielsweise Arnold 2007, S. 35).

Die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimension soll durch das sogenannte ´Magische Dreieck´ der Nachhaltigkeit zum Ausdruck gebracht werden, welches in Abbildung 2-1 dargestellt ist (vgl. Arnold 2007, S. 35ff.). Ein Zustand, in dem diese drei Dimensionen in Form eines Interessenausgleiches gleichgewichtig in einem Zielsystem berücksichtigt werden, wird als nachhaltig bezeichnet (vgl. Pfeiffer/Walther 2003, S. 448).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2–1: ´Magisches Dreieck´ der Nachhaltigkeit (Quelle: eigene Darstellung)

Das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung ist aufgrund seiner globalen Orientierung, seiner langfristigen Perspektive und sich kontinuierlich verändernder Rahmenbedingungen durch eine sehr hohe Komplexität und Dynamik gekennzeichnet. „Der Weg zu einem nachhaltig operierenden Unternehmen ist lang und in letzter Instanz nie endend. Das ideale Bild der absoluten Nachhaltigkeit beschreibt einen hypothetischen Zustand, der in ständiger Bewegung ist. Heutige Ziele stellen die Ausgangssituation von Morgen dar. Nach diesem Verständnis kann es kein „nachhaltiges Unternehmen“ geben, sondern nur solche Unternehmen, die kontinuierlich versuchen, die Wahrnehmung ihrer „Nachhaltigkeitsverantwortung“ im Rahmen ihrer spezifischen Möglichkeiten zu optimieren“ (Hardtke/Prehn 2001, S. 61). HARDT- KE/PREHN (2001) bezeichnen daher nachhaltige Entwicklung als „Krone der Unternehmensstrategien“ (Hardtke/Prehn 2001,S. 16).

Nachhaltigkeit beschreibt aufgrund seiner generellen Zustimmungsfähigkeit normativ gesehen ein äußerst erstrebenswertes gemeinsames Ziel (vgl. Fussler 2005, S. 61). Als regulative Idee verstanden, dient das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung als Orientierungsrahmen für zukünftiges Handeln, wobei über die Mittel und Wege zur Zielerreichung allerdings keineswegs Klarheit herrscht.

Die vorgenannten Erläuterungen, insbesondere zu den konstitutiven Elementen und generellen Zielen, machen die enorme räumliche als auch zeitliche Tragweite des Nachhaltigkeitskonzeptes deutlich. Nicht nur HÜBNER/NILL (2001) halten nachhaltige Entwicklung für „ein schwierig zu operationalisierendes Konzept“ (Hübner/Nill 2001, S. 65).

LINNE/SCHWARZ (2003) sind der Ansicht, dass es nicht an wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber mangelt, was inhaltlich unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Es mangele vielmehr an konzeptionellen Ideen, wie Nachhaltigkeit konkret zu erreichen ist. Sie fordern daher einen verstärkten Übergang vom ´Was´ zum ´Wie´ im Rahmen des Nachhaltigkeitsdiskurses (vgl. Linne/Schwarz 2003, S. 12f.).

Eine ähnliche Zielsetzung wurde auch auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Jahr 2002 verfolgt. Dort wurde darüber diskutiert, inwieweit das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, auf das man sich auf der Rio-Konferenz 1992 geeinigt hatte, in die Praxis umgesetzt worden bzw. noch umzusetzen ist (vgl. Boms 2008, S. 84).

Die zentrale Rolle der Umsetzung des Konzeptes einer nachhaltigen Entwicklung in die Praxis wird immer häufiger den Unternehmen zugewiesen (vgl. Fichter 2005, S. 17; Hardtke/Prehn 2001, S. 18).

Bedenkt man die Probleme bei der Präzisierung und Konkretisierung eines einheitlichen Nachhaltigkeitsverständnisses, ist es nicht verwunderlich, dass die Umsetzung in die Praxis ebenfalls mit großen Problemen verbunden ist und heterogene Sichtweisen von Nachhaltigkeit liefert.

Diese Ansicht wird durch eine empirische Studie von PAECH/PFRIEM (2004) bestätigt, in der insgesamt elf verschiedene Leitkonzepte unternehmerischer Nachhaltigkeit identifiziert wurden. Wie Abbildung 2-2 zeigt, dominieren die Konzepte Öko-Effizienz, Corporate Social Responsibility, Umweltmanagement und Stakeholderdialog (vgl. Paech/Pfriem 2004, S. 120).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2–2: Leitkonzepte unternehmerischer Nachhaltigkeit (Quelle: Paech/Pfriem 2004, S. 120)

Die Konzepte für eine nachhaltige Unternehmensführung weisen nicht nur hinsichtlich ihrer Bezeichnung wesentliche Unterschiede auf. In der Unternehmenspraxis wird offensichtlich, dass die Umsetzung nachhaltiger Wirtschaftsmuster innerhalb der einzelnen Unternehmen auf sehr unterschiedlichen Wegen erfolgt. Abhängig von dem jeweiligen Verständnis von Nachhaltigkeit, welches das jeweilige Unternehmen besitzt, wird das Konzept der nachhaltigen Entwicklung individuell interpretiert und ausgestaltet. Außerdem wird ihm eine unterschiedlich hohe Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und der gesamten Gesellschaft beigemessen.

Trotz der existierenden Unklarheiten bezüglich der Art der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung in die Praxis, ist es doch erstaunlich und vor dem Hintergrund der drängenden globalen Probleme auch erfreulich, dass die Zahl der Unternehmen, die ihre Unternehmensaktivitäten hinsichtlich möglicher Nachhaltigkeitspotenziale kritisch hinterfragen, immer weiter zunimmt.

Der durch die ´Limits to Growth´- Studie des Club of Rome im Jahre 1972 (vgl. Meadows et al. 1972) und die Brundtland-Kommission im Jahre 1987 initiierte Anstoß der Nachhaltigkeitsdiskussion, die Etablierung der nachhaltigen Entwicklung als gesellschaftspolitisches Leitbild sowie die wissenschaftliche und politische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit und nicht zuletzt das steigende Engagement der Unternehmen, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten, haben in den letzten Jahren zu einem gesellschaftlichen Wandel geführt. Auch in das Bewusstsein der Öffentlichkeit und somit der Konsumenten haben Nachhaltigkeitsaspekte zunehmend Einzug erhalten (vgl. Boms 2008, S. 79f.; Coenen/Grunwald 2003, S. 38f.).

Unternehmen versuchen daher immer häufiger ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten medienwirksam zu vermarkten. Wie die aktuelle Kampagne von Volkswagen, ´das Auto´[8], deutlich macht, werden spezifische Nachhaltigkeitsinnovationen[9] im Rahmen des Marketings hervorgehoben, um sich von seinen Wettbewerbern zu differenzieren. Dies zeigt, dass die nachhaltigkeitsfokussierten Unternehmensaktivitäten mittlerweile weit über eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hinaus gehen.

Im Folgenden Kapitel sollen die Motive herausgestellt werden, die Unternehmungen dazu bewegen, Nachhaltigkeitsanforderungen bei der Ausübung ihrer Unternehmensaktivitäten zu berücksichtigen. Es soll die Frage geklärt werden, warum sich Unternehmen nachhaltig engagieren.

Einschränkend soll an dieser Stelle allerdings angemerkt werden, dass die Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung durch das alleinige Engagement von Unternehmen nicht erreicht werden kann. Multinationale Unternehmen verfügen zum Teil über eine Wirtschaftskraft, die mit einigen Nationalstaaten konkurrieren kann (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 19). Um aber auf globaler Ebene das Konzept der Nachhaltigkeit zu verwirklichen, ist Nachhaltigkeit als ein partizipativer Prozess zu verstehen. Als Grundvoraussetzung erfordert dieser umfassende Partizipationsmöglichkeiten an Entscheidungen und Zugang zu relevanten Informationen für alle gesellschaftlichen Gruppen (vgl. Gerlach 2006, S. 203). Unternehmen können daher lediglich versuchen, im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, einen größtmöglichen positiven Beitrag zu einer nachhaltigeren Entwicklung zu leisten.

2.2 Motive für nachhaltiges Unternehmenshandeln

Unternehmen streben primär nach Gewinnmaximierung und der Einhaltung des obersten Unternehmensziels, einer langfristigen Existenzsicherung. Sie verfolgen vorrangig ökonomisch erfolgsstrategische Zwecke (vgl. Fichter 2005, S. 76).

Im Rahmen einer Ausrichtung auf nachhaltiges Unternehmenshandeln, muss der traditionell ökonomische Betrachtungshorizont, wie bereits zuvor beschrieben, um die ökologische und soziale Dimension erweitert werden.

Ökologische und soziale Aspekte werden allerdings nur Einzug in das strategische Management erhalten und eine Berücksichtigung in den einzelnen Unternehmensaktivitäten finden, sofern die Unternehmen sich spezifische Vorteile davon versprechen.

Nach DYLLICK (2003a) handelt es sich typischerweise um eine Mischung aus politischethischen und erfolgsstrategischen Motiven, weshalb sich Unternehmen des Themas Nachhaltigkeit annehmen (vgl. Dyllick 2003a, S. 239).

Politisch-ethische Motive beziehen sich auf eine bewusste Ausrichtung an unternehmerischen Grundwerten. Demnach werden vor allem Aspekte der unternehmerischen Verantwortung und des aufgeklärten Selbstverständnisses betont (vgl. Bieker et al. 2001, S. 19). BUR- SCHEL/LOSEN/WIENDL (2004) sprechen in diesem Zusammenhang von einer „moralischen Verpflichtung“ (Burschel/Losen/Wiendl 2004, S. 261) für die Unternehmen zu einem schonenden Umgang mit den knappen Ressourcen.

Erfolgsstrategische Motive beziehen sich hingegen auf das Schaffen ökonomischer Werte für Shareholder und Kunden. DYLLICK (2003a) unterscheidet diesbezüglich drei unterschiedliche Motive für ein nachhaltiges Unternehmenshandeln (vgl. hierzu und im Folgenden Dyllick 2003a, S. 239):

Die langfristige Absicherung des Unternehmenserfolgs steht hierbei im Fokus. Vor dem Hintergrund der Endlichkeit natürlicher Ressourcen, ist es Aufgabe des strategischen Managements, die Ressourcenbasis der Unternehmen langfristig abzusichern und somit eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten (vgl. auch Boms 2008, S. 106).

Bei der Sicherung von Akzeptanz und Legitimität geht es vor allem um die Vermeidung von Konflikten mit relevanten Stakeholdern. Eine mangelnde Akzeptanz und Legitimität hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Motivation von Mitarbeitern und Unternehmensführung, sondern wirkt sich u.a. über die Erfolgsfaktoren Image und Reputation auch indirekt negativ auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens aus (vgl. auch Fichter 2005, S. 77).

Für ein konsistentes Nachhaltigkeitsmanagement ist daher eine umfassende Berücksichtigung und Auseinandersetzung mit den Interessen der Stakeholder unerlässlich. Ein intensiver Stakeholderdialog kann zu einer Reduzierung bzw. Vermeidung von Konflikten mit eben diesen Anspruchsgruppen führen. Die Beziehungen zwischen Stakeholdern und Unternehmen sollten auf gegenseitigem Vertrauen basieren. Ein ernsthaftes Bestreben eines Unternehmens, sich den Herausforderungen einer nachhaltigen Unternehmensführung zu stellen, kann dazu beitragen, dass sowohl die Glaubwürdigkeit des Unternehmens, als auch das ihm entgegengebrachte Vertrauen erhöht werden (vgl. auch Dyllick 2003b, S. 269). Das Vertrauen sowie die Glaubwürdigkeit in ein Unternehmen sind in Branchen mit starker öffentlicher Exponiertheit, zu denen auch die Automobilindustrie zählt, von besonderer Bedeutung.

Eine transparente Darstellung der Unternehmenstätigkeiten, die eine wesentliche Voraussetzung für die ´licence to operate´[10] darstellt, leistet einen zusätzlichen Beitrag zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit sowie der Vertrauensbildung (vgl. Schönborn/Steinert 2001, S. 24). Transparenz ist notwendig, weil die ökologische Qualität von Produkten oder die Berücksichtigung sozialer Anforderungen im Herstellungsprozess für die Kunden zumeist nicht offensichtlich sind. Aus diesem Grund veröffentlicht eine immer größere Anzahl von Unternehmen immer umfangreichere Nachhaltigkeitsberichte. Neutrale Kontroll-, Zertifizierungsund Kennzeichnungssysteme können in diesem Zusammenhang ebenfalls zu einer Stärkung der Glaubwürdigkeit der Anbieter beitragen (vgl. Fichter 2005, S. 82).

„Eine bewusste Ausrichtung der Produkte und Leistungen an Kriterien der Nachhaltigkeit eröffnet Differenzierungsmöglichkeiten im ökologischen und sozialen Bereich“ (Dyllick 2003b, S. 270). Differenzierungsvorteile lassen sich nicht nur über die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens realisieren, sondern Differenzierungspotenziale bestehen entlang der gesamten Wertkette eines Unternehmens (vgl. Porter 2000, S. 166). Die Identifikation von Differenzierungsund Marktpotenzialen führt zur Gewinnung neuer oder zur Bindung bereits bestehender Kunden (vgl. Fichter 2005, S. 77). Nachhaltige Unternehmensführung verstärkt die Loyalität bestehender Kunden nicht nur zu den einzelnen Produkten oder Marken eines Unternehmens, sondern auch zum gesamten Unternehmen. Schließlich beziehen Konsumenten immer häufiger die Umwelt und Sozialverantwortlichkeit eines Unternehmens in ihre Kaufentscheidung ein. Das gestiegene Umweltbewusstsein in der Öffentlichkeit führt gleichzeitig dazu, dass nachhaltig operierende Unternehmen zunehmend präferiert werden und als Folge dessen, neue Kunden hinzu gewonnen werden können (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 72).

Eine Differenzierung des eigenen Leistungsangebotes im Nachhaltigkeitsbereich verschafft den Kunden einen Mehrwert. Dieser kann bereits in der Herstellungsphase (z.B. durch Einsatz von kostengünstigen Kunststoff-Rezyklaten beim Pkw-Bau), in der Konsumphase (z.B. durch geringen Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß beim Pkw während der Nutzung) oder aber erst in der Nach-Konsumphase (z.B. durch kostenlose Rücknahme von Altfahrzeugen) eintreten. Der Mehrwert, der den Kunden in der Konsumoder in der Nach-Konsumphase entsteht, ist mit direkten Vorteilen für den Kunden verbunden und deshalb am Markt leichter durchzusetzen, während der Mehrwert in der Herstellungsphase für den Kunden meist nicht direkt ersichtlich ist (vgl. Dyllick 2003b, S. 270).

Ein weiterer entscheidender Grund, warum ein Nachhaltigkeitsmanagement in der Unternehmenspraxis an Bedeutung gewonnen hat, liegt in der gestiegenen Wahrnehmung von Nachhaltigkeit als strategischem Wettbewerbsfaktor. Die Endlichkeit nicht regenerativer Ressourcen, wie beispielsweise Erdöl oder der weltweite Klimawandel, verlangen nach neuen Wegen der Energieund Rohstoffversorgung und eröffnen zugleich Möglichkeiten der Erschließung neuer Geschäftsfelder, unter anderem in den Bereichen erneuerbarer Energien, nachwachsender Rohstoffe oder nachhaltiger Mobilität (vgl. Fichter 2005, S. 17).

Das Einschlagen neuer Wege und die Erschließung neuer Geschäftsfelder erfolgen zumeist über die Generierung von Innovationen. Sofern diese Innovationen einen positiven Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten, werden sie als Nachhaltigkeitsinnovationen bezeichnet. Auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit eröffnen sich auf diese Weise erhebliche Potenziale zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, insbesondere in Form von ´First-mover advantages´[11] (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 71).

Verbesserte Wettbewerbschancen für Unternehmen, die ihre Strategie auf eine nachhaltige Entwicklung abstimmen, werden insbesondere durch die Dow Jones Sustainability Indexes (DJSI) belegt (vgl. Bundesregierung 2002, S. 283). In das Portfolio der DJSI, die 1999 eingeführt wurden, werden nur Unternehmen aufgenommen, die ihre Unternehmensaktivitäten an den Prinzipien der Nachhaltigkeit ausrichten.[12] Durch die Aufnahme in die DJSI steigt der Aktienkurs der Unternehmen tendenziell an (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 76ff.). Neben der positiven Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, besitzt die Aufnahme in einen Nachhaltigkeitsindex auch eine gewisse Signalwirkung nach außen, die das Image des Unternehmens und die Stakeholderbeziehungen positiv beeinflusst (vgl. Holliday/Schmidheiny/Watts 2002, S. 30ff.).

Ein Unternehmen soll anhand der bisherigen Ausführungen abschließend als nachhaltiges Unternehmen definiert werden, wenn es Strategien und Aktivitäten entwickelt und implementiert, wodurch die Bedürfnisse des Unternehmens und seiner relevanten Stakeholder im Einklang mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung erfüllt werden (vgl. Labuschagne/Brent/van Erck 2005, S. 373).

2.3 Barrieren für nachhaltiges Unternehmenshandeln

Für ein nachhaltiges Unternehmenshandeln sprechen sowohl politisch-ethische als auch erfolgsstrategische Motive. So gut die Argumente und Motive auch sein mögen, sie garantieren aber keineswegs, dass sich Maßnahmen nachhaltigen Unternehmenshandelns ohne weiteres entwickeln und durchsetzen lassen (vgl. Fichter 2005, S. 81).

Daher muss sich ein Nachhaltigkeitsmanagement auch mit den kritischen Faktoren beschäftigen, die einen Fortschritt in Richtung einer nachhaltigen Unternehmung beeinträchtigen (vgl. Baumgartner 2005, S. 60). Die Bezeichnung ´Barrieren´ für nachhaltiges Handeln ist ganz bewusst gewählt, da es sich hierbei zwar um hemmende, aber eben auch überwindbare Hindernisse handelt.

BAUMGARTNER (2005) stellt diesbezüglich vier kritische Faktoren besonders heraus (vgl. hierzu und im Folgenden Baumgartner 2005, S. 60):

1. Das Unternehmen erkennt die Potenziale nachhaltiger Unternehmensführung nicht:

Das Grundproblem des derzeitigen Wirtschaftens besteht nach wie vor in der Ausbeutung verfügbarer Potenziale der Natur zu Gunsten kurzfristiger ökonomischer Vorteile (vgl. Fichter/Arnold 2003, S. 17). Eben dieses scheinbare Fehlen eines kurzfristigen Nutzens für die Unternehmen hemmt sie, Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit und zum Nutzen der Gesellschaft zu treffen (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 7).

Die zusätzliche Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten wird allzu häufig als Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit und schlicht als Kostentreiber gesehen. Der Grund hierfür liegt vor allem im mangelnden Know-how der Unternehmensführung in Bezug auf ein konsistentes Nachhaltigkeitsmanagement, wodurch die Potenziale eines nachhaltigen Engagements und dessen positiver Einfluss auf den Unternehmenserfolg verborgen bleiben. Als besonders problematisch erweist sich die Tatsache, dass die positiven Effekte eines nachhaltigen Unternehmenshandelns sich häufig erst langfristig einstellen und selbst dann nur schwer messbar und nur in wenigen Fällen eindeutig auf eine bestimmte nachhaltige Aktivität zurückzuführen sind.

2. Das Unternehmen kennt die Erwartungen der Stakeholder nicht:

Nachhaltigkeit wird zwar in zunehmendem Maße in der breiten Öffentlichkeit thematisiert, dennoch existieren bei den Stakeholdern und Kunden keine oder nur unzureichende Kenntnisse in Bezug auf Nachhaltigkeit. Solange das Thema nachhaltige Entwicklung seitens der relevanten Stakeholder und Kunden nur eine geringe Priorität genießt, bauen diese auch keine konkrete Erwartungshaltung hinsichtlich bestimmter Nachhaltigkeitsanforderungen auf, die von den Unternehmen zu erfüllen wären.

3. Das Unternehmen ist nicht in der Lage, Fortschritte und Leistungen zu kommunizieren:

Die Durchführung nachhaltigkeitsorientierter Aktivitäten verfehlt ihre Wirkung, wenn diese nicht von den Stakeholdern und Kunden wahrgenommen werden. Daher müssen erreichte Fortschritte und erbrachte Leistungen zielgerichtet kommuniziert werden, damit sie auch dementsprechend honoriert werden können. Nachhaltige Entwicklung kann auch nur dann wirklich gelebt werden, wenn sowohl innere als auch äußere Kommunikation gut funktionieren (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 6). Somit können die Unternehmen über umfassende Information und Kommunikation selbst einen Beitrag dazu leisten, dass die vorgenannte Problematik der unbekannten Erwartungen der Stakeholder minimiert wird.

4. Das Unternehmen erhält keine Unterstützung durch die Rahmenbedingungen, Stakeholder oder Kunden:

Die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen können auf vielfältige Weise zum Scheitern nachhaltiger Lösungen beitragen. Eine mangelnde Internalisierung externer Effekte, fehlende Verbote gesundheitsgefährdender Stoffe oder Subventionszahlungen für nichtnachhaltige Wirtschaftsmuster, wie beispielsweise im deutschen Steinkohlebergbau, führen eher zu einer Benachteiligung eigentlich erwünschter nachhaltigkeitsorientierter Engagements (vgl. Fichter 2005, S. 82f.; Leitschuh-Fecht/Steger 2003, S. 265).

Entscheidend für den Erfolg nachhaltiger Leistungen ist nicht die Tatsache, dass derartige Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, sondern dass sie sich am Markt erfolgreich durchsetzen. Die zentrale Barriere liegt daher im Verbraucherverhalten. Die Konsumenten sind somit der ´Schlüssel zum Erfolg´ nachhaltiger Leistungen. Es muss demnach ein Strukturwandel angestoßen werden, der dazu führt, dass die Verbraucher vor dem Hintergrund ihrer Werthaltungen, Lebensstile, sozialen Milieus und ihrer gängigen Verhaltensmuster nachhaltige Alternativen akzeptieren und für diese eine entsprechende Zahlungsbereitschaft zeigen (vgl. Fichter 2005, S. 83). Eine spezifische Kundennachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen ist jedoch bislang noch sehr schwach ausgeprägt, weshalb die Unternehmen auch nur einen geringen Druck verspüren, sich intensiver nachhaltig zu engagieren (vgl. Leitschuh-Fecht/Steger 2003, S. 265). Diese Aussage wird dadurch bekräftigt, dass zahlreiche nachhaltige Produkte sich bisher lediglich in Nischenmärkten etabliert haben, ohne den Sprung in die Massenmärkte geschafft zu haben (vgl. Fichter 2005, S. 82).

3 Innovation

Das Thema Innovation spielt eine zentrale Rolle in der Managementliteratur und es existieren vielfältige Interpretationen des Innovationsbegriffes[13] sowie zahlreiche Erklärungsansätze und Beschreibungsmodelle für Innovationen (vgl. beispielsweise Fichter 2005, S. 149). Daher muss zunächst ein einheitliches Begriffsverständnis von Innovation festgelegt werden, welches der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen soll.

3.1 Der Innovationsbegriff

Bei Innovationen handelt es sich immer um etwas ´Neuartiges´. Die Neuartigkeit besteht insbesondere darin, dass Zwecke und Mittel in einer bisher unbekannten Form miteinander kombiniert werden. Die Neuartigkeit muss wahrgenommen werden und hat sich auf dem Markt oder im unternehmensinternen Einsatz zu bewähren (vgl. Hauschildt 2004, S. 7). Das alleinige Hervorbringen einer Erfindung genügt nicht. Erst durch die wirtschaftliche Nutzung einer Erfindung wird eine Invention zur Innovation (vgl. Corsten/Gössinger/Schneider 2006, S. 11). Analog zu HAUSCHILDT (2004), sollen zur näheren Bestimmung des Innovationsbegriffes folgende drei Dimensionen von Innovation betrachtet werden (vgl. hierzu Hauschildt 2004, S. 7ff.):

1. Die inhaltliche Dimension: Was ist neu?
2. Die subjektive Dimension: Neu für wen?
3. Die prozessuale Dimension: Wo beginnt und wo endet die Neuerung?

Die ursprüngliche Unterteilung Hauschildts umfasst zusätzlich noch eine vierte Dimension, die normative Dimension. In dieser soll geklärt werden, ob neu gleich erfolgreich ist. Sie ist darauf zurückzuführen, dass in der Literatur von einigen Autoren nur solche Neuerungen in Form von Produkten oder Verfahren als Innovation bezeichnet werden, die zu einer

´Verbesserung´ des Status Quo führen (vgl. beispielsweise Corsten/Gössinger/Schneider 2006, S. 11). Eine Beurteilung dessen, was eine Verbesserung darstellt, ist allerdings vom Interesse und Standpunkt des Betrachters abhängig und kann sehr unterschiedlich ausfallen.

[...]


[1] An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Ursache für die vorherrschende begriffliche Unklarheit darin begründet ist, dass der englischsprachige Begriff ´sustainable´ nicht adäquat in den deutschen Sprachraum übersetzt werden kann. Die gängigen Begriffsverwendungen wie ´zukunftsfähig´, ´dauerhaft´, ´langfristig tragbar´ oder eben ´nachhaltig´ spiegeln nicht sämtliche Bedeutungsfacetten des Begriffs ´sustainable´ wieder, zielen aber allesamt darauf ab, eine treffende Übersetzung zu liefern. Vgl. hierzu Boms 2008, S. 81; Arnold 2007, S. 32. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die Begriffe ´Nachhaltigkeit´ und ´Sustainability´ bzw.

´nachhaltige Entwicklung´ und ´Sustainable Development´ dennoch synonym verwendet.

[2] Benannt nach der damaligen Vorsitzenden der WCED, Gro Harlem Brundtland.

[3] Siehe zu den Anforderungen im Detail Coenen/ Grunwald 2003, S. 56ff..

[4] http://www.unep.org/Documents.Multilingual/Default.asp?DocumentID=78&ArticleID=1163, 11.07.2008.

[5] Siehe hierzu Meyer-Abich 1990, S. 60f..

[6] Für eine ausführliche Darstellung des integrativen Konzeptes einer nachhaltigen Entwicklung siehe Coenen/Grunwald 2003, S. 55ff..

[7] http://www.bundesumweltministerium.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/agenda21.pdf, 14.07.2008.

[8] http://www.volkswagen.com/vwcms_publish/vwcms/master_public/virtualmaster/en2/centralhosting/campaign/i nnovation/mki/de_DE.html?destination=mki&culture=de-DE&winw=800&winh=600, 20.07.2008.

[9] Das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis von Nachhaltigkeitsinnovationen wird in Kapitel 4 vermittelt.

[10] Für eine Definition von ´licence to operate´ siehe beispielsweise http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Mittelstand/corporate-citizenship,did=60866.html, 20.07.2008.

[11] Für eine Definition von ´First-mover advantages´ siehe z.B. Grant 2002, S. 240ff..

[12] http://www.sustainability-indexes.com, 01.08.2008.

[13] Für eine Übersicht verschiedener Definitionen für Innovation siehe u.a. Hauschildt 2004, S. 4ff..

Excerpt out of 114 pages

Details

Title
Das ambivalente Verhältnis von Nachhaltigkeit und Innovation
Subtitle
Entstehungspfade und Determinanten von Nachhaltigkeitsinnovationen in der deutschen Automobilindustrie
College
TU Dortmund
Grade
1,0
Author
Year
2008
Pages
114
Catalog Number
V120301
ISBN (eBook)
9783640237166
ISBN (Book)
9783640238972
File size
1950 KB
Language
German
Keywords
Verhältnis, Nachhaltigkeit, Innovation, Thema Nachhaltigkeit
Quote paper
Daniel Dieckmann (Author), 2008, Das ambivalente Verhältnis von Nachhaltigkeit und Innovation , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120301

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