Die ökonomische Lehre von Aristoteles - Eine Analyse der aristotelischen Theorie der Ökonomik zum Nachweis, welche Bedeutung Ökonomie heute haben könnte


Trabajo, 2000

24 Páginas, Calificación: 1,2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Voraussetzungen der aristotelischen Theorie

2 Die ökonomische Lehre des Aristoteles
2.1 Der Begriff: Ökonomie
2.2 Der Oikos - das Haus als natürliche Einheit
2.3 Die zum Haus gehörenden Teil-Gemeinschaften
2.4 Bedeutung des Hauses und seiner Leistung für die Polis

3 Die Ökonomie und Erwerbskunst
3.1 Der Besitz und Reichtum als Teil der Ökonomie
3.1.1 Bestimmung des Besitz und Reichtum
3.2 Die natürliche Erwerbskunst
3.3 Verschiedene Arten der Verwendung
3.4 Die Chremantistik – ihre Entstehung
3.5 Bedeutung für die Polis: Gerechter Tausch als gesellschafts-politische Voraussetzung
3.6 Zusammenfassung: Ökonomie und Arten der Erwerbskunst

4 Paradigmenwechsel: Die modernen Nationalökonomie
4.1 Bedeutung der ökonomischen Lehre des Aristoteles für die moderne Nationalökonomie

5 Schluss

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Bundesrepublik schätzt sich glücklich, weil „fünf Weise“ die politische Lage und Regierungsweise in einem halbjährlichen Gutachten analysieren. Sie verteilen Lob und Tadel an Notenbank und Tarifpartner, erstellen Prognosen und offerieren politische Handlungsvorschläge. Bei diesen „Weisen“ handelt es sich nicht um Philosophen oder Politikwissenschafter, sondern um Ökonomen.


Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf der internationalen Ebene hat sich die Gewichtung von Politik und Ökonomie verändert. An Stelle des bisher ideologisch geführten Ost-West-Konflikts ist die „Globalisierung“ getreten. Deren Hauptakteure sind nicht mehr nur Nationalstaaten bzw. deren Regierungen, sondern weltweit operierende Großkonzerne. Ihre Ziele konzentrieren sich auf die Steigerung ihres Umsatzes und die Übernahme konkurrierender Anbieter. Aufgrund der Dominanz der Ökonomie wird deshalb vielerorts von einer Aufhebung des Politischen gesprochen.

Bereits der „Vater der politischen Wissenschaften und der Ökonomie“, der griechische Philosoph Aristoteles, analysierte das Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie, benannte Ursachen und Folgen für die Dominanz der Ökonomie über die Politik und gab Ratschläge zur Behebung in seinem Werk „Politik“.

Zum besseren Verständnis des Aristoteles werden im ersten Kapitel zunächst seine Grundannahmen vorgestellt. Das zweite Kapitel erörtert seine ökonomische Lehre, mit dem Haus und dessen zugehörigen Teile und deren Bedeutung für die Polis. Die Trennung zwischen der Ökonomie und Chremantistik stellt den wesentlichen Teil seiner ökonomischen Lehre dar, die im dritten Kapitel beschrieben wird. Zunächst werden dazu zentrale Begriffe geklärt, insbesondere der Unterschied zwischen Gebrauchs- und Tauschwert. Abschließend wird die Bedeutung im Hinblick auf die Polis expliziert. Im fünften Kapitel werden die wesentlichen Unterschiede zwischen der modernen Nationalökonomie und der aristotelischen Lehre aufgezeigt. Der Schluß faßt die Ratschläge des Vater der Ökonomie zusammen und bezieht diese auf die Gegenwart.

1.1 Voraussetzungen der aristotelischen Theorie

Die Frage, welches das beste Wirtschaftssystem ist, ist mit der Frage verwandt, welche Welt die beste aller möglichen ist. Die Antworten sind abhängig von dem Weltbild, das jemand vertritt, d.h. die letzten grundlegenden, empirisch nicht überprüfbaren Prinzipien und Vorstellungen von Prozessen der Welt, die einer Weltsicht zugrunde liegen.

Das aristotelische Weltbild und seine Grundannahmen läßt sich in Kürze wie folgt zusammenfassen:

Sein Weltbild beruht auf eine geordnete Weltharmonik gemäß der alteuropäischen Tradition, die untrennbar mit der teleologischen Sicht der Natur des Menschen verbunden ist. Demnach ist ein unendlicher Fortschritt undenkbar, da der Mensch in seinem Handeln und Leben begrenzt ist.

Der Mensch strebt nach Glück und materiellen Gütern. Als vernunftbegabtes Wesen erhalten seine naturhaften Begierden durch die Vernunft Maß und Ziel. Da der Mensch über seine unmittelbare Bedürfnisbefriedigung hinaus stets mehr haben will, können das Sicht-Nicht-Begnügen und die Begrenztheit der Güter zu Aggressionen zwischen den Menschen führen. Die Politik muss deshalb für vernünftige Einsichten und Führung Sorge tragen, das Gemeinsame zwischen den unterschiedlichen Menschen hervorheben und durch eine umsichtige, politische Führung realisieren.

In der Nikomachischen Ethik weist Aristoteles die politischen Grundlagen einer Gemeinschaft nach, indem er jedem Menschen das Recht und die Pflicht zuordnet, sich gemäß seiner Fähigkeiten zu entwickeln. Sein Streben gilt seinem spezifischen, individuellen Ziel, dessen Erlangung zu seiner Natur gehört, der Eudamonia. Anders als bei Pflanzen und Tieren ist deren Ziel durch ihre Natur vorgegeben; der Mensch kann dieses Ziel durch Einsicht erkennen und durch Selbstbeherrschung verwirklichen. 1

Was für den Einzelnen gilt, gilt gleichermaßen für die staatliche Gemeinschaft: Alles, was die staatliche Gemeinschaft tut, tut sie um eines Guten willen, so wie der Einzelne jede Handlung um eines Gutes willen vollzieht. Der Mensch ist an sich nicht gut, sondern er bedarf des Guten, dass er in all seinem Handeln anstrebt und das er als ein Gut-Erscheinendes verwirklicht. Damit aktiviert der Mensch das, was ihn von allen übrigen Lebewesen auszeichnet: seine praktisch-ethische Vernunft mit der in einer Gemeinschaft ein gutes Leben führen kann gemäß seiner Individualität.

„Da wir sehen, dass jeder Staat eine Gemeinschaft ist und jede Gemeinschaft um eines Guten willen besteht, so ist klar dass zwar alle Gemeinschaften auf irgendein Gut zielen, am meisten aber und auf das unter allen bedeutendste Gut jene, die von allen Gemeinschaften die bedeutendste ist und alle Übrigen in sich umschließt. Diese ist der so genannte Staat und die staatliche Gemeinschaft (koinonia politike)“ 2

Das Gut, auf das der Staat ausgerichtet ist, beschreibt Aristoteles durch die Entwicklung des Staates: Die elementaren Gemeinschaften: Mann und Frau; Herrschender und Beherrschte schließen sich in der polis zur Sicherung des Überlebens und der Fortpflanzung zu einem Haus zusammen. Die Zusammenfassung mehrerer Häuser ist ein Dorf und die höchste Form der Gemeinschaft ist der Staat, der “um des Lebens willen entstanden ist und um des vollkommenen Leben willen besteht.“ 3

Das höchste Ziel des Staates ist die Erlangung von Autarkie, dh. die Sicherung äußerer Bedingungen zur Verwirklichung des guten Lebens. Der Staat bietet den formalen Rahmen, die Polis den Raum, in dem Gesetze, Gerechtigkeit und das Förderliche für die Bürger verwirklicht sind. Im Gegensatz zu Platon schreibt Aristoteles jedem Bürger eine Erkenntnisfähigkeit des Guten zu. Er faßt den Menschen als ein Wesen auf, das seine Fähigkeiten bzw. Individualität im Laufe des Lebens entwickelt und in der Gemeinschaft realisiert. Das entspricht seiner Natur. Deshalb ist der Mensch von Natur aus ein politisches Lebewesen, der zu seiner Vervollkommnung die Polis braucht. Die Polis als eine Gemeinschaft nützt ihm zur Sicherung seiner Bedürfnisbefriedigung und ermöglicht ihm ein menschenwürdiges Dasein. Diese Lebensgrundlage und enge, soziale Verbindung zwischen Staat und den Individuen weist Aristoteles durch den besonderen Vorrang des Ganzen, dem Staat gegenüber dem Teil, dem Bürger, nach. Demgemäß hat der Staat, von der Logik der Zielhierarchie her gesehen, einen höheren Rang als das Individuum, um die Vielfalt der Lebewesen zu gewährleisten.

„Der Staat ist dann auch von Natur ursprünglicher als das Haus oder jeder Einzelne von uns. Denn das Ganze muss ursprünglicher sein als der Teil.“ 4

Ähnlich der Organismus des Menschen, ein komplex organisiertes Zusammenspiel der Körperfunktionen ist, gleichen die Verhältnisse im Staat. Die einzelnen Elemente, wie z.B. Bildung, Kultur, Politik und Ökonomie sind miteinander verknüpft und müssen flexibel auf mannigfaltige Weise miteinander interagieren. Trotz aller Verschiedenheit sind die Teile ihrer Idee, ein gutes Leben in der Gemeinschaft führen zu wollen, ihrer Anlage nach gleich. Beispielsweise hat eine Sinneszelle im Auge eine andere Funktion bzw. Spezialisierung als die in der Leberzelle; dennoch sind beide in ihrer Anlage nach gleich. So wie die vielfältigen Funktionen im Organismus miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt sind, und gleichzeitig eine gemeinsame, einheitliche Idee verwirklichen, so betrachtet Aristoteles den Staat und seine Teile.

Hierin ist die Ökonomie lebensnotwendig, insofern sie das Überleben des Einzelnen und des Staates sichert. Sie ist der Staatskunst untergeordnet 5, da der Staat den äußeren Rahmen bildet. Wie das Leben des Einzelnen nicht nur auf das Überleben beschränkt ist, ist es nicht die einzigste Aufgabe des Staates, sich um das Überleben der Bürger zu kümmern, sondern er existiert um das gute Leben willen und diesem Streben dienen seine Teile und damit auch die Ökonomie.

2 Die ökonomische Lehre des Aristoteles

Die ökonomische Lehre des Aristoteles gliedert sich in verschiedene Teilbereiche mit deren jeweiligen Funktionen und einer abschließender Bedeutungserklärung für das Ganze, der polis.

2.1 Der Begriff: Ökonomie

Der Begriff „Ökonomie“ setzt sich aus den Begriffen oikos (= Haus) und nomos (= Gesetz, Ordnung) zusammen. Buchstäblich bedeutet Ökonomie die „Hausordnung“, eine Bezeichnung die sowohl den Haushalt des Hausherrn oder eines Ehepaares mit Bediensten als auch eine Einrichtung oder Verwaltung beinhaltet.

Da der Mensch von Natur aus ein auf die Gemeinschaft bezogenes Wesen ist und der einzelne Mensch insofern nicht autark leben kann, ist der Hausverband ursprünglicher als seine einzelnen Teile. Der Staat, als die höchstmögliche autarke Gemeinschaft, ermöglicht den häuslichen Gemeinschaft ihre Existenz, die sie im Hinblick auf das übergreifende Ziel, das gute Leben, erfüllt.

2.2 Der Oikos - das Haus als natürliche Einheit

Unter „Haus“ versteht Aristoteles nicht ein Gebäude, sondern eine spezielle menschliche Gemeinschaft. Sie stellt sich als eine Synthese aus den ihr vorausliegenden Gemeinschaften Mann-Frau, Eltern-Kinder sowie Herr-Sklave dar. Wie jede andere Gemeinschaft zielt der Oikos notwendig auf ein bestimmtes Gutes ab. Sein Ziel umfaßt die Ziele seiner Teil-Gemeinschaften: zum einen die biologische Erhaltung der menschlichen Spezies, zum anderem die Produktion bzw. Beschaffung von Nahrung, Kleidung etc. die Gewährleistung physischen Überlebens sowie die Befriedigung rudimentärer Bedürfnisse. 5a Das Haus, als eine natürliche Gemeinschaft, ist keineswegs erst per Vertrag hergestellt, sondern durch die Befriedigung der täglichen Lebensbedürfnisse und Daseinsfristung, als ein „Reich der Notwendigkeit“ 6.

Das Haus ist zum einen durch seine weitestgehende Selbstversorgung und eine geringe Marktverflechtung gekennzeichnet; zum anderen durch eine einfache, zentralgeleitete Wirtschaft durch den Hausherrn. 7

2.3 Die zum Haus gehörenden Teil-Gemeinschaften

Die Ökonomie, die Kunst der Haushaltung, thematisiert das Haus. Sie behandelt die das Haus konstituierenden Teil-Gemeinschaften, die von der Haus-Gemeinschaft angestrebten Ziele sowie die zu deren Erreichung einzusetzenden Mittel. Die das Haus bildenden Teil-Gemeinschaften sind hierarchisch strukturiert. Basis und Maßstab der Hierarchie ist, was das Wesen des Menschen ausmacht: die Fähigkeit zur Realisierung von ethischer Tugend und praktischer Vernunft. Die Rollenverteilung im Haus ist gemäß der Anlage verteilt: dem Mann obliegt die Leitung über das Haus, der Frau über die gemeinsamen Kinder. In beiden Fällen handelt es sich um die Leitung über der von Geburt aus Freie, die dem gemeinsamen Nutzen dient. 8 Die Funktionen des Ehegatten, Vaters und Herrn lassen sich unterteilen in:

- die Sorge um die Frau und die Kinder 9

- den Gebrauch des Besitzes, der sich unterteilt in lebendigen Besitz (Angestellte) und toten Bestitz 10

- den natürlichen Erwerb 11.

[...]


1 Nusser, Karl-Heinz: Studienbriefe Ethik: Politische Ethik; 1998; Stark Verlag, Freising

2 Aristoteles: NE 1252 a 1-7; Übersetzung von Eugen Rolfes, 1990; Felix Meiner Verlag, Hamburg,

3 Aristoteles: Politik 1252 b 29

4 Aristoteles: NE 1253 a 18-20

5 Aristoteles: NE 94 b 3

5a Aristoteles: Pol I 2, 1252a 26-30

6 Engels, Friederich: Die Entwicklung des Sozialismus von der utopie zur Wissenschaft, MEW Bd. 19, Berlin 1987, S. 222

7 Kosloswki, Peter: Haus und Geld; Philosophisches Jahrbuch, Sonderdruck, Verlag Karl Alber Freiburg/München 1979

8 Aristoteles: Politik 1278 b 37ff.

9 ebd. 1252b 9-10

10 Ebd: I, 4

11 Ebd. 1256 b 27-39-

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Die ökonomische Lehre von Aristoteles - Eine Analyse der aristotelischen Theorie der Ökonomik zum Nachweis, welche Bedeutung Ökonomie heute haben könnte
Universidad
LMU Munich  (Institut für Philosophie)
Curso
Ethik und Politik von Aristoteles
Calificación
1,2
Autor
Año
2000
Páginas
24
No. de catálogo
V120356
ISBN (Ebook)
9783640241644
ISBN (Libro)
9783640245284
Tamaño de fichero
459 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Lehre, Aristoteles, Ethik, Politik, Aristoteles
Citar trabajo
Mag Brigitte Vrochte (Autor), 2000, Die ökonomische Lehre von Aristoteles - Eine Analyse der aristotelischen Theorie der Ökonomik zum Nachweis, welche Bedeutung Ökonomie heute haben könnte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120356

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