Wilhelm Herzog beschreibt Hauptmann Dreyfus als einen in den Anschauungen seiner Kaste völlig befangenen, ziemlich naiven Menschen: „Einer, den man plötzlich aus seiner blendenden Karriere und aus dem Glück seines Familienlebens herausgerissen hat. (…) Ein armer Kerl, der sich gegen den Justizmord natürlich aufbäumt (…), klagt und jammert, der aber von den Ursachen und Zusammenhängen seiner Affäre nicht das Geringste ahnt.“
Dreyfus scheint vielleicht nicht der geborene Haudegen und strahlende Held gewesen zu sein, dennoch kämpfte die Elite der französischen Intellektuellen – allen voran Emile Zola – leidenschaftlich um seine Freiheit.
Was steckt also hinter seiner Geschichte, die nicht nur in Frankreich, sondern auch jenseits seiner geographischen Grenzen die Gemüter erhitze? Warum haben sich so viele zeitgenössische, aber auch spätere Künstler mit der Affäre Dreyfus beschäftigt? Und – last, but not least – warum griff der gebürtige Österreicher, Richard Oswald dieses Thema zu Beginn der Dreißigerjahre wieder auf und wie setzte er den historischen Sachverhalt schließlich um?
Ausgehend vom Kernthema des Kurses, „Geschichte und Perspektivenwechsel: Judendarstellungen auf der Leinwand“, möchte ich mich im ersten Kapitel den Ursprüngen und dem Verlauf des realen Falles widmen, um anschließend nach zeitgenössischen filmischen Reflexionen zu fahnden. Im Hauptteil beschäftige ich mich einerseits mit der Rezeptionsgeschichte und zeitgenössischen Kritiken zum Film, versuche andererseits aber auch, eine praktische Filmanalyse anhand von Beispielkadern durchzuführen. Nicht zu vergessen ist in diesem Fall die grundsätzliche Frage, was eine Affäre nun eigentlich ausmacht.
Als Material für diese Arbeit dienen neben historischen Werken wie dem Tagebuch von Dreyfus auch deutsche und französische Publikationen zur Affäre Dreyfus sowie filmhistorische Nachschlagewerke wie die lose CineGraphensammlung, politisch-historische Literatur zur Zeit sowie ein Vergleich verschiedener Filmfassungen.
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- Die Affäre Dreyfus
- Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
- Vom Justizirrtum zur Affäre: Versuch einer Definition
- Herkunft und beruflicher Werdegang von Alfred Dreyfus
- Der Prozess
- Die Rolle des Antisemitismus am Beispiel der Affäre Alfred Dreyfus
- Die Rolle der Medienberichterstattung: Presse und Film
- Die Geburt der Dreyfusards Emile Zola
- Die Revision
- Die Affäre Dreyfus als filmische Reflexion
- Georges Méliès – Impressionen eines Dreyfusard
- Pathé und die Affäre Dreyfus
- Die Dreyfus Affäre bleibt auch nach dem offiziellen Abschluss interessant
- Die politisch, gesellschaftlichen Auswirkungen der Affäre Dreyfus
- Richard Oswalds „Dreyfus“ (1930): Die Gegenwart und Zukunft im Spiegel der Geschichte
- Allgemeine Informationen zu Richard Oswalds Dreyfus
- Richard Oswald – ein Meister auf der Klaviatur der Filmkunst
- Der Ensemblefilm „Dreyfus“: Schauspieler im Fokus der Politik
- Die Metamorphose des „Emile Zola“ alias Heinrich George
- Fritz Kortner
- Grete Mosheim
- Die literarische Vorlage „L'Affaire Dreyfus“
- Richard Oswalds „Dreyfus“: ein historischer Film als visualisierter und verbalisierter Spiegel aktueller politischer Gefahr
- Die Opfer: Alfred Dreyfus und rechtsstaatliche Werte wie Gleichheit, Wahrheit und Gerechtigkeit
- Die Täter
- Symbolik
- Die Rolle der Öffentlichkeit
- Richard Oswalds Dreyfus in den Augen zeitgenössischer Kritik
- Epilog
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Richard Oswalds Film "Dreyfus" von 1930 und dessen Kontext. Ziel ist es, den Film als zeitgenössische Warnung vor Antisemitismus und Faschismus zu analysieren und seine Relevanz im Kontext der Affäre Dreyfus zu beleuchten. Die Arbeit beleuchtet Oswalds filmische Umsetzung des historischen Ereignisses und untersucht die Rezeption des Films in der zeitgenössischen Kritik.
- Die Affäre Dreyfus als historisches Ereignis und seine Bedeutung
- Der Antisemitismus und seine Rolle in der Affäre Dreyfus
- Richard Oswalds filmische Interpretation der Affäre Dreyfus
- Die Rezeption von Oswalds "Dreyfus" in der zeitgenössischen Kritik
- Der Film als Warnung vor wiederkehrenden Gefahren von Antisemitismus und Faschismus
Zusammenfassung der Kapitel
Prolog: Der Prolog führt in die Thematik ein und stellt die zentralen Fragen der Arbeit vor: Was ist die Bedeutung der Affäre Dreyfus über Frankreich hinaus? Warum beschäftigten sich Künstler mit diesem Thema? Und wie setzte Richard Oswald den historischen Sachverhalt in seinem Film um? Der Prolog deutet auf die Komplexität des Themas und die verschiedenen Perspektiven hin, die in der Arbeit untersucht werden.
Die Affäre Dreyfus: Dieses Kapitel bietet einen detaillierten Überblick über die Affäre Dreyfus, ihre politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, und die Rolle des Antisemitismus. Es analysiert den Prozess gegen Alfred Dreyfus, die Medienberichterstattung und die Entstehung der Dreyfusards. Die Darstellung betont den Justizirrtum und seine weitreichenden politischen Folgen für die französische Republik. Die verschiedenen Facetten des Skandals werden detailliert beleuchtet, um das Verständnis für den historischen Kontext von Oswalds Film zu legen.
Die Affäre Dreyfus als filmische Reflexion: Dieses Kapitel untersucht frühe filmische Auseinandersetzungen mit der Affäre Dreyfus, insbesondere die Arbeiten von Georges Méliès und Pathé. Es zeigt, wie das Kino bereits früh das historische Ereignis aufgriff und die verschiedenen Perspektiven auf die Affäre darstellte. Der Fokus liegt auf der Interpretation des Ereignisses im Medium Film und seiner frühen medialen Rezeption.
Die politisch, gesellschaftlichen Auswirkungen der Affäre Dreyfus: Dieses Kapitel analysiert die weitreichenden politischen und gesellschaftlichen Folgen der Affäre Dreyfus. Es wird die Bedeutung des Ereignisses für die französische Republik und den Kampf gegen Antisemitismus hervorgehoben. Die Diskussion der Folgen unterstreicht die anhaltende Relevanz der Affäre bis in die Gegenwart.
Richard Oswalds „Dreyfus“ (1930): Die Gegenwart und Zukunft im Spiegel der Geschichte: Dieses Kapitel konzentriert sich auf Richard Oswalds Film "Dreyfus" von 1930. Es beleuchtet Oswalds Biografie und sein filmisches Werk, die Schauspieler und die literarische Vorlage des Films. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse des Films als visuelle und verbale Reflexion aktueller politischer Gefahren, unter Berücksichtigung der Opfer, der Täter, der Symbolik und der Rolle der Öffentlichkeit im Film. Der Bezug zur zeitgenössischen Kritik rundet das Kapitel ab. Das Kapitel analysiert den Film als Warnung vor dem wiederaufkeimenden Antisemitismus und Faschismus zu Beginn der 1930er Jahre.
Schlüsselwörter
Affäre Dreyfus, Antisemitismus, Faschismus, Richard Oswald, Film, Historisches Kino, Politische Filmgeschichte, Zeitgenössische Kritik, Judendarstellungen, Frankreich, Republik, Justizirrtum.
Häufig gestellte Fragen zu: Richard Oswalds "Dreyfus" (1930) - Eine filmische Auseinandersetzung mit der Dreyfus-Affäre
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Richard Oswalds Film "Dreyfus" (1930) im Kontext der Dreyfus-Affäre. Sie untersucht den Film als zeitgenössische Warnung vor Antisemitismus und Faschismus und beleuchtet seine Relevanz in Bezug auf das historische Ereignis. Die Arbeit analysiert Oswalds filmische Umsetzung und die Rezeption des Films in der zeitgenössischen Kritik.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Dreyfus-Affäre als historisches Ereignis, die Rolle des Antisemitismus, Oswalds filmische Interpretation der Affäre, die Rezeption seines Films in der zeitgenössischen Kritik und den Film als Warnung vor wiederkehrenden Gefahren von Antisemitismus und Faschismus. Weitere Aspekte sind die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Affäre, die Medienberichterstattung und die frühen filmischen Auseinandersetzungen mit dem Thema.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in einen Prolog, ein Kapitel zur Dreyfus-Affäre mit detaillierter Beschreibung des Ereignisses, ein Kapitel zu frühen filmischen Reflexionen der Affäre, ein Kapitel zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Affäre, ein Kapitel zur detaillierten Analyse von Oswalds "Dreyfus" (inkl. Analyse der Schauspieler, der literarischen Vorlage und der zeitgenössischen Kritik) und einen Epilog.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Richard Oswalds "Dreyfus" als bedeutendes Werk der politischen Filmgeschichte zu positionieren und seine Bedeutung als Warnung vor dem wiederaufkeimenden Antisemitismus und Faschismus zu Beginn der 1930er Jahre herauszustellen. Sie untersucht, wie Oswald das historische Ereignis filmisch umsetzt und wie der Film von der zeitgenössischen Kritik aufgenommen wurde.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Affäre Dreyfus, Antisemitismus, Faschismus, Richard Oswald, Film, Historisches Kino, Politische Filmgeschichte, Zeitgenössische Kritik, Judendarstellungen, Frankreich, Republik, Justizirrtum.
Wie wird die Dreyfus-Affäre in der Arbeit dargestellt?
Die Arbeit bietet einen detaillierten Überblick über die Dreyfus-Affäre, einschließlich der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, des Prozesses gegen Alfred Dreyfus, der Rolle des Antisemitismus und der Medienberichterstattung. Sie analysiert den Justizirrtum und seine weitreichenden politischen Folgen.
Wie wird Oswalds Film "Dreyfus" analysiert?
Die Analyse von Oswalds "Dreyfus" umfasst die Betrachtung von Oswalds Biografie und filmischem Werk, die Analyse der Schauspieler, die Untersuchung der literarischen Vorlage und eine eingehende Interpretation des Films als visuelle und verbale Reflexion aktueller politischer Gefahren. Die Rolle der Opfer, Täter, Symbolik und Öffentlichkeit im Film wird ebenso beleuchtet wie die Rezeption des Films in der zeitgenössischen Kritik.
Welche Bedeutung hat der Film im Kontext der Zeit?
Der Film wird als Warnung vor dem wiederaufkeimenden Antisemitismus und Faschismus zu Beginn der 1930er Jahre interpretiert. Seine Bedeutung liegt in der damaligen politischen Brisanz und seiner Aktualität angesichts wiederkehrender Gefahren von Intoleranz und politischer Unterdrückung.
Welche frühen filmischen Auseinandersetzungen mit der Dreyfus-Affäre werden behandelt?
Die Arbeit untersucht frühe filmische Auseinandersetzungen mit der Affäre Dreyfus, insbesondere die Arbeiten von Georges Méliès und Pathé, um die frühe mediale Rezeption und Interpretation des Ereignisses im Medium Film zu beleuchten.
Welche politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Affäre Dreyfus werden thematisiert?
Die Arbeit analysiert die weitreichenden politischen und gesellschaftlichen Folgen der Affäre Dreyfus, unterstreicht die Bedeutung des Ereignisses für die französische Republik und den Kampf gegen Antisemitismus und betont deren anhaltende Relevanz bis in die Gegenwart.
- Arbeit zitieren
- MMag. Silvia Kornberger (Autor:in), 2007, Richard Oswalds "Dreyfus" - ein Film als zeitgenössische Warnung vor Antisemitismus und Faschismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120457