Jedes fiktionale Buch ist eine Geheimtür zu einem fremden, neuen Universum. Marie-Laure Ryan beschäftigt sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit Possible Worlds, Artificial Intelligence and Narrative Theory mit der Frage, was in uns Lesern vorgeht, wenn wir ein solches neues und fremdes Universum ‘betreten’. Außerdem stellt sie fest, dass es innerhalb dieser Universen noch andere kleine Universen geben kann, also Welten innerhalb der Welt. Diese Universen innerhalb des Universums werden von den fiktiven Figuren geschaffen. Denn, wie wir in unserer realen Welt, erfinden und träumen sich auch fiktive Figuren mit Hilfe von etwas Phantasie in eine andere neue Welt, die jedoch nur fiktiv sein kann…
Auch Gérard Genette untersucht in seinem Werk Die Erzählung das Phänomen von Welten innerhalb einer Welt. Allerdings liegt bei ihm das Hauptaugenmerk auf Texten in Texten, also Erzählungen innerhalb Erzählungen. Viel mehr sollen in dieser Arbeit beide Theorien zusammengeführt, und somit der Begriff dieser ‘Welten in Welten’ erweitert werden. Außerdem wird es in diesem Zusammenhang notwendig sein, die Eigenschaften solcher Welten näher zu bestimmen und gewisse Kriterien festzulegen, anhand derer man verschiedene Ausprägungen kategorisieren kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil I - Überblick über die Theorien und Begriffsklärung
- Erzählebenen nach Gérard Genette
- Metadiegetische Erzählungen
- Textebenen nach Ryan
- F-Universes
- Ähnlichkeiten Ryan – Genette
- Unterschiede Ryan – Genette
- Zusammenführung der Theorien
- Vier Arten von Universen ersten Grades
- Erinnerungen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die Theorien von Gérard Genette und Marie-Laure Ryan zur Darstellung von Welten innerhalb von Welten in narrativen Texten zu vergleichen und zu synthetisieren. Es soll eine erweiterte Begrifflichkeit für diese "Welten in Welten" entwickelt und Kriterien zur Kategorisierung verschiedener Ausprägungen festgelegt werden. Ein direkter Vergleich der Theorien steht dabei nicht im Vordergrund, sondern die produktive Zusammenführung beider Perspektiven.
- Vergleich der Erzähltheorien von Genette und Ryan
- Begriffsbestimmung und Kategorisierung von "Welten in Welten"
- Analyse der Entstehung und Eigenschaften verschiedener Ebenen in narrativen Texten
- Untersuchung der Rolle der fiktiven Figuren bei der Konstruktion von Subuniversen
- Entwicklung eines umfassenderen Modells zur Beschreibung von fiktionalen Welten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Subuniversen in fiktionalen Textwelten ein und stellt die Arbeiten von Marie-Laure Ryan und Gérard Genette als Ausgangspunkt der Untersuchung vor. Sie skizziert die Zielsetzung der Arbeit, welche in der Synthese beider Theorien und der Entwicklung eines erweiterten Begriffsverständnisses von "Welten in Welten" liegt. Die Einleitung betont, dass nicht das Ziel verfolgt wird, eine der Theorien zu verwerfen, sondern beide produktiv miteinander zu verknüpfen, um ein umfassenderes Verständnis zu entwickeln.
Erzählebenen nach Gérard Genette: Dieses Kapitel beschreibt Genettes Modell der Erzählinstanzen und Ebenen in narrativen Texten. Genette unterscheidet die extradiegetische Ebene (Erzähler) und die intradiegetische Ebene (Figuren). Der Fokus liegt auf der Unterscheidung zwischen der extradiegetischen Erzählung und der metadiegetischen Erzählung, also der Erzählung innerhalb der Erzählung. Das Kapitel analysiert die Kriterien zur Unterscheidung dieser Ebenen, insbesondere die Rolle des Erzählers und die Versprachlichung der Erzählung innerhalb der Diegese.
Metadiegetische Erzählungen: Dieses Kapitel vertieft die Analyse metadiegetischer Erzählungen nach Genette. Es betont, dass die metadiegetische Erzählung innerhalb der Intradiegese angesiedelt ist und von einer Figur der Intradiegese erzählt wird. Der Schlüssel zur Unterscheidung liegt in der Identifizierung der unterschiedlichen Erzählinstanzen: der extradiegetische Erzähler der Rahmenhandlung und der intradiegetische Erzähler der eingebetteten Erzählung. Die Kapitel erläutert die zwei Hauptaspekte für die Definition einer Metadiegese nach Genette: die Versprachlichung innerhalb der Diegese und die Unterscheidung zwischen den Erzählern.
Textebenen nach Ryan: Dieses Kapitel präsentiert Ryans Modell der Weltkonstitution, welches die Actual World (AW), die Textual Actual World (TAW) und die Fantasy-Universes (f-universes) unterscheidet. Die AW repräsentiert die reale Welt des Lesers, die TAW die fiktive Welt des Textes, und die f-universes stellen die von Figuren innerhalb der TAW kreierten fiktiven Welten dar. Das Kapitel erklärt das "Principle of minimal Departure", das beschreibt, wie Leser ihr Wissen über die AW nutzen, um die TAW zu verstehen.
F-Universes: Dieses Kapitel konzentriert sich auf Ryans Konzept der F-Universes als "Schöpfungen des Geistes" von Figuren innerhalb der TAW. Es betont, dass diese Schöpfungen als fiktiv innerhalb der TAW gelten und nicht vom realen Autor, sondern von den Figuren selbst stammen. Das Kapitel veranschaulicht, wie diese Konzepte zur Unterscheidung verschiedener Ebenen innerhalb fiktionaler Narrative beitragen.
Schlüsselwörter
Metadiegetische Erzählung, Intradiegese, Extradiegese, Marie-Laure Ryan, Gérard Genette, Possible Worlds, Textuelle Welten, Fiktionale Welten, Subuniversen, Erzählinstanzen, Weltkonstitution.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Vergleich der Erzähltheorien von Genette und Ryan
Was ist das zentrale Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit vergleicht und synthetisiert die Theorien von Gérard Genette und Marie-Laure Ryan zur Darstellung von „Welten in Welten“ in narrativen Texten. Ziel ist die Entwicklung einer erweiterten Begrifflichkeit und Kategorisierung dieser Subuniversen, wobei eine produktive Verknüpfung beider Perspektiven im Vordergrund steht, nicht deren direkter Vergleich.
Welche Theorien werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Erzähltheorien von Gérard Genette (insbesondere seine Konzepte von Extradiegese, Intradiegese und Metadiegese) und Marie-Laure Ryan (mit ihrem Modell der Weltkonstitution, bestehend aus Actual World, Textual Actual World und Fantasy-Universes (f-universes)).
Was sind die Hauptziele der Arbeit?
Die Arbeit zielt auf einen Vergleich der Theorien von Genette und Ryan, die Entwicklung einer präzisen Begrifflichkeit für "Welten in Welten", die Analyse der Entstehung und Eigenschaften verschiedener narrativer Ebenen, die Untersuchung der Rolle fiktiver Figuren bei der Konstruktion von Subuniversen und die Entwicklung eines umfassenderen Modells zur Beschreibung fiktionaler Welten ab.
Wie werden Genettes Konzepte erläutert?
Genettes Modell der Erzählinstanzen und -ebenen wird detailliert beschrieben, mit Fokus auf die Unterscheidung zwischen extradiegetischer (Erzähler) und intradiegetischer Ebene (Figuren) sowie der metadiegetischen Erzählung (Erzählung innerhalb der Erzählung). Die Kriterien zur Unterscheidung dieser Ebenen, insbesondere die Rolle des Erzählers und die Versprachlichung der Erzählung, werden analysiert.
Wie werden Ryans Konzepte erläutert?
Ryans Modell der Weltkonstitution (Actual World, Textual Actual World, f-universes) wird vorgestellt, einschließlich des "Principle of minimal Departure". Die f-universes als "Schöpfungen des Geistes" von Figuren innerhalb der TAW werden besonders beleuchtet, und es wird gezeigt, wie diese Konzepte zur Unterscheidung verschiedener Ebenen beitragen.
Wie werden die Theorien von Genette und Ryan zusammengeführt?
Die Arbeit strebt nicht die Gegenüberstellung, sondern die produktive Synthese beider Theorien an. Sie sucht nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden, um ein erweitertes Verständnis von "Welten in Welten" zu schaffen und ein umfassenderes Modell zu entwickeln.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, einen Teil I mit Überblick über die Theorien und Begriffsklärung (inkl. Erzählebenen nach Genette, Metadiegetische Erzählungen, Textebenen nach Ryan, F-Universes, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Ryan und Genette, Zusammenführung der Theorien, Vier Arten von Universen ersten Grades), ein Kapitel zu Erinnerungen und ein Fazit.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Metadiegetische Erzählung, Intradiegese, Extradiegese, Marie-Laure Ryan, Gérard Genette, Possible Worlds, Textuelle Welten, Fiktionale Welten, Subuniversen, Erzählinstanzen, Weltkonstitution.
- Citation du texte
- Nora Haller (Auteur), 2008, Das Universum zweiten Grades, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120651