Technische und wirtschaftliche Lösungskonzepte der Langzeitversorgung von Halbleitern in der Automobilindustrie


Mémoire (de fin d'études), 2007

107 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung und Zielsetzung

2 Die Gegenwart der Langzeitversorgung
2.1. Die Wertschöpfung der Elektronik im Automobil
2.2. Die unterschiedlichen Produktlebenszyklen
2.3. Anforderungen der Automobilindustrie
2.4. Technische und wirtschaftliche Möglichkeiten der Halbleiterindustrie
2.5. Die Wünsche und Bedürfnisse der Endkunden

3 Die Darstellung der Langzeitversorgung in anderen Branchen
3.1. Handybranche - Siemens Communications
3.2. Pumpenbranche - ViscoTec
3.3. Automobilkunststoffbranche - Robert Bosch
3.4. Luft- und Raumfahrtbranche - EADS

4 Prognose - der Schlüssel zum Erfolg
4.1. Die theoretischen langfristigen Prognosemodelle
4.1.1. Logistisches Modell
4.1.2. Exponentialmodell
4.1.3. Gompertz-Funktion
4.2. Die praktische Umsetzung der Prognose

5 Lösungskonzepte der Langzeitversorgung
5.1. Kurz- und mittelfristige Lösungskonzepte
5.1.1. Informationsfluss bei Abkündigungen und Änderungen
5.1.2. Lagerung
5.1.2.1. Lageroption - in welchem Produktionsstatus wird gelagert?
5.1.2.2. Lageroption - bei wem findet die Lagerung statt?
5.1.2.3. Die Wirtschaftlichkeit der Lagerung
5.1.3. Recycling
5.1.4. Kleinmengenproduktion
5.1.5. Redesign / Neukonstruktion
5.1.6. Remanufacturing / Aufbereitung
5.2. Langfristige Lösungen
5.2.1. Langfristige Lieferverträge
5.2.2. Standardisierung und Modularisierung
5.3. Bewertung der Langzeitversorgung in der Halbleiterindustrie

6 Zukunftsaussichten
6.1. Gesetzliche Änderungen
6.2. Zukunftsträchtige Technologien

7 Vorschläge und Empfehlungen
7.1. Arbeitsgemeinschaften
7.2. Infineon als Innovationsmarktführer
7.3. Das “Long Term Supply Mix Modell”

8 Zusammenfassung
8.1. Darstellung der Diplomarbeit
8.2. Resultate der Diplomarbeit

Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Der technologische Wandel im Halbleitermarkt ist so schnelllebig, dass sich die elektronischen Bauelemente oftmals im Serienauslauf befinden, wenn das eigentliche Endprodukt nach beispielhaften 3 bis 4 Jahren Entwicklungszeit in die Serienproduktion geht. Die Automobilindustrie ist von dieser Problematik besonders betroffen, weil sie Fahrzeuge in großen Serien über vergleichsweise lange Zeiträume mit harten Kostenzielen und hohen Qualitätsmaßstäben fertigt. Dabei spielen besonders die unterschiedlichen Lebenszyklen eine ganz besondere Rolle. Die Problematik erhöht sich, denn nach dem Serienende sind die Automobilhersteller dafür verantwortlich ihre Kunden mit Ersatzteilen zu versorgen. Die einzelnen Kraftfahrzeug-Elektronikkomponenten durchlaufen dabei im Vorfeld eines Fahrzeugeinsatzes umfangreiche Freigabeuntersuchungen. Die Konfiguration eines Kraftfahrzeugs wird außerdem einer gesetzlichen Typprüfung unterzogen, so dass eine spätere Abwandlung der ursprünglichen Komponenten nicht ohne weiteres zulässig ist. Änderungen an der einzelnen Komponente sind demnach nur noch mit erheblichem Aufwand möglich. Diese Situation zwingt die Automobilhersteller und ihre Zulieferer für Kraftfahrzeugelektronik zu neuen Konzepten im Management ihrer Ersatzteilspektren.

Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit sind die technischen und wirtschaftlichen Lösungskonzepte der Langzeitversorgung von Halbleitern in der Automobilindustrie. Hierbei werden zum Thema die einzelnen Bereiche der Automobilindustrie untersucht, Vergleichsbranchen dargestellt, praktische und theoretische Prognoseverfahren zur Ermittlung der Langzeitversorgungszahlen erläutert sowie alle derzeit möglichen Lösungskonzepte der Langzeitversorgung analysiert.

Schlagwörter: Langzeitversorgung, Halbleiter, Automobilindustrie

Abstract

The technological change in the semiconductor market is very expeditious, that the electronic elements are often situated by the start of the series production in the series discontinue. The automobile industry is particularly affected by this problem because they are producing their vehicles in large quantities over comparatively long periods with tough target costs and high quality yardsticks. In spite of that the different life cycles are playing a particular role. The problem is increasing, because after the end of production the car manufacturers are responsible to provide their customers with spare parts. In addition the configuration of a motor vehicle is submitted of a lawful type testing, so that a later modification of the original components is not so easily permissible. Changes at the individual component are therefore only possible with a considerable effort. This situation forces the car manufacturers and their suppliers for automotive electronics to develop new concepts in the management of their spare part.

The subjects of the work are the technical and economic solutions for the long-term supply of semiconductors in the automobile industry. At this connection the individual fields of the automobile industry are examined, comparison industries are represented, practical and theoretical prognosis methods for the determination of the long-term supply units are described as well as all current possible solutions for the long-term supply are analyzed.

Keywords: Long-term supply, semiconductor, automotive industry

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1. Prozentualer Anteil der elektronischen Bauteile im Kraftfahrzeug im Jahr 2004, angenommen von der gesamten Elektronik im Fahrzeug

Abbildung 2.2. Anteil der Elektrik/ Elektronik am Gesamtwert des Fahrzeugs

Abbildung 2.3. Entwicklung der Mechatronik

Abbildung 2.4. Die Darstellung der Elektronik im Auto

Abbildung 2.5. Der Fortschritt der Technologie und der Komplexität

Abbildung 2.6. Unterschiedliche Lebenszyklen Fahrzeug/ Bauteil

Abbildung 2.7. Darstellung der Entwicklungs- und Produktlebenszeiten

Abbildung 2.8. Zahl der Halbleiter-Bauelemente-Generationen innerhalb eines Automobilzyklus

Abbildung 2.9. Entwicklung eines Spektrums an Kraftfahrzeug- Elektronikkomponenten

Abbildung 2.10. Darstellung der Produktpreisentwicklung in Bezug auf die Dauer

Abbildung 2.11. Kommunikationsmodell über die gesamte Produktionskette

Abbildung 2.12. Balance zwischen den einzelnen Qualitätsparametern

Abbildung 2.13. Volumenverteilungsdiagramm

Abbildung 3.1. Produktionslebenszyklen im Vergleich

Abbildung 3.2. Fassentnahmesystem der Firma ViscoTec

Abbildung 3.3. Kunststoffbauteil aus dem Sortiment der Produktion von Robert Bosch Aranjuez

Abbildung 3.4. Recce Tornado des AG 51 "Immelmann"

Abbildung 3.5. Branchenvergleich bezüglich der vier Hauptparameter

Abbildung 4.1. Darstellung einer Standardlebenszykluskurve von einem technischen Bauteil

Abbildung 4.2. Mengenbedarfsdarstellung sowie Mengenbedarfsverlauf nach End of Production

Abbildung 4.3. Ausstattung privater Haushalte mit Farbfernsehgeräten nach der logistischen Funktion (Prognose gestrichelt)

Abbildung 4.4. Entwicklung der Weltbevölkerung (Prognose gestrichelt)

Abbildung 4.5. Kraftfahrzeuge je 1000 Erwachsene Wohnbevölkerung (Prognose gestrichelt)

Abbildung 4.6. Vergleich der symmetrischen Eigenschaften der Gompertz- und logistischen Kurve

Abbildung 4.7. Prognostizierter Absatzverlauf des Jahres 2000 eines elektronischen Originalteils (li.) sowie Gegenüberstellung des realen Verlaufs bis Anfang 2003 (re.)

Abbildung 4.8. Verlauf der Dichtefunktion einer Weibull-Verteilung

Abbildung 4.9 Layout vom Prognosemodell „das Tool“ der BMW AG

Abbildung 5.1. Zwei Arten des Informationsflusses innerhalb der Prozesskette

Abbildung 5.2. Lagerungsprobleme und Gegenmaßnahmen bei Halbleitern

Abbildung 5.3. Darstellung Lead frames und Bonds

Abbildung 5.4. Die Darstellung des Popcorneffekts

Abbildung 5.5. Die Darstellung einer Delamination

Abbildung 5.6. Whiskerbildung unterm Mikroskop

Abbildung 5.7. DryPack mit Silicagel-Kissen und Feuchteindikator

Abbildung 5.8. Stickstoffgefüllter Lagerschrank

Abbildung 5.9. Stickstoffgeflutetes Lagersystem

Abbildung 5.10. Normaler Produktions- und Lagerverlauf

Abbildung 5.11. Front End Lagerung

Abbildung 5.12. Back End Lagerung

Abbildung 5.13. Lagerbedingungen von Halbleitern

Abbildung 5.14. Betrachtung des Yield loss bei der Lagerung

Abbildung 5.15. Lagerung am Ende der Logistikkette

Abbildung 5.16. Preissteigerung von eingelagerten Bauteilen (5% Yl, 0% UP)

Abbildung 5.17. Preisentwicklung bei Upfront Payment 0%

Abbildung 5.18. Preissteigerung von eingelagerten Bauteilen (5% YL, 30% UP)

Abbildung 5.19. Preissteigerung von eingelagerten Bauteilen (5% YL, 100% UP)

Abbildung 5.20. Preisentwicklung von eingelagerten Bauteilen

Abbildung 5.21. Preisentwicklung bei unterschiedlichen ASP’s

Abbildung 5.22. Portfolio aus Sicht der Halbleiterindustrie von Halbleitern

Abbildung 6.1. Mechanische Lenkung

Abbildung 6.2. Steer-by-Wire-Konzept

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung und Zielsetzung

Schon immer hatte die Menschheit den Wunsch sich schneller, weiter und höher bewegen zu können als mit der eigenen Muskelkraft. Daher stellte die Erfindung des Automobils einen bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung der menschlichen Geschichte dar. Zu seiner Entwicklung haben vielfältige Technologien unterschiedlicher Wissenschaften beigetragen. Die Schwachstellen wurden im steigenden Ausmaß durch die Erkenntnisse der Mechanik, Strömungslehre, Werkstoff- und Wärmetechnik, Maschinenelemente, Elektronik aber auch durch die Natur behoben bzw. gemildert. Unsere Gesellschaft ist deswegen einem ständigen Wandel ausgesetzt, was dazu führt, dass sich die Anforderungen an Fahrzeuge in den letzten Jahren drastisch erhöht haben. Der Wettbewerb in der Automobilindustrie ist geprägt durch hohe Innovationsgeschwindigkeit, wechselnde Technologien, steigende Erwartungen an Qualität und Leistung zukünftiger Produkte bei gleich bleibenden Preisen. Antiblockiersystem, elektronisches Stabilitätsprogramm kurz ESP, Thermotronic oder die neuentwickelte Lichtsteuerung Night Vision1, all diese Technologien haben eines gemeinsam - sie entstanden durch den schnellen und impulsiven Entwicklungstrend der Elektronik.

Die Hauptgründe für das dynamische Wachstum des Halbleitermarktes sind der rasante technologische Fortschritt und der zunehmende Einfluss der Verbraucher. Gordon E. Moore, Mitbegründer und langjähriger Geschäftsführer von Intel, hat vor Jahren eine These aufgestellt, die sich seit dieser Zeit in verblüffender Regelmäßigkeit erfüllt. Das Moore’s Law2 besagt, dass sich „die Komplexität und Kapazität von Chips alle 18 Monate verdoppelt“. Dies führte dazu, dass die Elektronik Mitte der neunziger Jahre ihren Durchbruch hatte, der dafür sorgte, dass moderne Autos leistungsfähiger, sicherer, umweltschonender, komfortabler und sparsamer gemacht wurden. Der Wertanteil der Elektronik am gesamten Kraftfahrzeug nahm seitdem exponentiell zu. Für die nächsten zehn Jahre wird von einer jährlichen Steigerung der Elektronik am Auto von 8% bis 12% ausgegangen. Da der gesamte Automobilhalbleitermarkt mit etwa 8% bis 9% pro Jahr weiter wächst, wird der Automobilmarkt in diesen Bereichen immer interessanter. War der Halbleiteranteil 1995 noch bei 4,8%, beträgt er inzwischen mehr als 8% und wird in den kommenden Jahren auf etwa 10% weiter ansteigen. Diese technologische und wirtschaftliche Entwicklung in der Halbleiterindustrie ermöglicht die geforderte hohe Integrationsdichte und die damit verbundene Kostenreduzierung der elektronischen Systeme. Der Trend wird zu Gunsten der Sicherheit jedes Einzelnen und der Zuverlässigkeit des Automobils für die Zukunft nach obenhin prognostiziert. Deswegen wird es in den nächsten Jahren besonders in der Elektronik eine Reihe verschiedener Veränderungen im Auto geben, wie z.B. das schon entwickelte Distronic Plus3, dass mit Hilfe von Radar einen Sicherheitsabstand zum Vordermann schafft und somit die Sicherheit auf den Straßen verstärkt.

Doch gerade in der Elektronik schlich sich aufgrund der divergierenden Innovationszyklen in den letzten Jahrzehnten eine Problematik heran, die heute und ganz besonders in den kommenden Jahren ein erhebliches Umdenken der Unternehmen verlangen wird. Bauelemente die heute noch als Vision erscheinen sind nach momentanem Stand der Elektronik nach einem Jahr verfügbar und in einigen Jahren technisch überholt. Für die Branche bringt dies, gerade im Hinblick auf die von den Automobilherstellern geforderten Liefergarantien von 25 Jahren, schwerwiegende Probleme mit sich. Diese entstehen, weil die Halbleiterproduzenten und die Automobilhersteller unterschiedliche Produktlebenszyklen haben. Halbleiterhersteller sind aus Gründen des Preis- und Konkurrenzdrucks sowie der Wirtschaftlichkeit ihrer Produktionsstätten gezwungen ihre Bauteile teilweise vor dem Ende der Serienproduktion der Original Equipment Manufacture’s (OEM’s)4 abzukündigen. Leider lässt es sich oft nicht vermeiden, dass der Zeitpunkt der Produktabkündigung durch den Hersteller nicht der passende Zeitpunkt für den Automobilhersteller ist, denn jede Technologie hat nur einen begrenzten Lebenszyklus. Ersatzteile für elektrische Bauteile in Fahrzeugen lassen sich auch mit hohem finanziellem Aufwand nicht so lange und artgerecht wie einfache Teile der Karosserie lagern - doch aufgrund der langen Lebensdauer des Automobils wäre dies wünschenswert.

Die Problematik wird sich noch ausweiten, wenn zu den klassischen Autoersatzteilen in Zukunft auch Teile der Steuerungselektronik dazu kommen. Je komplexer und komplizierter ein Auto konzipiert wird, desto mehr Teile werden es, die logistisch zu verwalten sind. Die Wertschöpfungskette wächst und die Langzeitversorgung von Halbleitern in der Automobilindustrie wird immer mehr zu einem brisanten Thema, da hier zwei höchst unterschiedliche Branchen aufeinander treffen. Werden ausreichend Ersatzteile zur Verfügung stehen, wenn in einigen Jahren die ersten Reparaturen nötig sein werden? Wird die Elektronik, die heute unsere Fahrweise nahezu alleine steuert, lenkt und kontrolliert, die Endstation des innovativen Fortschritts der Industrie sein?

Während in der Computer - oder der Telekommunikationsbranche Geräte und Bauteile nach wenigen Jahren vom Markt verschwinden und durch die nächste Generation funktionell und technologisch übertroffen werden, müssen Autohersteller von der Entwicklungs- bis zur Ersatzteilversorgungsphase bei ein und dem selben Modell mit den funktionell gleichen Bauteilen bzw. Steuergeräten arbeiten - dies kann vom ersten Entwurf bis zum Oldtimer 25 Jahre und mehr andauern. Diese Thematik stellt für die Hochtechnologieunternehmen eine erhebliche Herausforderung dar, denn die Schere mit den Seiten Innovationsdruck und Langzeitversorgung geht immer weiter auseinander. Der Ideologie „in 25 Jahren gibt es keine fahrenden Oldtimer mehr“5 will man keine Chance geben. Auf der anderen Seite sollte der Standpunkt der Automobilhersteller ebenso betrachtet werden, denn die rasanten Zyklensprünge der Halbleiterindustrie würden dazu führen, dass die Elektronik in ihren Fahrzeugen alle drei Jahre neu entworfen werden müsste. Nach momentanem Stand ist das Thema „mögliche Engpässe der Bauteile im Jahre 2025“ bei den Fahrzeugherstellern noch nicht an der Spitze der Prioritätsliste angelangt, da die Basisgeschäfte - Steigerung des Umsatzes, Erhöhung der Produktivität und Zunahme des Absatzes ganz oben stehen. Versorgungsengpässe und Abkündigungen bei elektrischen Bauelementen zeigen aber, dass im Bereich „Critical-Parts-Management“6, neue Technologien auf den Markt kommen müssen.

Der Wunsch ist hierbei, die reibungslose Versorgung von Bauelementen für elektrische Steuergeräte über den gesamten Produktlebenszyklus zu garantieren. Ungeachtet dessen, welche Ideallösung für die Zukunft entsteht, muss ein Ergebnis dargestellt werden, dass die Bereitstellung von elektronischen Ersatzbauteilen z.B. Airbag, ABS oder das elektronische Stabilitätsprogramm für den vorgegebenen Zeitraum gewährleistet. Erste Recherchen aus vergleichbaren Branchen und Märkten wurden bereits betrieben, aber eine adäquate Patenlösung für alle Parteien, dass heißt für die gesamte Automotive Supply Chain wurde bislang nicht gefunden. Dies könnte in der kommenden Zeit ein großes Geschäft für einige Unternehmen werden, wenn sie sich massiv mit der Langzeitversorgung beschäftigen und eine Ideallösung hierzu finden. Das Obsolescence Management, was die Nichtverfügbarkeit von veralteten Produkten zu verstehen gibt, hat somit am Markt eine Nische eröffnet.

Ziel dieser Diplomarbeit war es, Lösungskonzepte zur Langzeitversorgung aufzuzeigen und diese sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus technischer Sicht zu bewerten. Hierbei sollten alle möglichen Variationen der Automobil- und Halbleiterbranchen herangezogen werden, die eine Nachserienversorgung hervorrufen. Dabei sollten die Möglichkeiten der Halbleiterindustrie und die Anforderungen der Automobilindustrie als Grundlage dazu dienen, eine wirtschaftsingenieurtechnische Ist- und Soll-Analyse darzustellen. Vorschläge und Empfehlungen sollten das Thema nochmals beleuchten und somit dem Unternehmen eine Stütze zur strategischen Umsetzung der Langzeitversorgung geben.

Ziel des Unternehmens wird es sein, nach Erkenntnissen dieser Arbeit die abgekündigten Bauteile in der vertraglich vereinbarten Zeit für die Kunden bereitzustellen und dabei selbstverständlich Qualität, Funktionalität sowie Zuverlässigkeit sicherzustellen. Durch die Verfügbarkeit dieser elektronischen Bauteile kann dann gesichert werden, dass Autos in 25 Jahren nicht nur starr im Museum stehen müssen, sondern wie heute als Oldtimer auf den Straßen fahren werden.

Der schnelle technologische Wandel in der Elektronik sorgt dafür, dass immer mehr Bauteile unverzichtbar werden, denn sie hilft diese leistungsfähiger, sicherer, umweltgerechter, sparsamer und nicht zuletzt konkurrenzfähiger zu machen. Dabei gewinnt die Halbleiterindustrie drastisch an Bedeutung, denn der hohe wettbewerbsbezogene Innovationsdruck verbunden mit dem Preisdruck der Automobilhersteller sorgt für die neuesten Entwicklungstrends und ihre Preispolitik. Steigender Wertschöpfungsanteil der Elektronik im Kraftfahrzeug, unterschiedliche

Produktlebenszyklen der einzelnen Hersteller, Anforderungen der Automobilindustrie, technische und wirtschaftliche Möglichkeiten der Halbleiterindustrie und nicht zuletzt die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden spiegeln die Gegenwart der Langzeitversorgung wider, die in diesem Kapitel angesprochen werden.

2.1Die Wertschöpfung der Elektronik im Automobil

Heutige Kraftfahrzeuge sind rollende Elektronikläden, die mit verschiedensten Steuergeräten und elektronischen Komponenten ausgestattet sind (Abbildung 2.1.). Eine Reihe von Chips steuert eine Menge von Funktionen in den Fahrzeugen - von Sitzeinstellung, Klimaanlage, Airbag bis hin zu Motor und Getriebe. Die hohe Komplexität der elektronischen Systeme und deren Kostenanteil am Fahrzeug führen dazu, dass der klassische Automobilbau bereits der Vergangenheit angehört.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1. Prozentualer Anteil der elektronischen Bauteile im Kraftfahrzeug im Jahr 2004, angenommen von der gesamten Elektronik im Fahrzeug7

Der Wertschöpfungsanteil der Elektronik/ Software bei den Oberklassefahrzeugen liegt heute bei 35 bis 40 Prozent, bei den Mittelklassefahrzeugen erst bei 8 Prozent. Das ergibt einen Gesamtmittelwert von cirka 22 Prozent. Der Wert der Halbleiter im Auto liegt heute im Durchschnitt bei 200 Euro, die Tendenz ist weiter steigend. Der Anteil der elektrischen und elektronischen Systeme in den Fahrzeugen steigt aber weiter rapide an. Experten zufolge werden 90% aller zukünftigen Innovationen im Auto durch Elektronik und Software getrieben. Der Elektronikanteil im Auto wird im Jahre 2010 voraussichtlich cirka 35% betragen. Innerhalb dieses Elektronik-/ Elektrikanteils wird sich der Software-Anteil von 20% auf knapp 40% erhöhen und damit 13% des Gesamtwertes des Fahrzeugs im Jahre 2010 ausmachen. Die Abbildung 2.2. belegt dies anhand einer Grafik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2. Anteil der Elektrik/ Elektronik am Gesamtwert des Fahrzeugs8

Zwei maßgebliche Trends sind die Gründe für die Steigerung des Elektronikanteils am Produktionswert des Autos. Zum einen die Entwicklung der Mechatronik, die es ermöglicht hat Mechanik, Elektronik und Informatik zu einer neuen Technologie zu vereinen und somit ein Bindeglied zu schaffen. Das anfängliche Conventional Engineering, dass die Bereiche Mechanik, Elektronik und Informatik in einzelnen Stufen bearbeitete, wurde durch das Simultaneous Engineering überholt. Dieses wiederum war verantwortlich für die Entstehung des Synergistic Engineering, das die Mechatronik zu einem Kollektiv machte (Abbildung 2.3.). Als zweiter Trend konnte sich die variable und zahlreiche Funktionalität der Elektronik durchsetzen, die das Autofahren in vielen Bereichen verbesserte, vereinfachte und verfeinerte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3. Entwicklung der Mechatronik9

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die neuen Konzepte wie z.B. Distronic Plus10 sowie die leistungsfähigen Kommunikationssysteme, zur weiteren Integration der Elektronik im Fahrzeug führten und führen werden, wie die Abbildung 2.4. noch einmal verdeutlicht. Damit wird Funktionalität, Komfort und Sicherheit der Fahrzeuge steigen, aber auch die Komplexität und der relative Kostenanteil der Elektronik. Laut ZVEI11 nimmt der Anteil der Elektronik/ Software im Auto stärker zu als die Anzahl der produzierten Fahrzeuge. Der steigende Elektronikanteil hat zur Folge, dass für zukünftige Entwicklungen die Fahrzeugelektronik als Gesamtsystem betrachtet werden muss und nicht als Ansammlung isolierter Steuergeräte und anderer elektronischer Komponenten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4. Die Darstellung der Elektronik im Auto12

2.2 Die unterschiedlichen Produktlebenszyklen

Trotz des erfolgsversprechenden Zukunftstrends stehen die Produktlebenszyklen der Bauelemente-, Baugruppen- und Automobilhersteller im ungleichen Verhältnis zueinander. Die Hersteller der Telekommunikations- und Computerbranchen bringen alle 12 bis 18 Monate ein neues Produkt auf den Markt. Die durchschnittliche Lebensdauer ihrer Produkte beträgt etwa zwei bis drei Jahre. Vergleicht man dies mit dem Produktlebenszyklus eines Fahrzeuges, konnten in der Vergangenheit in demselben Zeitraum sieben neue Handys und vier neue Prozessoren auf dem Markt gebracht werden. So ähnlich schaut die Entwicklung in der Halbleiterindustrie für Automobilbauteile aus, dennoch erschwert der Fortschritt der Miniaturisierung und Komplexität die Nachserienversorgung (Abbildung 2.5.). Der Trend für die Zukunft wird aufgrund des Mooreschen Gesetzes weiterhin nach oben vorhergesagt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5. Der Fortschritt der Technologie und der Komplexität13

Die einzelnen Kraftfahrzeugelektronikbauteile sind cirka 4 - 6 Jahre auf dem Markt verfügbar. Im Gegensatz dazu weist ein Fahrzeug eine Lebensdauer von rund 22+x Jahren auf. Diese setzt sich aus 2 - 4 Jahren Design- und Entwicklungsphase, 2 - 7 Jahren Serienproduktion und 15 + x Jahren Ersatzteilversorgung zusammen. Der Vergleich von der Gesamtlebensdauer verdeutlicht das Kernproblem der Verfügbarkeit der elektronischen Ersatzteile (Abbildung 2.6.).

Die Automobilkonzerne haben sich eine schwierige Aufgabe gestellt, indem sie einerseits auf die kurzen Innovationszyklen der Elektronik eingehen und andererseits notwendige Langzeitversorgung mit Ersatzteilen für den kompletten Fahrzeugzyklus sicherstellen. Dabei muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass der elektronische Automobilmarkt aufgrund von niedrigem Volumen der

Automotive Elektronikbauteile bei gleichzeitig hohen Anforderungen für die Halbleiterindustrie von untergeordnetem Interesse ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6. Unterschiedliche Lebenszyklen Fahrzeug/ Bauteil14 (Legende von EOP15 /FL16 /SOP17 )

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die Entwicklungszyklen der beiden Branchen oft gegeneinander verschoben sind. Denn der Start des Produktentwicklungsprozesses eines Automobilherstellers bedeutet nicht, dass die Halbleiterindustrie mit der Entwicklung einer neuen Technologie bzw. eines neuen Bauteils beginnen muss. Die Folge der unten aufgezeigten Abbildung 2.7. ist eine immer größere zeitliche Verschiebung zwischen neuen Modellen im Automobilbau und neuwertigen Technologien bei den Halbleitern. Für die Zukunft ist anzunehmen, dass bei Serienanlauf eines Fahrzeuges die Halbleitertechnologie von neuen Techniken überholt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7. Darstellung der Entwicklungs- und Produktlebenszeiten18

Die Problematik scheint in diesem Bereich kein Ende zu nehmen, denn neben der hohen Komplexität, den unterschiedlichen Lebenszyklen oder auch den gegeneinander verschobenen Zyklen, stellt die hohe Anzahl der Baugeräte innerhalb des genannten Fahrzeugzyklus eine beachtliche Herausforderung dar. 15 bis 20 Speichergenerationen, 5 bis 7 neuentwickelte Controller oder auch 3 bis 6 verschiedene Power Units fallen unter anderem innerhalb eines Automobilzyklus an (Abbildung 2.8.). Dies sorgt besonders bei den Tier1’s19 und den OEM’s für ein bedeutsames Umdenken, denn die schnelllebigen Generationen lassen oftmals keine Baugruppen 2 Jahre in ein und demselben Zustand. Aufgrund der oben erwähnten Komplexität, sorgt dies für weitere funktionelle Veränderungen und mögliche unerwartete Ausfallmöglichkeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8. Zahl der Halbleiter-Bauelemente-Generationen innerhalb eines Automobilzyklus20

Um aufschlussreiche Erkenntnisse zu diesem Teilkapitel zu bekommen, sollte die Produktionsdauer der elektrischen Steuergeräte genauer betrachtet werden. Denn nicht nur der steigende Fortschritt und die hohe Komplexität haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte drastisch geändert, sondern ebenso die Dauer zwischen SOP (Start of Production) und EOP (End of Production), wie die Abbildung 2.9. belegt.

Während der Produktionlebenszyklus vor cirka 3 Jahrzehnten noch knapp 15 Jahre gedauert hat, ist dieser heute bereits auf ein Minimum von cirka 2 Jahren abgefallen. Ebenso gab es die Zunahme der Variantenvielfalt von einer Variation in Jahren, auf heutige 15 in 2 Jahren. Der exponentielle Kurvenverlauf zeigt den immer enger werdenden Produktionsspielraum und somit die Veränderung der Produktlebensdauer. Die Folge für die Langzeitversorgung ist verheerend, denn die immer kürzer werdenden Produktionsintervalle dürfen aufgrund der Nachserienversorgung nicht komplett vom Markt verschwinden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9. Entwicklung eines Spektrums an Kraftfahrzeug-Elektronikkomponenten21

Abschließend sollte in diesem Bereich die Frage gestellt werden, warum die Lebenszyklen der Halbleiter so kurz sind. Während die Komplexität in den letzten Jahrzehnten anstieg, die Lebensdauer zwischen dem Automobil und den elektrischen Bauelementen immer drastischer auseinander ging und sich diesbezüglich die Lebenszyklen mehr und mehr zeitlich verschoben sowie die Zahl der Baugeräte ein Extremum an Vielfalt mit sich brachte, wurden die Produktionslebenszyklen der Halbleiter im Laufe der Jahre immer geringer. Hierbei spielen die Automobilhersteller eine große Rolle, denn sie verlangen von ihren Zulieferern bessere und schnellere Technologien bei gleich bleibenden bzw. fallenden Preisen. Um diesen Wunsch nachzugehen, müssen die Produkte nach einer gewissen Zeit vom Markt genommen werden, denn nur mit einer intakten Kalkulations- und Wirtschaftlichkeitsrechnung können die Halbleiterhersteller ihre hochtechnologisierten Produkte vermarkten und sie zu immer günstigeren Konditionen anbieten (Abbildung 2.10.).

Während die Technologie A zur Serienproduktion (höchste Produktivität), ihre nahezu geringsten Produktkosten besitzt, fordern die OEM’s eine kontinuierliche Kostenreduzierung für den weiteren Produktablauf. Dies lässt sich leider nicht anders vereinbaren, als das Bauteil abzukündigen und eine neutechnologische Serie in der Halbleiterindustrie zu starten, um den gewünschten Preis der OEM’s zu erfüllen. Des Weiteren ist es besonders in der innovativen Halbleiterindustrie von großer Bedeutung ein Produkt am richtigen Ort zur richtigen Zeit auf den Markt zu bringen. Kommt der Halbleiter zu früh auf den Markt, könnte dies zu Vorteilen für die Konkurrenz führen. Wird er zu spät auf dem Markt eingeführt, könnten bereits erste Marktpotentialentscheidungen getroffen worden sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.10. Darstellung der Produktpreisentwicklung in Bezug auf die Dauer22

Die Erhöhung der produkt- und technologiebezogenen Änderungsraten geschieht unter der Berücksichtigung des Kostensaspekts und führt zur Kontraktion der Marktzyklen. Die Folge ist das schnelle Veraltern der am Markt befindlichen Produkte durch neue verbesserte Substituten. Dabei wird die Produktlebensdauer nicht durch die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Produkte, sondern durch das Erscheinen neuer leistungsfähigerer Produkte bestimmt.

2.3 Anforderungen der Automobilindustrie

Die Anforderungen der Automobilhersteller an Lieferanten und Sublieferanten erstrecken sich über viele technische und wirtschaftliche Bereiche. Dabei verfolgen die OEM’s ein Basisziel, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden (siehe Kapitel.5.) zu erfüllen sowie dieses Handeln nach den wirtschaftlichen Prinzipien umzusetzen.

Um diese ökonomischen Kriterien zu erfüllen, verlangen die Automobilhersteller als Basis eine reibungslose Versorgung mit Bauelementen für elektronische Steuergeräte über den gesamten Produktlebenszyklus. Dabei soll nach Möglichkeiten über den kompletten Wertschöpfungs- und Produktlebensbereich, auch in der Nachserienversorgung, das funktionell gleiche Produkt verwendet werden. Die größte Forderung der Automobilhersteller in Bezug auf die Versorgung ist es, die Bauteile vor allem während der Serienproduktion und nach Möglichkeiten bis zum EOP nicht abzukündigen. Während die OEM’s dies am liebsten vertraglich festlegen würden, können Halbleiterhersteller aufgrund der unterschiedlichen Zyklen (Kapitel 2.2.) oft nicht garantieren, wie lange ihre Produkte am Markt bleiben.

Ebenso fordern Automobilhersteller, dass die Halbleiterhersteller frühzeitige Aussagen bezüglich genereller Verfügbarkeit bzw. frühzeitiger Abkündigung treffen. Dadurch sollen Notfälle vermieden werden, dass Steuergeräte nicht mehr verfügbar sind und nur durch kostenintensive Maßnahmen schnell nachgebaut werden müssen. Dabei wäre aus OEM Sicht wünschenswert, falls eine Abkündigung nicht mehr aufzuhalten ist, dass dem Abnehmer der Grund der Abkündigung genannt und ein möglicher Ersatztyp vorgeschlagen wird. Diesbezüglich verlangen die OEM’s eine hohe Kommunikationsbereitschaft zwischen den Parteien, damit eine Abkündigung frühzeitig erfasst und bekämpft werden kann.

Ebenfalls wird gefordert, die Funktionalität der Steuergeräte über einen längeren Zeitraum zu erhalten, damit diese nicht unnötigerweise erhöht wird. Leider ist das Thema nicht so trivial, denn hierbei trifft eine hohe Bauteilevielfalt auf unübersichtliche hochdynamische Marktstrukturen. Ebenso darf hier mal wieder der Aspekt der unterschiedlichen Produktlebenszyklen nicht vernachlässigt werden, denn dies erschwert ebenfalls den gesamten Versorgungsprozess.

Die Qualitätsanforderung ist ebenso eines der Basiskriterien der Automobilindustrie. Da die Anzahl der elektronischen Steuerungen im Auto kontinuierlich zunimmt, dabei aber die Ausfallrate der am Fahrzeug befindlichen Bauteile nach Wünschen der OEM’s abnehmen muss, wurden gleichzeitig die Qualitätsanforderungen der Hersteller deutlich erhöht. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, darf beispielsweise nicht einmal ein Bauteil von einer Million einzelner Komponenten pro Jahr ausfallen, was dem Standard anderer Elektronikanwendungen um mehrere Größenordnungen übersteigt. Dabei muss die Komplexität der unterschiedlichen Systeme gesteuert und dafür gesorgt werden, dass die Ausfallrate wie oben erläutert so gering wie möglich gehalten wird. Im Fachjargon wird dies die „Zero Defect Strategie“23 genannt.

Ebenso als eine qualitative, aber auch als eine leistungstechnische Anforderung ist die Erhöhung der Rechenleistung von elektrischen Steuerungen bei kontinuierlicher Reduzierung des Stromverbrauches zu betrachten. Der Drang nach leistungstechnischen Bauteilen, verknüpft mit einem sparsamen Umgang, wie z.B. auch ein leistungsstärkerer Motor bei einem geringeren Kraftstoffverbrauch, ist seitens der Automobilindustrie erheblich gestiegen.

Des Weiteren verfolgen die Automobilhersteller eine Kostenreduzierung der Steuergeräte über einen gewissen temporären Verlauf. Nachdem die Kostenreduzierung auf die komplette Wertschöpfungskette angebracht werden kann, besteht die Möglichkeit nach einem Bottom-up-24 oder Top-down method25 zu kalkulieren. Nachdem der Preisdruck seitens OEM, Konkurrenz und Kunden kommt, verlangt der Hersteller von seinen Lieferanten und der Halbleiterindustrie eine kontinuierliche Kostenminderung, die somit nach dem Top-down-method abgeleitet wird.

Bezüglich der Langzeitversorgung stellen die OEM’s ebenso massive Anforderungen an ihre Lieferanten. Dabei wird seitens der Automobilindustrie eine lange erforderliche Ersatzteilverfügbarkeit verlangt, die garantiert, dass die Bauteile knapp 22 Jahre nach Entwicklungsbeginn und 15 Jahre nach Serienablauf zur Verfügung stehen. Nach diesem Zeitraum sollten, nach Wunsch der Hersteller, noch Ersatzteile für Oldtimer gewährleistet werden. Andere Hersteller fordern Liefergarantien von elektronischen Bauteilen für Fahrzeuge der Ober- und Mittelklasse mit bis zu 25 Jahren. Daimler Chrysler als Beispiel, fordert von seinen Zulieferern generell eine Versorgungsdauer von den oben erwähnten 15 Jahren nach Serienauslauf. Diese Kondition, sowie viele weitere Langzeitversorgungsbedingungen, wie z.B. Stückzahlen, Qualitätsanforderungen, Preiskonzept nach EOP, finanzielle Konsequenzen bei Lieferrückständen sowie Regelung zur Ausweitung des Streckengeschäftes werden mit den Zulieferern vertraglich niedergeschrieben.

Im legitimen Interesse der Kunden, stellen die Automobilhersteller die ungeliebte Forderung nach mehr Transparenz hinsichtlich der eingesetzten Bauelemente, denn wachsende Prozesskosten des Bauteilmanagements im Prozesslebenszyklus stehen einem immer unwirtschaftlicheren Handeln gegenüber. Dies dient dazu, ein neues Kostenverständnis zu entwickeln, dass bereits bei der Bauelementauswahl und -entwicklung entsteht. Dieser Gedankengang wird in Zukunft Probleme mit sich bringen, denn angesichts der zunehmenden härter werdenden Preisverhandlungen müssen gerade Elektronikhersteller um den Verlust ihrer kaufmännischen Handlungsfreiheit bangen. Deshalb verlangen die Automobilhersteller an dieser Stelle eine klare Kommunikation und einen offenen Wissensaustausch, um im beidseitigen Interesse Qualitätsmanagement und Langzeitversorgung zu sichern.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich die Anforderungen der OEM’s auf die reibungslose Versorgung von elektronischen Bauelementen vor EOP, die Kommunikationsbereitschaft bei Abkündigung, die gleich bleibende Funktionalität der Steuergeräte, die Erhöhung der Qualitätsanforderungen, den leistungstechnischen Anstieg der Bauteile, die Kostenreduzierung der Bauelemente und bezüglich der Endbevorratung sich auf eine Langzeitversorgung von rund 15 Jahren beschränken.

2.4 Technische und wirtschaftliche Möglichkeiten der Halbleiterindustrie

Wie im Kapitel 2.3. erläutert, haben Automobilhersteller einige Forderungen an die Halbleiterkonzerne, um unter anderem den Wünschen der Endkunden gerecht zu werden. Leider ist dies aus Halbleitersicht oftmals nicht so einfach, denn unterschiedliche technische und wirtschaftliche Parameter lassen nicht immer einen reibungslosen Geschäftsverlauf zu. Die Forderungen der Automobilindustrie sind teilweise recht kritisch zu bewerten, denn ein sehr hoher Innovationsgrad, kurze Innovationszyklen, immer schnellere, leistungsfähigere und kostengünstigere Entwicklung und Produktion sowie eine geforderte Kostensenkung erschweren den Halbleiterherstellern in einigen Bereichen das Wirtschaften. Trotzdem versucht die Halbleiterindustrie ihre hochtechnologischen Innovationsprodukte so am Markt zu platzieren, dass eine Zusammenarbeit funktioniert.

Die Halbleiterkonzerne, deren Produkte aus Silizium bestehen, können nach momentanem Stand die Lebenszyklusproblematik nicht verändern, denn auch die OEM’s mit ihren Forderungen die Preise zu reduzieren und innovative Produkte auf den Markt zu bringen, spielen eine große Rolle bei der Festlegung der Lebenszyklendauer. Die Gefahr, den Anschluss an neue Technologien zu verpassen und die heutige Marktposition einzubüßen, ist verheerend. Besonders in Bereichen, wie der Halbleiterindustrie, wo Innovation und neueste Technologien am höchsten priorisiert werden, kann ein zu später Markteintritt gravierende unternehmerische Folgen mit sich ziehen. Besonders für Mikrocontroller ist die Anforderung der Automobilindustrie recht problematisch, da für sie Fertigungszyklen von maximal fünf Jahren die Regel sind.

Ebenso kann das Abkündigungsproblem aus den oben erwähnten Gründen und dem Gesichtspunkt der Halbleiterindustrie nicht so pragmatisch dargestellt werden, denn auch wenn der OEM den Wunsch nach einem Abkündigungsverbot während der Serienproduktion fordert, kann den Automobilherstellern und ihren Lieferanten nicht garantiert werden, dass keine Abkündigung stattfindet. Eine Abkündigung kommt bei den Halbleiterherstellern vor, wenn es aus unternehmerischer Sicht nicht mehr wirtschaftlich ist, eine Produktionslinie aufrecht zu erhalten und somit die Produkte zu einem wesentlichen höheren Preis verkauft werden müssten, als eine neue Produktionslinie zu starten. Trotzdem kommen die Halbleiterhersteller ihren Kunden entgegen und versuchen zusammen Lösungskonzepte zu erarbeiten um die Produktion fortzuführen und diese beispielsweise im Zuge der Langzeitversorgung aufrecht zu erhalten.

Die Garantie der Langzeitversorgung wird momentan unter schwierigen Umständen verhandelt, denn auf der einen Seite gibt es die Forderung der OEM’s bis zu 15 Jahre nach EOP Erstsatzteile zu bekommen, auf der anderen Seite gibt es kaum technische und wissenschaftliche Erkenntnisse, ob die Funktionalität der Bauteile nach 15 Jahren gewährleistet werden kann. Deshalb werden alle adäquaten Prozesse nach derzeitigem Standpunkt untersucht und bewertet, wie z.B. die drei Jahres Garantie. Diese sagt aus, dass die Bauteile bis zum vierten Jahr problemlos mit Hilfe der aktuellsten Technik gelagert und wieder verwendet werden können. Falls in dieser Zeit Qualitätsprobleme auftreten würden, müsste der Hersteller bzw. die zuständige Firma dafür haften. Darüber hinaus entstehen momentan Konzepte wie z.B. die Aufrechterhaltung der Produktionslinie, die im Fachjargon Kleinmengenproduktion genannt wird. Hierbei kann sowohl aus technischer und wirtschaftlicher Sicht nur eine Fertigungsstabilität mit entsprechendem Volumen aufrechterhalten werden. Um die Mindestauslastung der Linie zu gewährleisten und dabei die Qualitätsanforderungen sicherzustellen, müssten mindestens 150 - 200 Wafer26 pro Woche verarbeitet werden, was etwa 20.000 Chips entsprechen könnte. Ob dies in Zukunft aus wirtschaftlicher und qualitativer Sicht ausreicht wird sich zeigen.

Zumindest kommt die Halbleiterindustrie der Forderung nach, die Innovationskraft zu steigern. Dies konnte man in der Vergangenheit an zahlreichen Beispielen an den Fahrzeugen erkennen, wie das Lichtmodell, dass automatisch einen weiteren Kegel nach vorne wirft, desto schneller der Autofahrer sich nach vorne bewegt. Aber auch andere Innovationen belegten die Forderung der Automobilhersteller leistungstechnische und gleichzeitig sparsame Modelle auf den Markt zu bringen. Der Wunsch nach Einführungen von Neuerungen kann in dieser Hinsicht erreicht werden.

Die gleich bleibende Komplexität, ebenso eine Forderung der OEM’s, bedarf einer technischen Erklärung, denn durch das Anbringen eines neuen Produktes (Steuerelementes) verändert sich die Funktionalität des ganzen Bauteiles. Zwar erfüllt das neue Element die alte Funktion, aber aufgrund des weiterentwickelten technischen Fortschritts, kann dies zu anderen Problemen bzw. Ausfallquellen führen. Was die Komplexität am Fahrzeug angeht, könnte man sagen, dass die Steuergeräte funktionell wie sechs miteinander verbundene Computer agieren. Wechselt man nun ein veraltetes Bauteil aus einem Computer aus und setzt an diese Stelle ein moderneres, neuwertigeres und leistungstechnischeres Element ein (Rückwärtskompatibilität muss gewährleistet sein), könnte dies wie oben erwähnt Probleme mit sich führen. Als weiteres Beispiel könnte die Motorsteuerung genannt werden, denn sie übernimmt nicht nur die Standardfunktion den Motor zu steuern, sondern auch die Funktion ein Signal an das Audiosystem zu liefern. Durch die Zusammenarbeit dieser beiden Systeme, wird die Lautstärke bei höheren Umdrehungszahlen und somit verbundener höherer Geräuschakustik im Auto von selbst reguliert. Aus technischer Sicht ist abschließend zu erwähnen, dass vor allem die Stellen, an denen mechanische und elektronische Komponenten zusammenkommen, das größte Problemfeld mit sich führen. Laut Statistiken sind zur Zeit Lichtmaschine und Batterie die Hauptverursacher der Defekte. Aber auch die Software ist eine immer häufigere Fehlerquelle. Die höchste Fehlerwahrscheinlichkeit weisen die Gateways auf, die Stellen an denen sich verschiedene elektronische Systeme treffen. Dieser Teilbereich ist aber aus OEM Sicht schizophren zu betrachten, denn einerseits wird eine gleich bleibende oder fallende Komplexität verlangt, auf der anderen Seite ist aber der Wunsch nach immer neueren Technologien und Produkten zu gleich bleibenden Preisen vorhanden.

Die soeben erwähnte Kostenreduzierung ist der nächste Teilaspekt, der aus der Sicht der Halbleiterindustrie betrachtet werden sollte. Durch die unerwünschte Abkündigung schaffen die Halbleiterkonzerne eine kontinuierliche Verringerung der Produktpreise. Leider kollidiert dies mit der Abkündigungsanforderung der OEM’s.

Durch die reibungslose Versorgung von Bauteilen sowie die Kommunikationsbereitschaft der Halbleiterindustrie können die folgenden Abkündigungen jedoch abgeschwächt werden.

Die Kommunikationsbereitschaft zwischen dem OEM, Tier1 und Tier2 ist nach momentanem Stand trotzdem relativ kritisch zu betrachten, denn aufgrund der Menge der Sublieferanten sowie der Länge der Suppy Chain, kommt es oft zu Verzögerungen bezüglich des Informationsaustausches. Beispielsweise gibt es bei Audi ein Fahrzeugmodell das in Zusammenarbeit mit 2 bis 3 Tier1 und 52 Tier2 steht. Die Kommunikationsmöglichkeit für den OEM über die gesamte Produktionskette wäre somit recht hoch. Auch wenn die OEM’s den Wunsch nach einer totalen Kommunikation fordern (Abbildung 2.11.), sowohl aus Gründen der Abkündigung als auch der Preisdarstellung, wird es in Zukunft aufgrund der Menge der Lieferanten nicht komplett möglich sein, ein vollkommenes Kommunikationsdreieck zu bilden. Seitens der Halbleiterindustrie wäre dies wünschenswert, denn die Zufriedenheit des Endkunden kann nur gesteigert werden, wenn der erste und letzte in der Kette das Basis- und Endteil festlegen.

[...]


1 Vgl. http://rb-k.bosch.de/de/start/news_190805/index.html

2 Vgl. „Keine Exponentialfunktion hält ewig, aber das Ende kann verzögert werden“, Markt & Technik, 21.03.2003

3 Vgl. „Faszination Forschung & Technik“, Hightechreport, 02/2005

4 Vgl. Dr. Teepe G., „Performance Roadmaps und Lebenszyklen zukünftiger Mikrocontroller im Automobil“, 03/2003

5 Vgl. „Endstation Elektronik“, Süddeutsche Zeitung, 08.01.2002

6 Vgl. „Prüfe, was sich Langzeit bindet“, Automobil-Elektronik, 01/2004

7 Quelle: „Elektronik im Fahrzeug“, BMW Präsentation, 03/2004

8 Quelle: „Auto Jahresbericht 2002“, Verband der Automobilindustrie (VDA), Seite 61, 03/2002

9 Vgl. Dipl.-Ing. Maier R., Karosserie- und Sicherheitselektronik/ Vorentwicklung, BMW AG,.03.2001, im Rahmen der Diplomarbeit aktualisiert durch Foj T., 15.07.2007

10 Vgl. „Faszination Forschung & Technik“, Hightechreport, 02/2005

11 ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie

12 Quelle: „Elektronik im Lebenszyklus eines Automobils“, Motorola Präsentation, 20.03.2002

13 Vgl. „Kundenorientierte Nachserienversorgung“, Bosch Präsentation, Seite 7, 22.07.2006

14 Quelle: „HW-Kompatibilität“, Präsentation BMW Group, Seite 3, 07.02.2003

15 Eng.: End of Production - kurz EOP; bezeichnet das Ende einer Produktion

16 Eng.: Facelift - kurz FL; bezeichnet Optimierungsmaßnahmen (z.B. Kostenreduzierung, Qualitätsverbesserung oder zusätzliche Technologien) während der Produktion

17 Eng.: Start of Production - kurz SOP; bezeichnet den Anfang einer Produktion

18 Quelle: http://www.elektroniknet.de/topics/bauelemente/fachthemen/2005/0034/index.htm

19 Eng.: Stufe, Reihe, Rang; stellt die hierarchische Darstellung der einzelnen Stufen vom ersten Automobilzulieferer bis zum Basislieferanten dar Beispiele: Tier1 - Bosch, Siemens VDO; Tier2 - Infineon, Freescale; Tier3 - Wacker Chemie

20 Quelle: “Prüfe was sich Langzeit bindet“, Auto-Elektronik, 01/2004

21 Quelle: „HW-Kompatibilität“, Präsentation BMW Group, Seite 4, 07.02.2003

22 Quelle: „HW-Kompatibilität“, Präsentation BMW Group, Seite 3, 07.02.2003

23 Vgl. „Fachverband Electronic Components and Systems“, Bericht zur Mitgliederversammlung 2005, Seite 36, 01/2006

24 Vgl. http://www.woerterbuch.info/?query=bottom-up&s=dict

25 Vgl. http://www.woerterbuch.info/?query=top-down&s=dict

26 Eng.: Scheibe, Oblate; wird in der Halbleiterindustrie die kreisrunde Scheibe bezeichnet, auf der elektronische Bauelemente, vor allem integrierte Schaltkreise (IC, "Chip") oder mikromechanische Bauelemente durch verschiedene technische Verfahren hergestellt werden.

Fin de l'extrait de 107 pages

Résumé des informations

Titre
Technische und wirtschaftliche Lösungskonzepte der Langzeitversorgung von Halbleitern in der Automobilindustrie
Université
University of Applied Sciences Rosenheim
Note
1,0
Auteur
Année
2007
Pages
107
N° de catalogue
V120768
ISBN (ebook)
9783640248261
ISBN (Livre)
9783640301300
Taille d'un fichier
1676 KB
Langue
allemand
Mots clés
Technische, Lösungskonzepte, Langzeitversorgung, Halbleitern, Automobilindustrie
Citation du texte
Dipl.-Ing. Thomas Foj (Auteur), 2007, Technische und wirtschaftliche Lösungskonzepte der Langzeitversorgung von Halbleitern in der Automobilindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120768

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