Die Bewertung von Betriebs- und Grundvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerreform 2008


Diploma Thesis, 2008

92 Pages, Grade: 2,2


Excerpt


1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Bewertung von Betriebs- und Grundvermögen spielt in vielfältiger Weise eine wichtige Rolle für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Insbesondere bei der Nachfolgeregelung werden Unternehmen von ihr tangiert, da sie die Grundlage für die Ermittlung des Wertansatzes in der Erbschafts- und Schenkungsteuer ist.

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer als Verkehrssteuer verfolgt dabei das Ziel die Bereicherung des Erben zu besteuern. Im Mittelpunkt der Diskussion stand in den letzten Jahren hierbei der Wertansatz des Vermögens.

In seinem Urteil vom 07.11.2006 rügte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in Bezug auf die unterschiedliche Bewertung von Grund-, Betriebs- und sonstigem Vermögen, welche einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG darstellte. Das Gericht verpflichtete den Gesetzgeber bis zum 31.12.2008 diesbezüglich eine Neuregelung zu treffen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit das bestehende Recht an diese Vorgaben anzupassen.

Auf der Grundlage des Koch/Steinbrück Papier vom 05.11.2007 veröffentlichte der Gesetzgeber am 28.01.2008 einen Entwurf zur Reform der Erbschaftssteuer- und des Bewertungsrechts (ErbStRG). Am 08.02.2008 wurde darauf aufbauend eine Verordnung für Grundvermögen, Betriebsvermögen und Land-/ Forstwirtschaftliches Vermögen als Diskussionsentwurf veröffentlicht. Diese befindet sich zur Zeit in der Konsultation im Bundestag.

Nach den vorgesehenen Regelungen wird, wie vom Verfassungsgericht angemahnt, der gemeine Wert als Bewertungsmaßstab herangezogen. Begünstigtes Vermögen soll pauschal mit einem Bewertungsabschlag von 85% versehen werden. Dabei wird die Idee der 10 Jahresregelung aus dem Gesetzentwurf zur Unternehmensnachfolge vom 25.10.2006 aufgegriffen.

1.2 Zielsetzung

Im Hinblick auf die sich ergebenden Veränderungen besteht das Ziel dieser Arbeit darin die wichtigsten Neuerungen zu erörtern und mögliche Gestaltungsalternativen aufzuzeigen. In der Analyse der Bewertungsvorschriften soll beispielhaft durch Vergleiche des derzeit gültigen Recht und des in der Diskussion befindlichen Entwurfes die möglichen Be- und Entlastungen aufgezeigt werden.

Daraus schlussfolgernd werden mögliche Handlungsalternativen diskutiert.

1.3 Vorgehensweise

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 6 Kapitel. Ausgangspunkt der Darlegung bildet die Einführung, mit der Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit.

In Kapitel 2 werden die Grundlagen des Erbschaft-/Schenkungsteuerrechts gelegt. Dabei wird nur von der Erbschaftsteuer in den weiteren Ausführungen gesprochen, da diese fast Deckungsgleich zum Schenkungsteuerrecht sind. Bei Ausnahmen wird darauf verwiesen. Danach wird die Systematik und die dahinter stehenden gesetzlichen Regelungen eingeordnet.

Im Folgenden Kapitel 3 wird das derzeit geltende Recht für Grund- und Betriebsvermögen erörtert. Dabei wird sich beim Betriebsvermögen auf bilanzierende Gewerbebetriebe und Personengesellschaften beschränkt. Dieses Kapitel bildet somit die Grundlage für den Rechtsvergleich im Kapitel 4 und 5.

Im Hauptteil dieser Arbeit, dem Kapitel 4 und 5, werden die neuen Regelungen erörtert und anschließend analysiert. Grundlage dafür ist der Referentenentwurf vom Januar 2008 und die darauf basierenden Verordnungen für Betriebs- und Grundvermögen. Als erste Subsumtion werden mögliche Gestaltungsalternativen aufgezeigt um den neuen Vorgaben des Gesetzgebers zu entsprechen. In einem zweiten Schritt wird das bestehende Recht mit dem neuen Recht beispielhaft vergleichend gegenüber gestellt um mögliche Be- oder Entlastungen zu analysieren und daraus Handlungsalternativen abzuleiten.

Das Kapitel 6 gibt einen Ausblick über den weiteren Gesetzgebungsverlauf und zeigt kurz Handlungsmöglichkeiten für den Erben und Nachbesserungsbedarf für den Staat auf.

2 Erbschaft- und Schenkungsteuer

In diesem Kapitel wird die Erbschaft- und Schenkungsteuer charakterisiert und deren Besonderheiten herausgearbeitet. Dazu wird zunächst auf die Bedeutung der Steuer eingegangen, um dann zu erläutern, wer im Sinne der ErbSt steuerpflichtig ist. Grundlage des Erbrechts sind die §§ 1922-2385 BGB, nach denen das gesamte Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen übergeht (Gesamtrechtsnachfolge). Dieser Grundsatz spiegelt sich für die Steuern auch in § 45 AO wieder. Somit baut das Erbschaftsteuerrecht auf dem BGB auf und verweist in einigen Fällen sogar direkt darauf, wie z.B. in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungssteuer steht lt. Art. 106 Abs. 2 GG den Ländern zu. Allerdings hat der Bund nach Art. 105 GG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG die Gesetzgebungshoheit. Eingeordnet in den Kontext des Steuersystems ist die Erbschafts- und Schenkungsteuer eine aperiodische Verkehrssteuer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Entwicklung des Erbschafts- und Schenkungssteueraufkommens seit 1990

(In Anlehnung an BT-Drs 16/5706 2007, S. 2f., Vgl. BMF 2008, S. 1.)

Die Erbschaftsteuer als Landessteuer hat gemessen am gesamten Steueraufkommen der Länder einen relativ geringen Anteil.[1] Nichts desto trotz hat sich das absolute Steueraufkommen in den vergangenen 17 Jahre fast verdreifacht (s. Abb. 1). Auch in den nächsten Jahren ist von einem weiteren Wachstum auszugehen, wenn bedacht wird, dass alleine das Gesamtvermögen der privaten Haushalte von 5,99 Billionen Euro im Jahr 1991 auf 10,3 Billionen Euro im Jahr 2006 gestiegen ist.[2]

2.1 Gegenstand der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine Erbanfallsteuer. Besteuert wird die Bereicherung beim Erwerber bzw. Begünstigten. Dabei wird hier dem Grundgedanken der Leistungsfähigkeit des Erwerbers Rechnung getragen. Mithin ist die deutsche Erbschaft- und Schenkungssteuer eine Zuwachssteuer, da sie alle dem Erwerber zugedachten Vermögensgegenstände und Schulden berücksichtigt. Die Bewertung des Vermögens und der Schulden erfolgt im Allgemeinen nach dem Bewertungsgesetz (s. § 12 Abs. 1 ErbStG). Bei der Besteuerung werden insbesondere die Verwandtschaftsverhältnisse über die Steuerklassen und Freibeträge berücksichtigt.

2.2 Allgemeines

§ 1 Abs. 1 ErbStG zählt sämtliche Tatbestände auf, an die das Gesetz die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer knüpft. Die darin enthaltenen Aufzählungen sind abschließend[3]. Der Steuerpflicht unterliegen lt. § 1 ErbStG:

1. der Erwerb von Todes wegen (Nr. 1),
2. die Schenkung unter Lebenden (Nr. 2);
3. die Zweckzuwendung (Nr. 3);
4. Vermögen von Familienstiftung/Vereinen in Zeitabständen von je dreißig Jahren (Nr. 4).

Erbschaftsteuerpflichtige Vorgänge liegen nach § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG immer dann vor, wenn der Erwerber bereichert ist. Demnach ist, bei Vermögensübertragungen die ohne Gegenleistung erfolgen, ein steuerpflichtiger Vorgang im Sinne des ErbStG gegeben. Umgekehrt liegt bei einem entgeltlichen Erwerb keine Bereicherung i.S.d. ErbStG vor und somit ist dieser Vorgang nicht steuerbar.[4] § 2 ErbStG regelt die persönliche Steuerpflicht. § 20 ErbStG regelt wer Steuerschuldner ist. Nach § 2 Abs. 1 ErbStG unterliegen der unbeschränkten Steuerpflicht alle Inländer, nämlich alle natürlichen (s. S. 2 lit. a,c) und juristischen Personen (s. S. 2 lit. d). § 2 ErbStG unterscheidet zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht.

2.2.1 Unbeschränkte Steuerpflicht

Eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht dann, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. Die unbeschränkte Steuerpflicht in § 2 Abs. 1 Nr. 1,2 ErbStG knüpft an die Inländereigenschaft der beteiligten Personen an. Hierbei bestehen zwei Anknüpfungspunkte, die alternativ aber nicht kumulativ sind: zum einen die Inländereigenschaft des Erblassers oder Schenkers und zum anderen die des Erwerbers. Somit genügt es, wenn eine der beiden Inländereigenschaften erfüllt ist, um den Tatbestand der unbeschränkten Steuerpflicht zu erfüllen. Der § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b, lit. c ErbStG normiert die verlängerte unbeschränkte Steuerpflicht. Hierbei wird auf die deutsche Staatsangehörigkeit abgestellt. Im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sind weder der Erblasser bzw. der Schenker noch der Erwerber Inländer. Es wird hier verwiesen auf § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 ErbStG. Bei der unbeschränkten Steuerpflicht wird die gesamte Bereicherung des Erwerbers -Einschränkungen durch ein DBA sind möglich- der Besteuerung unterworfen. Dann ist der gesamte Vermögensanfall der Steuerpflicht i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu unterwerfen.

Ob der Steuerpflichtige Inländer ist, orientiert sich bei natürlichen Personen daran, ob der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Besteuerung nach § 8 AO im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d § 9 AO hat. Bei juristischen Personen, Personenvereinigungen, Vermögensmassen, Stiftungen und Vereine deren Geschäftsleitung oder Sitz im Inland ist, wird für die Entscheidung über die unbeschränkte Steuerpflicht auf deren Geschäftsleitung nach § 10 AO oder deren Sitz lt. § 11 AO abgestellt.[5]

2.2.2 Beschränkte Steuerpflicht

Anknüpfungspunkt der beschränkten Steuerpflicht ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG das Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG. Durch § 4 AStG kann unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG die beschränkte Steuerpflicht erweitert werden. In diesen Fällen unterliegt das erweiterte Inlandsvermögen der Steuerpflicht. Gleichwohl kann über § 4 Abs. 2 AStG eine sog. Exkulpation erfolgen.

1) Personenkreis

Sollte der Erblasser oder der Erwerber nicht Inländer im Sinne des ErbStG sein, dann ist der Vermögensanfall, der aus Inlandsvermögen besteht, steuerpflichtig. Falls Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland haben, tritt beschränkte Steuerpflicht ein.

2) Inlandsvermögen

Nach R 4 Abs. 1 Satz 1 ErbStR gehören zum Inlandsvermögen bei beschränkter Steuerpflicht nur solche Wirtschaftsgüter, die auch bei unbeschränkter Steuerpflicht einem Erwerb zuzurechnen sind. Somit werden auch beim Inlandsvermögen solche Wirtschaftsgüter nicht erfasst, die nach den Vorschriften des ErbStG oder anderer Gesetze nicht zur ErbSt heranzuziehen sind.[6]

Die in § 121 BewG aufgeführten Tatbestände sind abschließend. Daraus folgt, dass die dort nicht aufgeführte Vermögensgegenstände nicht der Steuerpflicht nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG unterliegen.

3) Schulden und Lasten

Schulden und Lasten sind nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit dem Inlandsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.[7] Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden und Lasten mit Vermögensgegenständen im Sinne des § 10 Abs. 6 ErbStG setzt voraus, dass die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen.[8] Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Inlandsvermögen ist gegeben, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des inländischen Grundvermögens eingegangen wurde.[9] Laut R 31 Abs. 2 ErbStR besteht bei Pflichtanteilsansprüchen ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit allen erworbenen Vermögensgegenständen unabhängig davon, inwieweit sie steuerbar oder steuerbefreit sind. Durch die Annahme einer Erbschaft wird nicht automatisch ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Vermögen und Schuld hergestellt.[10] Nach neuester Rechtssprechung des BFH kann der Erbe nicht genutzte Verlustvorträge des Erblassers nicht mehr nutzen, so dass die Schulden und Lasten, die auf ihn übergehen, eingeschränkt sind.[11]

2.2.3 Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

§ 4 Abs. 1 AStG erweitert die beschränkte Steuerpflicht, wenn der Erblasser oder Schenker zur Zeit der Steuerentstehung der erweiterten beschränkten Einkommenssteuerpflicht i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG unterlag. Erweitert beschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 4 Abs. 1 AStG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG ist eine natürliche Person, die in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und in einem Niedrigsteuerland ansässig ist. Dabei müssen noch wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich des AStG sein und keine ausländischen Einkünfte nach § 34 c, d EStG vorliegen, die über 16.500 € sind.

Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht beginnt erst fünf Jahre nach Wegzug aus dem Inland und endet zehn Jahre nach dem Wegzug.[12] Keine unbeschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden kann, dass die ausländische ErbSt mindestens 30% der deutschen ErbSt beträgt hierbei wird gemäß § 121 BewG auf das Inlandsvermögen abgestellt.

2.3 Doppelbesteuerungsabkommen

Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung kann es im Erbschaftsteuerrecht zu einer doppelten Besteuerung ein und desselben Sachverhaltes kommen. Diese Kollision tritt immer dann auf, wenn der eine Staat nach dem Ansässigkeitsprinzip besteuert und der andere Staat nach dem Belegenheitsprinzip das im Inland belegene Vermögen besteuert.[13] Eine Möglichkeit dies unilateral zu verhindern ist nach § 21 ErbStG die Anrechnung der ausländischen Steuer. Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung dieser doppelten Besteuerung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kann sich aus zwischenstaatlichen Abkommen ergeben. Ein solches ist das DBA. Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge zwischen zwei Staaten, die nur diese beiden Staaten binden.

Innerstaatliches Recht ist im Verhältnis zu DBA-Recht im Grundsatz lt. § 2 AO nachrangig, da völkerrechtliche Verträge, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vorgehen. Grundlage für die Besteuerung ist das sog. OECD-Musterabkommen von 1982. Im Musterabkommen sind zwei Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung benannt, die Freistellungsmethode und die Anrechnungsmethode. Zum derzeitigen Zeitpunkt existieren 5 ErbSt-DBA. Das ErbSt-DBA mit Frankreich ist noch nicht in Kraft getreten.[14] Durch den Wegfall der österreichischen Erbschaftsteuer mit Ablauf des 31. Juli 2008 wurde das DBA-ErbSt mit Österreich zum Jahresende 2007 gekündigt.[15] Dies war notwendig geworden, da dieses DBA als Einziges abweichend vom Grundsatz der Anrechnung eine Freistellung der Einkünfte vorsah.

Im Folgenden werden diese beiden Methoden kurz dargestellt. Bei der Freistellungsmethode werden ausländische Einkünfte von dem Ansässigkeitsstaat beim Steuerpflichtigen von der Besteuerung ausgenommen. Diese Einkünfte werden im Ansässigkeitsstaat nicht besteuert. Dennoch ist der Wohnsitzstaat berechtigt, das von der Besteuerung ausgenommene Vermögen bei der Steuerfestsetzung für das übrige Vermögen nach Art. 9 A Abs. 3 OECD-Musterabkommen einzubeziehen (sog. Progressionsvorbehalt). Bei der Anrechnungsmethode rechnet der Ansässigkeitsstaat die im Ausland entrichtete Steuer auf die Steuer des Ansässigkeitsstaates an. Weil das Anrechnungsvolumen betragsmäßig immer auf die anteilige deutsche Steuer beschränkt ist, die auf das Auslandsvermögen im anderen Vertragsstaat entfällt, führt die Anrechnungsmethode nicht in allen Fällen zur Vollanrechnung der ausländischen Steuer.

In diesem Kapitel wurde erörtert, dass die Erbschaftsteuer-/Schenkungsteuer eine Erb-anfallsteuer ist und die Bereicherung daraus der Besteuerung unterliegt. Ferner wurden Methoden vorgestellt, die eine Besteuerung zwischen Ländern ermöglicht und eine doppelte Belastung mit ein und demselben Sachverhalt verhindern soll.

3 Bewertung von Grund- und Betriebsvermögen

Nachdem im Kapitel 2 auf die Steuerpflicht, also auf die Frage nach dem „Wer ist steuerpflichtig?“ eingegangen wurde, ist nun die Frage nach dem „was“ zu beantworten. Hierbei wird in dieser Abhandlung nur auf das Grund- und Betriebsvermögen und deren Besonderheiten im derzeit geltenden Recht eingegangen.

Bei der Bewertung sind nicht in Geld ausgedrückte Vermögenswerte zu bewerten, um diese äquivalent in Geldwerte umzuformen. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 AO. Danach sind Steuern Geldleistungen. Bewertungsgegenstand ist die wirtschaftliche Einheit nach § 2 Abs. 1 S. 1 BewG. Grundsätzlich ist eine Gesamtbewertung der Wirtschaftsgüter vorzunehmen. Eine Ausnahme bildet die Einzelbewertung, die immer dann anzuwenden ist, soweit sie durch das Gesetz nach § 2 Abs. 3 BewG vorgeschrieben ist. Ein solcher Fall tritt zum Beispiel bei dem Einheitswert des Betriebsvermögen i.S.d. § 98a BewG auf.

3.1 Grundvermögen

Zum Grundvermögen gehören nach § 68 Abs. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, das Erbbaurecht und das Wohneigentum, soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder um Betriebsgrundstücke handelt.

In Abgrenzung zum Betriebsvermögen liegt Grundvermögen immer dann vor, wenn die betriebliche Nutzung des Grundstückes nach § 99 Abs. 2 S. 2 BewG weniger als 50% beträgt. Nicht einzubeziehen sind lt. § 68 Abs. 2 S. 1 BewG Bodenschätze, Maschinen, und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.

Für die Bewertung des Grundvermögens (GV) i.S. der ErbSt ist auf § 138 BewG näher einzugehen. Grundlage dessen sind die Grundbesitzwerte, die sich aus § 138 Abs. 3 S. 1 BewG ergeben. Diese sind gesondert und einheitlich festzustellen, wenn sie für die Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer erforderlich sind (Bedarfsbewertung).[16] Nach § 138 Absatz 1 S. 1 BewG sind die Grundbesitzwerte unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt festzustellen.

3.1.1 Bewertung unbebauter Grundstücke

Der Begriff der unbebauten Grundstücke ergibt sich aus § 145 Abs. 1 S. 1 BewG. Demnach sind unbebaute Grundstücke solche, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Als Gebäude sind Bauwerke anzusehen, die Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren.[17] Dabei hat das Bauwerk fest mit dem Grund und Boden verbunden zu sein und muss zudem eine hinreichende Standfestigkeit aufweisen.[18] Hierzu ist auf den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit abzustellen. Es muss nach objektiven Kriterien den Bewohnern oder Benutzern zugemutet werden können die Wohnung oder die Räume zu nutzen. Ebenso sind auf Dauer unbedeutende oder gar unbenutzbare Grundstücke als unbebaut anzusehen.[19] Als unbedeutend sind Grundstücke nach § 145 Abs. 2 S. 1 2. HS BewG anzusehen, wenn die Jahresmiete oder die übliche Miete weniger als 1% des Grundstückwertes nach Absatz 3 ausmacht. Ebenso sind als unbebaut, zerstörte oder verfallene Gebäude anzusehen, in denen für die auf Dauer keine benutzbaren Räume mehr vorhanden sind.

Im § 145 Abs. 3 BewG sind die Bewertungsregularien für unbebaute Grundstücke geregelt. Demnach bestimmt sich der Wert des unbebauten Grundstückes nach seiner Fläche und 80% seines Bodenrichtwertes. Dabei umfasst der Wert der Grundstücke den Grund und Boden sowie die Außenanlagen. Als Bodenrichtwert ist der von den Gutachterausschüssen zuletzt ermittelte Wert anzusetzen. Dieser spiegelt durchschnittliche Lagewerte wieder, die sich für ein Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen je Quadratmeter ergeben (s. R 160 Abs. 1 S. 5 ErbStR).

Sollte kein solcher Wert vorhanden sein, so bietet § 145 Abs. 3 S. 4 BewG eine Auffangregelung an, welche den Bodenwert aus vergleichbaren Flächen ableitet unter Berücksichtigung eines 20%igen Abschlages wie oben. Nach § 139 BewG ist der Grundbesitzwert auf volle 500 € nach unten abzurunden. Nicht eingegangen wird hier aus verfahrenstechnischen Gründen auf die Sonderstellung von Bauerwartungsland, Rohbauland und nicht lagetypischer Merkmale sowie deren Bewertung.

3.1.2 Bewertung bebauter Grundstücke

Im Gesetzestext findet sich für die Begriffsbestimmung der bebauten Grundstücke in § 146 Abs. 1 BewG eine Negativdefinition. Demnach sind bebaute Grundstücke solche, auf die die in § 145 Abs. 1 BewG genannten Merkmale nicht zutreffen. Somit handelt es sich hierbei um benutzbare Bauten, wobei alle wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und dieses objektiv genutzt werden kann.[20] Die wirtschaftliche Einheit bebauter Grundstücke setzt sich nach R 164 Abs. 2 S. 1 ErbStR aus, dem Grund und Boden, den darauf errichteten Gebäude, den Außenanlagen, den sonstigen wesentlichen Bestandteile, dem Zubehör zusammen.

Zum Grund und Boden eines bebauten Grundstückes gehören neben den bebauten Flächen ebenso die damit im Zusammenhang stehenden unbebauten Flächen.[21] Soweit nicht Sonderfallregelungen der §§ 147 bis 150 BewG betroffen sind, erfolgt die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren (s. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren nach § 146 BewG

(In Anlehnung an Horschitz et al. 1999, S. 154.)

Das Ertragswertverfahren in § 146 BewG regelt die formale Bewertung der bebauten Grundstücke, wobei hierfür die vereinbarte Jahresmiete, „… also ohne Entgelte für andere Leistungen oder für die Nutzung von Betriebsvorrichtungen …“, anzusetzen ist.[22]

Die Jahresmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Nutzung der bebauten Grundstücke aufgrund vertraglicher Vereinbarungen für den Zeitraum von 12 Monaten zu zahlen haben (§ 146 Abs. 2 S. 2 BewG). Allerdings sind nach Auffassung der Finanzverwaltung u.a. die Mieteinnahmen für Stellplätze, Nebengebäude, Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, Untermietzuschläge, Baukostenzuschläge und Leistungen des Mieters soweit sie nicht aus Geld bestehen, nach R 167 S. 3 ErbStR mit einzubeziehen. Nicht einzubeziehen sind die in R 167 S. 4 ErbStR genannten Einnahmen.

Fehlt es an der vereinbarten Jahresmiete, so ist eine andere Bemessungsgrundlage zu wählen. Dies ist die übliche Miete nach § 146 Abs. 3 BewG . Sie ist anzusetzen, wenn Grundstücke oder Grundstücksteile eigengenutzt, ungenutzt, zum vorübergehenden Gebrauch überlassen, unentgeltlich überlassen sind oder zu einer um mehr als 20% Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen werden. Als übliche Miete ist die Miete anzusehen, die für nach Art, Lage, Größe, Ausstattung und Alter vergleichbare, nicht preisgebundene Grundstücke fremden Mietern bezahlt wird.[23] Bei der Art der Grundstücke kann zum Beispiel zwischen Wohngrundstücken, Gewerbeimmobilien und gemischt genutzten Immobilien unterschieden werden. Denn je nachdem welche Ausstattung und Lage eines dieser Objekte hat, können unterschiedliche Mieten verlangt werden. So ist zum Beispiel anzunehmen, dass insbesondere in Großstädten die Mieten für Gewerbeimmobilien höher sind als in Kleinstädten. Des Weiteren hat die Ausstattung erheblichen Einfluss auf die zu zahlende Miete, hierbei wird auf mietwertbestimmende Merkmale eines Grundstückes eingegangen, z.B. Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallation. Unterschieden wird zwischen einfacher, mittlerer und gehobener Ausstattung. Dennoch kann es bei einer gehobenen oder Luxus Ausstattung zu Verzerrungen kommen. „Hier dürfte die Ableitung aus Mietspiegeln und Vergleichsmieten zu Grundstückswerten führen, die erheblich unter dem durchschnittlichen Wert von Wohngrundstücken liegen.“[24]

Zur Ermittlung der üblichen Miete sind 4 Methoden zulässig, Vergleichsmieten, Mietspiegel, Mietdatenbanken und Mietgutachten. Das zu Rate ziehen der Vergleichsmieten zur Ermittlung der üblichen Miete ist in den Fällen der R 172 Abs. 2 ErbStR gegeben. Mietspiegel sind immer dann zu verwenden, wenn sie nach dem Miethöhengesetz lt. § 2 Abs. 5 erstellt wurden sind und daraus die Ableitung für die übliche Miete erfolgen kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn dieser Mietspiegel für den Besteuerungszeitpunkt gilt. Andernfalls hat ein Mietspiegel einen repräsentativen Querschnitt für die ortsüblichen Entgelte bei vergleichbaren Wohnungen oder Räumlichkeiten zu enthalten.[25] Bei Mietdatenbanken i.S.d. § 533e BGB ist auf Vergleichsobjekte einzugehen. Nur in Ausnahmefällen, wenn Dissens mit dem Finanzamt über den Wert der üblichen Miete vorliegt sollte ein Mietgutachten erstellt werden. Dies ist von einem Sachverständigen oder dem örtlich zuständigen Gutachterausschuss zu verfassen. Die in allen Verfahren zu verwendende Bezugsgröße ist die Wohn-/Nutzfläche, welche auf volle Quadratmeter abzurunden ist.[26]

Die so ermittelte übliche Miete bzw. vereinbarte Jahresmiete ist dann mit dem Multiplikator von 12,5 zu multiplizieren. Diese Einheitsbewertung ohne Differenzierung nach Lage, Ausstattungen und regionalen Gesichtspunkten ist zweifelhaft. Auf das Zwischenergebnis ist nunmehr eine Alterswertminderung i.H.v. 0,5% für jedes seit der Fertigstellung vollendete Jahr anzusetzen. Es erfolgt allerdings eine Deckelung bei 25% des Zwischenergebnisses. Auf Fälle einer Verlängerung der Nutzungsdauer soll hier nicht näher eingegangen werden.

Der verbleibende Wert wird um 20% erhöht, wenn es sich um Ein- oder Zweifamilienhäuser handelt oder Eigentumswohnungen, die ebenso wie ein Einfamilienhaus ausgestaltet sind oder in einer Wohnanlage gelegen sind, die nur aus zwei Eigentumswohnungen bestehen.[27]

Der so ermittelte Ertragswert darf nach § 146 Abs. 6 BewG dabei nicht geringer sein als der in § 145 Abs. 3 BewG ermittelte Wert (Mindestwert). Zur Berechnung des Mindestwertes (Wert unbebauter Grundstücke) wird hier auf das vorstehende Kapitel verwiesen. Ein Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes gibt es nicht.[28] Der so ermittelte Wert (Grundbesitzwert) ist lt. § 139 BewG auf volle 500 € abzurunden.

Für Sonderfälle, in denen sich keine Miete ermitteln lässt oder das Grundstück nicht vermietet wird, ist § 147 BewG anzuwenden.

In diesem Kapitel wurde dargelegt, dass die Bewertung von Grundvermögen nach dem sog. Ertragswertverfahren stattfindet.

3.2 Betriebsvermögen

Das Betriebsvermögen als Bewertungsgegenstand der Erbschaftsteuer unterliegt speziellen Bewertungsvorschriften. Diese werden nachfolgend erklärt und Abgrenzungen innerhalb des Betriebsvermögens vorgenommen. Der Betriebsvermögenswert ist nur im Bedarfsfall nach § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 95 ff. BewG anzusetzen. Danach ist auf die Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt lt.§§ 9, 11 ErbstG abzustellen. Ausgenommen hiervon ist die Bewertung von Betriebsgrundstücken nach § 12 Abs. 3 ErbStG (Bedarfsbewertung). Nach diesem Stichtagsprinzip entsteht die Steuer bei Erwerben von Todes wegen nach § 3 ErbStG mit dem Tod des Erblassers nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bei Schenkungen allerdings erst mit der Schenkung (Nr. 2).

Es sind 2 Arten von Betriebsvermögen (BV) zu unterscheiden. Man differenziert notwendiges BV und gewillkürtes BV. Notwendiges BV liegt immer dann vor, wenn es überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % dem Betrieb dient und somit in enger wirtschaftlicher Beziehung steht. Gewillkürtes BV i.S. der R 4.2 Abs. 1 EStR kann dem Betriebsvermögen zugerechnet werden, wenn der Vermögensgegenstand eine betriebliche Nutzung zwischen 10% und 50% hat und, wenn das Grundstück oder der Grundstücksteil objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist den Betrieb zu fördern. Bewegliche Wirtschaftsgüter, die fast ausschließlich privat genutzt werden, können nicht dem BV zugeordnet und somit auch nicht in der Steuerbilanz aufgenommen werden.

Der Gesetzgeber definiert in § 95 BewG Betriebsvermögen als alle Teile eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören; § 99 BewG bleibt unberührt. Ebenso sind Ausgleichsposten im Falle der Organschaft nicht anzusetzen. Somit sind grundsätzlich alle Vermögensgegenstände und sonstigen Aktiva, als auch alle Schulden und sonstigen Abzüge zu erfassen soweit durch das Gesetz (ErbStG, BewG) nichts anderes geregelt ist.

Gewerbebetrieb ist jede selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen Geschäftsverkehr darstellt (s. § 15 Abs. 2 1. HS EStG). Auf diese Tatbestandsmerkmale wird hier nicht näher eingegangen. Eine Unterscheidung, ob ein Gewerbetrieb oder ein freier Beruf ausgeübt wird, ist nicht notwendig, da nach § 96 BewG freie Berufe dem Gewerbebetrieb für die Ermittlung der ErbSt/SchenkSt gleichstehen.

Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang ein Gewerbebetrieb vorliegt ist immer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass mit der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse, kein Gewerbebetrieb vorliegt. Erst mit dem Zukauf fremder Erzeugnisse über ein Maß von 30% werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft umqualifiziert.[29] Somit ist es schädlich für einen Betrieb der land- und forstwirtschaftliche Einkünfte hat, wenn dauerhaft und nachhaltig fremde Erzeugnisse zugekauft werden, die über das übliche Maß hinaus gehen.

Bei der Abgrenzung eines Gewerbebetriebes von der Vermögensverwaltung ist anzumerken, dass eine bloße Verwaltung eigenen Vermögens regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der R 15.7 Abs. 1 S. 1 EStR darstellt. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten. Ein solcher Umstand wäre ein zurücktreten der bloßen Vermögensverwaltung hinter der Bereitstellung einer einheitlichen gewerblichen Organisation.[30] Grundsätzlich wird bei der Veräußerung von mehr als 3 Grundstücken innerhalb von 5 Jahren von einem gewerblichen Grundstückshandel gesprochen.[31]

3.2.1 Bilanzierende Gewerbebetreibende und freiberufliche Tätigkeit

Bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflichen Tätigkeiten führt die Anknüpfung an die Grundsätze der steuerlichen Gewinnermittlung regelmäßig zu einer Bestandsidentität zwischen der Steuerbilanz auf den Besteuerungszeitpunkt oder den Schluss des letzten vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahres und der Vermögensaufstellung lt. R 114 Abs. 2 S. 1 ErbStR. Ebenso sind Rechnungsabgrenzungsposten, auflösende bzw. aufschiebende Bedingungen und Befristungen mit in die Vermögensaufstellung zu übernehmen.[32]

Somit ist für die Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens zum Besteuerungszeitpunkt eine besondere Aufstellung (Vermögensaufstellung) zu fertigen.[33] Nach § 2 Abs. 1 S. 2 BewG ist der Wert der wirtschaftlichen Einheit als ganzes festzustellen. Der Wert des Betriebsvermögen wird ermittelt, in dem die Summe der Werte, die für, die zu dem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze (Rohbetriebsvermögen) gekürzt werden, um die Summe der Schulden und sonstigen Abzüge nach § 103 i.V.m. § 98 a BewG. § 95 BewG normiert hierbei den Grundsatz der Bestandsidentität.

„Durch die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzposten in die Vermögensaufstellung herrscht Bestandsidentität, so dass von der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Vermögensaufstellung gesprochen wird.“[34] Daneben herrscht auch die Bewertungsidentität nach § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG, da die Steuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung zu übernehmen sind. Demnach sind die zu einem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter, sonstigen aktiven Ansätze, Schulden und sonstigen passiven Ansätze bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermitteln, mit dem Steuerbilanzwert anzusetzen (s. Abb. 3).

Schulden, die mit einem Betriebsgrundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind abzuziehen nach R 120 ErbStR, soweit sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Dementsprechend sind Schulden, die aus einem nicht überwiegend betrieblich genutzten Grundstück (kleiner 50%) resultieren, nicht zu berücksichtigen, da sie nicht mit dem bewertungsrechtlichen Betriebsvermögen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, selbst wenn in der Steuerbilanz dafür eine Position gebildet wurde. Hieraus folgt die Nichtberücksichtigung in der Vermögensaufstellung. Vielmehr handelt es sich im vorliegenden Fall um eine private Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Die Unterscheidung, ob Betriebsvermögen oder Privatvermögen vorliegt, ist sehr wichtig. Von ihr hängt es ab, ob die Begünstigungen nach §§ 13 a, 19 a ErbStG angewandt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Ausgewählte Bewertungen bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen (Bewertungsidentität)

Durch diese Ableitung aus der Steuerbilanz müssten bei Tod oder Schenkung die Aktualität dieser Werte zum Bewertungszeitpunkt gewährleistet sein um diese Werte übernehmen zu können. Hier hat der Gesetzgeber Vereinfachungsregeln eingeführt um nicht unangemessene Ergebnisse herbeizuführen. „In den Fällen in denen der Steuerpflichtige nicht am Bilanzstichtag verschenkt oder verstirbt und auf den Tag der Ausführung der Schenkung bzw. den Todestag auch keine Bilanz erstellt wird, kann die Vermögensaufstellung aus der zum Schluss des letzten Wirtschaftsjahres aufgestellten Bilanz abgeleitet werden.“[35] Die Korrekturen ergeben sich auch R 39 Abs. 2 S. 4 ErbStR.

Bei der Bewertungsidentität auf der Aktivseite ist mit fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bilanzieren. Dabei sind die bilanzierten Werte aus den ertragsteuerlichen Werten zu übernehmen. Sollte keine Bilanzierungspflicht bestehen, Freiberufler oder nicht bilanzierende Gewerbetreibende, so ist der Teilwert anzusetzen. Dabei werden anteilig stille Reserven offen gelegt.

Bestandsidentität auf der Passivseite führt dazu, dass äquivalent zur Aktivseite alle Positionen (dem Grunde nach), hier die Schulden und sonstigen Abzüge, angesetzt werden müssen. Diese ergibt sich aus der Addition aller Verbindlichkeiten und sonstigen abzugsfähigen Passivpositionen. Nicht abzugsfähig ist das Eigenkapital und auch ähnliche Positionen, wie z.B. Rücklagen mit Sonderpostenanteil lt. § 103 Abs. 3 BewG. Ebenso sind nicht abzugsfähig Rücklagen, die in der Steuerbilanz bereits gewinnmindernd angesetzt wurden, zum Beispiel § 6b EStG Rücklagen.

Bei der Bewertungsidentität ist grundsätzlich das Höchstwertprinzip anzusetzen. Ausnahmen davon sind die Pensionsverpflichtungen in § 104 BewG und die Verbindlichkeiten in § 12 BewG (Nennwert). Ausnahmen hiervon sind die Betriebsgrundstücke, Beteiligungen, Wertpapiere und Anteile an KapG.

Betriebsgrundstücke werden gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG i.V.m. R 114 Abs. 2 S. 5 Nr. 2 ErbStR von der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die erbschaftsteuerliche Vermögensaufstellung ausgenommen. Als Betriebsgrundstück im Sinne des Bewertungsrechts ist der zu einem Gewerbebetrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, zum Grundvermögen gehören würde oder einen Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft bilden würde, zu rechnen. Bei Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen richtet sich die Zugehörigkeit von Grundbesitz grundsätzlich nach §§ 95, 96 BewG. Somit bildet ein Grundstück, welches vollumfänglich dem notwendigen BV zuzuordnen ist ein Betriebsgrundstück und ist wie Grundvermögen nach § 99 Abs. 3 BewG zu bewerten. Dient das Grundstück nur anteilig dem Gewerbebetrieb des Einzelunternehmers, so ist es hingegen nur dem Grundvermögen zuzurechnen oder in vollem Umfang als Betriebsgrundstück zu bewerten lt. § 99 Abs. 2 S. 1, 2 BewG. Dient es zu mehr als der Hälfte dem Betrieb, so ist es aus bewertungsrechtlicher Sicht stets Betriebsvermögen nach § 99 Abs. 1 S. 1 BewG. Dasselbe gilt nach R 117 Abs. 2 S. 5 ErbStR, wenn das Grundstück nur einer oder einigen an der Gesellschaft beteiligten Personen gehört, ohne dass fremde an dem Grundstück beteiligt sind.

3.2.2 Betriebsvermögen von Personengesellschaften

Bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG sind alle Wirtschaftgüter dem Gewerbebetrieb zuzurechnen. Nach § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BewG i.V.m R 115 Abs. 1 S. 1 ErbStR sind in den Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft entsprechend der ertragsteuerlichen Regelung einzubeziehen:

- Die Wirtschaftgüter und sonstigen aktiven Ansätze soweit die Schulden und sonstigen Abzüge (§ 98 a S. 1 BewG), soweit sie zum Gesamthandvermögen gehören,
- Die Bilanzansätze aus etwaigen Ergänzungsbilanzen,
- Die Wirtschaftsgüter aus den Sonderbilanzen (Sonderbetriebsvermögen I und II).

In der Ergänzungsbilanz werden Wertdifferenzen erfasst, die nur den Einzelgesellschafter betreffen. Das einer Personengesellschaft gehörende Betriebsvermögen wird als Gesamthandvermögen bezeichnet. Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögen I sind dem Gewerbebetrieb zuzuordnen, wenn die im Eigentum eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen und dem Betrieb unmittelbar dienen. Dienen die Wirtschaftgüter allerdings nur unmittelbar zur Begründung oder zur Stärkung der Mitunternehmerstellung so sind sie als Sonderbetriebsvermögen II anzusehen.[36] Wirtschaftgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen sind dabei vorab dem Gesellschafter zuzuordnen (s. § 97 Abs. 1a S. 1 BewG). Zu beachten ist, dass das einem Gesellschafter gehörende Grundstück, das zu mehr als der Hälfte seines Wertes betrieblichen Zwecken dient, nicht Grundvermögen des Gesellschafters ist, sondern als Betriebsgrundstück zum Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft gehört (s. R 115 Abs. 1 S. 3 ErbStR).

Forderungen und Schulden der Gesellschafter gegenüber der Personengesellschaft sind anzusetzen, insofern sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören. Sollte einer Forderung der Personengesellschaft an einen Gesellschafter, die in der Gesamthandbilanz auszuweisen ist, kein entsprechender Schuldposten gegenüber stehen, kann bei der Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens die entsprechende Schuld nicht abgezogen werden.[37] Die Bewertung der Wirtschaftgüter richtet sich sinngemäß nach denselben Vorschriften wie beim bilanzierenden Einzelunternehmer und somit wird darauf verwiesen.

Wirtschaftgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet (s. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 3 BewG). Die Aufteilung des Betriebsvermögens auf die Gesellschafter erfolgt in separaten Schritten.

- Ausgangspunkt ist der ermittelte Wert des Betriebsvermögens bei der Vermögensaufstellung, wie es sich aus der Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft und etwaiger Ergänzungs- bzw. Sonderbilanzen des Gesellschafters, dessen Beteiligung zu bewerten ist.[38]
- Vorab sind dem jeweiligen Gesellschafter die zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter einschließlich Forderungen sowie Schulden mit dem Wert zuzurechnen, mit dem sie im Wert des Betriebsvermögens der Personengesellschaft enthalten sind.[39]
- Die Kapitalkonten aller Gesellschafter aus der Gesamthandsbilanz und die Kapitalkonten aus den Ergänzungsbilanzen des übertragenden Gesellschafters sind dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen.[40]
- Zum Kapitalkonto rechnen neben dem Festkapital auch der Anteil an einer gesamthänderischen Gewinnrücklage und die variablen Kapitalkonten, soweit es sich dabei um Eigenkapital der Gesellschaft handelt.[41]
- Der so verbliebene Wert ist nach dem maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen.

In diesem Kapitel wurde auf der Grundlage des aktuellen Rechts die Besonderheit der Steuerbilanzwerte für die Ermittlung des BV erläutert. Darüber hinaus wurde die Bewertung von bilanzierenden Gewerbetreibenden und Personengesellschaften aufgezeigt.

3.3 Allgemeine Änderungen

In diesem Kapitel soll auf Änderungen durch den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbStRG-E) eingegangen werden. Grundlage dessen bilden hier allgemeine Änderungen, die für das Verständnis der weiteren Ausführungen als sinnvoll und wichtig erachtet werden. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.01.2008[42] wurden erste Grundzüge der Öffentlichkeit bekannt.

Die persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG, die einmal innerhalb von 10 Jahren jedem Steuerpflichtigen zustehen, sollen nach derzeitigem Stand wie folgt geändert werden (dazu Anhang Abb. 42).

[...]


[1] Vgl. BT-Drs 16/5706 2007, S. 3.

[2] Vgl. Finke 2007, S. 11.

[3] Vgl. § 38 AO.

[4] Vgl. Djanani et al. 2006, S. 165.

[5] Vgl. R 3 Abs. 1 ErbStR.

[6] R 4 Abs. 1 S. 2 ErbStR.

[7] R 4 Abs. 7 S. 1 ErbStR.

[8] Vgl. BFH vom 21.07.1972, BStBl 1973 II S. 3.

[9] Vgl. BFH vom 25.10.1995, BStBl 1996 II S. 11.

[10] Vgl. BFH vom 28.9.1962, BStBl 1962 III S. 535.

[11] Vgl. BFH vom 17.12.2007, BFH/NV 2008 S. 651.

[12] Vgl. Horschitz et al. 1999, S. 567.

[13] Vgl. Endriss et al. 2007, S. 625.

[14] Vgl. Högl 2007, S. 31f.

[15] Vgl. BStBl 2007 I S. 821.

[16] Vgl. R 124 Abs. 1 S. 1 2. HS ErbStR.

[17] Vgl. BStBl I 2006 S. 314.

[18] Vgl. BStBl. I 1992 S. 342.

[19] Vgl. Christoffel, Prühs 2001, S. 25.

[20] Vgl. Djanani et al. 2006, S. 350.

[21] Vgl. Christoffel, Prühs 2001, S. 45.

[22] Horschitz et al. 1999, S. 155.

[23] § 146 Abs. 3 S. 2 BewG.

[24] Christoffel, Prühs 2001, S. 60.

[25] Vgl. R 172 Abs. 3 S. 2 ErbStR.

[26] Vgl. R 173 Abs. 1,3 ErbStR.

[27] Vgl. R 175 Abs. 1 S. 3 ErbStR.

[28] Vgl. BStBl. 2007 I S. 314 TZ 55 Abs. 3 S. 1 i.V.m. TZ 2 Abs.4,5.

[29] Vgl. R 15.5 Abs. 5 S. 4 EStR.

[30] Vgl. BFH v. 21.8.1990 , BStBl 1991 II, S. 126.

[31] Vgl. BFH v. 10.12.2001, BStBl 2002 II, 291 GrS 1/98.

[32] R 114 Abs. 2 S. 4 ErbStR i.V.m. § 98 a S. 2 BewG.

[33] R 114 Abs. 1 S. 3 ErbStR.

[34] Djanani et al. 2006, S. 373.

[35] Horschitz et al. 1999, S. 167.

[36] Vgl. R 4.2 Abs. 2 EStR.

[37] Vgl. R 115 Abs. 2 ErbStR.

[38] Vgl. R 116 Abs. Abs. 2 S. 1 ErbStR.

[39] R 116 Abs. Abs. 2 S. 2 ErbStR

[40] R 116 Abs. Abs. 2 S. 3 ErbStR

[41] R 116 Abs. Abs. 2 S. 4 ErbStR

[42] Vgl. BT DRS 16/7918.

Excerpt out of 92 pages

Details

Title
Die Bewertung von Betriebs- und Grundvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerreform 2008
College
Dresden Technical University
Grade
2,2
Author
Year
2008
Pages
92
Catalog Number
V120949
ISBN (eBook)
9783640249879
ISBN (Book)
9783640250059
File size
936 KB
Language
German
Keywords
Bewertung, Betriebs-, Grundvermögen, Rahmen, Erbschaftsteuer-, Schenkungsteuerreform
Quote paper
Sebastian Kaiser (Author), 2008, Die Bewertung von Betriebs- und Grundvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerreform 2008, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120949

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