Die Entwicklung des Fahrrades und Fahrradtourismus in der heutigen Zeit


Term Paper (Advanced seminar), 2006

17 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


1 Einleitung

Ein neues Fahrrad zu kaufen liegt im Trend. Im ersten Halbjahr 2005 wurden nach

einer Erhebung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs 2,95 Millionen Fahrräder verkauft, davon 51 Prozent aus deutscher Produktion.[1] Jugendliche erreichen im Sommer radelnd den Zeltplatz, Schulen bieten anstelle des Skilagers im Frühjahr eine einwöchige Radtour an. Da liegt es nahe sich auch den Radtourismus des 21. Jahrhunderts näher anzusehen. Davor soll aber die Kulturgeschichte des Fahrrades mit ihren wichtigsten Entwicklungen beleuchtet und andere wichtige Eckdaten rund um den „Drahtesel“ genannt werden. Dazu gehört die Thematik der „Emanzipation der Frau auf dem Rad“, die Diffusion des Fahrrads in die Bürger- und Arbeiterschichten und die Wanderfahrten mit dem „Stahlross“ als Vorgänger des heute entsprechenden Radtourismus. Daneben sind auch die NS-Zeit und die Entwicklung des Fahrrads in dieser Epoche wichtig für die heutige Situation auf dem Tourismusmarkt. Die Situation hin zur Wende zum 21. Jahrhundert darf genauso wenig vernachlässigt werden, wie die Gründung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs, der die Verkehrspolitik und den Radtourismus stark fördert. Der Stand dieses aufstrebenden Zweiges soll mit den momentan aktuellsten Zahlen aus dem Vorjahr 2005 aufgezeigt werden.

In einer Zusammenfassung werden die wichtigsten Ergebnisse präsentiert und ein Ausblick auf die Zukunft des Radtourismus und des Fahrrades gegeben.

2 Die Entwicklungsgeschichte des Fahrrades

2.1 Die Frühgeschichte des Fahrrades

Die Ursprünge des Fahrrades lassen sich weiter zurückverfolgen, als ins 19. Jahrhundert. In Luxor in Ägypten wurde etwa 1300 vor Christus ein Mann auf einem Obelisken abgebildet, der auf einem Tragbalken sitzt, der einspurig mit zwei hintereinander laufenden Rädern verbunden ist. Der Obelisk ist heute am Place de la Concorde in Paris zu bewundern.[2]

Einen weiteren Beleg für ein rollendes Fortbewegungsmittel gibt es aus dem Jahr 53 nach Christus. Auf den Resten eines römischen Denkmals ist unter anderem ein Knabe mit einem Roller zu sehen, den dieser wahrscheinlich nutzt, um seine ersten Gehversuche zu unterstützen. Somit kann dieses Gefährt durchaus als Vorläufer des Laufrades gesehen werden.[3]

Auch aus dem 16. Jahrhundert existiert ein Zeugnis dafür, dass es bereits vor dem 19. Jahrhundert den Versuch gab ein Fahrrad zu konstruieren. Auf der Rückseite eines Manuskripts, gibt es die Skizze eines kompletten Tretrades gemalt vom italienischen Maler Leonardo da Vinci.[4]

Kurz vor der Erfindung der Laufmaschine von Karl von Drais, soll um 1760 eine lenkbare Laufmaschine existiert haben. Der Stellmacher Michael Kassler war damals im Regierungsbezirk Merseburg der Erbauer.[5]

2.2 Das Fahrrad im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert wurde die Sehnsucht nach müheloser Fortbewegung immer stärker. Aus der Kraft des Fahrenden wollten sich die Menschen von der Stelle bewegen können. Diese Idee wurde von drei Erfindern unabhängig voneinander aufgegriffen und auf verschiedene Weise umgesetzt. Als erstes ist der bereits erwähnte Karl Freiherr von Drais zu nennen. 1816 versah er zwei unbereifte Laufräder mit Holzspeichen, die mit einer einfachen hölzernen Rahmenkonstruktion verbunden waren. Darauf gab es einen ungepolsterten sattelähnlichen Sitz. Diese Konstruktion war durch eine deichselähnliche Lenkstange manövrierbar und außerdem mit einer Seilbremse und einem Gepäckträger ausgestattet. Drais konzipierte als erster das Laufrad als Transportmittel. Darauf erhielt der Freiherr 1818 ein auf zehn Jahre befristetes Patent. Die Draisine war ein Symbol für das Anderssein der Dandies und wohlhabenden Freidenker. Durch die Armut und der weit verbreiteten Arbeit in der Landwirtschaft war es zu dieser Zeit nur dreißig Prozent der Bevölkerung möglich sich ein Laufrad anzuschaffen. Es war den Herren vorbehalten ein solches zu besitzen und dennoch hatte es den Status zwischen Spielzeug und Verkehrsmittel. Da das Ross zu dieser Zeit das Hauptverkehrsmittel war und die laufradelnden Männer das Straßenbild störten und den Pferdeverkehr behinderten, erlaubte eine Vorschrift der Großherzoglichen Verwaltung von Baden 1818 das „Fahrradfahren“ nur auf Hauptwegen, um Ordnung in die Lage zu bringen. Im selben Jahr wurde die Draisine von Denis Johnson weiterentwickelt. Der Rahmen war filigraner und aus Eisen und als besonderen Service bot Johnson unsicheren Kunden Fahrunterricht an. Die Technik war in dieser Zeit noch nicht so weit, dass die Laufräder in einem großen industriellen Rahmen gefertigt werden konnten. Deshalb war die Konjunktur kurz. Das rollende Gehen sollte endlich zum richtigen Fahren werden, weshalb die Verbesserung des Antriebs einem ständigen Kampf unterzogen war. Der Durchbruch gelang schließlich 1845 dem sächsischen Mechaniker Mylius. Mit seiner Erfindung gelang der Antrieb des gelenkten Vorderrads direkt an der Achse über zwei versetzte Tretkurbeln. Einen weiteren Erfolg konnte 1861 Pierre Michaux mit der Erfindung seiner „Michauline“ verbuchen. Von Anfang an konnte diese nämlich industriell und in Serie gefertigt werden und obwohl es zwar noch teuer war, war es nun dennoch breiteren Käuferschichten zugänglich. In zweiter Generation wurde es aus Schmiedeeisen gefertigt, mit einem leicht laufenden Bronze-Gleitlager. Der Sattel war bequem gefedert und ließ sich dem Körperbau des Besitzers anpassen.

James Starley entwarf 1871 das Prinzip des Zweirades von Grund auf neu. Die leichtere, schnellere und handlichere Maschine aus Stahl, mit einer Bremse und Vollgummibereifung etablierte sich unter der Bezeichnung „Ariel“. Das Vorderrad war bei dieser Konstruktion höher, das Hinterrad entsprechend kleiner und hatte nur noch eine Stützfunktion. Die Tretkurbellänge war verstellbar und ließ sich deshalb auf die Beinlänge des Fahrers angleichen. Das Hochrad war geboren. Es war zu einem relativ günstigen Preis zu haben und wurde so zum Standardfahrrad dieser Zeit, weshalb es auch „Ordinary“ genannt wurde.

Das Hochrad wurde zum eleganten Präzisions- und Prestigeartikel. Es galt als vornehm und deshalb gehörte es sich für einen Gentleman mit dem Hochrad spazieren zu fahren. In Sonntagsrobe und kerzengerade saßen die Herren im Sattel und konnten so über das „Fußvolk“ hinwegsehen. Die erforderliche sportliche Note wurde durch einen stark gepolsterten Tropenhelm verliehen.

Der Vorläufer des heutigen Rads stammt von Henry John Lawson, indem er die Baureihe „Rover“ erfindet. Hierzu ist 1885 der Schwerpunkt nach weiter hinten verlagert worden und die Position der Pedale tiefer gelegt. Das „Rover“-Fahrrad wird zum Renner.

Der Prototyp des modernen (Nieder-)Rads wurde 1887 von John Kemp Starley gefertigt. Das „Rover III“ hatte zwei gleich große vollgummibereifte mit Drahtspeichen versehene Laufräder. Es war aus Stahl, weshalb der „Trapezrahmen“ konstruiert werden konnte. Das Fahrrad entwickelte sich stetig fort. So experimentierte John Boyd Dunlop 1888 mit Gummischläuchen, durch die die Fahreigenschaften verbessert worden sind. Die Freilaufnabe mit Gangschaltung und die Rücktrittsbremse waren zu dieser Zeit weitere Innovationen. Durch die fortschreitende Industrialisierung und Rationalisierung sanken die Preise für die Fahrräder stetig. So kostete 1899 ein solches Gefährt etwa 180 Mark.[6]

2.2.1 Das Fahrrad und die Emanzipation der Frau

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts durften Frauen noch nicht Rad fahren, denn sie hätten sich zu dieser Zeit zu freizügig auf dem Fahrrad gezeigt. Die Kleidung der Damen war einfach unpassend für das Gefährt. 1819 konstruierte Drais ein dreirädriges Laufrad auf dem die Frauen an der Front als Sozius mitfahren konnten.

1819 machte es Denis Johnsons Spezialanfertigung möglich, dass auch die Frauen richtig mitlaufen konnten. Die zum Boden durchgebogene, eisenarmierte Mittelstange erleichterte zwar den Aufstieg auf das Fahrrad, dennoch war dieser Fahrradkörper mit 32 Kilogramm recht schwer und deshalb auch instabil. Hinzu kam noch die schwere Kleidung, die zur damaligen Zeit getragen wurde, was das Radfahren zu einer wackeligen Angelegenheit machte. Dennoch machte diese Konstruktion das Radeln mit langen Röcken und im Damensitz möglich. Vor allem bei den adeligen Damen waren Draisine und Dreirad sehr beliebt und zwar bis in die 30er Jahre. Durch das Umherschlendern mit dem Laufrad sollte Prestige gewonnen werden.

In Paris stiegen die Frauen 1867 in Knabenkleidung auf das Fahrrad. Ohne einen Rock zu fahren verstieß gegen die damals gängige Kleidervorschrift, weshalb die Frauen eher heimlich und außerhalb der Stadtmauern diesem Hobby nachgingen.

Nicht einmal während des Turnunterrichts war es den deutschen Frauen gestattet, Fahrstunden im Fahrradfahren zu nehmen. Der Stuttgarter Lehrer Johann Friedrich Trefz bot nämlich solche Kurse an, die er aber 1868 kurz nach dem erstmaligen Angebot wieder einstellen musste, da sie nicht dem Zeitgeist entsprachen. Zwei Jahre später etablierten sich dann aber die ersten Fahrrad-Fahrschulen in Deutschland.

[...]


[1] vgl. www.fa-tourismus.adfc.de (aufgerufen am 23. 07. 2006)

[2] vgl. Gronen, Wolfgang/Lemke Walter: Geschichte des Radsports + des Fahrrades. Hausham, 1987, S. 9.

[3] vgl. ebenda, S. 11.

[4] vgl. ebenda, S. 15.

[5] vgl. ebenda, S. 23.

[6] vgl. Hochmuth, Andreas: Kommt Zeit, kommt Rad. Eine Kulturgeschichte des Radfahrens. Wien, 1991.

vgl. Paturi, Felix/Rauck, Max/Volke, Gerd: Mit dem Rad durch zwei Jahrhunderte. Das Fahrrad und seine Geschichte. Aarau, 1984.

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Details

Title
Die Entwicklung des Fahrrades und Fahrradtourismus in der heutigen Zeit
College
University of Bamberg  (Lehrstuhl für Volkskunde und Europäische Ethnologie)
Course
Tourismus und Urlaubskultur als volkskundliche Forschungsfelder
Grade
2,0
Author
Year
2006
Pages
17
Catalog Number
V120962
ISBN (eBook)
9783640253012
ISBN (Book)
9783640253203
File size
429 KB
Language
German
Keywords
Entwicklung, Fahrrades, Fahrradtourismus, Zeit, Tourismus, Urlaubskultur, Forschungsfelder
Quote paper
Valentina-Anna Rätz (Author), 2006, Die Entwicklung des Fahrrades und Fahrradtourismus in der heutigen Zeit , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120962

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