Adolf Hitler und der "Anschluss" Österreichs 1938


Dossier / Travail, 2008

19 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Österreich-Pläne Hitlers vor 1938

3. Das Berchtesgadener Abkommen vom 12. Februar 1938

4. Der „Anschluss“ Österreichs am 13. März 1938

5. Schluss

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Dieses Jahr gedachten und gedenken noch immer zahlreiche Dokumentationen und Berichterstattungen an den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich vor 70 Jahren. Und noch immer wirft das Thema viele Fragen und Kontroversen auf.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll es sein, die Rolle Hitlers als Entscheidungsträger, rund um die Geschehnisse des „Anschlusses“ zu beleuchten. Hitler als Diktator des Deutschen Reiches hatte natürlich maßgeblich Anteil an den Entscheidungen zum Einmarsch in Österreich am 12. März 1938. Trotz dessen muss jene Rolle hinterfragt werden. So drängt sich die Beteiligung Görings, der ebenfalls sehr aktiv an den Ereignissen mitwirkte, ebenso in den Mittelpunkt der Fragen. Wie ist sein Mitwirken zu bewerten?

Wie kam es zum „Anschluss“? – Was ging jenem voraus? - und warum war vieles doch nicht so geordnet abgelaufen, wie es von Außen aber erschien?

Die Arbeit ist chronologisch aufgebaut und beginnt zunächst mit den Österreich-Plänen Adolf Hitlers, - wenn es jene denn überhaupt gab, also der Zeit vor 1938. Zweckdienlich dort auch ein kurzer Rückblick zu den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg. Im zweiten Punkt wird ein detaillierter Blick auf das Berchtesgadener Abkommen vom 12. Februar 1938 geworfen, ehe es dann am 13. März zum eigentlichen „Anschluss“ kam, was den umfangreichsten Teil der Arbeit ausmacht.

Der Untersuchung liegen Quelldokumente zugrunde, die viel preisgeben und Klarheit schaffen, aber zweifellos nicht ausreichen, um jeden Sachverhalt aufzulösen. Interessante Perspektiven bieten so die Tagebucheinträge Joseph Goebbels` und die autobiographischen Aufzeichnungen Wilhelm Keitels, der zu jener Zeit Chef des Oberkommandos der Wehrmacht war, - mit unter aber auch einige Telefongespräche zwischen „Berlin und Wien“ im Vorfeld des Einmarsches der Deutschen, die gerade die Tätigkeit Görings in den Fokus nehmen lassen. Eine gute Hilfestellung gaben weiterhin umfangreiche Arbeiten einiger Historiker der Zeitgeschichte. So dienen vor allem die Hitler-Biographien von Ian Kershaw oder Joachim Fest mit Ausführlichkeit und hohem Kenntniswert der Betrachtung. Auch befasst sich unter anderem Georg Christoph Berger Waldenegg ausführlich mit ähnlichen Fragen.

Vorweg bleibt festzuhalten, dass die Thematik viele Fragen und Gedanken aufwarf doch zweifellos nicht allen nachgegangen werden konnte, da sonst der Rahmen der Arbeit gesprengt worden wäre.

2. Österreich-Pläne Hitlers vor 1938

„Revision“ war eines der Schlagwörter im Deutschen Reich nach den Pariser Vorortverträgen von 1919, - Revision der Bestimmungen, welche von den Siegermächten nach dem Ersten Weltkrieg den Deutschen auferlegt wurden. So reiht sich der Vertrag von Saint-Germain auch in dieses Verhandlungswerk ein. Im 88. Artikel hieß es unmissverständlich: „Die Unabhängigkeit Österreichs ist unabänderlich [...].“1 Der Vertrag von Versailles regelte diesen Sachverhalt ebenfalls, ohne verschiedene Deutungen zuzulassen. So hieß es dort in Artikel 80:

„Deutschland erkennt die Unabhängigkeit Österreichs […] an und verpflichtet sich, sie unbedingt zu achten [...]“2 Auf Völkerrechtsebene gab es demnach keine „Anschluss“ - Möglichkeiten.

Wenn es um Hitler persönlich ging, so gehörte die Deutsch sprechende Bevölkerung seiner Heimat, wie Ian Kershaw feststellte, bereits seit seiner Kindheit in das Deutsche Reich.3 Aber das hat vielleicht nur entfernt mit Hitlers „Österreich-Plänen“ vor 1938 zu tun. Eher zeigt sich damit, dass sich in ihm bereits sehr früh manifestierte, dass eine Zukunft nur im Deutschen Reich liegen konnte.

Interessant ist, dass es sich die NSDAP 1920 klar auf die Fahne schrieb, alle Deutschen zu einem „Groß-Deutschland“ zusammenzuschließen.4 Somit auch Hitlers unmittelbarer Wille. In „Mein Kampf“ machte dies Hitler ebenso deutlich.5

Gegenüber Österreich verfolgte das NS-Regime seit 1933 eine Art „Unterwanderungskurs“. Höhepunkt dieser Politik war ein nationalsozialistischer Putsch im Juli 1934, dessen Folge die Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß war - verheerend für das Hitler- Regime und Ursache dafür, seine Untergrabungsambitionen in Österreich vorerst aufzugeben.6 Bis zum Jahr 1937 war Hitlers Politik in Sachen Österreich weitestgehend7 darauf „beschränkt“, das Interesse einer deutsch-italienischen Beziehung zu stärken, um auf dieser Weise Österreich zu isolieren und den Druck auf die Alpenrepublik zu erhöhen.8

Etwas befremdlich erscheint dann die Tatsache, dass Hitler zunächst selbst nur wenige Ambitionen in der „Österreich-Frage“ zeigte.9 Als deutscher Vertreter in Wien, warb Franz von Papen für eine, allmählich Druck aufbauende, Politik. Auch Göring „verfolgte zunächst eine „evolutionäre“ Strategie, war aber darüber hinaus bestrebt, Österreich durch eine aktive Gesprächs- und Reisediplomatie international zu isolieren.“10 Diese Art der Politik musste Hitler sauer aufstoßen, denn nicht ohne Grund sah er sich genötigt, Göring in seinem Drang zu bremsen.11

Hitlers eigene Ansicht muss sich im Laufe des Jahres 1937 geändert haben. Zeugnis dafür ist die so genannte Hoßbach-Niederschrift des Oberst Friedrich Hoßbach. So trafen sich am 5. November 1937 der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler mit ranghohen Militärs und Außenminister Neurath in Berlin. Neben anderen, die deutsche Außenpolitik betreffenden, Gedanken Hitlers wurde auch die Rolle Österreichs thematisiert. Es ist fraglich, wann Hitlers Gedanken bezüglich Österreich „reiften“. Entscheidend hervorzuheben ist auf jeden Fall, dass Hitlers Geburtsland bei diesem Treffen eine größere Rolle gespielt haben muss. Im Falle einer „kriegerischen Verwicklung“ müsse es, laut Hitler: „[...] erstes Ziel sein, die Tschechei und gleichzeitig Österreich niederzuwerfen, [...] um die Flankenbedrohung eines etwaigen Vorgehens nach Westen auszuschalten. [...].“12

Was die Bedeutung der „Angliederung“ angeht betonte Hitler, dass die Folge „[...] eine wesentliche Entlastung infolge kürzerer, besserer Grenzziehung, [und] Freiwerdens von Streitkräften für andere Zwecke [...]“ sei. Was den zeitlichen Rahmen angeht, wurde Hitler nur insofern konkret, indem er klar machte, dass er bereits 1938 handeln würde:

„Der Zeitpunkt unseres Angriffs auf [...] Österreich müsse abhängig von dem Verlauf des italienisch-englischfranzösischen Krieges gemacht werden [...].“13 - wenn dieser Fall eintreten sollte.

Joachim Fest bewertet die Hoßbach-Niederschrift von Anfang November 1937 als ein „Dokument [...] der nun immer unverkennbarer hervortretenden Zeitangst.“ - „[...] weniger ein Dokument neuer Absichten...“14.

Zeitangst, aber was oder wem gegenüber und warum?

Fest schreibt von einem Ton „konkreter Ungeduld“15. Nicht ohne Grund begann Hitler seinen Monolog, indem er auf „das Problem des Raumes“ ansprach und dass die „deutsche Zukunft daher ausschließlich durch die Lösung der Raumnot bedingt [sei].“16 Was Österreich angeht, so lohnt sich auch eine Bemerkung Hitlers, die er bereits Mitte September 1937 tätigte, aufzugreifen. So schrieb Goebbels am 14. September 1937 in sein Tagebuch: „Österreich, so sagt er [Hitler], wird einmal mit Gewalt gelöst.“17 Derartige Äußerungen führen zweifelsohne zu der Annahme, dass sich etwas in Hitlers Denken geändert hat. Der Ton scheint schärfer geworden zu sein. Und wohlmöglich ist dies wirklich eine Folge „hitlerschen“ Bewusstseins, dass die Zeit davon lief. Wenn man den Aufzeichnungen Hoßbachs vertrauen kann, so kann noch ein weiterer Grund für den größeren Druck auf Wien gefunden werden. Nämlich der, dass Hitler feststellte, „[...] dass auch eine Konsolidierung der inneren Werte der österreichischen Armee im Laufe der Jahre stattfände [...]“18 Wenn es denn der Fall war, so stünde dies einer Angliederung, ob nun über den „evolutionären Weg“, oder dem kriegerischen Einschreiten zweifelsohne erschwerend im Weg.

Was bei alle dem die Gedanken über Hitlers „Österreich-Pläne“ vor 1938 angeht, so kann man letztendlich nur Vermutungen anstellen, was genauere Pläne gewesen waren. Kershaw unterstreicht die Tatsache, indem er feststellt, dass „in der zweiten Hälfte des Jahres 1937 [...]

Hitler mehrfach in wenig präzisen, aber bedrohlichen Wendungen über Schritte gegen Österreich gesprochen [hatte]“19 - wenig „präzise“, aber dennoch, und das bleibt festzuhalten - nichts Konkretes. Nicht zu ignorieren mussten auch mögliche Reaktionen aus dem Ausland auf sichtbare außenpolitische Bestrebungen des Deutsches Reiches gewesen sein, was Hitler möglicherweise zögern ließ, wie man wann genau vorzugehen hatte, - wenn es denn „konkrete“ Pläne gab. Fakt sind radikal anmutende Äußerungen, die Hitler in der zweiten Jahreshälfte 1937 tätigte, die Gedanken, welche man der Hoßbach-Niederschrift entnehmen kann und unter anderem auch die Anweisung einer einheitlichen Kriegsvorbereitung im Dezember 193720. Auf der anderen Seite steht aber auch sein bremsender Einfluss auf Göring, der eine andere, den Zusammenschluss forcierende, Außenpolitik verfolgte21 und Hitler damit wieder eine abwartende Haltung zu Tage förderte. Ludolf Herbst macht das deutlich, indem er schreibt, dass „[...] Hitler Ende 1937/Anfang 1938 von einem solchen Kurs [Görings] [abriet].“ Weiterhin „wandte er [Hitler] sich entschieden gegen eine „Brachiallösung“ um „die diplomatischen Voraussetzungen zum Eingreifen zu schaffen.“22 - sozusagen „aktiv vorbereitend“!?

3. Das Berchtesgadener Abkommen vom 12. Februar 1938

Hitler scheute zunächst eine direkte Intervention in Österreich. Wie würde das Ausland reagieren? Diese oder ähnliche Fragen musste sich die deutsche Staatsführung stellen. Klaus Hildebrand fasst zusammen, dass England „zu einem kriegerischen Engagement […] nicht fähig zu sein schien […]“23 - unter anderem auf Grund seiner eigenen Probleme im Empire. Der britische Außenminister Halifax unterstrich dies mit Äußerungen, die er bei seinem Deutschland-Besuch getätigt hatte. Ob Frankreich ohne England auf eigene Faust reagiert hätte, ist ohnehin fraglich.

Aber ist diese Frage wirklich nur auf die Reaktion Italiens zu reduzieren? Mussolini hatte, laut Graml, bereits im September 1937, bei seinem Besuch in Deutschland, nicht nur das „spezifische Interesse [der Deutschen] an Österreich anerkannt, sondern sogar erklärt, dass er, […], nichts gegen eine deutsche Intervention einzuwenden hätte.“24 Dieser Aspekt würde jedoch Goebbels Erkenntnis im September des gleichen Jahres widersprechen, denn am 28. September 1937 notierte er in sein Tagebuch, dass die Österreich-Frage noch ungeklärt wäre. Einen Tag später stellte er erneut fest, dass die Österreich-Frage immer noch offen sein würde.25 Dass Hitler Anfang 1938 zögerte, ist Fakt. War er sich also tatsächlich nicht sicher, wie der Duce reagieren würde und zögerte deswegen? Gab es Grund dazu?

[...]


1 Siehe http://www.versailler-vertrag.de/svsg/3.htm#38, Zugriff am 15.05.2008, 12:50 Uhr.

2 Siehe http://www.vertrag-von-versailles.de/content/view/15/29/, Zugriff am 15.05.2008, 12:58 Uhr.

3 Vgl. Kershaw, Ian: Hitler. 1936-1945, Stuttgart 2000, S. 109.

4 Vgl. Siehe Punkt 1 im Parteiprogramm der NSDAP vom 24.2.1920: http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/nsdap25/index.html, Zugriff am 15.05.13:10 Uhr.

5 Vgl. Kershaw, Ian: Hitler. 1936-1945 (wie Anm. 3) S. 110.

6 Vgl. Kershaw, Ian: Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick, Reinbek bei Hamburg 1999, S. 226-227.

7 Vgl. Siehe: Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg, Frankfurt am Main 1990, (=Neue Historische Bibliothek, Bd. 285), S. 187: Am 11. Juli. 1936 schloss das Deutsche Reich ein Abkommen mit Österreich zum Abbau gegenseitiger Spannungen, letztendlich aber auch um die österreichische Außenpolitik näher an die Deutsche zu binden. Inhalt war unter anderem auch die Anerkennung der Souveränität Österreichs und Beteiligung der öst. NSDAP an der Regierung.

8 Vgl. Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg (wie Anm. 7) S. 187. und Carr, William: Adolf Hitler. Persönlichkeit und politisches Handeln, Stuttgart 1980, S. 78.

9 Vgl. Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg (wie Anm. 7) S. 187.

10 Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg (wie Anm. 7) S. 188.

11 Vgl. Ebd.

12 Siehe: http://www.ns-archiv.de/krieg/1937/hossbach/, Zugriff am 15.05.2008, 13:25 Uhr.

13 Ebd.

14 Fest, Joachim: Hitler. Eine Biographie, 8. Aufl., Berlin 2006, S. 770.

15 Ebd.

16 Siehe: http://www.ns-archiv.de/krieg/1937/hossbach/, Zugriff am 15.05.2008, 13:40 Uhr.

17 Goebbels, Joseph: Tagebücher 1924-1945. 1935-1939, Bd. 3, hg. v. Ralf Georg Reuth, 2. Aufl. München 1992, S. 1126.

18 Siehe: http://www.ns-archiv.de/krieg/1937/hossbach/, Zugriff am 15.05.2008, 15:33 Uhr

19 Kershaw, Ian: Hitler. 1936-1945 (wie Anm.3) S. 110.

20 Vgl. Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg (wie Anm. 7) S. 185.

21 Vgl. Kershaw, Ian: Hitler. 1936-1945 (wie Anm. 3) S. 112-114.

22 Vgl. Herbst, Ludolf: Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg (wie Anm. 7) S. 186.

23 Hildebrand, Klaus: Deutsche Außenpolitik 1933-1945. Kalkül oder Dogma?, 5. Aufl., Stuttgart 1990,

S. 64.

24 Graml, Hermann: Europa zwischen den Kriegen, München 1969, (=dtv-Weltgeschichte des 20.

Jahrhunderts, Bd. 5), S. 358.

25 Vgl. Goebbels, Joseph: Tagebücher 1924-1945. 1935-1939 (wie Anm. 17) S. 1132.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Adolf Hitler und der "Anschluss" Österreichs 1938
Université
Otto-von-Guericke-University Magdeburg
Note
1,3
Auteur
Année
2008
Pages
19
N° de catalogue
V121034
ISBN (ebook)
9783640285037
Taille d'un fichier
408 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hitler, Anschluss Österreichs, 1938, Österreich, Adolf, Göring, Deutschland, Deutsches Reich, Schuschnigg, Anschluss, Außenpolitik
Citation du texte
Elias Steger (Auteur), 2008, Adolf Hitler und der "Anschluss" Österreichs 1938, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121034

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