Industrialisierung und Industriestruktur USA und Kanada


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

66 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Teil A: USA
1 Der Industrialisierungsprozess
1.1 Die Kolonialzeit als Grundlage für die Entwicklung der USA zu einer Weltwirtschaftsmacht.
1.2 Gründe für die wirtschaftliche Vormachtstellung und Voraussetzungen für die Entwicklung einer Industrie.
1.3 Die US Industrie um die Zeit des 1. Weltkrieges
1.4 Die US Industrie nach dem 2. Weltkrieg – Vom Fordismus zum Postfordismus
1.5 Der neue Industrialisierungsprozess: Die High-Tech-Industrie
2 Industrieregionen der USA im Überblick
2.1 Der Manufacturing Belt – Amerikas Altindustrieregion
2.1.1 Die Region Greater Boston – Das „Route 128-Phänomen“
2.2 Der Sun Belt:
2.2.1 Der Cotton Belt: Textil- und Bekleidungsindustrie
2.2.2 Die Golfküste: Erdölindustrie, Petrochemie (Texas)
2.2.3 Die Industrie rund um Kalifornien
2.3 Utah - Salt Lake City
2.3.1 Das nächste Silicon Valley oder das neue Tor in den High-Tech-Himmel?
2.4 Der Pazifische Nordwesten (ohne B.C.) - Akteure prägen den Raum
2.4.1 Die traditionellen Wirtschaftszweige des Primären und Sekundären Sektors
2.4.2 Der Wirtschaftliche Aufschwung durch die Flugzeugindustrie
2.4.3 Neue Industriezweige: Computerindustrie und Co.
2.4.4 Zusammenfassung: Die Hauptakteure der Region
2.5 Die Industrieregionen der USA im Überblick – Tabelle
3 Industriepolitik und die Bedeutung der Rüstungsindustrie in den USA
3.1 Was bedeutet Industriepolitik?
3.2 Die Industriepolitik der USA
3.3 Militärisch-Industrielle Komplexe
3.4 In welchem Maß beeinflusst die Verteidigungspolitik die Industriepolitik?
3.4.1 Das „Spill-over“-Argument – Kann man öffentliche Forschungs- und Entwicklungsaufträge rechtfertigen?
4 North American Industry Classification System (NAICS)
4.1 Warum gibt es ein NAICS? (Bezug zu NAFTA)
4.2 Die Entwicklung des NAICS

TEIL B: KANADA
1 Der Industrialisierungsprozess
1.1 Historischer Rückblick: Die Fischerei, der Pelzhandel und die Forstwirtschaft als erste Wirtschaftszweige Kanadas
1.2 Beginn der Industrialisierung
1.3 Die industrielle Aufstiegsphase („take off“)
2 Kanadas Hauptindustriezweige heute – einige Fakten
2.1 Holzindustrie
2.2 Bergbau
2.3 Energiesektor (Erdgas- und Erdölindustrie)
2.4 Die heutige Bedeutung der Fisch- und der Pelzindustrie
2.5 Zusammenfassung
3 Die Provinzen Kanadas im Vergleich
3.1 Die industrielle Kernregion: Die Zentralprovinzen
3.2 Die peripheren Regionen an der Atlantikküste
3.3 Die Prärieprovinzen
3.4 Der Westen als Region mit hohem Wachstum
3.5 Regionale Disparitäten und Schaffung eines Kräftegleichgewichts
4 Neue Wege in Kanadas Industrie

Literaturverzeichnis

Teil A: USA

Als 1607 englische Seefahrer in Jamestown die erste Siedlung Nordamerikas gründeten, war ihnen sicher nicht bewusst, dass sie den Grundstein für eine zukünftigen Weltmacht legten, die zum Vorbild für vieler anderer Staaten auf allen Kontinenten der Welt wurde. In Amerika wurde durch die erste Verfassung eine Basis für alle folgenden demokratischen Systeme geschaffen.

Der folgende Aufstieg der USA zur Weltmacht ist eine logische Konsequenz der Grundsteine, die während des Unabhängigkeitkrieges und der Westexpansion gelegt wurden. Ein funktionierendes politisches System und Rohstoffe im Überfluss sowie ein großes Arbeitskräftepotential waren Voraussetzung die Entwicklung des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten zu einer Weltwirtschaftsmacht. Von den 50 größten Industriebetrieben der Welt, wie z.B. das Rockefeller-Imperium oder die Ford-Automobilwerke, sind heute über 20 in den USA angesiedelt.

Wie Amerika diese für eine Kolonie ungewöhnliche Entwicklung zu einer Weltwirtschaftsmacht vollziehen konnte, wie die Industriestruktur damals aussah und heute aussieht aber auch welche Kräfte und Faktoren die Industrie Amerikas steuern und beeinflussen, wird im Folgenden beschrieben.

1 Der Industrialisierungsprozess

Die Entwicklung der USA von einer Agrarnation zu einer führenden Industriemacht bis hin zur postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft hat sich in nur rund 80 Jahren vollzogen. Während im Industriezeitalter ein zentral-peripheres Wirtschaftsgefüge mit dem Manufacturing Belt als „Zentrum“ und dem Rest der USA als strukturschwache „Peripherie“ herausgebildet hat, so ist das Ergebnis der postindustriellen Entwicklung eine industrielle Mehrkernstruktur. Neue Industrieregionen sind außerhalb der klassischen altindustrialisierten Regionen entstanden. Die nächsten Kapitel (1.1 – 1.5) stelle einen kurzer Abriss des Industrialisierungsprozesses sowie der Entwicklung der Industrie von der Kolonialzeit bis heute dar.

1.1 Die Kolonialzeit als Grundlage für die Entwicklung der USA zu einer Weltwirtschaftsmacht.

Seit Anfang des 17. Jahrhunderts hatte England an der Ostküste Amerikas Kolonien. 1607 wurde mit Virginia die erste Kolonie gegründet, 1733 war Georgia als 13. Kolonie entstanden (1760: insgesamt ca. 1.267.000 Einwohner).

Da wegen des Mangels an Kapital und des Fehlens von Arbeitskräften Fabriken kaum existierten, war die Wirtschaft in den 13 Kolonien hauptsächlich agrarisch. Neben der Landwirtschaft gewannen jedoch die Holzgewinnung, der Pelzhandel sowie der Schiffbau und die Fischerei an der Ostküste zunehmend an Bedeutung. Wirtschaftlich waren die Kolonien aber vollkommen vom Mutterland England abhängig. Die Kolonien waren verpflichtet, ihre Rohstoffe an England abzugeben, wofür sie Fertigprodukte erhielten. Dies, aber auch Verbote Englands, verhinderten den Aufbau einer eigenen Industrie. Als die Engländer zudem neue Steuergesetze erließen, um die Kosten des Siebenjährigen Krieges zu decken, kam in den Kolonien zunehmend die Forderung nach politischer Mitbestimmung und der Wunsch auf. international Handel betreiben zu dürfen.

Die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung begann im Jahre 1765. Sie legte den Grundstein für eine Industrialisierung und schuf ein Leitbild, das sich durch die gesamte amerikanische Geschichte zieht. Die Freiheit der Nation, die wirtschaftliche Freiheit (Liberalismus) und die Freiheit des Einzelnen waren in der Geschichte der USA seither bedeutend und ermöglichten es den Bewohnern im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ihren „American dream“ zu verwirklichen.

Die Wurzeln der US-amerikanischen Wirtschaft reichen also bis in die ersten Jahre der jungen Union zurück. Eine Mischung aus Sendungsbewusstsein und Erwerbsstreben erfüllten die Einwanderer, die aus den starren, feudalen Gesellschaftsformen des Alten Kontinents ausbrachen und in der Neuen Welt ihre Möglichkeiten suchten, fanden und nutzten.

Der amerikanische Pioniergeist und der Individualismus sowie der Glaube an den Sozialdarwinismus (Nach dem Sozialdarwinismus war der „Selfmade-man“ , der allein durch seine Fähigkeiten erfolgreich war, Vorbild der Amerikaner.) waren die gesellschaftlichen Voraussetzung für das spätere „Big Business“. Vom „Tellerwäscher zum Millionär“, das war der Traum eines jeden Amerikaners.

1.2 Gründe für die wirtschaftliche Vormachtstellung und Voraussetzungen für die Entwicklung einer Industrie.

Die Industrialisierung schlug sich also zuerst in den Metropolen der Ostküste nieder, da dort das größte Bevölkerungswachstum stattfand. An der Gegenküste zu Europa landete ein Großteil der Einwanderer und mit ihnen Arbeitskraft, Erfahrung und neue Ideen. 1791 wurde die erste Spinnmaschine aus England eingeschmuggelt. Die Textilindustrie nahm ihren Lauf (vor allem in New England). Aus Ihr entstand später, vergleichbar mit europäischen Ländern, die Maschinenindustrie.

Auch das Hinterland der Ostküste bis in den Mittelwesten wurde recht bald industrialisiert und die reichlich vorhandenen Ressourcen, die Rohmaterialien lieferten oder als Energiequellen dienten, wurden punktuell erschlossen. Kohle, Eisen und Öl waren die Grundlage der industriellen Revolution in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg.

Beschleunigt wurde die rasche Entwicklung der USA von einer Agrarnation zu einer führenden Industriemacht vor allem durch das starke Bevölkerungswachstum der Einwanderer aus Europa. Wurden 1820 gerade mal 9,6 Mio Menschen im Census erfasst, so waren es 100 Jahre später schon 105,7 Mio. Weitere 50 Jahre später (1970) hatte man eine Verdopplung auf 203,3 Mio. Menschen zu verzeichnen. Durch den Bevölkerungsanstieg waren eine große Nachfrage und sichere Absatzmärkte für die Wirtschaft garantiert. Dies stärkte der Industrialisierung den Rücken, ebenso wie später staatliche Protektionen. Eine besondere Rolle spielt hier die Monroe Doktrin, benannt nach dem 5. Präsidenten der USA, James Monroe (1817-1823), welche eine wesentliche Grundlage für die Ausdehnung des US-amerikanischen Wirtschaftsraumes bildete. Für die Ausdehnung ihrer Grenzen benötigte die USA eine Rechtfertigung, die ihr die Monroe-Doktrin lieferte. Die Doktrin wies die Einmischung europäischer Mächte in Amerika zurück und war Hauptgrund für die isolierende Haltung der USA gegenüber Europa. Jede Intervention gleich welcher Art wurde als kriegerischer Akt angesehen. Durch die Monroe-Doktrin sollte der US-amerikanische Wirtschaftsraum einer künftigen Kolonisation durch Europa für immer verschlossen bleiben. Sie bestimmt bis heute die Außenpolitik der USA, vor allem in Lateinamerika. Den USA gelang es so, in kurzer Zeit eine führende Stellung auf dem Binnenmarkt sowie auf dem Weltmarkt aufzubauen.

Weiterer Schrittmacher der Industrialisierung war die Revolution des Transportwesens. Straßen-, Eisenbahn- und Kanalbau erleichterten den Transport von Personen, Informationen und Waren. Dies erleichterte die Bildung eines nationalen Marktes und förderte die Expansion. Es war vor allem der Eisenbahnbau (1910: 400.000 Schienenkilometer), der die Öffnung des Westens ermöglichte und die Voraussetzung für einen größeren Absatzmarkt und mehr Zulieferquellen schuf. Hinzu kam, dass europäische und amerikanische Investoren, Banken und Versicherungen in die Industrie investierten und das Transportwesen weiter verbesserten.

Gegen Ende des 19 Jh. hatte die amerikanische Industrie große Profitmengen zu verzeichnen. Gerade in dieser Zeit entstanden die amerikanischen Wirtschaftskonglomerate, allen voran die Standard Oil Company (John D. Rockefeller) und die Carnegy Steel Company (Andrew Carnegy). 1879 errichtete Carnegy das größte Stahlwerk der Welt und 1901 fusionierten die beiden größten Stahlwerke Carnegy Steel und Federal Steel zur U.S. Steel Company.

Diese Großunternehmen ließen den Kleinunternehmen keine Chance. Als sogenannte „Big-Bosse“ beherrschten sie nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die politische Führungsschicht und hatten gute Verbindungen zu den Banken. „Monopolisierung“ war das Stichwort, das die amerikanische Industrie Ende des 19. Jh. charakterisierte. Das amerikanische Wirtschaftsleben wurde durch fast völlige Wettbewerbsausschließung und nahezu unbeschränkte Festsetzung der Preise von den „Big-Bossen“ kontrolliert.

1.3 Die US Industrie um die Zeit des 1. Weltkrieges

Das frühe 20. Jh. wird als Blütezeit der amerikanischen Industrie bezeichnet. Die Industrie der USA weitete sich aus und erlebte einen erneuten Aufschwung. Der Glaube an die Technik und den Fortschritt beflügelten den Erfindergeist. Allen voran Henry Ford mit seiner Revolution der Produktion. Seine Erfindung der Fließband-/ Massenproduktion von Autos (später auch anderen Produkten) war ein Meilenstein in der Industrie und leitete die Zeit des Fordismus (Automatisierung der Produktion, Massenproduktion, tayloristische Arbeitsteilung, Einzweckmaschinen, Massen-konsum, Sozial- und Wirtschaftspolitik) ein.

Henry Ford stammte aus Michigan und wuchs in einfachen, agrarischen Familienverhältnissen auf. 1903 gründete er die Ford Motor Company. Das erste T-Modell wurde 1909 vorgestellt. Der Preis betrug zum damaligen Zeitpunkt 950 US$ und konnte bis 1929 auf einen Preis von nur noch 290 US$ gesenkt werden. Der extreme Preisfall war die Folge verschiedenster Innovationen (z.B. Bausatzsysteme, Verbesserung der Fließbandproduktion).

Die Produktionszeit eines T-Modells erfuhr im Laufe der Zeit eine erhebliche Steigerung. 1914 betrug sie noch 14 Stunden. Nach der Fliesbandeinführung waren es lediglich 93 Minuten und 1928 wurde alle 10 Sekunden ein T-Modell gefertigt. 1920 war jedes Auto ein T-Modell und insgesamt wurden 15 Mio. T-Modelle verkauft.

Henry Ford entlohnte seine Arbeiter vergleichsweise großzügig und reduzierte die Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden. Er verfolgte eine fremdenfeindliche Politik und stellte deshalb keine Immigranten sondern lediglich „Native Americans“ ein.

Ford beherrschte den Automarkt konkurrenzlos. Selbst die Chrysler-Werke stellten später keine wirkliche Gefahr für ihn dar.

Die US-amerikanische Industrie erzeugt bereits 1914 (Schon 1894 war England als größte Industriemacht überflügelt; 36% der Weltindustrieproduktion lagen bei den USA und nur noch 14% bei Großbritannien.) ein Drittel der Weltproduktion, blieb aber dennoch zunächst ein Schuldnerland, das ohne europäisches Kapital kaum hätte überleben können. Eine Rezession vor Beginn des Ersten Weltkrieges erschütterte die Wirtschaft. Es war der europäische Krieg, der die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Amerikas durch den Beginn eines nie da gewesenen Exportbooms nach Europa löste. Da der Krieg immer mehr mechanisiert und industrialisiert wurde, stieg der Bedarf an Materialien und Gütern aller Art. Zudem wurde Amerika der Versorger Europas mit Nahrungsmitteln. So gingen gerade die USA gestärkt aus dem Ersten Weltkrieg heraus, ein konjunktureller Aufschwung, der bis in die 20er Jahre anhielt („Golden Twenties“).

Der Börsenkrach am 25. Okt. 1929 („Schwarzer Freitag“; Einsturz der New Yorker Börse) war nicht nur für die Amerikaner gerade in dieser Phase des Aufschwunges, der Veränderung und Modernisierung, sondern für die ganze Welt ein Schock. Viele Amerikaner hatten im Vertrauen auf den Wirtschaftsaufschwung Aktien gekauft und sich dafür verschuldet, da sie häufig mit Krediten finanziert waren. Die Aktienkurse stiegen immer höher und entsprachen nicht mehr der Leistungsfähigkeit der Industrie, sondern spiegelten die Zukunftshoffnungen der Bevölkerung wider. Als bekannt wurde, dass wichtige Industrien in Folge von Überproduktion und Absatzrückgang in Schwierigkeiten geraten waren, wurden viele Aktienbesitzer von Panik ergriffen und verkauften ihre Aktien, niemand hingegen wollte mehr kaufen. Die Kurse sanken schlagartig, Banken und Firmen mussten ihre Zahlungsunfähigkeit erklären.

Dieser Börsenkrach weitete sich bis zur Weltwirtschaftskrise aus. Die USA, die international gesehen nach dem 1. Weltkrieg zur Gläubigernation geworden waren, finanzierten den Wiederaufbau der europäischen Staaten maßgeblich. Als die USA ihre Kredite kurzfristig einforderten , brach das gesamte europäische Wirtschaftssystem ebenfalls zusammen.

1.4 Die US Industrie nach dem 2. Weltkrieg – Vom Fordismus zum Postfordismus

Es war erneut ein Krieg, der Amerikas Industrie wieder in Schwung brachte. Während Europa unter den Lasten des Zweiten Weltkrieges litt, nutzten die USA die Gunst der Stunde und wurden zur uneingeschränkten Weltmacht. Infolge des Krieges konnten viele europäischen Staaten ihre Außenmärkte nicht mehr beliefern. Diese wurden von den USA übernommen. Beliefert wurden aber nicht nur Länder, die sich mit den Achsenmächten im Krieg befanden. Die USA weiteten gleichzeitig ihre Absatzmärkte und Rohstoffquellen aus. Bei der Kriegsmobilisierung griffen sie auch auf Ressourcen in Lateinamerika, Afrika und Indien zurück. Die US-Rüstungsindustrie wurde in dieser Zeit zur größten internationalen Kriegswirtschaft, nicht zuletzt begünstigt durch Maßnahmen der Regierung, die allein 16 Mrd. US$ für die Errichtung neuer Rüstungsfabriken zur Verfügung stellte.

In den 70er Jahren kam das über mehrere Jahre stabile wirtschaftliche System des Fordismus in die Krise. Rückläufige Wachstumsraten, Massenarbeitslosigkeit und Deindustrialisierung waren die Folgen.

Ursachen für die Krise sah man in den fordistischen Produktionsprozessen, die auf Grund ihrer Starrheit zunehmend an ihre technischen Grenzen kamen. Die großen Unternehmen waren kaum mehr effizient zu steuern und es mangelte ihnen an Adaptionsfähigkeiten („Dinosaurier-Syndrom“). Weiterentwicklung und Forschung wurde durch die arbeitsteiligen Produktionsprozesse verhindert. Zudem ging auf der Konsumseite die Nachfrage nach standardisierten Massengütern zurück und eine Individualisierung der Konsumnorm und Pluralisierung der Lebensstile traten an diese Stelle.

Außerdem wendete man sich von der keynesianischen Wohlfahrtsstaatpolitik ab hin zu neoliberalen Modellen der Wirtschaftspolitik. Als Beispiel für eine solche Politik steht Reagans (1980) Programm „Reagonomics“. Er hatte es sich zum Ziel gesetzt hauptsächlich die Angebotsseite zu stärken und wollte der Wirtschaft neue Impulse geben sowie den Staatshaushalt entlasten. Reagans Politik war aber nicht wirklich erfolgreich. Viele fordistische Hersteller mussten in der Regel mit Stilllegung oder Verlagerung von Produktionsbereichen auf die Krise reagieren. Die Arbeitslosenzahlen erreichten einen Rekordstand von 10% (1982).

Wie man den Weg in eine postfordistische Welt flexibler Produktion und Arbeitsproduktion geschafft hat, ist nicht eindeutig. Für eine nachfordistische Wirtschaft stehen jedoch der Einsatz flexibler Technologien, Reorganisation der Arbeitsprozesse (größere Eigenverantwortung; Teamwork), flexible Produktionsstrukturen auf der Basis von Netzwerken kleiner und mittlerer Unternehmen und unternehmensübergreifende Kooperationen.

Flexibilität ist also das Zauberwort des Postfordismus und gemeint ist damit hauptsächlich die Flexibilisierung der Produktion (Herstellung verschiedener Produktvarianten bzw. verschiedener Produktgenerationen; Verlängerung des Produktlebenszyklus) sowie eine Flexibilisierung der Arbeitsmärkte (Bessere Nutzung der Ressource Humankapital).

Der Postfordismus leitete somit das Zeitalter der High-Tech-Industrie ein, denn die nachfordistische Produktionsstruktur integrierte zunehmend moderne Computer-, Informations- und Kommunikationstechnologien.

1.5 Der neue Industrialisierungsprozess: Die High-Tech-Industrie

Obwohl die High-Tech-Industrie ein vergleichsweise junger Industriezweig ist, gehört ihre empirische Analyse und die theoretische Erklärung technologieorientierten regionalen Wirtschaftswachstums seit den achtziger Jahren zu den zentralen Themen der Industriegeographie. Doch was ist eigentlich High-Tech-Industrie? Wie ist sie entstanden und was sind ihrer Merkmale? Bei der Definition des Begriffs finden sich wie so oft zahlreiche Varianten. Sternberg (1988, S. 29) versteht unter High-Tech-Einrichtungen jene, „die sich mit der Gestaltung, Entwicklung und Produktion von neuen Prozessen oder Produkten durch systematische Anwendung von naturwissenschaftlichen und technischen Kenntnissen befassen.“ Die Mehrzahl der Definitionen basiert jedoch auf dem Input aus Forschung- und Entwicklung (FuE) sowie am Anteil bestimmter Berufsgruppen an den Beschäftigten Insgesamt. So auch die Definition des Bureau of Labor Statistics (Sternberg 1995, S. 79), die Industrien dann als High-Tech bezeichnet, „wenn ihre relativen FuE-Ausgaben und ihr Anteil an FuE-orientierten Beschäftigten den nationalen Mittelwert überschreitet. Als charakteristische Merkmale für High-Tech-Regionen werden meist die folgenden aufgelistet (nach Gebhardt (2001)):

- Großer Einsatz an wissenschaftlich-technischem Personal
- Hohe finanzielle Aufwendungen für FuE
- Stetige Folgen von Innovationen und daraus resultierenden Patenten und Anwendungen
- Produktinnovationen stehen erst am Anfang ihres Lebenszyklus. Ältere Produktgruppen werden durch neue Technologien grundlegend erneuert, sprunghaft weiterentwickelt oder wesentlich billiger gefertigt.

Vor allem von den Branchen Mikroelektronik, Biotechnologie, Werkstoff-Forschung, Hochenergiebearbeitungsverfahren und Gentechnologie erwartet man sich stärkere Entwicklungsimpulse und neue Arbeitsplätze.

Die direkten und indirekten Entwicklungseffekte der High-Tech-Industrie sind aber durchaus umstritten, ebenso ihre Sekundäreffekte und ihr Einfluss auf andere Branchen. So verfolgt man auch in den USA die Entwicklung des technologischen Wirtschaftszweigs mit großem Interesse. In keinem Land gibt es mehr Publikationen zur volkswirtschaftlichen und regionalen Bedeutung von High-Tech Industrien. Abbildung 1 zeigt die zwei ursprünglichen Hauptagglomerationsräume der High-Tech-Industrie Amerikas. Die Region Greater Boston (vgl. 2.2.1) sowie Californiens „Silicon Valley“ (vgl. 2.2.3) Gelten als beispielhafte Entwicklungen zu High-Tech-Industrie-Regionen. In jüngster Zeit hat sich auch im Pazifischen Nordwesten („Silicon forest“, „Cascadia“) als auch in Utah („Silicon Mormon“) High-Tech-Industrie angesiedelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zahl der High-Tech-Betriebe 1987 (aus Sternberg (1985) S. 83)

2 Industrieregionen der USA im Überblick

Lange Zeit war der Manufacturing Belt das Industriezentrum Nummer 1 in den USA (vgl. 1.2). Seit dem 2. Weltkrieg entwickelte sich aber ein wirtschaftliches, politisches und kulturelles Gegengewicht zum industriellen Kernland vor allem im Pazifischen Nordwesten, im Südwesten und im Süden. Dabei investierte man in Branchen wie z.B. Rüstungsindustrie, Flugzeugbau, Weltraumtechnik, Elektronik, Öl- und Erdgasförderung, petrochemische Industrie aber auch in den Tourismus und die Agrarwirtschaft, die seither als „basic pillars of the cowboy economy“ bezeichnet werden. Voraussetzungen für die Herausbildung neuer Industriezentren waren Verkehrsverbesserungen im Süden und Südwesten (Ausbau des Highway-Systems), Nutzung neuer Energiequellen (Bedeutungsverlust der Kohle), Subventionen und Regierungsaufträge und die ökologische Überbelastung des Manufacturing Belt (erhöhte Migrationsbereitschaft der Erwerbstätigen und Verlagerung von Spezialindustrien).

Hier ein Überblick der Industrieregionen, die sich in den USA im Laufe der Zeit herausgebildet haben:

2.1 Der Manufacturing Belt – Amerikas Altindustrieregion

„Manufacturing Belt“ ist die Bezeichnung für Amerikas ältesten Industriegürtel. Mit einer Ost-West-Ausdehnung von 1500 km und einer Nord-Süd-Ausdehnung von 600 km ist er einer der größten Industrielandschaften der Erde.

Die Industrieentwicklung im Nordosten nahm ihren Anfang mit der Entfaltung der Textilindustrie in Neuengland (vgl. 1.2). Zahlreiche Baumwollverarbeitungsbetriebe, kleine Spinnereien, Webereien und Betriebe der Lederverarbeitung entstanden an den gefällereichen Wasserläufen Neuenglands. Auch alte Industriezweige wie der Schiffbau und die Eisenindustrie (Eisenverhüttung erfolgte aber noch in Niederschachtofen auf Holzkohlebasis) waren dort angesiedelt. In diesem frühen Stadium der Industrialisierung konzentrierten sich die Industriebetriebe nicht auf die Städte sondern sie lagen gestreut in den ländlichen Gebieten. Die großen Küstenstädte New York, Boston, Philadelphia und Baltimore dienten in erster Linie als Handelsumschlagspunkte.

Die Situation änderte sich, als Mitte des 19 Jh. die Steinkohle zum Energieträger Nummer 1 wurde und die bestehenden Siedlungsräume durch Kanal- und Eisenbahnbau miteinander verknüpft wurden. Diese 2. Phase des Industrialisierungsprozesses wurde durch die Produktionsgüter-industrie bestimmt. Zudem konzentrierte sich die Industrie immer mehr auf die Städte, die sich, verstärkt durch die Einwanderungsströme aus Europa (vgl. 1.2), zu neuen Industriestandorten entwickelten.

Die Eisen-, Stahl- und Schwerindustrie entwickelte sich zum zentralen Industriezweig. Die Entstehung von Koksfabriken, Hütten- und Stahlwerken, Gießereien, Betrieben der Metallverarbeitung und Folgeindustrien konzentrierte sich an den Standorten des Kohlebergbaus im Raum Pittsburgh und an den verkehrsgünstigen Standorten an den Großen Seen (Cleveland, Chicago) sowie an den Standorten der Eisenerzvorkommen (Duluth am Oberen See). Maschinenbau, Eisenbahn- und Lokomotivbau aber auch der Brücken- und Hochhausbau, der 1880 begann, wurden zum Großverbraucher von Eisen und Stahl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Der Manufacturing Belt (aus Hahn (1990))

Mit dem Aufstieg der jungen Industriestädte am Ufer der Großen Seen waren die Konturen des großen Industriereviers festgelegt, das seither unter dem Namen „Manufacturing Belt“ bekannt ist. Abbildung 2 verdeutlicht, dass es während der Industriellen Entwicklung im Manufacturing Belt nur Konzentrationen in wenigen Teilgebieten gab. Bevorzugt waren Regionen, die sich durch ihre Häfen, allgemeine Verkehrsgunst oder Ressourcen auszeichneten. Zu den Industrie-agglomerationen zählten vor allem die atlantische Küste mit den Großräumen Boston (vgl. auch 2.1.1), New York/New Jersey, Philadelphia und Baltimore (waren schon vor der Industrialisierung dicht besiedelt; Häfen gute Grundlage für Handel und Gewerbe) sowie die Industriezentren im Innern des Landes zwischen dem Ohio River und den südlichen Großen Seen.

Diese Konzentrationen und Verteilung von mehreren Industrien innerhalb des Manufacturing Belts haben sich bis heute aufrecht erhalten. Gerade im stark verstädterten Raum zwischen Boston und Washington findet man hauptsächlich Veredelungsindustrien aber auch noch viel Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie. Im Großraum Pittsburgh (bis Cleveland) überwiegt hauptsächlich die Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie. In Detroit und Umgebung hat sich vor allem die Automobilindustrie angesiedelt. Chicago hat sich ebenfalls auf die Eisen- und Stahlindustrie konzentriert. Aber auch Landmaschinen- und Nahrungsmittelindustrie sind dort angesiedelt.

Vor allem Mitte des 19 Jh. war der Manufacturing Belt der weitaus bedeutendste Verdichtungsraum und wirtschaftlicher Kernraum in den USA. 1940 fielen Rund 70% der industriellen Wertschöpfung auf den Industriegürtel und rund 47% der Bevölkerung konzentrierten sich auf diese Region. Ab ca. 1970 kam der industrielle Kernraum mit seiner Eisen- und Stahlindustrie in eine Krise und viele sprachen von einem Verlust der Industriedominanz. Ursache sah man in den zurückgehenden Investitionen bzw. in einer Verlagerung des Kapitals in andere, aufstrebende Regionen (z.B. Sunbelt), von denen man sich höhere Gewinne versprach. Weitere Gründe für die Stagnation waren:

- Veränderung des Marktes: Die Kunststoffverarbeitung gewann an Bedeutung
- Ausländische Konkurrenz: US-amerikanische Produkte wurden zum Teil aus dem heimischen Markt verdrängt.
- Produktions- und Lebenserhaltungskosten sowie Steuern sind im Industriegürtel im Vergleich zu anderen Regionen extrem hoch
- Verlagerung der Produktionsstandorte in ländliche Kleinorte und Peripheriegebiete mit billigerem Arbeitskräftepotential

Wenngleich der Manufacturing Belt in die Krise geraten ist (Zahl der Industriebeschäftigten, Bevölkerungszahl im allgemeinen zurückgegangen und Gewinneinbußen) und er inzwischen die Bezeichnung „Frostbelt“ (oder „Rust-Belt“) innehat, ist er nach wie vor ein wirtschaftlicher Kernraum der USA mit einer ungeheuer vielfältigen Produktion, deren einzelne Zweige eng miteinander verflochten sind. Man konzentriert sich zwar weiterhin auf das verarbeitende Gewerbe (Metallverarbeitung, Maschinenbau, Autoherstellung), doch konnten sich inzwischen auch andere Industriezweige wie z.B. Pharmaindustrie und Farbchemieindustrie im Belt etablieren. Punktuell kommt es immer wieder zu neuen Wachstumsimpulsen durch Forschungseinrichtungen und Dienstleistungsunternehmen. Auch die Lokal- und Regionalpolitik versucht mit ihren Programmen (z.B. Umschulungen, Investitionshilfen, Technologiezentren) die Revitalisierung des Manufacturing Belt voranzutreiben.

2.1.1 Die Region Greater Boston – Das „Route 128-Phänomen“

Die Region Greater Boston in Neuengland war ab 1620 eine der ersten nordamerikanischen Regionen, die von westeuropäischen Immigranten besiedelt wurde und zählt zu den ältesten Industrieregionen der USA. Die verkehrsgünstige Lage an der Mündung des Charles River in den Atlantik machte Boston trotz der unzureichend vorhandenen Ressourcen sehr schnell zu einer strategischen, wichtigen Hafenstadt, die sich weiter zum Handelszentrum der Neuen Welt entwickelte (Dreieckshandel mit Europa und Afrika). Aus den Handelsbeziehungen entstand in Boston eine Management- und Unternehmerkultur mit herausragenden Qualitäten. Unter ihrer Führung vollzog Boston im 19. Jahrhundert den Wandel zu einem bedeutenden Finanz-, Industrie, und Ausbildungszentrum. Die Handelsleute erkannten hier sehr früh die Chancen einer Industrialisierung und reinvestierten ihre Handelsgewinne in den Aufbau einer Industrie. War im 19. Jh. vor allem die Textil-, Leder- und Bekleidungsindustrie verantwortlich für die wirtschaftliche Stärke, so ist heute die High-Tech-Industrie Garant für den wirtschaftlichen Erfolg und hat die Region in der Literatur unter der Bezeichnung „Route 128-Phänomen“ bekannt gemacht.

Was aber ist verantwortlich für diesen Wandel und weshalb ist gerade diese Region so attraktiv für Schlüsseltechnologie-Industrien?

Eine ganz entscheidende Rolle spielen sicherlich die Universitätsgründungen. Durch die Gründung der Harvard University 1636 (später noch Northeaster University) und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) 1861 entwickelte sich die Region zu einem der wichtigsten amerikanischen Bildungszentren. MIT und Harvard University waren wesentliche Träger des Strukturwandels in der Region Greater Boston, der nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte. Beide Einrichtungen erlangten hohes Ansehen durch ihre akademischen Ausbildungs- und Forschungsaktivitäten. Vor allem das MIT setzte neue Akzente für das Selbstverständnis einer Universität. Die Erkenntnis, dass technischer Fortschritt in Zukunft nicht mehr ohne wissenschaftliche Kenntnisse und Forschungsergebnisse auskommen könne, ließ eine neue Universitätspolitik entstehen. Die Funktion einer Universität für die Gesellschaft sah man erst dann als erfüllt, wenn wissenschaftliche Ergebnisse in der Privatwirtschaft angewandt werden konnten. In der Folgezeit konnte das MIT ein einzigartiges Netzwerk an Beziehungen zur Industrie aufbauen, das noch heute für viele Universitäten als beispielhaft gilt. Entscheidende Forschungsdurchbrüche (vor allem auf den Gebieten Radarentwicklung, Computerforschung, andere Elektronikbereiche) lieferten auch die an die Hauptuniversitäten angegliederten Forschungslabors, worunter die Lincoln Laboratories zu den Bekanntesten zählen. Die enormen Forschungskapazitäten, die führende Rolle in der Entwicklung von Computer-Hardware und das enge Verhältnis zur Privatwirtschaft führten dazu, dass beide Universitäten mit Beginn des Zweiten Weltkrieges in der Lage waren, große Teile des schnell anwachsenden Rüstungsetats (vgl. 2.3) an sich zu binden. Charakteristisch für die unternehmerisch geprägte Region sind auch die Unternehmensgründungen durch ehemalige Universitätsmitarbeiter (meist MIT-Mitarbeiter; „MIT-Spin-Off“; bis 1965 156 MIT-Spin-Offs) , zum Teil schon bereits in der Vorkriegszeit, wie z.B. die Gründung von Raytheon (1922) durch Ingenieure der Lincoln Laboratories, einer der heutigen Marktführer ferngelenkter Raketensysteme (z.B. Patriot-Abwehrraketen). In ihrer Gründungsphase waren diese Unternehmen hauptsächlich von den Aufträgen des Verteidigungs- und Raumfahrtsektors abhängig.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Übersichtskarte Boston und Umgebung (aus Sternberg (1985), S. 65)

Es waren also vor allem Faktoren wie Nähe zu Spitzenuniversitäten, unternehmerische Tradition, ein qualifizierter Arbeitsmarkt, die Verfügbarkeit von Investitionskapital und Rüstungsaufträgen sowie technologische Verflechtungen zwischen Industriesektoren, die die industrielle Entwicklung der Region Boston prägten aber auch für die rapide Expansion von Schlüsseltechnologien in der 50er und 60er Jahren verantwortlich waren. Gerade in dieser Zeit erlebte man einen Boom an Neugründungen, meist das Resultat aus Ergebnissen militärisch orientierter Forschungen während des 2. Weltkrieges.

Die neugegründeten Unternehmen der Nachkriegszeit wählten zunächst Standorte wie Cambridge, Boston und nahe gelegene Gemeinden wie Waltham (vgl. Abbildung 2) um nicht weit von den Universitäten und Labors entfernt zu sein. Oft wurden stillgelegte Fabrikanlagen der Leder-, Bekleidungs- und Textilindustrie renoviert und umgebaut und wieder bezogen. Das Angebot an Gewerbeflächen innerhalb der Stadtgrenzen wurde aber bald zu knapp.

Ab diesem Zeitpunkt übernahm die Route 128 eine überaus wichtige Funktion als Standort für Schlüsseltechnologie-Unternehmen. Die in den 50er Jahren als periphere Ringautobahn in einem Abstand von 15 bis 20 Kilometern um Boston gebaute Route sollte die hohen Verkehrsbelastungen des Stadtzentrums verringern. Vor allem Bauunternehmen machten sich diese Verkehrsachse zu Nutzen, um neue Gewerbegebiete im suburbanen Raum zu erschließen. Bis zum Jahre 1970 waren entlang der Route 128 insgesamt 16 Industrieparks entstanden. Während sich um 1955 erst 40 Unternehmen entlang der Route 128 angesiedelt hatten, waren es zehn Jahre später schon 600, meist High-Tech-Firmen. In der Folgezeit wurde das Schlagwort „Route 128“ zum Inbegriff der Schlüsseltechnologie-Industrie und ist es auch heute noch.

2.2 Der Sun Belt:

Die Sonnenstaaten von Kalifornien über Nevada, Arizona bis Texas und die Südstaaten von North-Carolina bis Florida und Louisiana zählen schon seit einigen Jahren zu Amerikas Wachstumsregionen.

2.2.1 Der Cotton Belt: Textil- und Bekleidungsindustrie

Durch die Ausbildung eines Plantagewesen hat der Süden der USA seit jeher eine andere Inwertsetzung verglichen mit den übrigen Saaten, die sich in der Sozialstruktur, der ethnischen Differenzierung der Bevölkerung aber auch in der industriellen Entwicklung widerspiegelt. Auch wenn sich seit 1940 ein Prozess der Angleichung an das übrige Staatsgebiet vollzogen hat, sind die Wirtschafts- und Sozialstrukturen, die sich im Laufe der Zeit (hauptsächlich Kolonialzeit) entwickelt haben, zum Teil noch heute vorhanden.

Bis zum Sezessionskrieg kennzeichneten exportorientierter, monokultureller Anbau durch Großgrundbesitz, in großen Betriebseinheiten bewirtschaftet und die Verwendung aus Afrika eingeführter Sklaven als Arbeitskräfte den südlichen Kulturraum. Getragen wurde das Plantagewesen im Wesentlichen durch eine geringe Anzahl von kapitalkräftigen Einwanderern der englischen Oberschicht.

Die ersten Baumwollplantagen entstanden um 1790 im schmalen Küstenstreifen von Charlston bis Savannah (Siehe Blume 2: S. 188 Karte). In der Kolonie Virginia breitete sich zudem recht bald der Tabakanbau aus. In den Plantagen rund um Charlston wurde auch Reis und Indigo exportiert. In Georgia konzentrierte sich der Anbau von langfaseriger Baumwolle, der sich sehr rasch nach South Carolina und weiter ausbreitete. Baumwolle ist ein typisches Plantagenprodukt, das für den Weltmarkt produziert erzeugt wird, dessen Anbau bestimmte klimatische Bedingungen voraussetzt (Sommer Durchschnittstemperaturen von 25°C, lange Vegetationszeit von mindestens 200 Tagen, ausreichend Niederschläge, die zur Reife- und Erntezeit im Herbst nachlassen müssen). Im Süden der USA waren diese Bedingungen gegeben, so dass der Entwicklung des Cotton Belts nichts im Weg stand. War zunächst nur der Küstenbereich vom Plantagewesen eingenommen so dehnte sich der Anbau auch von anderen Agrarprodukten weiter bis zum Piedmontplateau aus. Das Plantagensystem eroberte langsam aber sicher den ganzen Süden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Übersichtskarte Süden USA (aus Blume (1987), S. 188)

Der arbeitsintensive Baumwollanbau erforderte eine große Anzahl Arbeiter, so dass der Anteil Schwarzer an der Bevölkerung in den Südstaaten der USA entsprechend hoch war und eine europäische Masseneinwanderung verhinderte. Die landwirtschaftlich geprägte Region war zudem städtearm. Siedlungskomplexe waren die Plantagen, stattliche Herrenhäuser und in ihrer Nähe die Aufbereitungsanlagen für die Agrarerzeugnisse, Geräte- und Vorratsschuppen, Stallungen und Wohnquartiere der Sklaven.

[...]

Fin de l'extrait de 66 pages

Résumé des informations

Titre
Industrialisierung und Industriestruktur USA und Kanada
Université
University of Heidelberg  (Geographisches Institut)
Cours
Hauptseminar USA/Kanada
Note
1
Auteur
Année
2003
Pages
66
N° de catalogue
V12103
ISBN (ebook)
9783638180801
Taille d'un fichier
6589 KB
Langue
allemand
Mots clés
Industrialiserung, USA, Kanada, Industriestruktur
Citation du texte
Stephi Kanzok (Auteur), 2003, Industrialisierung und Industriestruktur USA und Kanada, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12103

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