Gewalt und Nichtkommunikation in Büchners WOYZECK


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

19 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Zeit der Entstehung und der Veröffentlichung des Dramas

Hauptteil
I. Definition der Begriffe Gewalt und Nichtkommunikation ihre Formen sowie allgemeine Darstellung der Gewalt in Woyzeck
II. Analyse zweier Szenen in Büchners: „Woyzeck“ in bezug auf Gewalt und..7 Nichtkommunikation:
1, Szene 5:Zimmer mit Hauptmann
2, Szene 8:Woyceck und Doktor

Schluss

Zusammenfassung

Anhang
I. Literaturverzeichnis
II. Übersicht mit Allgemeiner Geschichte und Literaturgeschichte um die...15 Entstehungszeit des Dramas
III. Zeittafel über Büchners Biographie

Einleitung

Mit den Dramenfragmenten des „Woyzeck“ liegt der Nachwelt das letzte Werk Georg Büchners vor, das dieser mit Sicherheit zwischen Herbst 1836 und Januar 1837, seinem Todesjahr, verfasst hat. Ludwig, Georgs Bruder, gibt im Jahre 1850 die „Nachgelassenen Schriften“ heraus, jedoch ohne „Woyzeck“. 1879 wurde dieses Werk dennoch veröffentlicht. Karl Emil Franzos, der es in dessen erster kritischer Gesamtausgabe von Büchners Werken aufgenommen hat, musste sich jedoch mit der eher konservativ gesinnten Verwandtschaft Georg Büchners auseinandersetzen. Insbesondere sein Bruder Ludwig wollte das Andenken seines Bruders, welches er durch einige Passagen, die er als vulgär bezeichnete, gefährdet sah, schützen.[1]

Anhand des Briefes, den Georg Büchner am 28. Juli an seine Familie geschrieben hat, verdeutlicht er den Bruch in seinen Werken mit der Gesinnung eines großen Teiles des damaligen Besitzbürgertums und den zu dieser Zeit herrschenden Vorstellungen von einem Drama. In diesem Dokument definiert er sein Bild eines dramatischen Dichters als eine Art Geschichtsschreiber, der die Geschichte zum zweiten Mal lebendig werden lässt und den Zuschauer unmittelbar und ohne Exposition und Erklärung in das Geschehen hineinversetzt. Auch damals war der Schriftsteller wohl von gewissen Marktstrategien und Zielgruppen gelenkt. Büchner reagiert auf solche Tendenzen, indem er fordert, ein: „. Buch darf weder sittlicher noch unsittlicher sein als die Geschichte selbst; aber die Geschichte ist vom lieben Herrgott nicht zu einer Lektüre für junge Frauenzimmer geschaffen worden...“.[2]

Auch soll der Dichter kein Lehrer der Moral sein, vielmehr soll er den Leser fesseln und ihn in die Gefühlswelt einer selbst gewählten Gestalt hineinversetzen. Eine Idealisierung der Welt lehnt er in seinem Brief ebenfalls ab, da er nichts „... besser machen will als der liebe Gott, der die Welt gewiss gemacht hat, wie sie sein soll...“.[3]

Diese Kunstauffassung des Autors des Werkes „Woyzeck“ zu kennen ist unumgänglich, um den Text mit den Augen des Lesers wie auch mit denen des Urhebers sehen und verstehen zu können. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es ein Anliegen Büchners, die mögliche Unzurechnungsfähigkeit eines Menschen in geeigneten Stoff zu packen. Als historische Quelle dienten ihm die Gutachten des Hofrats Dr. Johann Christian Clarus, der den Fall des Johann Christian Woyzeck untersucht hat. Dieser historische und reale Woyzeck hatte seine Geliebte Johanna Christiane Woost 1821 in Leipzig erstochen und wurde für diese Tat zum Tode verurteilt.

Weitere Vorlagen für Büchners Werk waren die Mordfälle Daniel Schmolling im Jahre 1817 und Johann Dieß im Jahre 1830.[4] Alle drei Quellen zeigen eine große Ähnlichkeit mit dem dramatischen und fiktiven Woyzeck Büchners auf.

In seinem Werk versucht Büchner, die Umwelt Woyzecks zu bearbeiten und deren Einfluss auf ihn und die letztendliche Tat herauszuarbeiten. So wird das Geschehen im Großen und Ganzen von der Perspektive Woyzecks aus geschildert, was beim Leser ein besseres Verständnis für die Hintergründe, die zur Bluttat führen, hervorrufen soll. Mit Hilfe dieses Wissens ist es wesentlich einfacher, dieses Drama zu interpretieren und den Gesamtzusammenhang zu verstehen.

§1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

§2 GG: Das deutsche Volk bekennt sich darum zu
unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten
als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft,
des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt[5].

Jeder aus unserer Zeit kennt diese Worte. Damals gab es die Grundrechte in dieser offiziellen Art nicht, also wurden sie auch nicht geachtet, was in Büchners: „Woyzeck“ in Verbindung mit der Gewalt, die Woyzeck erfahren muss, deutlich wird. Dass diese jedoch auch heute nicht korrekt eingehalten werden, kennen wir zur Genüge. Um diese Gewalt jedoch analysieren zu können, ist es von Vorteil, die Begriffe „Gewalt“ und „Nichtkommunikation“ zu definieren. Im folgenden wird die Problematik des Woyzeck anhand zweier selbstgewählter Szenen deutlich gemacht.

Definition der Begriffe Gewalt und Nichtkommunikation

ihre Formen sowie allgemeine Darstellung der Gewalt in Woyzeck

Es gibt verschiedenste Definitionen wie Formen von Gewalt. Um die Gestalt Woyzeck besser verstehen zu können muss man die Formen genauer unter die Lupe nehmen, um konkret sagen zu können, um welche es sich hierbei handelt.

Unter Gewalt verstehen wir eine bestimmte Art der Einwirkung von Menschen auf Menschen, um diese zu einem bestimmten Verhalten zu nötigen. Meist handelt es sich darum, Handlungen zu verhindern, nicht zu veranlassen. Man kann Gewalt auch subjektiv definieren: Die erste Unterscheidung ist die zwischen physischer, also körperlicher, und psychischer, das heißt seelischer, Gewalt. Die zweite Unterscheidung besteht zwischen negativer und positiver Einflussnahme. Ein Mensch kann also für eine falsche Tat bestraft werden, für eine gute aber belohnt werden. Die dritte Unterscheidung wird in bezug auf das Objekt gemacht, d.h. gibt es ein Objekt das verletzt worden ist, oder nicht? Kann man von Gewalt sprechen wenn weder Menschen noch Sachen beschädigt worden sind? Ein Beispiel dafür wäre die Androhung von physischer Gewalt gegenüber einem Volk. Das könnte man auch als psychische Gewalt bezeichnen, weil die Menschen in ihrem Handlungsspielraum eingeengt sind. Die vierte und wichtigste Gewalt bezieht sich auf die handelnde Person. Man unterscheidet zusätzlich unter direkter und indirekter Gewalt. In beiden Fällen können Individuen getötet oder verstümmelt, geschlagen oder verletzt werden.

Die Bluttat in Woyzeck kann man als direkt ausgeführte Gewalt bezeichnen, da hier ein Mensch zu Schaden kam und auch ein Mensch für diese Tat verantwortlich ist. Natürlich steht es zur Debatte, aus welchen Gründen oder mit Hilfe welcher Gedanken ein Mensch fähig ist, einen anderen Menschen zu töten. Es gibt jedoch auch verschiedene Erscheinungsformen der Gewalt, die erläutert werden sollten.

Gewalt bei Jugendlichen wie auch nichtöffentliche Formen von Gewalt sind nur einige der vielen Erscheinungsformen von Gewalt, die eher im privaten oder nichtöffentlichen Bereich, dafür aber tagtäglich stattfinden. Mit struktureller Gewalt ist Gewalt gemeint, die sich in den Strukturen der Gesellschaft findet. Gewalt wird nicht nur direkt von Personen ausgeübt, sondern auch indirekt, über bestimmte Strukturen der Gesellschaft.

Gewalt in den Medien in Mord- und Gewaltszenen sind ein Garant für hohe Einschaltquoten, und "Helden" à la Schimanski, die sich mit der Faust durchsetzen, erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Betrachtet man die verschiedenen Funktionen der Schule, so steht neben dem Erziehungsauftrag und der Qualifikationsfunktion auch die Selektionsfunktion. Der zu Erziehende wird zumeist nicht nach seinen Wünschen gefragt, sondern Erziehung wird an ihm ausgeübt. Gewalt gibt es, wie man sieht, in verschiedenen Ausprägungen wie körperliche, verbale oder passive Gewalt. Der Begriff Gewalt wird auch heute noch oft in Gedichten und anderen literarischen Formen verwendet[6].

In Woyzeck werden zwei Formen der Gewalt sichtbar: Die personelle in dem Mord Woyzecks an Marie (Szene19), die strukturelle jedoch wird in verschiedensten Szenen in Verbindung mit Nichtkommunikation deutlich.

Kommunikation gehört zum Wesen des Menschen. Verständigung gehört zu den Mitteln, die alles Leben ermöglicht. Sie ist eine Verabredung über bestimmte Verhältnisse und Sichtweisen. Das Wissen des Menschen ermöglicht seine Existenz und bewahrt sie. Erst die Kommunikation macht den Menschen zum Menschen. Nichtkommunikation bringt den Tod. Alle kennen das Kinderexperiment, das Friedrich II. von Hohenstaufen anordnete: Kinder sollten ohne jegliche Kommunikation aufwachsen. Er wollte herausfinden, ob sie die menschliche Ursprache sprächen. Am Ende des Experiments starben diese Kinder.

Keiner kann nicht kommunizieren. Die gesamte Verständigung ist Kommunizieren[7]. Diese Nichtkommunikation kann als Gegenteil von Kommunikation erklärt werden. Auch ist sie definiert worden als Schweigen. Grundzüge der Kommunikation sind Dialoge zwischen Personen. Bei Woyzeck entfällt dies, da diese Art von Kommunikation selten stattfindet. In Szenen wie beim Hauptmann oder beim Doktor stehen Monologe im Vordergrund, welche nicht auf Kommunikation schließen lassen. Woyzeck wird hier von der Gesellschaft, die von Hauptmann und Doktor repräsentiert wird, ausgeschlossen. Man könnte annehmen, dass die Kommunikation beider Parteien aneinander vorbei geht, da der Hauptmann wie auch der Doktor die Argumente Woyzecks, die bezüglich seines Kindes und in dieser Verbindung auch mit seiner Moral entstehen, nicht gelten lassen, sogar fast ignorieren.

Um diese Beziehung zwischen Gewalt und Nichtkommunikation zu verdeutlichen, wie auch die Situation Woyzecks besser verständlich zu machen, ist es notwendig, dies anhand zweier Szenen zu analysieren. Szene 5 und Szene 8 zeigen dies sehr deutlich, da beide Parteien, die Gesellschaft und der „ arme Sünder“ vertreten sind. Der Hauptmann und der Doktor stehen für die Gesellschaft, die treu nach der Bibel lebt, jedoch eigene Moralvorstellungen hineininterpretiert hat. Dies zeigt sich in den Moralvorwürfen des Hauptmanns bezüglich Woyzecks unehelichem Kind. Das Problem der damaligen Zeit lässt die Lage Woyzecks jedoch gut erkennen, da eine Hochzeit viel Geld bedeutet hätte und beide, Woyzeck wie auch Marie, es nicht hätten aufbringen können. Auch der Doktor steht für die moralische Gesellschaft. Er verurteilt Woyzeck aufgrund seiner Tat, an die Wand gepisst zu haben und dies nicht der Moral und der Tugend entspräche. Dies zeigt auch einen Kampf zwischen Arm und Reich, da der Hauptmann wie auch der Doktor eine gewisse finanzielle Stabilität vorweisen, die Woyzeck versagt bleibt. Er versucht dies auszugleichen, indem er sich dem Doktor als Versuchskaninchen zur Verfügung stellt und durch einseitige Ernährung Untersuchungszwecken dient. Dort bekommt er ein paar Groschen zusätzlich zu seinem Lohn als Soldat.

[...]


[1] Vgl. Meier, Albert: Georg Büchner „Woyzeck“. 3.Auflage.München 1993. S.109-119.

[2].Dedner, Burghard: Georg Büchner Woyzeck. Erläuterungen und Dokumente. Stuttgart 2000. S.255.

[3] Dedner, B.: Georg Büchner Woyzeck. S.256.

[4] Vgl. Meier, A.: Georg Büchner „Woyzeck“. S.19.

[5] In: Grundgesetz, Art. §1,2, seit 23. Mai 1949.

[6] In: http://www.zum.de/Faecher/Materialien/dbk/gewalt.htm

[7] In: W. Welsch: Unsere postmoderne Gesellschaft, Weinheim 1988;

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Gewalt und Nichtkommunikation in Büchners WOYZECK
Université
University of Regensburg  (NDL)
Cours
Einführung in die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft am Beispiel Büchners
Auteur
Année
2003
Pages
19
N° de catalogue
V12113
ISBN (ebook)
9783638180870
Taille d'un fichier
582 KB
Langue
allemand
Mots clés
Woyceck, NDL, Literatur, Büchner. Gewalt und Nichtkommunikation, Drama, Biedermeier, Vormärz
Citation du texte
Michaela Grimm (Auteur), 2003, Gewalt und Nichtkommunikation in Büchners WOYZECK, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12113

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