1. Einleitung
"Mir schien, ich hätte die Untaten als kollektive erfahren: Vor dem braungewandeten NS-Amtswalter mit Hakenkreuzbinde hatte ich auch nicht mehr Angst gehabt als vor dem schlichten feldgrauen Landser. Auch wurde ich den Anblick der Deutschen auf einem kleinen Bahnsteig nicht los, wo man aus den Viehwaggons unseres Deportationszuges die Leichen aufgeladen und aufgeschichtet hatte, ohne daß ich auch nur auf einem der steinernen Gesichter den Ausdruck des Abscheus hätte lesen können."(1)
Wie war es möglich, daß sogenannte normale Bürger während des Nationalsozialismus zu Massenmördern wurden? Wie kam es, daß die Mehrheit der deutschen Bevölkerung zumindest passiv den Holocaust hinnahm und kein Mitgefühl für die Ermordeten entwickelte? Was war die Motivation der Täter? Was für ein institutioneller Rahmen umgab die Aktionen der Massenvernichtung? Wie wurden diese von den Tätern beurteilt? Warum waren die Männer brutaler, als es für die Erfüllung eines Befehls erforderlich war? Warum zeigten die meisten eine erstaunliche Eigeninitiative und Freiwilligkeit bei der Verfolgung von Juden?
Mit diesen Fragen möchte ich mich in meiner Arbeit beschäftigen. Mit Hilfe der Darstellung und des Vergleichs der Werke von Daniel Jonah Goldhagen und Christopher R. Browning werde ich versuchen, die Handlungsmotivationen der „Täter“ darzustellen. Der Vergleich der Werke ist deshalb interessant, weil sich die jeweiligen Darstellungen des Reserve-Polizeibataillons 101 auf die gleichen Quellen beziehen, jedoch von den beiden Autoren unterschiedlich interpretiert werden.
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1 Amery, Jean: S.106
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Jonah Daniel Goldhagen: „Hitlers willige Vollstrecker: Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust“
- Goldhagens „willige Vollstrecker“
- Die drei Fallstudien
- Täter- und Verhaltensanalyse
- Die Deutschen - als Kollektiv - eine „andere“ Gesellschaft
- Goldhagens Begriff des „eliminatorischen Antisemitismus“
- Hitler und die Deutschen: NS-Führung und Bevölkerung auf dem Weg zum Holocaust
- Christopher R. Browning: Ganz normale Männer: Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die „Endlösung“ in Polen
- Brownings „ganz normale Männer“: Das Reserve-Polizeibataillone 101
- Das Verhalten der „Männer“: ein Erklärungsversuch
- Goldhagen im Vergleich
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Handlungsmotivationen der „Täter“ im Holocaust anhand der Werke von Daniel Jonah Goldhagen und Christopher R. Browning, die sich auf die gleichen Quellen beziehen, jedoch zu unterschiedlichen Interpretationen gelangen. Die Untersuchung zielt darauf ab, die Bedeutung des Antisemitismus als Motiv für die Verbrechen des Holocausts zu ergründen und den institutionellen Rahmen der Massenvernichtung zu beleuchten.
- Die Rolle des Antisemitismus im Holocaust
- Die Handlungsmotivationen der Täter
- Die Rolle von individueller Entscheidung und gesellschaftlichem Druck
- Der Vergleich von Goldhagens und Brownings Analyse des Reserve-Polizeibataillons 101
- Die Frage nach der Verantwortung der deutschen Bevölkerung im Holocaust
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor: Wie konnten „normale“ Bürger im Nationalsozialismus zu Massenmördern werden? Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Handlungsmotivationen der „Täter“ anhand der Werke von Goldhagen und Browning zu analysieren.
- Jonah Daniel Goldhagen: „Hitlers willige Vollstrecker: Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust“: Dieser Abschnitt beleuchtet Goldhagens These, dass der Antisemitismus eine zentrale Triebkraft für den Holocaust war. Goldhagen argumentiert, dass die antisemitischen Auffassungen der Deutschen die Bereitschaft der Täter zum Massenmord hervorbrachten und jeder Deutsche potenziell an den Verbrechen beteiligt hätte werden können.
- Christopher R. Browning: Ganz normale Männer: Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die „Endlösung“ in Polen: Hier wird Brownings Analyse des Reserve-Polizeibataillons 101 vorgestellt. Browning argumentiert, dass die „Männer“ durch den Druck der Situation und die Gruppendynamik zum Massenmord gezwungen wurden und nicht unbedingt von einem starken antisemitischen Motiv getrieben waren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Neorassismus, Antiislamismus, Holocaust, Antisemitismus, Tätermotivation, Handlungsrahmen, Massenmord, Reserve-Polizeibataillon 101, „willige Vollstrecker“, „ganz normale Männer“, deutsche Gesellschaft, NS-Regime.
- Citar trabajo
- Thomas Hanifle (Autor), 2001, "Hitlers willige Vollstrecker" oder "Ganz normale Männer", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214