Konfliktmanagement am Beispiel Südafrika


Term Paper, 2005

26 Pages, Grade: 1.0


Excerpt


Gliederung

1 Einleitung

2 Vorgeschichte des Konfliktes in Südafrika

3 Verhandlungsgrundlagen und -voraussetzungen
3.1 International
3.2 National

4 Der Verhandlungsprozess
4.1 Pre-Pre-Negotiation
4.2 Pre-Negotiation
4.3 Formal Negotiation
4.4 Rolle der Internationalen Gemeinschaft

5 Bewertung
5.1 Südafrika nach der Apartheid
5.2 „Das Südafrikanische Wunder“?

6 Fazit

7 Literatur

1 Einleitung

In Südafrika herrschte über 40 Jahre das rassistische System der Apartheid, bei dem die weiße Bevölkerungsminderheit die dunkelhäutige Mehrheit durch ein System rechtlicher Regeln und repressiver Staatsgewalt beherrschte. Aus rassistischen Motiven wurden der Bevölkerungsmehrheit elementare Menschenrechte verweigert, Südafrika entwickelte sich zu einem rassistischen Polizeistaat. Es begannen Jahrzehnte des militarisierten Antiapartheidkampfes und politische Beobachter prophezeiten eine demokratische Gesellschaft mit schwarzer Mehrheitsregierung nur um den Preis eines erbitterten Bürgerkrieges zwischen den Ethnien. Das Gegenteil trat ein: in Südafrika gelang die radikale Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung nahezu gewaltlos.

In schwierigen und komplexen Verhandlungen war es der als Hauptstütze der Apartheid geltenden National Party (NP) und dem vom African National Congress (ANC) geführten Widerstand gelungen, einen Kompromiss über die friedliche Machtübergabe von einem autoritären Minderheitenregime zu einer durch die Mehrheit der Bevölkerung gestützten, demokratischen Regierungsform auszuhandeln.

Südafrikas Weg von der Apartheid hin zur Demokratie ist in sofern ungewöhnlich, als dass die verschiedenen Konfliktparteien diesen Übergang ausschließlich auf der Basis von Verhandlungen und so gut wie ohne Eingriff von Außen ermöglicht haben. Während der Verhandlungen hat eine formale Vermittlung von Außen nicht stattgefunden, die Internationale Gemeinschaft beschränkte sich auf die Rolle des Beobachters und griff nur selten ein.[1]

Entgegen der historischen Erfahrungen und entgegen der Prophezeiung zahlreicher Konfliktbeobachter war der Südafrikanische Übergangsprozess ein außergewöhnlicher Erfolg. Der Prozess verdeutlicht die Kraft der Konfliktlösung durch direkte Verhandlungen und bietet eine interessante Alternative zu anderen, gewöhnlichen Konfliktlösungen durch internationale Mediation.

Diese Arbeit behandelt den Südafrikanischen Verhandlungsprozess, der zu dem außergewöhnlichen politischen und gesellschaftlichen Wandel geführt hat. Hierbei werden die formalen Verhandlungen von 1990 bis 1994 untersucht sowie die Voraussetzungen und die historische Eingliederung des Verhandlungsprozess, Vorverhandlungen und die Rolle der internationalen Staatengemeinschaft erörtert.

Außerdem wird analysiert, welche Faktoren den Erfolg des Verhandlungsprozesses beeinflusst haben und welche Vorteile sich ergeben, wenn eine Nation die Möglichkeit erhält, ihre eigenen Probleme selbst zu lösen. In Bezug auf die Bewertung dieser Südafrikanischen Konfliktlösung werden die Stabilität sowie der Wirkungsgrad des Übereinkommens, die Wahrscheinlichkeit der Durchsetzung und die nationale Versöhnung untersucht.

Die Quellenlage für diese Arbeit war sehr umfangreich. Es gibt zahlreiche Publikationen und wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Konflikt in Südafrika beschäftigen. Eine Vielzahl journalistischer Artikel setzt sich mit dem Thema in vielfältiger Weise auseinander. Die Veröffentlichungen beschäftigen sich unter anderem mit der Geschichte Südafrikas, der Apartheid und den Problemen sowie Erfolgen Südafrikas nach der Apartheid. Schwierig war es jedoch Literatur zu finden, die den Südafrikanischen Verhandlungsprozess aus der Sicht internationaler Konfliktbeobachtung in Bezug auf die Art der Konfliktlösung sowie auf deren außergewöhnlichen Erfolg zu finden. In dieser Hinsicht gibt es nur sehr wenige Publikationen; diese bilden aber wiederum eine hervorragende Grundlage für die Analyse der bilateralen Verhandlungen in Südafrika. Hierfür war auch die Biographie von Nelson Mandela, der als Symbolfigur der schwarzen Befreiungsbewegung gilt, sehr hilfreich. Seine Erinnerungen schildern den Verhandlungsprozess und den langen Weg der schwarzen Bevölkerung Südafrikas in die politische Freiheit aus der Sicht eines direkt involvierten Hauptprotagonisten des Konfliktes.

2 Vorgeschichte des Konfliktes in Südafrika

Bereits vor der Landung der Europäer im Jahre 1652 wurde das Land von San, Khoikoi und verschiedenen Nguni-Völkern bewohnt. Im Zuge der steigenden Einwanderung von Hugenotten sowie deutschen und niederländischen Siedlern bildete sich bald eine Gesellschaft von Buren, d.h. Farmern und Händlern, heraus. Ihre Expansion ins Landesinnere führte zu gewaltsamen Konflikten mit den afrikanischen Ureinwohnern.

Nachdem die Briten 1814 die Verwaltung der Kapkolonie übernommen hatten, entwickelten sich Spannungen zwischen der burischen Bevölkerung und den britischen Verwaltern. Diese gipfelten 1899 im South African War („Burenkrieg“), aus dem die Briten 1902 als Sieger hervorgingen. Durch die Gründung der „Südafrikanischen Union“ 1910 entstand erstmals ein unabhängiger südafrikanischer Staat, der von der Aussöhnung zwischen britischen und burischen Bevölkerungsteilen (auch Afrikaaner genannt) gekennzeichnet war. Diese wahrten ihre gemeinsamen Interessen gegenüber der schwarzen Bevölkerungsmehrheit, die vom politischen und sozialen Leben vollkommen ausgeschlossen und zunehmend diskriminiert wurde.[2]

Mit dem Wahlsieg der von Buren dominierten National Party (NP) 1948 wurde die untergeordnete Stellung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit im Rahmen der so genannten Apartheidpolitik systematisch ausgebaut und auf alle Bereiche des sozialen und politischen Lebens übertragen. Von nun an bestimmte die staatliche Zuordnung der Bürger zur „Rasse“ der „Weißen“, „Schwarzen“ oder „Farbigen“ (z.B. Inder) ihren gesellschaftlichen Wert, ihre Rechte und Pflichten. Das System war auf eine völlige Rassentrennung in allen Lebensbereichen ausgerichtet, ein politisches Mitspracherecht und andere grundlegende Bürgerrechte wurden den Schwarzen vorenthalten. Im Vollzug der territorialen Apartheid wurden der schwarzen Bevölkerung getrennte Siedlungsgebiete auf dem Land (so genannte Homelands) zugewiesen, während städtische Wohngebiete allein den Weißen vorbehalten waren.

Auch die Parteienlandschaft in Südafrika war geprägt von dem Konflikt zwischen schwarzen und weißen Südafrikanern und dem System der Apartheid. So gab es die National Party, die für die Rassentrennung der schwarzen Mehrheit eintrat und den African National Congress (ANC), der sich für die Rechte der schwarzen Bevölkerung und für den gewaltlosen, freien Kampf einsetzte. Von der Partei spalteten sich 1959 die Linksextremisten ab und gründeten den Pan African Congress (PAC), der den bewaffneten Widerstand forderte. Außerdem kämpften die United Democratic Front (UDF), die Gewerkschaftsorganisation COSATU (Congress of South African Trade Unions) sowie die South African Communist Party (SACP), die 1950 verboten wurde, gegen die Apartheid. Zum Hauptträger von Opposition und Widerstand gegen die weiße Minderheitsregierung entwickelte sich der ANC, in dem wiederum die Jugendliga als treibende Kraft im Kampf um Gleichberechtigung wirkte.[3]

Der anfänglich friedliche Protest der schwarzafrikanischen Bevölkerung gegen die Diskriminierung radikalisierte sich seit Ende der 50er Jahre und führte zu gewaltsamen und blutigen Kämpfen gegen den Apartheidstaat.[4]

Nachdem 1960 auf einer Demonstration in Sharpeville 70 PAC-Anhänger von der Polizei erschossen wurden, wurde das Vorgehen der Regierung gegen die schwarze Bevölkerungsmehrheit noch radikaler. Der PAC sowie der ANC wurden verboten und agierten seitdem im Untergrund. Nelson Mandela, einer der aktivsten Führer des ANC, wurde 1963 im Rivonia Prozess des Staatsstreiches angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Der ANC beschloss daraufhin, den Druck auf die Regierung auch mit Gewalt durchzusetzen.

Als 1976 in dem schwarzen Ghetto von Soweto eine Schülerdemonstration gegen die Apartheidgesetze von der weißen Minderheit mit brutaler Gewalt niedergeschossen wurde, griffen Unruhen auf das ganze Land über. Die Regierung ordnetet härtere Vorgehensmaßnahmen gegen die Widerstände an und es folgten blutige und langwierige Auseinandersetzungen.

Reformprogramme unter Ministerpräsident P.W. Botha konnten weder die Erwartungen der Bevölkerungsmehrheit, noch die Anspruchshaltung der Minderheit erfüllen. Verfassungsrechtliche Reformen von 1983 änderten die Gewaltenteilung im Land und sprachen den Farbigen mehr Rechte zu, schlossen jedoch die schwarze Mehrheit weiterhin von jeglicher Partizipation aus.

Unter anderem auf Grund der angespannten wirtschaftlichen Lage Südafrikas waren die Ausschreitungen der schwarzen Bevölkerung seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr abgeebbt, auch der ANC setzte zunehmend Gewalt ein. Das Land befand sich in einer Sackgasse die noch verdeutlicht wurde, als Ministerpräsident Botha im Juli 1985 den Ausnahmezustand über zahlreiche Amtdistrikte des Landes verhängte.[5]

3 Verhandlungsgrundlagen und -voraussetzungen

Die Bereitschaft der Konfliktparteien zu Verhandlungen und der Verhandlungsprozess in Südafrika wurden durch verschiedene Gegebenheiten und Entwicklungen in Südafrika und in der Welt gefördert.

Die verfahrene innen- und wirtschaftspolitische Situation, der internationale Druck sowie die dramatischen Veränderungen an den Außengrenzen des Landes seit Mitte der 70er Jahre trugen entscheidend zum Ende der Rassentrennungspolitik bei.

Die schwierige gesamtpolitische Lage Südafrikas einerseits und die weltpolitischen Entwicklungen andererseits ließen die Südafrikanische Regierung 1990 zu dem Schluss gelangen, dass Südafrika eine radikale Kehrtwende durchmachen müsse.

3.1 International

Die Internationale Kampagne gegen die Apartheid begann schon vor der Machtübernahme durch die NP in 1948. Durch die fortschreitende Dekolonisation wuchs der Einfluss der neuen unabhängigen Dritte-Welt-Länder in der Generalversammlung der UN und die Kampagne wurde noch intensiver betrieben. Neben Programmen zu humanitärer sowie Entwicklungshilfe der Apartheidopfer begann die Nationalversammlung der UN auch verstärkt Druck auf einzelne Mitgliedstaaten auszuüben. 1977 verhängte der UN-Sicherheitsrat ein Waffenembargo über Südafrika. Da die Apartheid auch zunehmend öffentliche Beachtung in der Bevölkerung der Internationalen Gemeinschaft fand, was sich in zahlreichen Demonstrationen und Protesten zeigte, wurde Südafrika mehr und mehr isoliert und mit Sanktionen belegt.

Durch das Ende des Kalten Krieges verlor Südafrika seine Stellung als Bollwerk gegen den Kommunismus und folglich auch die Unterstützung aus dem Westen. Darüber hinaus sah die Südafrikanische Regierung die UdSSR lange als klare und präsente Bedrohung hinter dem ANC, der nun zu einem schwächeren und umgänglicheren Gegner geworden war. Reformen an der Apartheid schienen der Regierung nun riskierbar, ohne dass automatisch die weiße Vorherrschaft in Gefahr geriet. Außerdem drängten die westlichen Staaten das Apartheidregime sowie den ANC, Verhandlungen für eine friedliche Lösung aufzunehmen.[6]

Auch die politischen Umschwünge in der Welt waren ausschlaggebend. Die meist friedlichen politischen Übergänge in Osteuropa und besonders in Ostdeutschland, wo eine Massenbewegung die kommunistische Regierung stürzte, ermutigten die ANC-Revolutionäre in Südafrika. Auch der lange Verhandlungsprozess über die Unabhängigkeit Namibias sowie der Rückzug Kubanischer Truppen aus Angola gaben der Südafrikanischen Bevölkerungsmehrheit weitere Motivation.[7] Die große und wachsende Kluft zwischen dem historischen Welttrend und Südafrikas System der Apartheid gekoppelt mit einem wachsenden Afrikanischen Bewusstsein verschärfte den Konflikt.

3.2 National

Mitte der 80er Jahre begannen zahlreiche bedeutende Geldinstitute in den USA und Großbritannien mit der Rückforderung von Krediten aus Südafrika, so dass sich das Land zunehmend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befand. Noch bevor internationale Sanktionen zu greifen begannen, war es seit der Ölkrise von 1973 um die Wirtschaft in Südafrika ohnehin schlecht bestellt. Die Apartheid selbst trug durch die enorm kostspieligen Homeland-Verwaltungen und Niederschlagungen der Township-Unruhen oder andere Kosten des Apartheidsystems zu dieser Entwicklung bei.[8]

Die internationalen Sanktionen begannen nach und nach die Wirtschaft Südafrikas zu schädigen und Südafrika wurde von internationalen Veranstaltungen und Gemeinschaften ausgeschlossen. Der Druck auf die NP-Regierung stieg, was auch die Bereitschaft zu direkten Verhandlungen mit der Zeit förderte.

[...]


[1] vgl. Bouckaert, Peter: South Africa: The Negotiated Transition from Apartheid to Nonracial Democracy. In: Words over war – Mediation and Arbitration to Prevent Deadly Conflict. Rowman and Littlefield Publishers, Inc., New York 2000, S. 236

[2] vgl. Jansen, Jacqeline: Südafrika. In: Informationen zur Politischen Bildung: Entwicklung und Entwicklungspolitik, 286/2005. Franzis’ print & media GmbH, Bonn 2005, S. 26

[3] vgl. Hagemann, Albrecht: Kleine Geschichte Südafrikas. Verlag C.H. Beck oHG, München 2001, S. 81

[4] vgl. Jansen, Jacqeline 2005, s.o., S. 26

[5] vgl. Engel, Ulf: Republik Südafrika nach dem Machtwechsel. In: Informationen zur politischen Bildung: Afrika I, 264/2001. Franzis’ print & media GmbH, Bonn 2001, S. 45-46

[6] vgl. Marais, Maj Maynard: Southern Africa’s Prospects – Stability or Chaos? Cold War and Southern Africa – Superpower competition and indigenous conflict. In: African Defence Review, Issue No 16, 1994

[7] vgl. Hagemann, Albrecht 2001, s.o., S. 96

[8] vgl. Hagemann, Albrecht 2001, s.o., S. 94

Excerpt out of 26 pages

Details

Title
Konfliktmanagement am Beispiel Südafrika
College
University of Applied Sciences Bremen
Course
Internationale Organisationen und Regime
Grade
1.0
Author
Year
2005
Pages
26
Catalog Number
V121519
ISBN (eBook)
9783640262687
ISBN (Book)
9783640262731
File size
521 KB
Language
German
Notes
Südafrikas Weg von der Apartheid hin zur Demokratie ist in sofern ungewöhnlich, als dass die verschiedenen Konfliktparteien diesen Übergang ausschließlich auf der Basis von Verhandlungen und so gut wie ohne Eingriff von Außen ermöglicht haben. Während der Verhandlungen hat eine formale Vermittlung von Außen nicht stattgefunden, die Internationale Gemeinschaft beschränkte sich auf die Rolle des Beobachters und griff nur selten ein. Entgegen der historischen Erfahrungen und entgegen der Prophezeiung zahlreicher Konfliktbeobachter war der Südafrikanische Übergangsprozess ein außergewöhnlicher Erfolg. Der Prozess verdeutlicht die Kraft der Konfliktlösung durch direkte Verhandlungen und bietet eine interessante Alternative zu anderen, gewöhnlichen Konfliktlösungen durch internationale Mediation.
Keywords
Konfliktmanagement, Südafrika
Quote paper
Mara Drochner (Author), 2005, Konfliktmanagement am Beispiel Südafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121519

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Title: Konfliktmanagement am Beispiel Südafrika



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