Mexiko nimmt in der internationalen Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts eine besondere Stellung ein, die im Wesentlichen durch die Verbindung von zwei scheinbar gegensätzlichen
Merkmalen gekennzeichnet ist: einerseits durch den Anspruch auf Universalität und Aktualität, andererseits durch die Betonung der eigenen kulturellen Identität.
Aus der intensiven Rückbesinnung der mexikanischen Künstler des frühen 20. Jahrhunderts auf ihr indianisches Erbe resultierte die Erkenntnis, dass die eigene Kultur ein unerschöpfliches Reservoir von Inhalten, Formen und ästhetischen Gesetzen bietet, aus denen sich eine eigenständige mexikanische Malerei entwickeln konnte.
Auch für viele zeitgenössische mexikanische Künstler spielt das Thema der vorspanischen und gegenwärtigen indianischen Kulturen eine zentrale Rolle in ihrem künstlerischen Schaffen.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf drei Maler aus dem stark indigen geprägten südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca: Rufino Tamayo (1899-1991), Francisco Toledo (geb. 1940) und Laura Hernández (geb. 1960).
Gegenwärtig gilt Oaxaca als das "Mekka" der zeitgenössischen mexikanischen Malerei. Die Herkunft der drei von mir ausgewählten Maler aus dieser Region hat offensichtlich ihre Kunst wesentlich mitbestimmt. Trotz großer stilistischer Unterschiede lassen sich bei den drei Künstlern gemeinsame Leitmotive feststellen. In ihren Werken verwenden sowohl Tamayo als auch Toledo und Hernández indianische Motive und zitieren Themen aus der Vorstellungswelt ihrer Vorfahren. Darüber hinaus ist es ihr erklärtes Ziel, nicht nur die indigene kulturelle Tradition wiederzubeleben und weiterzuentwickeln, sondern vielmehr eine Synthese aus Traditionellem und Zeitgenössischem zu erreichen. Auf der Basis ihrer Verwurzelung in der eigenen Kultur wollen sie eine aktuelle und "universale Kunst" schaffen.
Das Hauptanliegen meiner Arbeit ist, den ganz persönlichen und sehr unterschiedlichen Umgang der drei Künstler mit ihrem indianischen Erbe aufzeigen und miteinander zu vergleichen. Es soll herausgearbeitet werden, auf welche Weise und in welchem Maße ein indianisches Erbe von den Künstlern in Anspruch genommen wird, wie sie "das Indianische" definieren und welche Bedeutung es für ihr Selbstverständnis hat. Anhand von charakteristischen Bildbeispielen wird dargestellt, auf welche Weise die Annäherung an den indianischen Aspekt ihrer Identität geschieht und mit welchen modernen künstlerischen Mitteln sie indianische Themen und Motive umsetzen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Entwicklung der bildenden Kunst in Mexiko
- 2.1 Von der Gründung der ersten Kunstakademie bis zum Ende des Porfiriato (1785-1911)
- 2.2 Die künstlerische Revolution
- 2.3 Die Kulturpolitik Mexikos in der Ära Obregón (1920-1924)
- 2.4 Die Wandmalereibewegung
- 2.4.1 Die erste Phase der Wandmalereibewegung - Jahre des Wachstums und des Experimentes (1921-1926)
- 2.4.2 Die zweite Phase der Wandmalereibewegung - Jahre der Repressionen (1926-1933)
- 2.4.3 Die dritte Phase der Wandmalereibewegung zur Zeit der Regierung Lázaro Cárdenas - Die Zeit der großen Wandbilder (1934-1940)
- 2.4.4 Die vierte Phase der Wandmalereibewegung - Stagnation und Niedergang des Muralismo ab 1940
- 2.4.5 Der Bruch mit dem Muralismo - eine neue Künstlergeneration setzt sich durch (50er Jahre)
- 2.4.6 Die Polémica Tamayo
- 3. Rufino Tamayo
- 3.1 Biographie
- 3.2 Künstlerische Entwicklung
- 3.3 Der Muralist Tamayo - eine andere Wandmalerei
- 3.4 Das indianische Erbe in Tamayos Werk
- 3.4.1 Das Erbe der Form
- 3.4.2 Das Erbe der Farbe
- 3.5 Zum Thema Identität
- 4. Francisco Toledo
- 4.1 Biographie
- 4.2 Künstlerische Entwicklung
- 4.3 Das indianische Erbe in Toledos Werk
- 4.4 Zum Thema Identität
- 5. Laura Hernández
- 5.1 Biographie
- 5.2 Künstlerische Entwicklung
- 5.3 Das indianische Erbe in Hernández' Werk
- 5.4 Zum Thema Identität
- 6. Auswertung
- 6.1 Das Phänomen der Kunststadt Oaxaca
- 6.2 Zur Problematik der Begriffe "indianisches Erbe" und "indianische Kunst"
- 6.3 Zur Problematik des Anspruchs auf Universalität
- 6.4 Zur Problematik der Identität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht den Umgang dreier oaxaqueñischer Künstlerinnen – Rufino Tamayo, Francisco Toledo und Laura Hernández – mit ihrem indianischen Erbe in der zeitgenössischen mexikanischen Malerei. Die Arbeit vergleicht ihre individuellen Ansätze und analysiert, wie sie dieses Erbe in ihren Werken verarbeiten und wie es ihre künstlerische Identität prägt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit den Begriffen "indianisches Erbe" und "indianische Kunst" im Kontext der mexikanischen Kunstgeschichte.
- Die Entwicklung der mexikanischen Malerei vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
- Der Einfluss der Wandmalereibewegung (Muralismo) auf die mexikanische Kunst.
- Die individuelle Auseinandersetzung der drei Künstler mit ihrem indianischen Erbe.
- Die Problematik von "indianischer Kunst" und "mexikanischer Identität".
- Der Anspruch auf Universalität in der zeitgenössischen mexikanischen Malerei.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Arbeit untersucht den Umgang dreier Künstler aus Oaxaca mit ihrem indianischen Erbe. Sie beleuchtet den Anspruch auf Universalität in der mexikanischen Kunst und die Rückbesinnung auf die indigenen Wurzeln im 20. und 21. Jahrhundert. Die Auswahl der drei Künstler aus Oaxaca, einer stark indigen geprägten Region, ermöglicht einen differenzierten Vergleich unterschiedlicher Generationen und künstlerischer Ansätze.
2. Die Entwicklung der bildenden Kunst in Mexiko: Dieses Kapitel skizziert die Entwicklung der mexikanischen Kunst von der Gründung der Akademie von San Carlos bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Es analysiert die Einflüsse europäischer Kunstströmungen, die Bedeutung der mexikanischen Revolution und die Entstehung der Wandmalereibewegung (Muralismo) mit ihren Hauptvertretern Rivera, Orozco und Siqueiros. Die unterschiedlichen Interpretationen des indianischen Erbes durch diese Maler werden beleuchtet, ebenso die Entwicklung von Gegenbewegungen zum Muralismo.
3. Rufino Tamayo: Dieses Kapitel beleuchtet die Biographie und künstlerische Entwicklung von Rufino Tamayo. Es analysiert seinen Bruch mit dem Muralismo und seine Suche nach einer eigenständigen, universellen Kunstsprache, wobei der Einfluss seines indianischen Erbes und der präkolumbischen Kunst im Mittelpunkt steht. Die Entwicklung seines Stils von impressionistischen Tendenzen bis hin zu einer semi-abstrakten Form wird detailliert dargestellt.
4. Francisco Toledo: Dieses Kapitel behandelt die Biographie und das künstlerische Werk von Francisco Toledo. Es untersucht seinen Umgang mit der zapotekischen Mythologie und Tradition, seine Verwendung von Tiermotiven und seine einzigartige Bildsprache. Seine kulturpolitischen Aktivitäten in Oaxaca werden ebenfalls betrachtet, im Kontext seiner künstlerischen Entwicklung und seiner komplexen Identität.
5. Laura Hernández: Dieses Kapitel präsentiert die Biographie und die künstlerische Arbeit von Laura Hernández. Es analysiert ihre Installationen, die sich mit universellen Themen wie Leben, Tod und Dualität auseinandersetzen und die Verschmelzung von indigenen und internationalen Einflüssen zeigen. Ihre persönliche Interpretation des indianischen Erbes und ihre kosmologische Sichtweise werden untersucht.
Schlüsselwörter
Mexikanische Malerei, Indianisches Erbe, indigene Identität, Muralismo, Rufino Tamayo, Francisco Toledo, Laura Hernández, Oaxaca, Präkolumbische Kunst, Moderne Kunst, Universalität, Nationalismus, Identität, Dualität, Mythologie.
Häufig gestellte Fragen zur Magisterarbeit: Der Umgang dreier oaxaqueñischer Künstler mit ihrem indianischen Erbe in der zeitgenössischen mexikanischen Malerei
Was ist das Thema der Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht, wie drei Künstler aus Oaxaca – Rufino Tamayo, Francisco Toledo und Laura Hernández – ihr indianisches Erbe in der zeitgenössischen mexikanischen Malerei verarbeiten. Sie vergleicht ihre individuellen Ansätze und analysiert den Einfluss dieses Erbes auf ihre künstlerische Identität. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit den Begriffen "indianisches Erbe" und "indianische Kunst" im Kontext der mexikanischen Kunstgeschichte.
Welche Künstler werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf die drei oaxaqueñischen Künstler Rufino Tamayo, Francisco Toledo und Laura Hernández. Die Auswahl dieser Künstler ermöglicht einen Vergleich unterschiedlicher Generationen und künstlerischer Ansätze innerhalb eines spezifischen, indigen geprägten Kontextes (Oaxaca).
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Entwicklung der mexikanischen Malerei, einzelne Kapitel zu Tamayo, Toledo und Hernández, sowie ein Auswertungskapitel. Die Einleitung stellt die Fragestellung vor. Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung der mexikanischen Malerei. Die Kapitel drei bis fünf widmen sich jeweils einem Künstler und analysieren seine Biographie, künstlerische Entwicklung und den Umgang mit dem indianischen Erbe. Das sechste Kapitel wertet die Ergebnisse aus und diskutiert die Problematik der Begriffe "indianisches Erbe" und "indianische Kunst", den Anspruch auf Universalität und das Thema Identität in der mexikanischen Kunst.
Welche Aspekte der mexikanischen Kunstgeschichte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung der mexikanischen Malerei vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, mit besonderem Fokus auf die Wandmalereibewegung (Muralismo) und ihren Einfluss auf die mexikanische Kunst. Sie analysiert den Bruch mit dem Muralismo und die Suche nach einer eigenständigen Kunstsprache im 20. und 21. Jahrhundert.
Wie wird das "indianische Erbe" in der Arbeit definiert und behandelt?
Die Arbeit untersucht den Einfluss des indigenen Erbes auf die künstlerische Gestaltung, die Bildsprache und die Themenwahl der drei Künstler. Dabei wird kritisch hinterfragt, wie der Begriff "indianisches Erbe" in der mexikanischen Kunst interpretiert und verwendet wird und welche Problematik mit der Kategorisierung von "indianischer Kunst" verbunden ist. Es wird untersucht, inwiefern die Künstler dieses Erbe in ihre Werke integrieren und wie es ihre künstlerische Identität prägt.
Welche weiteren zentralen Themen werden diskutiert?
Neben dem "indianischen Erbe" werden weitere Themen wie die Problematik der mexikanischen Identität, der Anspruch auf Universalität in der mexikanischen Malerei, die Bedeutung der Kunststadt Oaxaca und die kulturpolitischen Aktivitäten der Künstler behandelt.
Was sind die zentralen Ergebnisse der Arbeit?
Die Arbeit liefert einen detaillierten Vergleich der individuellen Ansätze der drei Künstler im Umgang mit ihrem indianischen Erbe. Sie beleuchtet die Komplexität der Begriffe "indianisches Erbe" und "indianische Kunst" und analysiert den Anspruch auf Universalität im Kontext der mexikanischen Kunstgeschichte. Die Ergebnisse tragen zum Verständnis der Entwicklung der zeitgenössischen mexikanischen Malerei und der Rolle des indigenen Erbes bei.
- Citation du texte
- Andrea Buhmann (Auteur), 2004, Der Umgang mit dem indianischen Erbe in der zeitgenössischen mexikanischen Malerei am Beispiel von drei Künstlern aus Oaxaca, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121550