Gesundheitsmanagement. Das US-amerikanische Geschäftsmodell der retail clinics


Hausarbeit, 2022

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 KONZEPTIONELLE BEZUGSRAHMEN
1.1 Geschaftsmodellansatz
1.2 Analyse nach Sachfunktionen

2 GRUNDLEGENDE ASPEKTE VON „RETAIL CLINICS“
2.1 Definition „retail clinic“
2.2 Aktuelle Entwicklung und Marktsituation der „retail clinics“

3 LEISTUNGSMANAGEMENT VON „RETAIL CLINICS“
3.1 Strukturqualitat
3.2 Umfang der Leistungserbringung

4 KUNDENMANAGEMENT VON „RETAIL CLINICS“
4.1 Zielgruppe
4.2 Hinweisschild:Kunde oder Patient?
4.3 Wettbewerbsvorteilsstrategien

5 FINANZMANAGEMENT VON „RETAIL CLINICS“
5.1 Erlossystematik
5.2 Kostenstruktur

6 UBERTRAGUNG DES KONZEPTES „RETAIL CLINIC“ IN DAS DEUTSCHE GESUNDHEITSSYSTEM
6.1 Chancen und Schwierigkeiten bei der Ubertragung
6.2 Interessierte Akteure an einer Ubertragung des Konzeptes
6.3 Vergleichbare Konzepte in Deutschland

7 LITERATURVERZEICHNIS

1 Konzeptionelle Bezugsrahmen

In der vorliegenden Hausarbeit wird das Geschaftsmodell der „retail clinics“ in den USA naher betrachtet und sich abschlieBend mit der Frage einer moglichen Ubertragung in das deutsche Gesundheitssystem beschaftigt.

1.1 Geschaftsmodellansatz

Neben der „Analyse nach Sachfunktionen“ gibt es noch einen weiteren konzeptionellen Bezugsrahmen: den Geschaftsmodellansatz. Geschaftsmodelle geben Antwort auf die Frage, was die Existenz eines Betriebs rechtfertigt (Drucker, 1954). Eine einheitliche De­finition des Geschaftsmodellansatzes gibt es bis heute nicht, da es viele verschiedene An- satze gibt. Der Geschaftsmodellansatz besteht aus funf Teilmodellen, die im Folgenden kurz beschrieben werden (Dietrich & Molter, 2017).

Kern des Geschaftsmodellansatzes ist das Leistungsmodell, welches den Nutzen fur den Kunden durch die angebotene Leistung darstellt. Dabei wird auch die Frage nach der Existenzberechtigung des Unternehmens beantwortet. Das Marktmodell beschaftigt sich mit allen Kunden, die durch die Leistung angesprochen werden: Wettbewerber, Kunden- beziehungen, Kundensegmente, Distribution. Weiter befasst sich das Produktionsmodell mit den erforderlichen sowie vorhandenen Technologien, mit der die Leistung erbracht wird. Das Kostenmodell beschreibt das monetare Abbild der hergestellten Guter und Dienstleistungen und zu guter Letzt analysiert das Erlosmodell die Finanzierung des Ge- schaftsmodells. Der Geschaftsmodellansatz stellt mithilfe des Leistungsmodells die Schnittstelle Unternehmen-Unternehmensumfeld dar und gleichzeitig bildet er mit der Unternehmens-Ebene und der Markt-Ebene die internen und externen Ansatzpunkte des systemischen Management-Ansatzes ab (Dietrich & Molter, 2017, S. 221).

1.2 Analyse nach Sachfunktionen

Die Analyse nach Sachfunktionen gliedert die vielseitigen Aufgaben eines Managers ei- ner Organisation im Gesundheitswesen in funf verschiedene Teilgebiete auf. Diese funf Sachfunktionen sind Leistungsmanagement, Kundenmanagement, Finanzmanagement, Personalmanagement und Informationsmanagement (Busse et. al, 2017, S. 7-8).

In den folgenden Ausfuhrungen soll erlautert werden, welcher dieser Managementberei- che die meisten Freiheitsgrade Zuerst beleuchten wir das Leistungsmanagement und die hier moglichen Freiheitsgrade naher. Grundsatzlich besteht fur Arzte in Deutschland die Freiheit der Niederlassung und Eroffnung einer Praxis. Verpflichtend fur die Behandlung von Kassenpatienten, in ande- ren Worten eine Kostenubernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung, ist eine Zulassung als „Vertragsarzt“. Jedoch besteht hier die erste Beschrankung durch die kas- senarztliche Vereinigung, wonach nur eine gewisse Anzahl an Vertragsarzten pro Region einen Kassensitz, sprich die Zulassung gesetzlich versicherte Patienten behandeln zu kon- nen, erhalt (Simon, 2017; S. 157-158).

Entscheidungsfreiheit besteht im Rahmen der angebotenen Leistung, da die Fachrichtung frei gewahlt werden kann. Desweiteren kannder niederlassende Arzt zwischen einer Pra­xis, Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft, medizinischem Versorgungszentrum oder einer Anstellung entscheiden. Auch konnen Kooperationen mit Krankenhausern und Pra- xisnetze im Rahmen des Leistungsmanagement in Betracht gezogen werden. Fur eine Niederlassung reicht allerdings das reine Medizinstudium nicht aus und es Bedarf einer Facharztweiterbildung (Miani et al., 2015). Fur die Sicherstellung, Honorarverteilung und Steuerung der Leistungen ist die ur einen niedergelassenen Arzt in Deutschland bietet. Es wird sich dabei auf die drei Bereiche Leistungsmanagement, Kundenmanagement und Finanzmanagement fokussiert.

Kassenarztliche Vereinigung verantwortlich (Simon, 2017, S. 185).Der Umfang der Leistungserbringung ist klar in der vertragsarztlichen Ver- sorgung in §73 SGBV festgelegt (Simon, 2017, S. 174). Es ist also genau geregelt was zu Lasten der GKV abgerechnet werden darf. Hier bestehen relativ wenige Freiheitsgrade fur Arzte.

Heutzutage muss eine Arztpraxis wie ein klein- oder mittelstandisches Unternehmen funktionieren und Praxisinhaber mussen neben ihrem Arztwissen verstarkt Management- kompetenzen aufbauen, die wahrend des Medizinstudiums jedoch nicht vermittelt wurden (Weinbrenner, 2017, S. 211). Marketingaktivitaten werden somit zunehmend unverzicht- bar. Dies hat einen groBen Einfluss auf das Kundenmanagement . Zwar ubernehmen die Kassenarztliche Bundesvereinigung (KBV) einen kleinen Teil der Marketingaufgaben, indem sie wichtige Patienteninformationen (und -beratung) auf ihrer Homepage darstel- len. Dennoch ist es fur Praxisinhaber immer wichtiger sich durch konkrete MaBnahmen erfolgreich auf dem Markt zu positionieren (KBV, 2019). Bezogen auf die Freiheitsgrade bei der Gestaltung des Kundenmanagements im ambulaten Sektor sind folgende gesetz- liche Regelungen zu beachten: Die Musterberufsordnung fur deutsche Arztinnen und Arzte (MBO), dasGesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heilmittelwerbege- setz (HWG) und das Teledienstgesetz. Dieser gesetzliche Rahmen zielt darauf ab, Ver- braucher zu schutzen, berufswidrige Werbung zu verbieten, sowie einen Missbrauch er- folgreiches Kundenmanagement umsetzen zu konnen (Kock, 2013).

Zu guter Letzt wird ein Blick auf die Freiheitsgrade im Finanzmanagement eines nie- dergelassenen Arztes geworfen. Grundlage fur die Vergutung von erbrachten Leistungen an gesetzlich Versicherte ist der Einheitliche BewertungsmaBstab (EBM) als Honorarer- mittlung in der vertragsarztlichen Versorgung (GKV Spitzenverband, 2017). Die Kran- kenkassen stellen fur die ambulante Versorgung ihrer Versicherten einen bestimmten Be­trag zur Verfugung, die sogenannte Gesamtvergutung (Simon, 2017, S. 178).Zwar kon- nen niedergelasseneArzte uber individuelle Gesundheitsleistungen (kurz: IGeL) zusatz- liche Einnahemen generieren, allerdings basieren die Haupteinnahmen der meisten Pra- xen auf den genannten Honorar- und Vergutungssystemen (Bundesarztekammer, 2012). Freiheiten im Finanzmanagement ergeben sich fur niedergelassene Arzte in folgenden Bereichen: Personalkosten, Abschreibungen, Fortbildungskosten, Mietkosten, Kauf oder Miete von Praxisgeraten und Energiekosten. In diesen Bereichen des Finanzmanagement haben Arzte einen wesentlichen Einfluss darauf, ihre Kosten zu optimieren.

Resumierend kann man sagen, dass in jedem der drei Teilfunktionender Analyse nach Sachfunktionen gewisse gesetzliche Regelungen und Vorgaben gelten, welche einen nie- dergelassenen Arzt in Deutschland in seiner Entscheidungsfreiheit „einschranken“. Mei- ner Meinung nach bietet der Managementbereich Kundenmanagement die meisten Frei- heitsgrad fur einen niedergelassenen Arzt in Deutschland, da der Praxisinhaber hier im Vergleich zu den zwei anderen Managementbereichen verhaltnismaBig wenig gesetzliche Vorgaben hat. Er besitzt viel Spielraum und somit auch viele Freiheitsgrade, sein Kun- denmanagement erfolgreich zu gestalten und umzusetzen.

2 Grundlegende Aspekte von „retail clinics“

2.1 Definition „retail clinic“

„Retail clinics“ sind kleine (ca. 18-45 Quadratmeter Flache) ambulanzahnliche Einrich­tungen in den USA, welche in Einkaufszentren, Warenhausern, Apotheken und GroBdro- gerien zu finden sind. Sie bieten einen schnellen, unkomplizierten und kostengunstigen Zugriff auf nicht lebensbedrohliche Notfalle wie akute Infektionen, Durchfall, Husten, Halsschmerzen, Insektenstiche undleichten Sonnenbrand an (RAND Corporation, 2016). Weitere Merkmale sind die optimale Erreichbarkeit im Alltag, groBzugige Offnungszei- ten, fixe und transparente Preise, geringe Wartezeiten sowie die Moglichkeit, medizini- sche Leistungen ohne Termin direkt in Anspruch nehmen zu konnen. Betreut wird man von einer „registered nurse“, sprich einer Krankenschwester, oder einem „physician as- sistant“, einem Arzthelfer (RAND Corporation, 2016).

Ubersetzt in die deutsche Sprache heiBt „retail clinic“ Einzelhandelsklinik. Der „retail“- Aspekt wird dadurch charakterisiert, dass solche Organisationen in Geschafte des tagli- chenBedarfs eingegliedert werden und so den Kunden neben den alltaglichen Besorgun- gen auch unkomplizierte und schnelle Hilfe bei leichten gesundheitlichen Beschwerden leisten konnen. Ein weiterer „retail“-Aspekt ist die Tatsache, dass die Kundschaft schon vor der Behandlung weiB, welchen Preis sie fur die jeweiligen medizinischen Leistungen zu bezahlen hat. Man erhalt eine bestimmte Leistung fur einen vorher bestimmten Fest- preis.So wie esin Einzelhandelsgeschaften ublich ist (Gerste, 2007).

2.2 Aktuelle Entwicklung und Marktsituation der „retail clinics“

Im Jahr 2000 grundete Michael Howe mit dem Namen „QuickMedx“ (heute: Minute- Clinc) die erste retail clinic. Mit dem beruhmten Werbeslogan „You're sick. We're quick!“ wollte er die ambulante Versorgung in den USA reformieren. Ende 2007 sollte es 400 retail clinics Standorte geben und langfristig erwarte er mehr als 2500 MinuteCli- nics in den USA (Gerste, 2007).

Waren es im Jahr 2010 noch knapp 1200 retail clinics (RAND Corporation, 2016) so geht auseiner im November 2019 veroffentlichten Statistik hervor, dass es im Jahr 2019 be- reits insgesamt 1949 „retail clinics“ gab. Marktfuhrer war 2019 das Unternehmen CVS Retail Pharmacy mit 1021 „retail clinics“, dahinter folgten Walgreens mit 402 und Kroger mit 225 „retail clinics“. Folglich betreiben CVS und Walgreens knapp drei Viertel aller Einzelhandelskliniken (Michas, 2019). Die erzielten Umsatze sowie die Kundenzahlen stiegen seit Einfuhrung der „retail clinics“ kontinuierlich (Iglehart, 2015, S. 301).

Zwischen den Jahren 2010 und 2015 verdoppelte sich die Besucheranzahl der retail cli- nicsvon 12,2 Besuchernpro 1000 Versicherten auf 24,0 Besuchern pro 1000 Versicher- ten.Die Altersgruppe 18-39 Jahre stellte in diesem funfjahrigem Zeitraum den groBten Anteil der Besucher pro 1000 Versicherten dar.

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gesundheitsmanagement. Das US-amerikanische Geschäftsmodell der retail clinics
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
20
Katalognummer
V1215801
ISBN (eBook)
9783346655592
ISBN (Buch)
9783346655608
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gesundheitsmanagement, us-amerikanische, geschäftsmodell
Arbeit zitieren
Jonas Fürst (Autor:in), 2022, Gesundheitsmanagement. Das US-amerikanische Geschäftsmodell der retail clinics, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1215801

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