Ästhetische Bildung in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe. Förderung der Sozial- und Personalkompetenz


Bachelorarbeit, 2017

35 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Erwerb von Kompetenzen
1.2. Theoretischer Hintergrund der Ästhetischen Bildung
1.3. Ästhetische Bildung im Konstruktivismus
1.4. Zur Vorgehensweise dieser Arbeit

2. Ziel der Arbeit

3. Methode

4. Ergebnisse
4.1. Förderung der Reflexion
4.2. Ansatz zum kritischen Denken
4.3. Förderung der Selbstwahrnehmung
4.4. Entwicklung der Empathie
4.5. Förderung der Kommunikation
4.6. Förderaspekte in einer Metaanalyse aus qualitativen Studien
4.7. Ergebnisse der Ästhetischen Bildung in anderen Berufsfeldern

5. Diskussion
5.1. Förderaspekte der Ästhetischen Bildung
5.2. Qualität der Studienlage
5.3. Ästhetische Bildung in der Anwendung
5.4. Konzeptbeispiel anhand des Berufsbilds der Operationstechnischen Assistenz

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang
8.1. Graphische Darstellung der systematischen Literaturrecherche
8.2. Bildliche Darstellung
8.3. Gemälde und Gedichtinterpretation

1. Einleitung

Eine Vielzahl von Fachberufen bildet die Stütze der deutschen Gesundheitsversorgung. Durch Professionalität, Kreativität, Flexibilität und Mobilität werden auf neuestem wissenschaftlichem, technischem, fachlichem und humanmedizinischem Stand eine kompetente Versorgung, Betreuung, Begleitung und Pflege hergestellt.

Die Berufe im Gesundheitswesen unterscheiden sich in ihren Ausbildungswegen: Einige, wie z.B. medizinische Fachangestellte werden im dualen System und nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet. Andere nicht-akademisierte Berufe bilden nach ihren eigenen Berufsgesetzen bzw. Ausbildungsordnungen aus, dazu gehören z.B. die Gesundheits- und Krankenpflege. Die Ausbildungen der Gesundheitsfachberufe unterscheiden sich zudem in den Inhalten der Lern- und Lehrvermittlung sowie im zeitlichen Aufbau der meist dreijährigen Ausbildung (Zöller, 2014). Die Anforderungen und Blickwinkel der verschiedenen Berufsbilder sind jedoch ähnlich. Immer stehen Patienten bzw. bedürftige Menschen im Mittelpunkt der täglichen Berufspraxis. Daher sind empathische Gefühle und ein kommunikatives und soziales Miteinander wichtige Komponenten, um einen Gesundheitsfachberuf professionell auszuüben.

Dies erfordert nicht nur eine ausgeprägte Fachkompetenz, sondern auch die Sozial- und Personalkompetenz als wichtige Qualifikationen für eine gute Pflege, Betreuung und Unterstützung der Patienten.

Barbara Carper stellte 1978 fest, dass der Schwerpunkt der Pflege nicht nur auf der Wissenschaft basiere, sondern dass die Pflege weitaus mehr beinhalte, nämlich einen künstlerischen Aspekt – die Ästhetik. In ihrer Veröffentlichung „Fundamental Patterns of Knowing in Nursing“ unterscheidet sie „the art of nursing“ und „the scientific meaning“ (Carper, 1978, S. 16) und stößt damit eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Thematik an (siehe auch Kapitel1.3.).

Dies bringt einen neuen Blickwinkel auf die Krankenpflege und eine andere Perspektive auf die berufliche Bildung der Gesundheitsfachberufe. Daher beschäftigt sich die folgende Arbeit damit, inwieweit die Kunst in Form der Ästhetischen Bildung in der beruflichen Bildung Gesundheitsfachberufe halten kann, um qualifizierte und kompetente Fachkräfte im Gesundheitswesen auszubilden.

1.1. Erwerb von Kompetenzen

In den letzten Jahren rückten ein europäischer Bildungsvergleich und der Erwerb von Kompetenzen durch die Ergebnisse der PISA- (Programm for International Student Assessment) und TIMSS-Studien (Third International Mathematics and Science Study) in allen Bildungsbereichen immer stärker in den Fokus (Weinert, 2002).

Dies beruht u.a. auf einer Empfehlung des Europäischen Parlaments im Jahr 2000, zur Entwicklung eines Handlungsplans zur Förderung der Transparenz und Mobilität in den europäischen Bildungssystemen. Es strebte somit eine europäische Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt an (Deutscher Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013).

Daraus entwickelte sich der Europäische Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen. Dieser beinhaltet ein einheitliches Konzept bzw. Übersetzungsinstrument für eine qualitative allgemeine, berufliche und hochschulische Bildung. Das Übersetzungsinstrument weist eine Drei-Säulen-Struktur auf. Jede Säule beinhaltet ein Lernereignis von Kenntnissen über Fertigkeiten bis hin zur Kompetenz. Auf der vertikalen Ebene gesehen unterscheiden sich nochmals acht Anforderungsstufen, die sogenannten Niveaus. Der Europäische Qualitätsrahmen definiert den höchsten Lernerfolg, die Kompetenz, als eine Übernahme von Verantwortung und Selbständigkeit (Deutscher Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013).

Daraufhin entwickelte das Bundesministerium für Bildung und Forschung gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz im Oktober 2006 einen Deutschen Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, worin die Struktur des Konzeptes speziell mit dem Blick auf die Lernereignisse der nationalen Bildungssysteme ausgelegt wird. Der Deutsche Qualitätsrahmen setzt den Fokus auf ein ganzheitliches Kompetenzmodell (Deutscher Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013).

Demnach setzt sich diese Struktur aus vier Säulen zusammen. Im deutschen Konzept gliedern sich die Säulen in Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und Selbstständigkeit. Darüber stehen die sogenannten Niveauindikatoren, welche jeweils zwei Lernereignisse zu einem Indikator zusammenfassen. Die Sachkompetenz fasst die Wissens- und Fertigkeiten-Säule zusammen und wird laut Deutschem Qualitätsrahmen folgendermaßen definiert: „Sie ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgaben und Problemstellungen eigenständig, fachlich angemessen, methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen“ (Deutscher Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013, S.14). Die Sozialkompetenz- und Selbstständigkeits-Säulen werden hingegen in Personalkompetenz bzw. Humankompetenz zusammengefasst. Die Personalkompetenz wird daher wie folgt definiert: Sie „bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und das eigene Leben selbstständig und verantwortlich im jeweiligen sozialen, kulturellen bzw. beruflichen Kontext zu gestalten“ (Deutscher Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013, S.14). Somit etablierte sich in den letzten Jahren der Erwerb von Kompetenzen in allen Bildungsbereichen in Deutschland.

Speziell für die berufliche Bildung modifizierte bzw. erarbeitete die Kultusministerkonferenz (KMK) die sogenannten Handlungskompetenzen auf der Grundlage des Deutschen Qualitätsrahmens für lebenslanges Lernen. In der Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen für den berufsbezogenen Unterricht werden die Handlungskompetenzen als

„Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“, definiert (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, 2007, S.10).

Des Weiteren werden die Handlungskompetenzen in Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz unterteilt. Die Fachkompetenz beinhaltet das fachliche Wissen als eine Grundlage, um Aufgaben selbstständig, zielgerichtet, fach- und sachgerecht auszuüben, Probleme zu lösen und deren Ergebnisse zu analysieren (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, 2007).

Die Selbstkompetenz, auch als Human- oder Personalkompetenz bezeichnet, versteht sich als

„Bereitschaft und Fähigkeit, als individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln. Sie umfasst Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Zu ihr gehören insbesondere auch die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen und die selbstbestimmte Bindung an Werte“ (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, 2007, S.14).

Die Selbstkompetenz lässt sich auf dem persönlichen Entwicklungshorizont im privaten wie auch beruflichen Kontext verstehen. Ebenso lässt sich die Sozialkompetenz auf beide Bereiche des beruflichen und privaten Lebens beziehen und wird folglich von der KMK definiert als

„Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität“ (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, 2007, S.14).

Demnach wird das Leben in einer Gemeinschaft mit positiven wie auch negativen Ereignissen in der Sozialkompetenz dargestellt. Diese drei Kompetenzen beinhalten wiederum Subkategorien der Methoden-, Lern- und kommunikativen Kompetenz, um zu einer Kompetenzförderung zu gelangen.

Das Handlungskompetenzmodell der beruflichen Bildung der Kultusministerkonferenz wurde nach und nach auch in die berufliche Bildung der einzelnen Gesundheitsfachberufe integriert, u.a. um sich auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu bewähren.

Gerade die Sozial- und Humankompetenz bzw. Personalkompetenz haben in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe einen großen Stellenwert. Sie sind im alltäglichen Berufsleben im Umgang mit unterschiedlichen Patientengruppen sowie interdisziplinären Teams – besonders in Notfallsituationen – gefordert. Neben einer guten bzw. ausgeprägten Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Empathie gegenüber den Mitmenschen bedarf es auch einer klaren Selbstwahrnehmung, der Fähigkeit zur Reflexion und eines kritischen Denkens in verschiedenen Situationen, um den Beruf professionell und kompetent auszuführen.

Die Fachkompetenz wird im theoretischen Anteil der Ausbildung durch Fachwissen vermittelt und in der praktischen Ausbildung durch bestimmte Aufgaben und Einsatzgebiete umgesetzt bzw. transferiert. Doch die Förderung der Sozial- und Personalkompetenz im theoretischen Anteil der beruflichen Bildung kann nicht mit reiner Wissensvermittlung erfolgen. Dies bedarf anderer Konzepte und Methoden. Die Ästhetische Bildung ist solch ein Konzept, welches in einigen Berufsfeldern des Gesundheitswesens angewandt wird.

1.2. Theoretischer Hintergrund der Ästhetischen Bildung

Der Grundstein zur Ästhetischen Bildung bzw. ästhetischen Erfahrung wurde schon Ende des 18. Jahrhunderts von Friedrich Schiller gelegt. In seinen 27 Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ schrieb er von der Wirkung eines Kunstwerks auf den einzelnen Menschen. Diese Erkenntnis verbindet er mit einer Theorie der Freiheit, die eine moralisch-politische Bildung jedes Einzelnen ermöglichen und zu daraus resultierender Selbstbestimmung führen soll. Dabei geht Schiller von zwei grundsätzlichen Lebensprinzipien aus: Zum einen muss der Mensch die Realität der Welt wahrnehmen und verinnerlichen. Zum anderen muss jeder Einzelne seine individuellen Veranlagungen entfalten, also das Innere nach außen bringen. Schiller formuliert dies in seinem 11. Brief folgendermaßen:

„Das erste dringt auf absolute Realität: er soll alles zu Welt machen, was bloß Form ist, und alle seine Anlagen zur Erscheinung bringen; das zweyte dringt auf absolute Formalität: er soll alles in sich vertilgen, was bloß Welt ist, und Uebereinstimmung in alle seine Veränderungen bringen; mit andern Worten: er soll alles innre veräußern und alles äussere formen.“ (Schiller, 2000, S. 46).

Im weiteren Verlauf führt Schiller diese Lebensprinzipien weiter aus. Dabei stellt er die Wahrnehmung der Umwelt als sinnlichen Trieb, den sogenannten Stofftrieb, und das Innere, den Verstand und die Vernunft, als den Formtrieb dar. Darauf stellt er heraus, dass beide Triebe sich über einen sogenannten Spieltrieb miteinander verbinden und verarbeitet bzw. bewertet werden. Schiller beschreibt dieses Verhältnis wie folgt:

„Der sinnliche Trieb will bestimmt werden, er will sein Objekt empfangen; der Formtrieb will selbst bestimmen, er will sein Objekt hervorbringen; der Spieltrieb wird also bestrebt sein, so zu empfangen, wie er selbst hervorgebracht hätte, und so hervorzubringen, wie der Sinn zu empfangen trachtet“ (Schiller, 2000, S. 57).

Demnach ist der Spieltrieb die Kreativität des Menschen, indem die Eindrücke und Einflüsse der Umwelt über die Kunst verortet werden und sich mit dem Inneren vereinen.

Dies begründet Schiller in seinem 22. Brief, „Die rein ästhetische Wirkung der Kunst“. Darin schreibt er, dass die Kunst aufgrund ihrer ästhetischen Wirkung zu würdigen ist. Den Begriff „rein ästhetisch“ hingegen definiert er in seinem 20. Brief „unter Ausschluß jeder bestimmten sinnlichen, logischen und moralischen Wirkung nur die innere Ausgeglichenheit des Menschen betreffend“ (Matuschek, 2009, S.199). Schiller sieht die ästhetische Erfahrung als Ideal an, um eine zwanglose freie Selbsterfahrung ohne vorherige Empfindungen, Erkenntnissen oder moralisch-politische Orientierung zu ermöglichen.

Aus pädagogischer Sicht ist John Dewey ein wichtiger Vertreter der Ästhetischen Bildung. Dewey baute auf sein Werk „Demokratie und Erfahrung“ später seine Verschriftlichung „Kunst als Erfahrung“ auf. Darin kritisiert er, dass die Kunst in der Gesellschaft eine gesonderte Rolle spiele. Sie werde durch die Errichtung von Kunstinstitutionen isoliert und „als Zeichen für guten Geschmack und als Zeugnis einer besonderen Bildung“ angesehen (Dewey, 1980, S.16). Dewey konzentriert sich in seinem Konzept der ästhetischen Erfahrung nicht nur auf den Kunstgegenstand, sondern auf die damit verbundene Betrachtung, Wahrnehmung und Erfahrung, welche sich auf die individuellen Lebensprozesse auswirken. Daher sieht er die Kunst in keiner gesonderten Rolle, sondern misst ihr einen gleichen Stellenwert wie anderen Lebensbereichen zu (Dietrich, Krinninger & Schubert, 2012).

Dewey stellt eine Erfahrung als vollkommen bzw. vollendet dar, wenn ein emotionaler Anteil verankert ist. Vorher sind es für ihn Erlebnisse, welche über einem emotionalen Anteil, also über die Ästhetische Bildung, zu Erfahrungen werden. In seinem Werk heißt es über die Ästhetik in Bezug auf die Erfahrungen, dass diese „nicht von außen in die Erfahrung eindringt, weder über eitlen Luxus noch über eine transzendentale Idealität, sondern daß sie die geläuterte und verdichtete Entwicklung von Eigenschaften ist, die Bestandteil jeder ganzheitlichen Erfahrung sind“ (Dewey, 1980, S.59). Dabei spielt nach Deweys Ansicht die soziale Umgebung eine wichtige Rolle. Die Persönlichkeit eines Menschen wird nicht nur durch die inneren bzw. genetischen Gegebenheiten geprägt, sondern viel mehr durch die Beziehung zu anderen. Daher können Erfahrungen in jeder menschlichen Interaktion entstehen, ständig wachsen und neue Ansichts- und Denkweisen z.B. durch Diskussionen fördern (Dewey, 1980). Die folgende Beschreibung von Dewey fasst die Wirkung der ästhetischen Erfahrung auf die Entwicklung des Menschen zusammen:

„Die Kunst reißt die Hüllen herunter, die den Ausdruck der Dinge der Erfahrung verbergen. Stumpf durch Routine werden wir durch sie neu belebt und fähig, uns selbst zu vergessen, indem wir uns in dem Vergnügen wiederfinden, die Welt um uns in ihren verschiedenartigen Eigenschaften und Formen zu erfahren. Sie fängt jede Nuance der in den Dingen befindlichen Ausdrucksfähigkeit auf und ordnet sie zu einer neuen Lebenserfahrung“ (Dewey, 1980, S. 123).

Dewey sieht die Ästhetische Erziehung als einen Bildungsprozess an, welcher neben den intellektuellen, praktischen und sozialen Erfahrungen einen veränderten und erweiterten Blick auf die Welt hervorruft (Dietrich, Krinninger & Schubert, 2012).

Diese Ansicht griff Carper 1978 in ihrer Publikation „Fundamental Patterns of Knowing in Nursing“ auf. Sie unterteilte die Pflegepraxis und die damit verbundene Pflegepädagogik in vier grundlegende Muster: empirisch, die Wissenschaft der Pflege; die Ästhetik, die Kunst der Pflege; die Komponente eines persönlichen Wissens in der Pflege und die Ethik, die Komponente des moralischen Wissens in der Pflege, um die Arten und Weisen des Wissens zu strukturieren, zu analysieren und anzuwenden. Die Ästhetik stellte Carper als das Wissen durch subjektive Bekanntschaften und die Gefühle und Erfahrungen aus Praxissituationen dar. Die Ästhetische Bildung umfasst eine Schaffung von einem einzelnen, besonderen und subjektiven Ausdruck der imaginären Möglichkeiten sowie der Realität. Dabei wird die Wertschätzung über die Entwicklung ebenfalls geschaffen (Carper, 1978). Dieses Modell wurde durch Pflegepädagogen und weitere Experten hinterfragt. Die Trennung des empirischen Wissens von den subjektiven Erfahrungen verstanden die Kritiker als Aufteilung des qualitativen Wissens in das ästhetische Muster und das quantitative Wissen in das empirische Muster. Die Evidenz der Pflege baut sich gerade aus dem qualitativen Wissen auf, da die Erfahrungen und Feststellungen aus dem pflegerischen Alltag über qualitative Forschung zu standardisierten, professionellen und effektiven Maßnahmen bzw. Konzepten der Pflege führen sollen. Des Weiteren stellen die Kritiker dar, dass die Bedeutung des ästhetischen Musters, die Verarbeitung von subjektiven Erfahrungen, der konstruktivistischen Lerntheorie ähnelt bzw. dort verortet werden kann (Cloutier, Duncan & Bailey, 2007).

1.3. Ästhetische Bildung im Konstruktivismus

Schiller, Dewey und Carper sowie einige andere Philosophen und Pädagogen waren mit ihren Theorien wichtige Begründer der heutigen Ästhetischen Bildung. Die Ästhetische Bildung wird als Konzept der Persönlichkeitsbildung angesehen. Über einzelne ästhetische Felder wie z.B. Kunst, Musik, Theater oder Literatur werden individuelle Entwicklungen hervorgerufen, analysiert und verändert (Dietrich, Krinninger & Schubert, 2012).

Aus bildungstheoretischer Sicht lässt sich die Ästhetische Bildung dem Konstruktivismus zuordnen. Der Konstruktivismus sagt aus, dass wir Menschen ein geschlossenes System sind. Das Gehirn ist nicht von außen gesteuert, sondern nimmt Reize und Informationen auf, welche es dann durch Wissen, das auf Lebenserfahrung basiert, verarbeitet. Man geht davon aus, dass das vorhandene Wissen durch eigenes Handeln entwickelt wird. Das geschlossene System organisiert sich selbst. Daher verlaufen Wahrnehmungen keinesfalls zufällig, sondern sind geprägt durch biologische und genetische Strukturen sowie durch Lebenserfahrung. Im Zusammenhang der Selbstorganisation spielt die Funktionalität auch eine Rolle. Durch sie wählt sich der Mensch eine Verhaltensweise zum Überleben und bringt sie in ein Gleichgewicht. Durch die gemeinsame Umwelt und Lebensweisen sind die zwischenmenschlichen Verhältnisse verständlich und praktikabel. Jedoch ist die Interpretation über eine Erkenntnis durch das geschlossene System und die Selbstorganisation bei jedem Menschen variabel (Jank & Meyer, 2006). Die Ästhetische Bildung aktiviert bzw. spricht das sogenannte geschlossene System an. Über die künstlerischen Prozesse aus den oben genannten ästhetischen Feldern werden Erfahrungen und Kenntnisse individuell hervorgerufen, bearbeitet, neu bewertet und erweitert. Dies spiegelt die variable Interpretation des Menschen seiner Erkenntnisse im geschlossenen System wider.

1.4. Zur Vorgehensweise dieser Arbeit

Inwiefern die Förderung der Sozial- und Personalkompetenz in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe mittels Ästhetischer Bildung erfolgen kann, wird in den folgenden Kapiteln über eine systematische Literaturrecherche dargestellt. Auffallend ist, dass das Konzept der Ästhetischen Bildung in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe in Deutschland relativ unbekannt ist und daher bisher wenig praktische Erfahrungen vorliegen. Im folgenden Kapitel werden Aspekte bzw. Ergebnisse der Arbeit und Fragestellung gezielt dargestellt und betrachtet. Im KapitelMethodewird die systematische Literaturrecherche bezogen auf den internationalen Forschungsmarkt beschrieben. Die Erkenntnisse bzw. Ergebnisse aus der Literaturrecherche werden im vierten Kapitel anhand von Förderaspekten aus der Sozial- und Personalkompetenz herausgestellt. Das folgende KapitelDiskussionbeinhaltet die Bewertung der Ergebnisse mit dem Blickwinkel auf die Fragestellung der Arbeit. Es werden effektive Erkenntnisse sowie Probleme herausgestellt. Anhand eines Konzeptes in der Ausbildung der Operationstechnischen Assistenz wird anschließend die Ästhetische Bildung beispielhaft dargestellt. Das letzte Kapitel beinhaltet eine kurze Zusammenfassung der Arbeit sowie einen Ausblick auf die Zukunft der Ästhetischen Bildung in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe.

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Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Ästhetische Bildung in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe. Förderung der Sozial- und Personalkompetenz
Hochschule
Private Fachhochschule Döpfer
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
35
Katalognummer
V1217365
ISBN (eBook)
9783346661517
ISBN (Buch)
9783346661524
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ästhetische Bildung; Förderung der Personal- und Sozialkompetenz
Arbeit zitieren
Lena Wierschem (Autor:in), 2017, Ästhetische Bildung in der beruflichen Bildung der Gesundheitsfachberufe. Förderung der Sozial- und Personalkompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217365

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