Das Beginentum

Eine alternative Lebensform für Frauen vom Hochmittelalter bis zur Frühen Neuzeit


Seminararbeit, 2000

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG

II. FORSCHUNGSLAGE

III. Alternativer Charakter

IV. Innovation und Reaktion

V. ENTSTEHUNGSBEDINGUNGEN

VI. Anpassung und Autonomie

VII. ZUSAMMENFASSUNG

VIII. LITERATURVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG

Beginen waren vom Mittelalter bis zur Gegenwart Gegenstand zahlreicher Kontroversen – ihre „Unfaßbarkeit“ (im wörtlichen und übertragenen Sinn) kommt allein schon in den unzähligen Bezeichnungen zum Ausdruck, mit denen diese Frauen bedacht wurden.[1] Zugleich bestärken mich die zahlreichen unterschiedlichen zeitgenössischen Termini in meiner Vermutung, daß die heutige Forschung all die Frauen mit dem Ausdruck „Begine“ bedacht hat, deren Lebensweise jene gleichen Komponenten und unterschiedlichen Ausprägungen aufweist, die im Folgenden noch erläutert werden sollen.[2]

Als gemeinsamer Konsens läßt sich immerhin der temporale und lokale Rahmen des Auftretens von Beginen festhalten: Ihr Erscheinen erstreckt sich auf einen Zeitraum vom Beginn des 13. Jahrhunderts bis zur Reformation und umfaßt als geographische Schwerpunktregionen die (durch den Reichtum an Städten) kulturell und sozio-ökonomisch wohl fortschrittlichsten Zonen Mittel- und Westeuropas.[3]

Den RezipientInnen muß der Hinweis auf diese knapp umrissene historische und räumliche Verortung genügen, denn die Intention der vorliegenden Arbeit besteht darin, die beginische Lebensform in ihrer Eigenschaft als „geschichtlich eingeübte soziale Verhaltensweise“[4] einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen. Im Konkreten beschäftigt sich die Untersuchung nach einem tendenziellen Forschungsüberblick (Kapitel II) zunächst mit der Frage, welche charakteristischen Merkmale die beginische Lebensweise auszeichnen und inwiefern sie als Alternative zu den „herkömmlichen“ Möglichkeiten für Frauen des Mittelalters gesehen werden kann (Kapitel III). Kapitel IV versucht herauszufinden, welche Faktoren dieser innovativen Lebensführung für die ZeitgenossInnen Relevanz besaßen und wie die Reaktionen der laikalen und klerikalen Umwelt ausfielen. Danach sollen Kontext und Prämissen der Beginenbewegung aufgezeigt werden, da sie sich für eine adäquate Bewertung des Grades und der Relevanz der Alternativität als unerläßlich erweisen (Kapitel V). In Kapitel VI wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen die sich wandelnden Beziehungen zwischen Beginen und Klerus bzw. profaner Umgebung für die beginische Lebensformen hatten und in welcher Art und Weise sie die weitere Entwicklung beeinflußten. Abschließend beleuchtet Kapitel VII. die Umstände des Niedergangs der ursprünglichen beginischen Lebensformen an der Wende zur Neuzeit.

II. FORSCHUNGSLAGE

Die konkreten Motivationen, die zur Entstehung der Beginenbewegung führten, liegen nach wie vor im Dunkeln. Seit dem Beginn der Beginenforschung wurde daher nach Erklärungsansätzen gesucht; gegenwärtig lassen sich v. a. drei Positionen konstatieren:

Die „Versorgungsthese“ der Anfänge basiert auf der Annahme, zahlreiche unverheiratete Frauen, die nicht in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, hätten durch die Aufnahme in Beginenkonvente ihre materielle Existenz sichern können.[5] Seit den 30er Jahren setzte sich die „Religiositätsthese“ durch, deren VertreterInnen der Auffassung anhingen, bei Beginen handle es sich um verhinderte Nonnen, die durch die ablehnende Haltung der Orden bzw. durch Herkunft und ökonomische Stellung in ein religiöses Leben außerhalb der Orden gezwungen wurden. Dieser Anschauung ist sowohl Brigitte Degler-Spengler verhaftet, die als Entstehungsursache des Beginentums die mangelnde Bereitschaft der Männerorden nennt, auf Dauer religiöse Institutionen für Frauen weniger bemittelter Schichten bereitzustellen, als auch Christine Ruhrberg. Sie vertritt die Ansicht, es sei „eher unwahrscheinlich, daß sich [...] eigene und neuartige Organisationsmodelle entwickelten, die in der kirchlichen Hierarchie hätten durchgesetzt werden müssen. Die religiös interessierten Frauen tendierten vielmehr zu längst etablierten Lebensformen, deren Aufnahmekapazitäten allerdings zweifellos beschränkt waren oder wurden.“[6] Während also die VerfechterInnen der „Überschußthese“ die Beginen als rein ökonomisches Phänomen begreifen, überbetonen die anderen den Faktor Religiosität als Motivation der Beginen, „ohne zu fragen, welche divergierenden Bedürfnisstrukturen sich hinter dem [...] Begriff der Religiosität verbergen.“[7] Beide Hypothesen halten einer kritischen Überprüfung nicht stand und verlieren durch das gleiche Argument ihre Gültigkeit: Beginen rekrutierten sich nämlich (zumindest in den Anfängen) aus den gehobenen sozialen Ständen und entschieden sich bewußt für die Entsagung.[8]

Auch die Emanzipationsthese, die sich im Zuge der feministischen Betrachtungsweise herauskristallisiert hat, erweist sich bei eingehender Hinterfragung als unhaltbar. Indem sie im Beginentum eine neue Form spezifisch weiblicher Religiosität versteht[9], die auf der Befreiung der mittelalterlichen Frau aus dem Joch der Ehe und Familie basiert, negiert sie zunächst die Härten, die ein Leben in der bewussten Nachfolge Christi mit sich brachte und jene des Ehelebens oft um einiges übertraf. Darüber hinaus sprechen Quellen wie Heiligenviten an keiner Stelle vor einem Wir-Bewußtsein der Frauen als sozialer Gruppe, geschweige den von der Idee der Emanzipation.[10]

Gemeinsam ist den drei Ansätzen eine methodisch inkorrekte Vorgangsweise: Ausgehend von der (unthematisierten) Prämisse, die Beginenbewegung zeichne sich durch Homogenität aus, werden Hypothesen aufgestellt, die den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erheben. Der Verzicht auf soziale und religiöse Kontextualisierung und die unreflektierte Fortschreibung mittelalterlicher Weiblichkeitskonzeptionen verhindern eine Differenzierung.[11]

III. Alternativer Charakter

Wißt Ihr, was ich unter dem Beginentum verstehe? Ein weites Gewissen, ein frommes Gemüt, ein Herz, frei von Unkraut - denn die Seele erleidet dabei großen Schaden – beim Beten an Gott denken, zwei Tränen aus Reue und drei aus großem Mitleid sind genügend Reichtum für den, der über das Meer fährt. Aber diese Art Frömmigkeit kann niemand verachten; häufig führt sie Gott den Haushalt.[12]

So unverfänglich diese Worte einer anonymen Stimme aus dem Beginenmilieu anmuten, so innovativ erweist sich auch die Lebensführung, die hinter dieser Konzeption zum Vorschein kommt. Denn wie die thematisierten Aspekte Frömmigkeit, Buße und Nächstenliebe bereits andeuten, bestand die grundlegende Alternative der Bewegung in dem Wunsch von Frauen, Christus abseits der vorgegebenen, stagnierenden Formen und bestehenden Institutionen der weiblichen Religiosität nachzufolgen. Im Konkreten handelte es sich dabei zunächst um vermögende Frauen, die bewußt ein am Evangelium orientiertes Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam wählten und damit freiwillig auf Privilegien aller Art verzichteten. Diese übergeordnete religiöse Zielsetzung bildete allerdings die einzige verbindende Gemeinsamkeit, denn das Beginentum war gekennzeichnet durch ein ganzes Spektrum verschieden akzentuierter Lebensweisen und eine ungeheure Vielfalt an konkreten Ausprägungen – bedingt durch Faktoren, die für sich genommen bereits Alternativität bedeuten und im Folgenden näher ausgeführt werden.[13]

Zum Einen bestanden große Unterschiede in den institutionellen Formen und in der Zahl der Beginen: Manche lebten allein, viele in Gemeinschaften oder Konventen, zu denen sie sich auf eigene Initiative zusammenfanden, und in den Niederlanden entstanden große Beginenhöfe. In ökonomischer Hinsicht bedienten sie sich verschiedenster Einkommensquellen, die ihnen relative Autonomie gewährleisteten. So bestritten sie ihren Lebensunterhalt auf dem Land überwiegend durch Agrarproduktion, in der Stadt durch karitative kommunale Aufgaben (Armen-, Alten- und Krankenpflege, Totenbetreuung), die Übernahme von Gebetsverpflichtungen und verschiedene Formen der Erwerbstätigkeit (Textilherstellung und –verarbeitung, Unterricht,...). Das Einkommen dürfte zwar zum großen Teil aus Handarbeit herrühren, daneben gab es aber auch Beginen, die sich von erbettelten Almosen ernährten oder ihre Einkünfte aus externer Versorgung durch Spenden, Grundbesitz, Zinseinkünfte, Stiftungen und Rentenkäufen bezogen.[14]

Ebenso wie die materielle Existenzsicherung wies auch das geistliche Leben eine große Variationsbreite auf: Der (im Allgemeinen kaum reglementierte) religiöse Tagesablauf richtete sich nach den jeweiligen Konventionen und beschränkte sich meist auf im Mittelalter allgemein übliche Meditations- und Betübungen, die sich von den vielfältigen Bestimmungen, denen Klosterfrauen unterworfen waren, grundlegend unterschieden. Manche legten den Schwerpunkt dabei auf Kontemplation und Askese, andere betonten den Aspekt der Nächstenliebe inmitten der Welt. Jeglicher Klassifizierung entzogen sich Beginen nicht zuletzt durch den Umstand, daß ihre Bewegung vagabundierende und seßhafte, „rechtgläubige“ und „häretische“[15], regulierte und unregulierte Beginen gleichermaßen umfaßte. Zudem war die Entscheidung für diese speziellen Formen der Nachfolge Christi Frauen zahlreicher Stände und in jedem Lebensabschnitt möglich; Ledige unternahmen diesen Schritt ebenso wie Witwen und verheiratete Frauen, die sich von ihren Männern getrennt hatten.[16]

In ihrem Alltag richteten sie sich nach selbstgesetzten Statuten und Hausordnungen, die den Bedürfnissen und speziellen Umständen der Frauen entsprachen:

Jede freigeborene Frau kann aufgenommen werden, sofern sie genügend Vermögen mitbringt oder aber ein Handwerk versteht, um sich davon ernähren zu können; Schwestern, die das Haus wieder verlassen, müssen einen Teil ihres Besitzes dem Konvent übertragen; [...] gemeinschaftlicher Besitz darf nicht zum Nutzen einer einzelnen Schwester verwandt werden, sondern muß allen zugute kommen; alle Frauen schlafen zusammen in einem Raum und haben auch ein gemeinsames Wohnzimmer – mit Ausnahme der kranken oder alten Süstern.[17]

Das heißt, die Lebensgestaltungen basierten (zumindest anfänglich) keineswegs auf einheitlichen Normen, sondern auf der Übereinkunft der Schwestern, die dabei flexibel auf ihre Umgebung reagierten, und weisen entsprechend heterogene Erscheinungsformen auf:[18]

Far from forming a well-defined, well organised intercommunal movement, the beguinages were each completely self-contained, in the absence of a motherhouse and a single rule, each community regulated ist own order of existence.[19]

Insgesamt gesehen orientierten sich die Frauen dabei an ihren geschlechtsspezifischen Möglichkeiten bzw. Einschränkungen, den regionalen Verhältnissen und an den geistlichen Betreuern, so daß die Beginenbewegung „von vornherein den Charakter des Experiments“ trug und „grundsätzlich offen für unterschiedliche Entwicklungsrichtungen“ war.[20]

Die Unterschiede in der institutionellen Form, den Orten der Niederlassungen und der geistlichen Beziehungen sowie die pragmatische Anpassung an Gegebenheiten, die sie ein Leben „zwischen Alltagsrealität, moralischem Anspruch und heilsgeschichtlicher Bedeutung“[21] führen ließ, sind u. a. darauf zurückzuführen, daß Beginen auf keine Gründungs- oder Stifterperson zurückgreifen konnten und keine bewährte Lebensform übernahmen – ein weiterer Erklärungsansatz für diese große Variationsbreite liegt in dem Umstand begründet, daß sich kein Geflecht einer überregionalen Kommunikation zwischen den einzelnen Teilen der Bewegung herausbildete, geschweige denn ein Zusammenschluß zu einer übergreifenden Organisation erfolgte oder theoretische Manifeste bzw. Kundgebungen zur Veröffentlichung gelangten, die zur Nachahmung hätten anregen können.[22] Indem die jeweilige Ausgestaltung nicht durch eine übergeordnete, zentrale Instanz vorgegeben, sondern durch die Zusammensetzung der Konvente, ihre Entstehungszeit, vom unmittelbaren kirchlich-religiösen Umfeld und der Haltung der Orden, denen sie sich zuwandten, determiniert wurde, demonstrierte das Beginentum seine Beweglichkeit, die sich innerhalb von Dekaden vollzog, in lokaler, sozialer und geistlicher Hinsicht.[23]

[...]


[1] Gebräuchlich waren u. a. die Termini beginae, beg[u]inae, beguttae, mulieres devotae, religiosae usw. Vgl. Kaspar Elm: Die Stellung der Frau in Ordenswesen, Semireligiosentum und Häresie zur Zeit der heiligen Elisabeth. – In: Sankt Elisabeth. Fürstin, Dienerin, Heilige. Aufsätze, Dokumentation, Katalog. Ausstellung zum 750. Todestag der heiligen Elisabeth. Marburg, Landgrafenschloß und Elisabethkirche. 19. November 1981 – 6. Januar 1982. Hg. v. d. Philipps-Universität Marburg in Verbindung mit d. Hess. Landesamt für geschichtl. Landeskunde. – Sigmaringen: Thorbecke 1981, S. 14;. Kaspar Elm: Beg(h)inen. – In: Lexikon des Mittelalters. Bd. I. Hg. v. Robert-Henri Bautier u. Robert Auty. – München/Zürich: Artemis 1989, Sp. 1799; Susanne Filippovits: „... sorores, quae beginae vocantur.“ Beginen am Oberrhein zwischen Anpassung und Häresie. Zur Geschichte einer „alternativen“ Lebensgestaltung von Frauen vom Hochmittelater bis zur Reformation. – Wien: Dipl. Arb. 1990, S. 3.

[2] Ein weiteres Indiz für diese Annahme besteht m. E. darin, daß Maria von Oignies, die Vertreterin der beginischen Lebenform schlechthin, in ihrer von Jakob von Vitry verfaßten Vita selbst nie „Begine“ genannt wird. Vgl. Christine Ruhrberg: Der literarische Körper der Heiligen. Leben und Viten der Christina von Stommeln (1242-1312). – Tübingen/Basel: Francke 1995 (= Bibliotheca Germanica. Bd. 35.), S. 27. Der Einfachheit halber möchte ich den gebräuchlichen Begriff dennoch beibehalten; auch stellt die Untersuchung, zu welchen Zeiten, an welchen Orten und von welchen Personen die frommen Frauen in welcher Form bezeichnet wurden, ein Desiderat dar.

[3] Geschlossene Beginenhöfe in den Niederlanden und in Belgien – die allerdings nicht die charakteristische beginische Lebensweise repräsentieren – existieren z. T. noch heute. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts trat auch das männliche Pendant, die Begharden, auf. Sie haben allerdings nur in Belgien gewisse Bedeutung erlangt, waren aber auch dort niemals so zahlreich vertreten wie ihr weibliches Gegenstück. Vgl. Kaspar Elm: Beg(h)arden. – In: Lexikon des Mittelalters. Bd. I. Hg. v. Robert-Henri Bautier u. Robert Auty. – München/Zürich: Artemis 1989, Sp. 1789; Peter Dinzelbacher: Rollenverweigerung, religiöser Aufbruch und mystisches Erleben mittelalterlicher Frauen. – In: Religiöse Frauenbewegung und mystische Frömmigkeit im Mittelalter. Hg. v. Peter Dinzelbacher u. Dieter R. Bauer. – Köln/Wien: Böhlau 1988 (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte. H. 28), S. 24; Elm (1981), S. 14; Herbert Grundmann: Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Untersuchungen über die geschichtlichen Zusammenhänge zwischen der Ketzerei, den Bettelorden und der religiösen Frauenbewegung im 12. und 13. Jahrhundert und über die geschichtlichen Grundlagen der deutschen Mystik. – Hildesheim: Georg Olms 1961, S. 351; Filippovits (1990), S. 3; Sabine Heimann: „Gode to synem denste“. Urkundliche Nachrichten über Beginenkonvente im spätmittelalterlichen Wismar. – In: Der frauwen buoch. Versuche zu einer feministischen Mediävistik. Hg. v. Ingrid Bennewitz. – Göppingen: Kümmerle 1989 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Bd. 517), S. 266; Peter Ketsch: Frauen im Mittelalter. Quellen und Materialien. Bd. II. Frauenbild und Frauenrechte in Kirche und Gesellschaft. – Düsseldorf: Schwann-Bagel 1984 (= Geschichtsdidaktik: Studien, Materialien. Bd. 19.), S. 343; Daniela Müller: Beginenmystik als ketzerische Frauentheologie? – In: Auf der Suche nach der Frau im Mittelalter. Fragen, Quellen, Antworten. Hg. v. Bea Lundt. – München: Fink 1991, S. 219; Andreas Wilts: Beginen im Bodenseeraum. – Sigmaringen: Thorbecke 1994 (= Bodensee-Bibliothek. Bd. 37.), S. 11, 268.

[4] Arno Borst: Lebensformen im Mittelalter. – Frankfurt/Berlin/Wien2 1979, S. 14. Zit. n. Petra Heidebrecht u. Cordula Nolte: Leben im Kloster. Nonnen und Kanonissen. Geistliche Lebensformen im frühen Mittelalter. – In: Weiblichkeit in geschichtlicher Perspektive. Fallstudien und Reflexionen zu Grundproblemen der historischen Frauenforschung. Hg. v. Ursula A. J. Becher u. Jörn Rüsen. – Frankfurt/Main: Suhrkamp 1988. (= Suhrkamp-TB. Bd. 725), S. 79.

[5] Die These Karl Büchers, der „Überschuß“ an alleinstehenden erwerbstätigen Frauen in den großen Städten des späten Mittelalters sei ein Zeichen dafür, daß diese unversorgt waren und daher ein soziales Problem darstellten, gilt in der feministischen Forschung als obsolet. Vielmehr weist Heide Wunder darauf hin, daß alleinstehende Frauen gerade kein soziales Problem waren, solange sie ihren Unterhalt selbst erarbeiten konnten. Vgl. Karl Bücher: Die Frauenfrage im Mittelalter.- Tübingen 1882. Zit. n. Heide Wunder: Er ist die Sonn’, sie ist der Mond. Frauen in der Frühen Neuzeit. – München: Beck 1992, S. 190; Müller (1991), S. 216; Wilts (1994), S. 16.

[6] Ruhrberg (1995), S. 45; Vgl. Brigitte Degler-Spengler: Die religiöse Frauenbewegung des Mittelalters. Konversen-Nonnen-Beginen. – In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte. Bd. III. Hg. v. Geschichtsverein d. Diözese Rottenburg-Stuttgart.– Sigmaringen: Thorbecke 1984, S. 80-82; Wilts (1994), S. 16-18, 169.

[7] Rebekka Habermas: Die Beginen – eine „andere“ Konzeption von Weiblichkeit? – In: Die ungeschriebene Geschichte. Historische Frauenforschung. Dokumentation des 5. Historikerinnentreffens in Wien. 16. bis 19. April 1984. Hg. v. Beatrix Bechtel u. a. -Wien: Wiener Frauenverlag 1984 (= Frauenforschung. Bd. 3), S. 199.

[8] Die Idee, Frauen hätten das Ideal der beginischen Lebensweise (vgl. Kapitel III) von vornherein innerhalb der Klostermauern verwirklichen wollen, erscheint geradezu absurd. Abgesehen davon war das monastische Leben – trotz vieler Vorteile wie Versorgung, Bildung usw. – sicherlich auch für Vermögende in vielen Fällen nicht das erstrebte Ziel, und von einer freien und persönlichen Entscheidung für den Klostereintritt kann oft nicht die Rede sein. Auch hat Andreas Wilts treffend bemerkt, man/frau könnte genausogut die Behauptung aufstellen, Franz von Assisi sei Bettelmönch geworden, weil ihm der Zugang zu den Prämonstratensern oder Zisterziensern verwehrt blieb. Vgl. Heidebrecht/Nolte (1988), S. 83; Müller (1991), S. 216; Wilts (1994), S. 16, 18.

[9] Um diesen Aspekt untermauern zu können, werden sogar Hypothesen vertreten, die jeglicher Quellengrundlage entbehren. So stellt z. B. Rebekka Habermas die Behauptung auf, Beginen hätten kein Armutsideal gekannt und entzögen sich auf diese Weise der „strukturellen Homologie zwischen den Figuren des Armutsdiskurses und jenen der Weiblichkeitskonzeptionen.“ Habermas (1984), S. 203. Daß Beginen wie Maria von Oignies auf all ihre Besitztümer verzichteten und gerade im Verzicht auf Materielles die Verweigerung besteht, wird dabei geflissentlich übersehen.

[10] Vgl. Dinzelbacher (1988), S. 38; Wilts (1994), S. 18-21.

[11] Vgl. Wilts (1994), S. 15.

[12] Dit de l’ame. Zit. n. Martina Wehrli-Jones: Haushälterin Gottes. Zur Mariennachfolge der Beginen. – In: Maria, Abbild oder Vorbild. Zur Sozialgeschichte mittelalterlicher Marienverehrung. Hg. v. Hedwig Röckelein u. a. – Tübingen 1990, S. 159. Zit. n. Uta C. Schmidt: Zwischen Alltagsrealität und heilsgeschichtlicher Bestimmung – Beginen. – In: Stadt der Frauen. Szenarien aus spätmittelalterlicher Geschichte und zeitgenössischer Kunst. Hg. v. Annette Kuhn u. Marianne Pitzen. – Zürich/Dortmund: eFeF 1994, S. 120-127.

[13] Vgl. Bonnie S. Anderson u. Judith P. Zinsser: A History of Their Own. Women in Europe from Prehistory to the Present. Bd. I. – New York: Harper & Row 1988, S. 215; Shulamith Shahar: Die Frau im Mittelalter. Übers. v. Ruth Achlama. – Frankfurt/Main: Athenäum 1988 (= Athenäum TB. Bd. 115.), S. 65; Elm (1981), S. 15, 22; Dinzelbacher (1988), S. 17f.; Ketsch (1984), S. 343; Ruhrberg (1995), S. 25; Wilts (1994), S. 79, 169, 204.

[14] Die Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit sind im Zusammenhang mit den allgemeinen Erwerbsmöglichkeiten von Frauen im Hochmittelalter zu sehen. Auch Beginen etablierten sich vorwiegend in „typisch weiblichen“ Berufen. Vgl. Degler-Spengler (1984), S. 83; Elm (1981), S. 15; Elm (1989b), Sp. 1799; Filippovits (1990), S. 3, 57f., 62; Müller (1991), S. 219; Schmidt (1994), S. 121, 126; Heimann (1989), S. 278, 280.

[15] Die Unterscheidung zwischen „orthodoxen“ und „häretischen“ Beginen rekurriert auf die von den ZeitgenossInnen getroffene (und von der gegenwärtigen Forschung zum Großteil unreflektiert übernommenen) Differenzierung; über eine eindeutige Definition der beiden Termini schieden sich allerdings stets die Geister (vgl. Kapitel VI).

[16] Vgl. Anderson/Zinsser (1988), S. 224; Degler-Spengler (1984), S. 83; Elm (1981), S. 20; Elm (1989b), Sp. 1799; Filippovits (1990), S. 33; Shahar (1988), S. 66; Wilts (1994), S. 13, 17, 204.

[17] Jutta Prieur-Pohl (Hg.): Geschichte der Stadt Wesel. Bd. II. – Wesel 1991, S. 25. Zit. n. Schmidt (1994), S. 122.

[18] Vgl. Wilts (1994), S. 35, 170.

[19] Ernest McDonnel: The Beguines and Beghards in Medieval culture. With special emphasis on the belgian scene. – Brunswick 1954, S. 136. Zit. n. Filippovits (1990), S. 41.

[20] Vgl. Wilts (1994), S. 79, 137, 169.

[21] Wehrli-Jones (1990), S. 158. Zit. n. Schmidt (1994), S. 127.

[22] Die beginische Lebensform entwickelte sich vielmehr relativ unabhängig voneinander in verschiedenen Orten Europas. Vgl. Wilts (1994), S. 81f., 269.

[23] Vgl. Dinzelbacher (1988), S. 14, 37f.; Elm (1989b), Sp. 1799; Schmidt (1994), S. 122; Wilts (1994), S. 12, 36, 137.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Das Beginentum
Untertitel
Eine alternative Lebensform für Frauen vom Hochmittelalter bis zur Frühen Neuzeit
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V121944
ISBN (eBook)
9783640267217
ISBN (Buch)
9783640267415
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beginentum, Seminar
Arbeit zitieren
Marion Luger (Autor:in), 2000, Das Beginentum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121944

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