Vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen zum Squeeze out (§§ 327 a ff. AktG) am 01.01.2002 gab es im deutschen Aktienrecht keine Möglichkeit, einen unmittelbaren Zwangsausschluss von Minderheiten durchzuführen. Die bis dahin bestehenden Instrumente waren zu diesem Zweck nur sehr eingeschränkt geeignet und mit Änderungen der Gesellschaftsstruktur verbunden.
Die Einführung der §§ 327a ff. AktG erfolgte, um wesentliche Nachteile der bis dahin geltenden Rechtslage zu beseitigen: Erstens führt die Existenz von Minderheitsaktionären in einer AG zu einem beträchtlichen Formal- und Kostenaufwand. Zweitens besteht die Gefahr, dass Aktionäre ihre Rechtsposition missbräuchlich ausüben, etwa indem sie Anfechtungsklagen mit dem alleinigen Ziel erheben, die Gesellschaft dadurch zu finanziellen Zugeständnissen zu bewegen. Zudem fehlte es bis dahin an einem Gegenstück zur Regelung über Pflichtangebote gem. § 35 Abs. 2 WpÜG.
Der erste Abschnitt dieser Arbeit befasst sich mit der in der Rechtsprechung intensiv behandelten Frage, ob der Squeeze out verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Anschließend werden in Abschnitt C. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung des Squeeze out dargelegt. Zweifelsfragen treten dabei insbesondere bei der Zurechnungsregelung gem. § 327a Abs. 2 AktG i.V.m. § 16 Abs. 4 AktG und bei der sogenannten Wertpapierleihe auf. Abschnitt D. behandelt die Barabfindung, die Gewährleistungsverpflichtung gem. § 327b Abs. 3 AktG sowie die Prüfungspflicht gem. § 327c Abs. 2 S. 2 AktG. Unklarheiten bestehen hier in Bezug auf die Fragen, wie der barabfindungsberechtigte Personenkreis sowie die angemessene Höhe der Abfindung zu bestimmen sind und welche Anforderungen an die Prüfer und die Prüfung als solche bestehen.
Ein Schwerpunkt liegt auf den letzten beiden Abschnitten, die den Minderheitenschutz im Rahmen eines Squeeze out betreffen. Zunächst geht es in Abschnitt E. um den a-priori-Schutz, der vor der Beschlussfassung in erster Linie weitgehende Informationsrechte vorsieht. Der a-posteriori-Schutz ist hingegen durch prozessuale Überprüfungs- und Anfechtungsmöglichkeiten ausgestaltet (Abschnitt F.).
Das Ziel der Arbeit ist es, eingebunden in einen Überblick über die Funktionsweise des Squeeze out jeweils diejenigen Fragen eingehend zu untersuchen, die in der Rechtsprechung besonders relevant sind.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Verfassungsmäßigkeit des Squeeze out
- I. Eingriff in das grundrechtlich geschützte Aktieneigentum
- II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
- III. Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs
- IV. Ergebnis
- C. Voraussetzungen für das Verlangen des Hauptaktionärs gem. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG
- I. Rechtsform der Gesellschaft
- II. Beteiligung des Hauptaktionärs
- 1. Rechtsform des Hauptaktionärs
- 2. Eigentümerstellung des Hauptaktionärs
- 3. Zurechnung gem. § 327a Abs. 2 AktG i.V.m. § 16 Abs. 4 AktG
- 4. Maßgeblicher Zeitpunkt und Dauerhaftigkeit der Beteiligung
- III. Formelle Voraussetzungen
- D. Die Barabfindung, ihre Gewährleistung und Prüfung
- I. Barabfindung
- 1. Verpflichteter
- 2. Berechtigte
- 3. Höhe
- a) Ermittlung der angemessenen Höhe
- b) Relevanter Bewertungszeitraum
- II. Gewährleistung durch Kreditinstitut
- 1. Umfang
- 2. Ausgestaltungsmöglichkeiten
- III. Prüfungspflicht
- 1. Prüferauswahl
- 2. Prüfungsumfang
- 3. Parallelprüfung
- E. A-priori-Minderheitenschutz durch Informationsrechte und Beschlussfassung
- I. Übertragungsbericht
- 1. Berichtsverpflichteter
- 2. Umfang der Berichtspflicht
- II. Auslage von Unterlagen
- III. Erläuterungen und Auskunftsrechte in der Hauptversammlung
- IV. Hauptversammlungsbeschluss
- 1. Erforderliche Mehrheit
- 2. Kein Stimm- und Sonderbeschlussrecht der Vorzugsaktionäre
- F. A-posteriori-Minderheitenschutz, insbesondere Rechtsschutzmöglichkeiten
- I. Handelsregistereintragung, Negativerklärung und Registersperre
- II. Nichtigkeitsklage
- III. Anfechtungsklage
- 1. Anfechtungsbefugnis
- 2. Denkbare Anfechtungsgründe
- a) Inhaltliche Mängel
- aa) Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung
- b) Verfahrensmängel
- aa) Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Hauptversammlung
- bb) Abfindungswertbezogene Informationsmängel
- IV. Unbedenklichkeitsverfahren
- 1. Einleitung des Verfahrens
- 2. Voraussetzungen eines Unbedenklichkeitsbeschlusses
- a) Unzulässigkeit der Klage
- b) Offensichtliche Unbegründetheit der Klage
- c) Interessenabwägung
- V. Wirkungen der Handelsregistereintragung und ihrer Bekanntmachung
- 1. Übergang der Aktien auf den Hauptaktionär
- 2. Beginn der Verzinsung gem. § 327b Abs. 2, 1. Hs. AktG
- VI. Spruchverfahren
- G. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit bietet einen umfassenden Überblick über den Squeeze-out gemäß §§ 327a ff. AktG. Die Arbeit untersucht die verfassungsrechtlichen Grundlagen, die Voraussetzungen für einen Squeeze-out-Antrag, die Barabfindung und deren Prüfung, sowie die Schutzmöglichkeiten für Minderheitsaktionäre. Ein besonderer Fokus liegt auf der Darstellung der in der Rechtsprechung behandelten Zweifelsfragen. * Verfassungsmäßigkeit des Squeeze-out * Voraussetzungen für den Squeeze-out-Antrag des Hauptaktionärs * Barabfindung und deren Prüfung * A-priori und A-posteriori Minderheitenschutz * Rechtsschutzmöglichkeiten für MinderheitsaktionäreZusammenfassung der Kapitel
Kapitel A bildet eine Einleitung. Kapitel B behandelt die Verfassungsmäßigkeit des Squeeze-out, Kapitel C widmet sich den Voraussetzungen für den Antrag des Hauptaktionärs. Kapitel D beschäftigt sich mit der Barabfindung, ihrer Gewährleistung und Prüfung. Kapitel E erläutert den A-priori-Minderheitenschutz durch Informationsrechte und Beschlussfassung. Kapitel F befasst sich mit den A-posteriori-Minderheitenschutzmöglichkeiten und verschiedenen Rechtschutzmöglichkeiten.Schlüsselwörter
Squeeze-out, §§ 327a ff. AktG, Minderheitenschutz, Barabfindung, Anfechtungsklage, Verfassungsmäßigkeit, Hauptversammlung, Rechtsprechung, Aktieneigentum, Verhältnismäßigkeit.- Arbeit zitieren
- Jonas Lehmann (Autor:in), 2009, Der Squeeze out gem. §§ 327a ff. AktG - Ein Überblick unter besonderer Berücksichtigung der in der Rechtsprechung behandelten Zweifelsfragen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122096