Die Verwendung von Bildquellen im Geschichtsunterricht


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

14 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

1 Relevanz des Themas

2 Schwierigkeiten
2.1 Definition und Bildtypen
2.2 Darstellung von Bildquellen

3 Umgang mit Bildquellen
3.1 Einsatzmöglichkeiten und Schülerverhalten
3.2 Ein Modell für die Interpretation
3.3 Handlungsorientiertes Vorgehen

4 Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1. Relevanz des Themas

Die Verwendung von Bildquellen im Geschichtsunterricht stößt bei Schülern überwiegend auf Zustimmung1, und diese Tatsache dürfte auch kaum überraschen. Ein Bild erscheint Schülern in der Regel schließlich wesentlich interessanter als etwa eine Textquelle, es lässt sich schneller erfassen, einprägen und verstehen – kurzum: es scheint wesentlich einfacher und angenehmer zu handhaben. Dazu mag kommen, dass ein Bild – womöglich noch ein farbiges dazu – viel leichter Aufmerksamkeit erregt, provoziert oder schockiert. Diese Reizwirkung und Motivationskraft, die von Bildern ausgeht, kann die Geschichtsdidaktik nutzen, und zahlreiche Bildquellen in den aktuellen Schulbüchern belegen, dass dies auch getan wird.2 Dabei kommt der Bearbeitung solch einer Art von Quelle im Klassenzimmer eine umso größere Bedeutung zu, als das Visuelle einen heute noch immer zunehmenden Anteil an der Lebenswirklichkeit der Schüler ausmacht. Neuere Beiträge, die sich mit Bildquellen als Medium für den Geschichtsunterricht befassen, werden daher nicht müde, dies zu betonen. Gleichzeitig wird eindringlich darauf hingewiesen, dass gerade in einer stark visualisierten Welt auf eine Sensibilisierung der Schüler für Bilder als reiche Informationsquelleabgezielt werden muss, und dass für das Verstehen einer solchen Quelle die üblichen Wahrnehmungs- und Sehgewohnheiten der Schüler nicht ausreichen.3

Im Folgenden soll nun versucht werden, einen Überblick über den in der neueren Forschung zur Geschichtsdidaktik zunehmend intensiver beachteten Komplex 'Bildquellen im Geschichtsunterricht' zu geben. Dazu wird zunächst auf Probleme aufmerksam gemacht werden, die die Definition des Begriffs Bildquelle sowie die Art der Präsentation von Bilder in Schulbüchern betreffen. Auch auf Schwierigkeiten, mit denen sich Schüler bei der Auseinandersetzung mit Bildern konfrontiert sehen, soll eingegangen werden. Anschließend soll gezeigt werden, welche Methoden im Umgang mit Bildquellen von der Geschichtsdidaktik vorgeschlagen wurden, welcher Stellenwert dabei systematischen Analyse- schemata zukommt und welche Möglichkeiten für den Einsatz von Bildquellen im Unterricht des Weiteren vorgeschlagen werden.

2. Schwierigkeiten

2.1 Definition und Bildtypen

Wird eine Bildquelle im Unterricht eingesetzt, so geschieht dies sicherlich in der Erwartung (oder zumindest in der Hoffnung), dass sie den Schülern einen Erkenntnisgewinn über ein historisches Thema bietet4. Bei der Auswahl der Quelle ist also darauf zu achten, dass unterschiedliche Typen von Bildquellen auch jeweils spezifische Schwierigkeiten für Interpretation und Verstehen des Bildes aufweisen. Wichtig erscheint an dieser Stelle, dass zunächst der Begriff 'Bildquelle' klar definiert wird. Spricht beispielsweise Michael Sauer davon, dass „auch Rekonstruktionszeichnungen“ (...) zu den 'Geschichtsbildern' [gehören]“5, so wird er damit im strengsten Sinne nicht dem Quellenbegriff gerecht. Hans- Jürgen Pandel weist dagegen zu Recht darauf hin, dass eine Bildquelle nur dann als eine solche zu bezeichnen ist wenn sie drei Kriterien erfüllt: Erstens muss es sich um eine zweidimensionale bemalte oder bedruckte Fläche handeln (also beispielsweise keine Plastik), zweitens muss sie eine Quelle im historischen Sinn, also in der Vergangenheit entstanden sein. Des Weiteren muss klar sein, dass eine Quelle eben nur eine Quelle für den Zeitpunkt ihres Entstehens ist.6 Die Arbeit etwa mit einer Rekonstruktionsdarstellung im Unterricht kann also nicht eigentlich als Quelleninterpretation bezeichnet werden.7 Im Folgenden wird daher die o.g. grundsätzliche Definition von Pandel zugrunde gelegt.

Innerhalb des nun festgelegten Bildbegriffes ist eine weitere wichtige Unterscheidung notwendig: Die Zeitebene des Bildes. Es ist entscheidend zu wissen, in welchem zeitlichen Verhältnis der Entstehungszeitpunkt eines Bildes zu dem in ihm Dargestellten steht, das heißt, ob beide Komponenten auf einer zeitlichen Ebene liegen, oder ob es sich um ein sogenanntes 'Historienbild' handelt. Nach Pandels Definition können beispielsweise aus einer Darstellung Kaiser Barbarossas aus dem 19. Jahrhundert ausschließlich Rückschlüsse über dieses Jahrhundert gezogen werden, niemals aber über jene Zeit Barbarossas. Für den Geschichtsunterricht heißt das konkret, dass die Auswahl eines solchen Historienbildes aus dem 19. Jahrhundert als Bildquelle gänzlich ungeeignet ist, wenn Kenntnisse über Verhältnisse zur Zeit Barbarossas im 12. Jahrhundert vermittelt werden sollen. Es kommt hinzu, dass die angesprochene Zeitebene des Bildes natürlich mit dem jeweiligen kunstgeschichtlichen Hintergrund der Epoche korreliert. Neben dem historischen Erkenntnisgewinn bei der Interpretation eines Bildes sollte auch auf das (Wieder)erkennen von angewandten künstlerischen Techniken und epochenspezifischen Darstellungsformen Wert gelegt werden.8 Oftmals lassen sich beide Aspekte – historischer und künstlerischer Blickwinkel – ohnehin kaum klar von einander abgrenzen. Zeitlich und/oder kulturell entfernte Gesten, Symbole und Allegorien sind nicht selten überhaupt erst der Schlüssel zum Verstehen einer Bildquelle.

2.2 Darstellung von Bildquellen

Weitere Schwierigkeiten können sich bei der Darbietung der Bildquellen ergeben. Banal aber wichtig ist zunächst die Forderung, bei der Präsentation der Quellen auf eine gute Darstellungsqualität zu achten.9 Die Bilder müssen gut erkennbar sein, ausreichend groß und vollständig abgebildet. In der Regel werden die Quellen im Schulbuch abgedruckt sein, aber auch eine Verwendung als Wandprojektion ist möglich und bietet gewisse Vorteile, besonders bei großformatigen Bildern.10 Eine weitere, wenn auch nur bedingt praktizierbare Art der Bildbetrachtung stellt der Besuch von Kunstmuseen dar.11 Gewöhnlich wird aber wohl das Schulbuch die wichtigste Quelle für im Unterricht verwendete Bilder darstellen. Das Angebot an Bildquellen in den Bücher ist, wie schon erwähnt, reichlich12, und es sollte auch darauf Verlass sein, dass die Qualität des Abgedruckten im Allgemeinen gut ist. Dies dürfte zumindest für die rein (druck)technischen Aspekte gelten, wohingegen im Hinblick auf andere Qualitätskriterien der Darstellung zuletzt von einer „nach wie vor völlig unbefriedigenden Art und Weise der Bildpräsentation“13 in Schulbüchern die Rede war. Treten im Schulbuch Mängel auf, so beeinträchtigen diese natürlich das interpretatorische Arbeiten an den Quellen. Ein solcher Mangel betrifft in einem von Günter Kaufmann genannten Beispiel schon das basale Kriterium der o.g. Zeitebene. In einem Schulbuch taucht da zum Thema Otto III. ein nicht zeitgenössisches Herrscherbild des Kaisers auf, ohne dass explizit auf diese Tatsache hingewiesen wird14. Natürlich ist die im Unterricht behandelte Person abgebildet, doch ergeben sich durch die unterschiedliche Zeitebene der beiden Komponenten zwei Probleme: Erstens kann das Bild nicht als Quelle einer für die Zeit Ottos III. üblichen Darstellungsweise von Herrschern dienen – sie ist Quelle für eine spätere Epoche, steht also außerhalb des behandelten Rahmens. Zweitens wird zugleich die Chance vergeben, den Schülern eine zeitgenössische Darstellung zu präsentieren, denn eine solche wäre in diesem Fall ja überliefert. In dem Buch wird dagegen der Aspekt der Zeitebene nicht berücksichtigt und so liegt es am Lehrer, darauf hinzuweisen. Der Abdruck des Bildes direkt neben dem Schulbuchtext über Otto III. wird sonst fast zwangsläufig dazu führen, dass Schüler die Zeit des Ottonen mit dem Bild identifizieren.15 Neben Problemen der Kongruenz der Zeitebenen finden sich in neueren Schulbüchern weitere Defizite. Dazu gehört die Praxis, nur Ausschnitte von Gemälden oder Fotos abzudrucken, ohne dass dies vermerkt wird.16 Im wahrsten Wortsinn erscheint ein Bildquelle dann 'aus dem Zusammenhang gerissen', wichtige Informationen zum Verständnis des Bildes können fehlen, die Kommunikationssituation wird dadurch entstellt oder verzerrt. Weitere Arten der Unterschlagung von Informationen zu einem Bild betreffen oftmals Bildunterschriften und Untertitel. Sind diese im Original vorhanden, so sollten sie unbedingt auch im Schulbuch angegeben werden, da sonst wiederum der Kontext verfälscht oder ausgeblendet wird. Ein gutes Beispiel hierfür führt Günter Kaufmann an: Das bekannte Bild des aus dem Amt scheidenden Bismarck, im Schulbuch mit „Der Lotse geht von Bord“ betitelt, das im Original den Titel „Dropping the pilot“ trägt.17 Nun ist es für die Interpretation doch ein erheblicher Unterschied, ob Bismarck (freiwillig, könnte man aus der deutschen Bildunterschrift schließen) von Bord geht, oder ob erfallen gelassenwird. Die Intention des Künstlers kann ohne den Originaltitel ganz anders gedeutet werden. Neben dem Weglassen solch wichtiger Elemente des Bildes selbst werden auch immer wieder Angaben zu Entstehungszeit und - ort und zum Urheber nicht genannt.18 Letztlich können für eine Bildinterpretation auch zusätzliche Informationen erforderlich sein, wie etwa zum Zweck des Bildes (etwa: Altarbild), der Originalgröße, dem Auftraggeber und dem Verwendungs- zweck (etwa: Schenkung). Bildquellen können sich, da sie in Schulbüchern nicht selten die genannten Defizite aufweisen, auf diese Weise oftmals nur als schmuckes Beiwerk zum Text erweisen, deren gewinnbringende Interpretation schwerlich gelingen oder die gar Verwirrung stiften können.

[...]


1 In einer Untersuchung beurteilten besonders Schüler niedriger Klassenstufen Bilder als Quellen positiv: Wolfrum/Sauer,Zum Bildverständnis von Schülern, S. 416. Hier Kurztitel, die vollständigen Literaturangaben finden sich im Literaturverzeichnis auf Seite 14.

2 Gies,Geschichtsunterricht, S. 239f.

3 So etwa Sauer,Stichworte, S. 114; Buntz,Arbeit mit Bildquellen, S. 4; Erdmann,Bilder sehen lernen,S. 6.

4 Zum Ziel 'Entwicklung einer Bildkompetenz' siehe unten.

5 Bilderim Geschichtsunterricht, S. 125.

6 Bildinterpretation, S. 172.

7 Was natürlich nicht heißen soll, dass eine solche Darstellung für den Geschichtsunterricht völlig nutzlos ist; nur handelt es sich dabei eben höchstens für die Zeit des Entstehens der Rekonstruktion um einehistorische Quelle.Die Rekonstruktion wiederum ist ja meist zeitgenössisch und damit erübrigt sich ihre Verwendung alshistorischeQuelle.

8 Vgl. Sauer,Stichworte, S. 119. Sauer bedauert in diesem Zusammenhang das Verschwinden der Vermittlung von Kunstgeschichte im Kunstunterricht.

9 Buntz,Arbeitmit Bildquellen, S. 4.

10 Ebd.

11 So von Borries,Bilder, S. 364. Dies sei vorzuziehen, da es den Abbildungen in Schulbüchern an „Materialität“ und „Authentizität und realer Größe“ mangele.

12 Wunderer spricht schon 1992 von „optischer Opulenz“ der Schulbücher (Neue Unterrichts- materialien, S. 12).

13 So Kaufmann,NeueBücher - Alte Fehler, S. 68.

14 Ebd., S. 71.

15 Die Tatsache, dass Bilder sich leichter einprägen als geschriebene Informationen (vgl. Erdmann,Bildersehenlernen, S. 6), mag womöglich sogar dazu führen, dass langfristig einzig das nicht zeitgenössische Bild Ottos mit dem späten 10. Jahrhundert in Verbindung gebracht wird – obwohl es in eine ganz andere Zeit gehört.

16 Kaufmann,Neue Bücher– Alte Fehler, S. 69.

17 Kaufmann,Neue Bücher– Alte Fehler, S. 69.

18 Ebd.

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Die Verwendung von Bildquellen im Geschichtsunterricht
Université
LMU Munich  (Historisches Seminar)
Cours
Einführung in die Didaktik der Geschichte
Note
1,0
Auteur
Année
2006
Pages
14
N° de catalogue
V122199
ISBN (ebook)
9783640270644
Taille d'un fichier
445 KB
Langue
allemand
Mots clés
Verwendung, Bildquellen, Geschichtsunterricht, Einführung, Didaktik, Geschichte
Citation du texte
Markus Maleika (Auteur), 2006, Die Verwendung von Bildquellen im Geschichtsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122199

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