Die Wendung von der Erklärungslücke (explanatory gap) wurde zwar 1983 von Joseph Levine in seinem Aufsatz „Materialism and Qualia: The Explanatory Gap“ geprägt, doch ist die Problematik keine neuartige. Der Frage, wie es möglich sein kann, aus neuronalen, also funktionalen Zuständen zu verstehen, wie es ist, subjektive phänomenale Zustände zu erleben, gingen bereits vor Levine verschiedene Philosophen nach. Vertreter der These von der Erklärungslücke halten es für unplausibel, dass phänomenales Erleben ausgehend von neuronalen Prozessen erklärt werden kann. In dieser Ausarbeitung sollen verschiedene Argumente zur Erklärungslücke beleuchtet werden, die sich der epistemischen Frage annähern, wie sich physikalisches Wissen beispielsweise der Neurowissenschaften und das Wissen beziehungsweise unsere Vorstellungen über phänomenales Bewusstsein zueinander verhalten.
Besondere Beachtung werden im Folgenden drei Argumente finden: Zunächst betrachte ich Thomas Nagels „What is it like to be a bat“-Argument, das Argument des unvollständigen Wissens und das der Epiphänomene von Frank Jackson. Beide Philosophen vertreten den Standpunkt, dass physikalische Fakten nicht ausreichen zur Erklärung phänomenalen Erlebens.
Joseph Levines „Erklärungslücken“-Argument verweist eher auf einen epistemologischen Zusammenhang. Levine hält es aufgrund der Beschränkungen unseres Erkenntnisvermögens prinzipiell für unmöglich, dass wir die genannte Erklärung jemals verstehen können.
Die Argumente sollen zunächst dargestellt, kritisch reflektiert und dann zu einer Aussicht hin entwickelt werden. Ich möchte betonen, dass mir durchaus bewusst ist, dass ich der umfangreichen Thematik nicht gerecht werden kann. Das liegt zum einen an der Materialfülle und dem begrenzten Ausmaß dieser Arbeit, zum anderen aber auch an den erheblichen Implikationen der zahlreichen Argumente und Gegenargumente für verschiedene Disziplinen und Fragestellungen. Ich werde also meinen Fokus auf die bekanntesten Argumente richten und diese miteinander in Beziehung stellen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Thomas Nagel: „What is it like to be a bat“
- 3. Frank Jackson
- 3.1 Das Argument des unvollständigen Wissens
- 3.2 Epiphänomenalismus
- 4. Joseph Levine: Die Erklärungslücke
- 5. Kann die Erklärungslücke geschlossen werden?
- 5.1 Repräsentationalismus
- 5.2 Eliminativer Materialismus
- 6. Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beleuchtet verschiedene philosophische Argumente zur Erklärungslücke, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie subjektive phänomenale Zustände aus neuronalen Prozessen erklärt werden können. Der Fokus liegt auf der epistemischen Frage des Verhältnisses von physikalischem Wissen und Wissen über phänomenales Bewusstsein.
- Nagels „What is it like to be a bat“-Argument
- Jacksons Argument des unvollständigen Wissens
- Jacksons Argument des Epiphänomenalismus
- Levines Argument der Erklärungslücke
- Möglichkeiten zur Schließung der Erklärungslücke (Repräsentationalismus und eliminativer Materialismus)
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Erklärungslücke ein und benennt die zentralen Argumente, die im Folgenden behandelt werden. Kapitel 2 analysiert Nagels Argument, das den Unterschied zwischen phänomenalem und physikalischem Wissen hervorhebt und die Unmöglichkeit illustriert, sich in das Bewusstsein einer Fledermaus hineinzuversetzen. Kapitel 3 präsentiert Jacksons Argument des unvollständigen Wissens und das Argument des Epiphänomenalismus, die ebenfalls die Unzulänglichkeit physikalischer Erklärungen für phänomenales Erleben betonen. Kapitel 4 beschreibt Levines Argument, welches die prinzipielle Unmöglichkeit des Verständnisses der Erklärung aufgrund von kognitiven Beschränkungen postuliert. Kapitel 5 diskutiert Ansätze zur Schließung der Erklärungslücke, wie den Repräsentationalismus und den eliminativen Materialismus.
Schlüsselwörter
Erklärungslücke, phänomenales Bewusstsein, physikalischer Reduktionismus, Nagel, Jackson, Levine, subjektives Erleben, objektives Wissen, Repräsentationalismus, eliminativer Materialismus, Epiphänomenalismus.
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- Anna Jäger (Autor), 2007, Die Erklärungslücke, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122317