Sozialarbeit im Krankenhaus: Psychosoziale Beratung der krebskranken Kinder und ihrer Familien


Term Paper, 2008

35 Pages, Grade: 1,5


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sozialarbeit im Krankenhaus
2.1 Historische Entwicklungen der Sozialarbeit im Krankenhaus
2.2 Aufgaben der Sozialarbeit im Krankenhaus
2.3 Kooperation zwischen Sozialarbeit und Medizin, Akzeptanz und Probleme

3. Die psychosozial geprägte Beratung
3.1 Was ist psychosoziale Beratung?
3.2 Psychosoziale Beratung in der Sozialarbeit im Krankenhaus

4. Das krebskranke Kind
4.1 Die besondere Situation des Kindes mit seiner Krebserkrankung
4.2 Wie wirken sich die Erkrankung und der Krankenhausaufenthalt auf die Psyche des Kindes aus?
4.2.1 Angst als emotionale Begleitreaktion auf die Stresssituation
4.2.1.1 Trennungsangst
4.2.1.2 Verlustangst
4.2.1.3 Angst vor Neuem und Unbekanntem
4.2.1.4 Angst vor Schmerzen
4.2.1.5 Verstümmelungsangst
4.2.1.6 Todesangst
4.2.2 Verhaltensweisen und Reaktionen zur Bewältigung der Stresssituation
4.2.2.1 Aggression
4.2.2.2 Verweigerung
4.2.2.3 Emotionaler Rückzug - Apathie
4.2.2.4 Depression
4.2.2.5 Regression
4.2.2.6 Verschiebung
4.2.2.7 Rationalisierung

5. Psychosoziale Beratung auf der pädiatrisch-onkologischen Station
5.1 Psychosoziale Beratung der krebskranken Kinder
5.2. Psychosoziale Beratung der Angehörigen

6. Das Konzept des psychosozialen Dienstes des Bonner Modells

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

9. Internetquelle

1. Einleitung

Christel Zachert erzählt in ihrem Buch „Wir treffen uns wieder in meinem Paradies“ über die bösartige Tumorerkrankung ihrer damals 15-jährigen Tochter Isabell im Jahr 1981. In dem Buch werden des Weiteren der Kampf der Tochter mit der Erkrankung, die veränderten Lebensumstände innerhalb der Familie, die Gefühle des Überfordertseins seitens der Eltern u.a. beschrieben. Christel Zachert bedauert es zudem, dass es zu der damaligen Zeit keine psychosoziale Beratung für krebskranke Kinder und ihren Angehörigen gegeben hat.

Aufgrund dessen ergab sich für meine Hausarbeit im Diplom in Allgemeiner Sozialpädagogik das Thema „Sozialarbeit im Krankenhaus: Psychosoziale Beratung der krebskranken Kinder und ihrer Familien“.

Vier Jahre nach dem Tod von Isabell im Jahr 1982 erklärte sich die Familie Zachert zu einem Fernsehinterview bereit. In dieser Dokumentation, „Wir treffen uns auf einem Stern“, wird die Geschichte des letzten Lebensjahres von Isabell erzählt. Mit diesem Film wollte die Familie Zachert über die Erfahrungen von Eltern mit einem tumorerkrankten Kind berichten, um in der Öffentlichkeit eine Verbesserung der Situation dieser Kinder zu erreichen (vgl. Zachert 1993: 218, 235).

Das Hauptaugenmerk dieser Hausarbeit liegt vor allem darauf, was sich seit Anfang der 80er Jahre in den deutschen Krankenhäusern, insbesondere auf den Kinderkrebsstationen, verändert hat. Wie hat sich der Bereich der psychosozialen Beratung auf der pädiatrisch-onkologischen Station fortentwickelt? Welche Bedürfnisse, Ängste oder Verhaltensweisen entwickeln die jungen Patienten im Verlauf ihrer Erkrankung sowie während des Krankenhausaufenthaltes? Wie gehen Eltern und Geschwister mit der Krebserkrankung um? Inwieweit ergeben sich eventuelle Unterschiede in der psychosozialen Beratung der erwachsenen Patienten im Gegensatz zu den Kindern? Die nachfolgende Hausarbeit versucht diese Fragen zu beantworten.

Demzufolge werden in den folgenden Kapiteln zunächst die Grundlagen der vorliegenden Hausarbeit geklärt. In Kapitel 2 sind die historischen Entwicklungen der Sozialarbeit im Krankenhaus zu nennen, die Aufgaben der Sozialarbeit im Krankenhaus sowie die Akzeptanz zwischen Medizin und Sozialarbeit aufbaut. Dabei wird sowohl der Begriff „Sozialarbeit im Krankenhaus“ als auch die Synonyme „Krankenhaussozialarbeit“, „Sozialarbeit“ sowie „Sozialdienst“ verwendet.

Nachdem in Kapitel 3 die psychosoziale Beratung thematisiert wurde, wird auf den Schwerpunkt der Hausarbeit eingegangen. Als Themenschwerpunkte sind hier die besondere Situation des krebskranken Kindes sowie seinen Umgang mit der Krankheit anzuführen als auch die psychosoziale Beratung im Umgang mit den jungen Patienten und den Angehörigen.

2. Sozialarbeit im Krankenhaus

Die Sozialarbeit im Krankenhaus ist ein Teilbereich der Klinischen Sozialarbeit. Die Klinische Sozialarbeit beschreibt eine behandelnde Sozialarbeit, die bei Krankheiten, Behinderungen oder psychosozialen Krisen gefordert ist (vgl. Ansen et al. 2004: 18).

Die Sozialarbeit nimmt im Krankenhaus die Aufgaben der Unterstützung und Ergänzung der medizinischen Behandlung des Patienten wahr. Der Hauptaspekt liegt hierbei auf den psychosozialen Folgen von Krankheit und ihren Auswirkungen auf den Alltag sowie der Nachsorge (vgl. Hegeler. In: Ortmann et al. (Hrsg.) 2008: 121). Die Sozialarbeiter beraten und begleiten Patienten aller Altersgruppen sowie bei Bedarf auch ihre Angehörigen, deren Lebensumstände sich aufgrund von Krankheit oder Behinderung in physischer, psychischer, sozialer, beruflicher, wirtschaftlicher und/oder in anderer Hinsicht verändert haben. Die Sozialarbeit wird nicht bei jeder Krankheit tätig. Sie ist in erster Linie für die Erkrankungen zuständig, die mit vielen Komplikationen und sozialen Konsequenzen verbunden sind, weil sie den Patienten belasten und dadurch den Heilungsverlauf beeinflussen. Darunter fallen z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Beschwerden des Muskel- und Skelettsystems, Stoffwechselerkrankungen, psychische Störungen sowie Krebserkrankungen, die in der Arbeit ausführlich thematisiert werden (vgl. Ansen et al. 2004: 13). Eine Darstellung der verschiedenen Aufgabengebiete erfolgt in Kapitel 2.2. Um eine Grundlage für die Thematik zu schaffen werden zunächst die historischen Entwicklungen der Krankenhaussozialarbeit erläutert.

2.1 Historische Entwicklungen der Sozialarbeit im Krankenhaus

Die Krankenhaussozialarbeit in Deutschland hat ihren Ursprung im Jahr 1896, als Mitglieder der Berliner „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“ unter der Leitung von Lina Basch sich in Krankenhäusern engagierten (vgl. Reinicke. In: Reinicke (Hrsg.) 2001: 15; Ansen, et al. 2004: 118).

Hinter dieser Entwicklung stand die Erkenntnis, dass ein schwer erkrankter Patient neben ärztlicher und pflegerischer Hilfe zusätzlich Hilfe für entsprechende Notsituationen in seinem Leben benötigt (vgl. Ansen et al. 2004: 118).

Der wesentlichste Aspekt in der Krankenhaussozialarbeit stellt die 1926 erfolgte Gründung der „Deutschen Vereinigung für den Fürsorgedienst im Krankenhaus“ (heute: Deutsche Vereinigung für den Sozialdienst im Krankenhaus e.V.) dar. Zum Aufgabenbereich dieses Verbandes gehörte in erster Linie das Sammeln und der Austausch von nationalen und internationalen Erfahrungen in der sozialen Betreuung von Kranken. Bei der ersten Tagung und Mitgliederversammlung der „Deutschen Vereinigung für den Fürsorgedienst im Krankenhaus“ in Goslar am 2. Juli 1927 unterhielten bereits ein Jahr nach Gründung 35 Städte einen Sozialdienst im Krankenhaus.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 war ein folgenreicher Wendepunkt für die Soziale Krankenhausfürsorge sowohl in personeller als auch in ideeller Hinsicht. Viele der Vorstandsmitglieder der „Deutschen Vereinigung für den Fürsorgedienst im Krankenhaus“ waren gezwungen, aufgrund ihrer nichtarischen Herkunft oder sozialistischer Gesinnung, ihre Arbeit aufgeben; der Vorstand wurde mit Vertretern des Nationalsozialismus ersetzt und in die „Nationalsozialistische Volkswohlfahrt“ integriert (vgl. Hillers 1993: 9ff; Reinicke 1994; 30).

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Vereinigung von den Alliierten zunächst aufgelöst und im Jahre 1949 wieder gegründet.

Bis zu den 70er Jahren entwickelte sich der Ausbau der Sozialarbeit in den Krankenhäusern nicht weiter. Aufgrund der größeren Bedeutung der Nachsorge sowie der Einführung von Rehabilitationsmaßnahmen nach einem Krankenhausaufenthalt erlangte der Sozialdienst nach 1970 wieder mehr Gewicht. Zu dieser Zeit wurden auch erstmals gesetzliche Rahmenbedingungen für die Einrichtung von Sozialdiensten erschaffen (vgl. Ansen et al. 2004: 119f).

Schon in den Anfängen der Krankenhaussozialarbeit spielte der wirtschaftliche Nutzen der Sozialdienste eine wesentliche Rolle, was anhand der Verkürzung der Aufenthaltsdauer eines Patienten im Krankenhaus deutlich wird.. Die Kostenersparnis, sowohl durch die Einbeziehung des Sozialdienstes in die Entlassungsvorbereitung als auch durch die Verlegung des Patienten, konnte sogar nachgewiesen werden (vgl. Ansen et al. 2004: 120f).

Welche Aufgaben die Sozialarbeit neben des wirtschaftlichen Nutzens zu erfüllen hat, wird in Kapitel 2.2 erläutert.

2.2 Aufgaben der Sozialarbeit im Krankenhaus

Schwere und insbesondere chronische körperliche sowie psychische Erkrankungen führen oftmals dazu, dass das Leben der Betroffenen aus dem Gleichgewicht gerät. Aufgrund ihrer Erkrankung geraten sie in Abhängigkeit von Personen in ihrem Umfeld wie Ärzten, Therapeuten, Helfern und Angehörigen. Körperlich braucht der Patient die medizinische Hilfe. In psychischer Hinsicht ist er sowohl auf Zuspruch und Aufmerksamkeit angewiesen als auch auf eine Beratung und Behandlung, die seine Mitmenschen ebenfalls mit einbindet (Angehörige, Freunde, ggf. Arbeit oder Schule usw.) (vgl. Pauls 2004: 330f).

Der Aufgabenbereich der Krankenhaussozialarbeit gestaltet sich sehr vielseitig. Die Sozialarbeiter arbeiten im diagnostischen Bereich im Hinblick auf Sozialanamnese, der Diagnose von Belastungen, Netzwerkanalyse und Familiendiagnostik (vgl. Pauls 2004: 333). In der Sozialanamnese bezieht sich der Sozialarbeiter direkt auf die aktuelle Problemlage des Patienten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung steht (vgl. Hillers 1993: 35). Auch die psychosoziale Beratung bildet ein Arbeitsfeld der Krankenhaussozialarbeit. Hierzu werden u.a. Orientierungs- und Anpassungshilfen innerhalb des Krankenhauses, Hilfen zur emotionalen Krankheitsbewältigung, Hilfe zur Bewältigung von Krisen- und Konfliktsituationen (auch bei Suizidalität) im persönlichen Bereich und bei den Angehörigen gezählt.

Des Weiteren gehört zu dem Tätigkeitsbereich des Sozialarbeiters soziale Einzelhilfe, ggf. soziale Gruppenarbeit, Aufrechterhaltung, evtl. Wiederherstellung des Kontakts zur Familie und zum vorherigen Arbeitsplatz bzw. zur Schule. Aufklärung und Zusammenarbeit mit öffentlichen und karitativen Einrichtungen gehören ebenso, wie auch das Vorbereiten auf die Entlassung aus dem Krankenhaus dazu. Darüber hinaus versteht sich die Sozialarbeit auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus als Ansprechpartner. Sie kann u.a. Vorschläge an Patienten zu arbeitstherapeutischen Förderungen geben, wie z.B. die Vermittlung eines geeigneten neuen Arbeitsplatzes sowie Wohnraum- oder eventuelle Heimplatzbeschaffung.

Ein letzter wichtiger Bereich stellt die aufklärende Öffentlichkeitsarbeit dar. Unter diesem Aspekt fällt die Förderung des Kontaktes zwischen Krankenhaus und Umwelt hinsichtlich des Abbaus gesellschaftlicher Vorurteile und/oder Unkenntnis gegenüber Menschen mit bestimmten Krankheiten, einschließlich der Vorbereitung des Patienten auf die Gesellschaft außerhalb des Krankenhauses (vgl. Pauls 2004: 333f).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Krankenhaussozialarbeit den Patienten in seinen Selbsthilferessourcen fördert und ihn darin unterstützt, eigenständige Entscheidungen zu treffen und verantwortliches Verhalten bei der Lebensgestaltung zu erhalten oder wieder zu erlangen. Es wird versucht, für Konflikt- und Problemsituationen gemeinsam Lösungen zu finden. Desgleichen sollen gesellschaftliche und soziale Defizite ausgeglichen werden (vgl. Hillers 1993: 34).

Anhand der Ausführungen wird erkennbar, dass die Sozialarbeiterin das Bindeglied zwischen Patient, Familie und Krankenhaus verkörpert (vgl. Ansen et al. 2004: 121).

2.3 Kooperation zwischen Sozialarbeit und Medizin, Akzeptanz und Probleme

Die Kooperation mit den Ärzten und Pflegekräften bildet einen wesentlichen Bestandteil der Sozialen Arbeit. Notwendig für eine erfolgreiche Kooperation ist eine funktionierende Kooperation und Akzeptanz der Sozialarbeit seitens des medizinischen Personals.

Die Sozialarbeiter klären die Informationen über die Befindlichkeit des Patienten sowie die Vorbereitung weiterer Hilfsmaßnahmen mit dem ärztlichen, pflegerischen, therapeutischen oder beratenden Personal ab. Eine erfolgreiche Betreuung eines Patienten hängt davon ab, dass Informationen rechtzeitig und vollständig weitergegeben werden. Erhält der Sozialarbeiter die Informationen erst kurz vor der Entlassung oder unvollständig, kann sich die Entlassung verzögern (vgl. Ansen, et al. 2004: 28).

Bei der Aufnahme ins Krankenhaus muss der Arzt für jeden Patienten eine medizinische Diagnose erstellen. Folglich nimmt er eine zentrale Schlüsselfunktion ein, die ihn in den Mittelpunkt des Handelns im Genesungsprozess stellt. Der Arzt ist der Fachmann im medizinischen Teil der Behandlung. Von seinen Kenntnissen und Erfahrungen hängt es weitestgehend ab, ob andere Berufsgruppen in diesen Prozess miteinbezogen werden (vgl. Reinicke 1994: 105).

Die Sozialarbeiter sind oft für mehrere Stationen verantwortlich, die wiederum diversen Fachrichtungen zugewiesen sind. Dementsprechend sind die Sozialarbeiter auf die Wahrnehmung sozialer Probleme durch andere Berufsgruppen angewiesen.

Die Ärzte verkörpern die Berufsgruppe, mit denen die Krankenhaussozialarbeiter am häufigsten kooperieren. Ungefähr zwei Drittel der Sozialarbeiter beurteilen die Kooperation mit den Ärzten als schlecht (vgl. Ansen et al. 2004: 28). Diverse Untersuchungen haben ergeben, dass eher die Sozialarbeiter die Zusammenarbeit mit den Ärzten kritisch sehen und nicht andersherum (vgl. Reinicke 1994: 106).

Garms-Homolova gibt an, dass die Sozialarbeiter nur tätig werden, wenn sie von den Ärzten einen Auftrag erteilt bekommen, sozusagen auf Abruf warten.

Hillers sieht in der Arzt-Sozialarbeiter-Beziehung sogar eine der größten Belastungen der Sozialarbeit im Krankenhaus. Die Sozialarbeiter erhalten zumeist spät ihre Informationen bezüglich eines Patienten. Die Besprechungen zwischen den beiden Berufsgruppen sind z.T. unzureichend und finden eher zufällig statt (vgl. Ansen et al. 2004: 28f).

Hedtke-Becker sieht das grundlegende Problem in der Beziehung in der unterschiedlichen Vorgehensweise bei der Behandlung des Patienten. „Die Sozialarbeit arbeitet mit dem Patienten und seinem sozialen Netzwerk, während die ärztliche Behandlung am Patienten und am Symptom erfolgt“ (Hedtke-Becker 2003. In: Ansen et al. 2004: 29).

Die Ärzte hingegen äußern, dass die Sozialarbeiter ihnen Arbeit abnehmen, da sie selber keine Zeit hätten, sich um das Umfeld des Patienten zu kümmern. Gerade in Bezug auf die Entlassung eines Patienten wird die Sozialarbeit als Unterstützung wahrgenommen, da sie einen Bereich darstellt, der viel planerisches Geschick und Organisation sowie Beratung und Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen erfordert (vgl. Bienz et al. 2004: 65).

Reinicke hat herausgefunden, dass die Sozialarbeiter seitens der Ärzte als kompetent betrachtet werden. Sie werden „als Partner für die Bewältigung sozialer Probleme der Patienten im Krankenhaus“ angesehen (Reinicke 1994: 106). Bienz und Reinmann haben ebenfalls festgestellt, dass das Fremdbild nicht mit dem Selbstbild der Sozialarbeiter übereinstimmt. Die Befragungen ergaben, dass die Sozialarbeit im Krankenhaus eine akzeptierte, wichtige und gut integrierte Position inne zu haben scheint.

Die Sozialarbeiter müssen sich zunächst selbst über ihre Kompetenzen klar werden, bevor sie dies von den anderen Berufsgruppen erwarten können (vgl. Bienz, Reinmann 2004: 67-74). Keck-Staudt schlägt deshalb vor, dass die Sozialarbeiter vermehrt Öffentlichkeitsarbeit für die Soziale Arbeit durchführen und z.B. an Fortbildungen für Ärzte mitwirken. Eine weitere Option stellt die Einführung eines verantwortlichen Arztes, der als Ansprechpartner für die Sozialarbeiter fungiert, dar. Die Teilnahme von Sozialarbeitern an den Visiten könnte eine weitere Möglichkeit sein, um das Selbstbild der Sozialarbeiter im Krankenhausgefüge aufzubauen und zu stärken (vgl. Ansen et al. 2004: 29).

3. Die psychosozial geprägte Beratung

Beratung ist eine weit verbreitete und vielseitige Hilfeform; Sie ist eine der bedeutendsten Methoden sozialer, sozialpädagogischer und psychosozialer Arbeit. Die Beratung ist ein Oberbegriff für die Form der Interaktion zwischen Klient und Helfer. Die Interaktion bezieht sich auf kognitive, emotionale und praktische Problemlösung und -bewältigung von Klienten und auch Klientensystemen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen, Organisationen).

Die Beratung zielt auf die Förderung und (Wieder-)Herstellung der Bewältigungskompetenzen der Klienten selbst sowie ihrer sozialen Umwelt im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe, ohne ihnen aber die Lösung für das Problem direkt vor Augen zu führen, ab (vgl. Sickendiek et al. 1999: 13f).

Im folgenden Kapitel wird speziell auf die psychosoziale Beratungsform eingegangen und diese im Zusammenhang mit der Krankenhaussozialarbeit erläutert.

3.1 Was ist psychosoziale Beratung?

Im Mittelpunkt der psychosozialen Beratung steht das Erkennen von Belastungen und Einschränkungen des Klienten und die damit verbundenen Problemlösungskompetenzen. Psychische und soziale Befindlichkeiten werden in Verbindung zu den sozialen Lebens- und Umweltbedingungen gesetzt.

Die psychosoziale Beratung befasst sich im Wesentlichen mit den Belastungen, die der Klient aufgrund der äußeren Anforderungen entwickelt hat und die ihn beeinträchtigen (vgl. Sickendiek et al. 1999: 19). Es wird den Menschen geholfen, die sich in ihrem psychischen und sozialen Wohlbefinden eingeschränkt fühlen und denen es nicht gelungen ist, mit den eigenen Mitteln eine Lösung für das Problem zu finden (vgl. Schnoor. In: Schnoor (Hrsg.) 2006: 14).

Infolge der Gespräche mit dem Berater erlangen sie eine psychosoziale Reflexivität. Dies beschreibt die Fähigkeit, zwischen den gesellschaftlichen Normen und Anforderungen und den eigenen Bedürfnissen unterscheiden zu können. Die psychosoziale Reflexivität begründet sich auf der Wahrnehmung psychosozialer Widersprüche und Belastungen sowie der Flexibilität, der Rollendistanz und der Konflikttoleranz. Als Kompetenz ist hierfür die Konfrontation mit Widersprüchen und Konflikten sowie das Aushalten dieser zu nennen. Eine weitere erworbene Fähigkeit während des Beratungsprozesses stellt der Wechsel von Perspektiven dar. Das heißt, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und neue Blickwinkel einzunehmen.

Eine zusätzliche psychosoziale Perspektive orientiert sich an dem Konzept der Ressourcen. Hierunter werden individuelle Fähigkeiten und Kompetenzen verstanden. Die Ressourcen beziehen sich aber auch auf die Aspekte der sozialen und materiellen Umwelt, die Entfaltungsmöglichkeiten sowie Bewältigungskompetenzen bereitstellen. Zu den persönlichen Ressourcen werden u.a. ein gesichertes Selbstwertgefühl oder auch die Zuversicht in der Effektivität des eigenen Handelns gezählt. Mit den Umweltressourcen werden u.a. die materielle Absicherung oder das Unterstützungspotential seitens der Angehörigen und Freunde umschrieben.

Die psychosoziale Beratung ergründet zusammen mit dem Klienten, welche Ressourcen vorhanden sind und setzt nicht zuerst an den Defiziten an (vgl. Sickendiek et al. 1999: 20f).

Zudem verbindet sie sachbezogene Hilfsmaßnahmen mit der Arbeit am Selbstverständnis des Klienten. Sachprobleme können oftmals nicht getrennt von den persönlichen Problemen betrachtet werden. Gerade bei kranken Menschen stehen nicht nur materielle oder Versorgungsprobleme im Vordergrund, sondern auch die veränderte Lebenssituation, mit der der Patient zurecht kommen muss, was in Kapitel 3.2 näher ausgeführt wird (vgl. Ansen. In: Gödecker-Geenen et al. (Hrsg.) 2002: 112).

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Details

Title
Sozialarbeit im Krankenhaus: Psychosoziale Beratung der krebskranken Kinder und ihrer Familien
College
University of Vechta  (Institut für Soziale Arbeit, Angewandte Psychologie und Sportwissenschaft)
Grade
1,5
Author
Year
2008
Pages
35
Catalog Number
V122330
ISBN (eBook)
9783640275007
ISBN (Book)
9783640277568
File size
498 KB
Language
German
Keywords
Sozialarbeit, Krankenhaus, Psychosoziale, Beratung, Kinder, Familien
Quote paper
Anke Wittkötter (Author), 2008, Sozialarbeit im Krankenhaus: Psychosoziale Beratung der krebskranken Kinder und ihrer Familien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122330

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