Widerstand – wohl jeder denkt bei diesem Wort unmittelbar an bedeutende Symbolfiguren von Widerstandsbewegungen des vergangenen Jahrhunderts: Mahatma Gandhi in Indien, Nel-son Mandela in Südafrika, Martin Luther King und Malcolm X in den USA, Che Guevara in Kuba oder die Geschwister Scholl in Deutschland. Ihnen allen gelang es, in ihrer Position als charismatische Führer, die breite Masse der Unterdrückten zu vereinen, und so den Kampf gegen ungleiche Herrschaftsstrukturen und Machtverhältnisse aufzunehmen. Aufgrund ihrer Erfolge werden sie noch heute als Gallionsfiguren des Widerstands geachtet und verehrt.
Diese Arbeit beschäftigt sich ebenfalls mit Widerstand, die berühmten, soeben genannten Namen, werden dabei jedoch keine Rolle spielen. Dieser Aufsatz handelt von den tausenden namenlosen Helden des Alltags, die durch ihren täglichen, subtilen Widerstand einen großen Beitrag für den Wandel postkolonialer Machtstrukturen leisten, obwohl sie nur äußerst selten in kollektiven Bewegungen organisiert sind.
Ziel dieser Arbeit wird es sein, die „Kunst des Widerstandes“ (Scott 1990) in ihren vielfältigen Facetten zu verdeutlichen, stets mit der Frage im Hinterkopf, welchen Einfluss die besondere Situation des postkolonialen Staates auf die Form des Widerstandes hat.
Nach einer ausführlichen Annäherung an die theoretische Diskussion bezüglich Widerstand werde ich anhand von Foucaults Konzept der Gouvernementalität die Besonderheiten des alltäglichen Widerstandes an zwei Beispielen aus Indien und Australien verdeutlichen. In beide Betrachtungen wird auch stets die Imagination des Staates durch die subalterne Gesellschaft einfließen, da sich bestimmte Verhaltensweisen und Formen des Widerstands nur so erklären lassen. Abschließend werde ich in einer vergleichenden Analyse der Fallbeispiele auf eventuelle Ähnlichkeiten und Abweichungen im Verhalten eingehen.
Zunächst jedoch müssen wir uns einen Überblick über die theoretische Diskussion zum Thema Widerstand verschaffen, wobei ich auch auf Probleme der Konzepte zu sprechen kommen werde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Widerstand – theoretische Diskussion und Kritikpunkte
- Widerstand und Gouvernementalität – Fallbeispiele aus Indien und Australien
- Foucaults Theorie der Gouvernementalität
- Fallbeispiel Indien: Formen des Widerstandes gegen das Integrated Child Development Services Programm
- Fallbeispiel Australien: Formen des Widerstandes der Dhan-gadi Aborigines gegen den australischen Staat
- Analyse der Fallbeispiele
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht alltägliche, subtile Formen des Widerstands in postkolonialen Staaten. Sie analysiert, wie subalterne Gruppen (z.B. Bauern und Indigene) durch nicht-organisierte Widerstandsstrategien auf Machtstrukturen reagieren und diese beeinflussen. Die Arbeit beleuchtet den Einfluss des postkolonialen Staates auf die Ausgestaltung dieses Widerstandes und vergleicht Fallbeispiele aus Indien und Australien.
- Alltäglicher Widerstand in postkolonialen Kontexten
- Foucaults Gouvernementalität und subalterner Widerstand
- Analyse von Widerstandsformen in Indien und Australien
- Die Rolle der Imagination des Staates in subalternen Widerstandsstrategien
- Vergleichende Analyse von Ähnlichkeiten und Unterschieden in den Fallbeispielen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und grenzt den Fokus auf alltäglichen Widerstand ab, im Gegensatz zu bekannten, organisierten Widerstandsbewegungen. Es wird das Ziel der Arbeit formuliert, die „Kunst des Widerstandes“ im postkolonialen Kontext zu untersuchen.
Kapitel 2 (Widerstand – theoretische Diskussion und Kritikpunkte): Dieses Kapitel diskutiert theoretische Ansätze zum Verständnis von Widerstand, kritisch beleuchtend die bestehenden Definitionen und die Herausforderungen bei der Erforschung von nicht-organisiertem Widerstand subalterner Gruppen. Es werden verschiedene Formen von Widerstand und deren Effektivität erörtert.
Kapitel 3 (Widerstand und Gouvernementalität – Fallbeispiele aus Indien und Australien): Dieses Kapitel präsentiert Fallstudien aus Indien und Australien, die alltägliche Widerstandsformen gegen staatliche Programme und Strukturen analysieren. Es werden die jeweiligen Formen des Widerstandes beschrieben und im Kontext von Foucaults Gouvernementalität eingeordnet.
Schlüsselwörter
Postkolonialer Staat, Widerstand, Gouvernementalität, Alltagskultur, Subalterne, Indien, Australien, Integrated Child Development Services Programm, Dhan-gadi Aborigines, subtiler Widerstand, informelles Netzwerk, Machtstrukturen.
- Citation du texte
- Alexandra Mörz (Auteur), 2004, Widerstand und Alltagskultur im postkolonialen Staat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122428