In der vorliegenden Arbeit soll die Hanse als wirtschaftlich-kulturelles Phänomen des deutschen Hoch- und Spätmittelalters als ein auf Familie und enge Partnerschaften ausgerichtetes Netzwerk betrachtet und erläutert werden. Der Begriff des Netzwerks wird heute vielfach im Sinne aktiven Networkings und der technischen Vernetzung der Welt gebraucht, und darf nicht rückwirkend auf das Mittelalter projiziert werden. Doch als Metapher und Erklärungsmodell eignet sich das Bild eines weit gespannten Netzes aus meist verwandten oder befreundeten Kaufleuten, Handelsrouten und Städten durchaus, um die Hanse zu beschreiben. Zunächst soll die Deutsche Hanse als Phänomen zeitlich und räumlich verortet sowie zwischen Kaufmanns- und Städtehanse unterschieden werden. Im Folgenden werden der kaufmännische Alltag, die gängigen Geschäftsmodelle sowie die der Rolle der Frau erörtert. Besonderes Augenmerk liegt auf der Wichtigkeit persönlichen Vertrauens und der Reputation unter den hansischen Kaufleuten.
[Inhalt] EINLEITUNG: Definition der Hanse und Forschungsdesiderate, HAUPTTEIL: Zeitliche und geografische Verortung der Hanse, Der kaufmännische Alltag, Familie und Freunde – Netzwerk des Vertrauens, Die Rolle der Familie und speziell der Frau, Konversation und Briefwechsel, FAZIT: Vertrauen und Reputation in der Hanse, Literatur
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Definition der Hanse und Forschungsdesiderate
2. Hauptteil
2.1 Zeitliche und geografische Verortung der Hanse
2.2 Der kaufmännische Alltag
2.3 Familie und Freunde – Netzwerk des Vertrauens
2.4 Die Rolle der Familie und speziell der Frau
2.5 Konversation und Briefwechsel
4. Fazit: Vertrauen und Reputation in der Hanse
3. Literatur
1. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit soll die Hanse als wirtschaftlich- kulturelles Phänomen des deutschen Hoch- und Spätmittelalters als ein auf Familie und enge Partnerschaften ausgerichtetes Netzwerk betrachtet und erläutert werden. Der Begriff des Netzwerks wird heute vielfach im Sinne aktiven Networkings und der technischen Vernetzung der Welt gebraucht, und darf nicht rückwirkend auf das Mittelalter projiziert werden.1 Doch als Metapher und Erklärungsmodell eignet sich das Bild eines weit gespannten Netzes aus meist verwandten oder befreundeten Kaufleuten, Handelsrouten und Städten durchaus, um die Hanse zu beschreiben. Zunächst soll die Deutsche Hanse als Phänomen zeitlich und räumlich verortet sowie zwischen Kaufmanns- und Städtehanse unterschieden werden. Im Folgenden werden der kaufmännische Alltag, die gängigen Geschäftsmodelle sowie die der Rolle der Frau erörtert. Besonderes Augenmerk liegt auf der Wichtigkeit persönlichen Vertrauens und der Reputation unter den hansischen Kaufleuten.
1.1 Definition der Hanse und Forschungsdesiderate
Die Hanse ist schwer zu definieren. Schon zu Zeiten der Hanse selbst war die Rechtsnatur dieser genossenschaftlichen Interessenvertretung norddeutscher Kaufleute Gegenstand juristischer Diskussionen.2 Am deutlichsten tritt dies hervor im Streit um eine Festsetzung hansischer Kaufleute, die aufgrund von Vergehen anderer deutscher Händler von König Edward IV. quasi in Kollektivhaft genommen worden waren, weil andere Hansekaufleute sich an Überfällen auf englische Schiffe beteiligt haben sollten. Hier legten die Hansekaufleute Wert darauf, dass die Hanse lediglich ein loser Bund norddeutscher Händler sei und keine Körperschaft, die gegenseitige Verantwortung ihrer Mitglieder füreinander mit sich bringe.3
Die Unsicherheit über das Wesen der Hanse und darüber, was diese sein konnte und durfte, zeigte sich aus einer anderen Perspektive auch darin, dass Kaiser und König die Hansestädte nie als solche bezeichneten, um diesen Bund nicht durch Nennung zu legitimieren4. Sicher ist, dass die Hanse weder Collegio noch Societas noch Universitas war, dass ihr ein eine echte Institution konstituierender Präsident, Kanzler oder Schatzmeister ebenso fehlten wie ein eigenes Siegel, eine offizielle Hauptstadt oder ein eigenes Territorium5. Tamara Münger weist darauf hin, dass die norddeutschen Kaufleute sich selbst nicht als Mitglieder der Hanse sahen, sondern zum Reich, zu ihrer Heimatstadt und zu ihrer jeweiligen Region gehörig.6Auch erschwerte das „polypolitische und polykephale Erscheinungsbild der Hanse (Kaufleute als Individuen, organisiert in kaufmännischen Genossenschaften, Kontore, Hansestädte, Mitglieder aus unterschiedlichen Regionen) […] die Entstehung eines Fremdbildes“.7
Eine weitere Unklarheit der hansischen Geschichtsforschung ist der Grund ihres Untergangs gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Dieser vollzog sich schleichend und betraf nur den Mantel der Interessengemeinschaft Hanse, nicht unbedingt hingegen die am Handel beteiligten Städte. Deshalb ist statt vom ‚Untergang der Hanse‘ richtiger von der Transformation der wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen der ehemaligen Hansestädte zu sprechen. Zwar war die Notwendigkeit des hansischen Zusammenschlusses bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert zurückgegangen, doch waren weder der Handel selbst noch die
außerhansischen Verbindungen der Städte untereinander untergegangen.8Begründet wurde dieses Auslaufen des hansischen Bündnismodells mit der angeblichen Fremden-, Kredit- und Fortschrittsfeindlichkeit der Hanse9, sowie mit der Verschiebung des europäischen Waren- Wirtschaftsschwerpunkts von Visby-Lübeck-Brügge hin zu Amsterdam-London-Übersee.10
Weitere Gründe für die Marginalisierung der Hanse als Kaufmannsbund mögen einerseits gewesen sein, dass den Händlern aufgrund fortgeschrittener zivilisatorischer und infrastruktureller Durchdringung der bereisten Länder ein Zusammenschluss gegen Piraten und Wegelagerer weniger wichtig erschien und andererseits der konkrete Verlust wichtiger hansischer Handelsmonopole. Indem die Hanse Monopole gewann und verlor, wurde ihre wirtschaftliche Macht erheblich beeinflusst. 1494 eroberte Iwan III Nowgorod, das wichtigste Kontor des Nordostens, wodurch sich der Russlandhandel auf baltische Städte verlagerte. Die anderen drei wichtigen Kontore Bergen, London und Antwerpen (statt vormals Brügge) wurden im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts verkauft.
Spätestens der letzte Hansetag 1669 in Lübeck, bei dem die sechs vertretenen Städte – darunter Hamburg, Lübeck und Bremen – ohne nennenswerte Beschlüsse auseinander gingen, belegt die Wirkungslosigkeit der Hanse Ende des 17. Jahrhunderts. Doch die ehemals hansischen Städte blieben im Folgenden nicht unorganisiert zurück, sondern organisierten sich in lokalen und regionalen Bündnissen.11Auch belegt die bis heute anhaltende freundschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Verbindung Hamburgs mit Großbritannien die internationalen, eigennützigen Verflechtungen der Handelsstädte an der Hanse vorbei und über sie hinaus.12
2. Hauptteil
2.1 Zeitliche und geografische Verortung der Hanse
Die Deutsche Hanse ist im Wesentlichen ein Phänomen des 12. bis 17. Jahrhunderts und derjenigen Städte des Heiligen Römischen Reichs, die Nord- und Ostseehandel betrieben. Schon Jahrhunderte zuvor verband das römische Imperium militärisch und infrastrukturell Europa mit Afrika und Asien. Doch über Land wurden auf Altstraßen und Hohlwegen Salz, Nahrungsmittel, Waffen, Erze und Felle schon seit der vorrömischen Zeit durch ganz Europa transportiert. Das Fehlen römischer Infrastruktur sollte später im Norden und Osten des Heiligen Römischen Reiches die Versorgung der Küstenstädte der Ostsee per Schiff notwendig machen. Jahrhunderte vor dem Aufstieg der Hanse dominierten Wikinger, Friesen und Gotländer die Ostsee mit Raubzügen und Seehandel – oft flussaufwärts ins jeweilige Inland hinein. Ostwärts dehnte sich ihr Einflussbereich bis ins heutige Russland13, südwärts auch bis Paris und Sizilien aus.
[...]
1 Zum Netzwerkmodell der Hanse siehe: Selzer, Stephan / Ewert, Ulf-Christian: Verhandeln und Verkaufen, Vernetzen und Vertrauen. Über die Netzwerkstruktur des hansischen Handels, in: Hansische Geschichtsblätter 119 (2001), Hg. Hansischer Geschichtsverein, Böhlau Verlag Köln/Wien, S. 135-161.
2 Zu juristischen Diskussionen über die Rechtsnatur der Hanse: Cordes, Albrecht: Die Rechtsnatur der Hanse. Politische, juristische und historische Diskurse, S. 52ff.
3 Zur kollektiven Festsetzung der Hansekaufleute durch Edward: Ebd. S. 52;
4 Zum Verhältnis zwischen Kaiser und Hansestädten siehe: Ebd. S. 58; sowie: Münger, Tamara: Hanse und Eidgenossenschaft – zwei mittelalterliche Gemeinschaften im Vergleich, Hansische Geschichtsblätter 119 (2001), Hg. Hansischer Geschichtsverein, Böhlau Verlag Köln/Wien, S. 45; auch die Hanse selbst führte keine Mitgliederliste, siehe: Cordes, Albrecht: Die Rechtsnatur der Hanse. Politische, juristische und historische Diskurse, S. 54 und Münger, Tamara: Hanse und Eidgenossenschaft – zwei mittelalterliche Gemeinschaften im Vergleich, S. 46.
5 Cordes, Albrecht: Die Rechtsnatur der Hanse. Politische, juristische und historische Diskurse, S. 53f.
6 Münger, Tamara: Hanse und Eidgenossenschaft – zwei mittelalterliche Gemeinschaften im Vergleich, S. 43.
7 Ebd. S. 43.
8 Abgesehen von den erheblichen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges 1618-1648 auf Deutschland durch Bevölkerungsdezimierung und erneut erhobene Zollbeschränkungen der vielen kleinen Territorien.
9 Siehe: Stark, Walter: Über Techniken und Organisationsformen des hansischen Handels im Spätmittelalter, in: Stuart Jenks / Michael North (Hg.), Der hansische Sonderweg? Beiträge zu Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Hanse, Köln 1993, S. 191-201 sowie Selzer, Stephan / Ewert, Ulf-Christian: Verhandeln und Verkaufen, Vernetzen und Vertrauen. Über die Netzwerkstruktur des hansischen Handels, S. 136 und 160.
10Ebd. S. 161.
11Münger, Tamara: Hanse und Eidgenossenschaft – zwei mittelalterliche Gemeinschaften im Vergleich, S. 44.
12Der Hamburger Containerhafen als wirtschaftliches Tor zur Welt steht seinerseits für die auch nach 1669 und bis heute anhaltende Wirtschaftskraft einiger norddeutscher Städte.
13Interessant ist, dass auch die bewaffneten Männerbünde der Waräger (Várarist altnordisch fürschwörenund weist somit auf seine eigene Weise auf ein schon damals existierendes eidgenossenschaftliches Bündnis hin) auf gemeinsamen
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