Als neue Partei im Nachkriegsdeutschland hat sich die CDU/CSU schon bald sowohl aus programmatischen als auch aus wahltaktischen Notwendigkeiten mit dem Problem von Militarismus und Soldatentum auseinandergesetzt. Aufgrund des tradierten Staatsverständnisses der meist liberalen, konservativen Parteigründer einschließlich der Erkenntnis von den Zusammenhängen zwischen militärischer Macht und außenpolitischer Handlungsfähigkeit kam man hierbei zu dem Ergebnis, daß „gutes Soldatentum“ etwas Positives darstelle. Diese Meinung wurde nicht zuletzt durch das politische Streben der Partei für eine Verbesserung der rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung aller ehemaligen, nicht durch Kriegsverbrechen disqualifizierten Soldaten dokumentiert. Aus dieser positiven Haltung der Union zum Soldatentum leitete sich folglich ihre ebenfalls positive Einstellung zur aktiven Landesverteidigung ab.
Die sicherheits- und außenpolitische Ausgangslage der Union ist von zwei Fakten geprägt worden: Vom geteilten, unter ausländischer Militärregierung stehenden Deutschland, dessen Souveränität und Einheit in Freiheit es wiederzugewinnen galt, und von einem weltanschaulichen Anti-Kommunismus, woraus sich ein westeuropäisches Sicherheitsdenken ableitete. In dem Zusammenhang meinte die CDU/CSU, ihre politischen Ziele - Sicherheit, Freiheit und Einheit - nur über eine Zusammenarbeit mit den West-Alliierten erreichen zu können.
Als schließlich nach Ausbruch des Korea-Krieges die Westmächte eine deutsche Wiederbewaffnung zur Stärkung des westlichen Potentials im Rahmen einer „Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“ beabsichtigten, verfolgten die Regierungsvertreter der Union bei den damaligen Verhandlungen zwei Ziele. Zum einen glaubte man sich erst nach einer unauflöslichen Integration in den Westblock vor östlichen Aggressionen sicher fühlen zu können und zum anderen meinte man „von Europa aus“ die deutsche Einheit in Freiheit über eine Politik der Stärke am ehesten zu erreichen sowie schließlich in einem vereinigten Europa eine neue nationale Identität zu finden.
Nach ihrem endgültigen Entschluß zur Aufstellung neuer Streitkräfte leitete die Partei eine für Deutschland völlig neue Wehrpolitik ein, deren Inhalt mit dem Begriff vom „Staatsbürger in Uniform“ treffend beschrieben wird.
Inhaltsverzeichnis
- Bestandsaufnahme
- Gegenstand, Eingrenzung und Zielsetzung
- Fragestellung
- Quellenlage
- TEIL I: SICHERHEIT- UND AUSSENPOLITISCHE STELLUNGNAHMEN DER CDU/CSU VOR GRÜNDUNG DER BUNDESREPUBLIK
- Die Union - eine neue Partei in einem neuen Deutschland
- Der historische Hintergrund
- Der politische Gestaltungswille der Parteigründer
- Das grundsätzliche Verhältnis zum Militarismus und Soldatentum
- Frühe Äußerungen zum allgemeinen Militarismusproblem und zum Soldatentum
- Das Kriegsverbrecherproblem
- Das Bemühen um die Heimkehrer und deren Eingliederung in die Nachkriegsgesellschaft
- Sicherheitspolitische Aspekte in der Außenpolitik der Union
- Die außen- und sicherheitspolitische Ausgangslage
- Der Adenauer/Kaiser - Konflikt
- Die Entscheidung für den Westen
- Die ersten Diskussionen um einen deutschen Wehrbeitrag
- Ausländische Stimmen zu einer aktiven deutschen Beteiligung an der Verteidigung des Westens als Ursache der Wehrbeitragsdiskussion in Deutschland
- Die Union in der Auseinandersetzung um Entmilitarisierung und Wiederbewaffnung
- Diskussionen im Parlamentarischen Rat
- Stellungnahmen der CDU/CSU zum Wehrbeitrag
- Die Union - eine neue Partei in einem neuen Deutschland
- TEIL II: SICHERHEITSPOLITISCHE ÜBERLEGUNGEN UND INITIATIVEN DER UNION VON DER GRÜNDUNG DER BUNDESREPUBLIK BIS ZUM AUSBRUCH DES KOREAKRIEGES
- Das Sicherheitsbedürfnis der Bundesrepublik als Folge des Kalten Krieges
- Wege zur Lösung des Sicherheitsproblems
- Meinungen und Überlegungen bei den Westalliierten
- Das Problem der Verteidigung Westeuropas
- Die Frage einer westdeutschen Wiederbewaffnung
- Meinungen und Initiativen der CDU/CSU
- Die Frage eines Wehrbeitrages
- Das Bemühen um die Schaffung einer Bundespolizei
- Das Verhalten der Parteibasis zum Sicherheitsproblem
- Meinungen und Überlegungen bei den Westalliierten
- Adenauers sicherheitspolitische Konzeption und Methode
- TEIL III: CHRISTLICH-DEMOKRATISCHE SICHERHEITS- UND WEHRPOLITIK VOM AUSBRUCH DES KOREAKRIEGES BIS ZUR UNTERZEICHNNG DES EVG-VERTRAGES
- Die Formierung der CDU/CSU - Sicherheitspolitik
- Reaktionen auf den Ausbruch des Koreakrieges
- In- und ausländische Stimmen und Folgerungen zur Lage
- Reaktionen der Union
- Adenauers Initiativen und Forderungen
- Überlegungen und Stellungnahmen
- Der Adenauer/Heinemann - Konflikt
- Der Rücktritt Heinemanns
- Auswirkungen des Konfliktes innerhalb der Union
- Vorstellungen der Union zum deutschen Wehrbeitrag im Verhältnis zu denen der Westmächte
- Reaktionen auf den Ausbruch des Koreakrieges
- CDU/CSU und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft
- Die EVG als Grundsatzfrage
- Das Streben nach Gleichberechtigung
- Die Rehabilitierung des deutschen Soldaten
- Die Vorstellung der Union von einem demokratischen Wehrgefüge
- Primat des Zivilen
- Staatsbürger in Uniform
- Freiwilligen- oder Wehrpflichtigenarmee
- Innenpolitische Probleme zur Wiederbewaffnung
- Die Frage der Neutralisierung
- Wehrbeitrag und Wiedervereinigung
- Die Formierung der CDU/CSU - Sicherheitspolitik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Sicherheits- und Wehrpolitik der CDU/CSU von 1945 bis zur Unterzeichnung des EVG-Vertrages 1952. Ziel ist es, die Entwicklung der Positionen der Union zur Wiederbewaffnung und ihre Rolle im Prozess der deutschen Eingliederung in die westliche Verteidigungsallianz zu analysieren.
- Entwicklung der sicherheitspolitischen Positionen der CDU/CSU
- Der Einfluss des Kalten Krieges auf die deutsche Wehrpolitik
- Die Rolle Adenauers in der Gestaltung der Sicherheitspolitik
- Die Debatte um Wiederbewaffnung und Entmilitarisierung
- Die CDU/CSU und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Bestandsaufnahme und der Eingrenzung des Themas. Teil I beleuchtet die sicherheitspolitischen Stellungnahmen der CDU/CSU vor der Gründung der Bundesrepublik, inklusive ihrer Haltung zu Militarismus, Kriegsverbrechern und der Eingliederung von Heimkehrern. Teil II fokussiert auf die sicherheitspolitischen Überlegungen und Initiativen der Union nach der Gründung der Bundesrepublik bis zum Koreakrieg, einschließlich der Diskussionen um einen deutschen Wehrbeitrag und die Schaffung einer Bundespolizei. Teil III behandelt die Entwicklung der CDU/CSU-Sicherheitspolitik nach Ausbruch des Koreakrieges bis zur Unterzeichnung des EVG-Vertrages, mit besonderem Fokus auf die Reaktionen auf den Koreakrieg, den Adenauer/Heinemann-Konflikt und die Vorstellungen der Union zu einem demokratischen Wehrgefüge.
Schlüsselwörter
CDU/CSU, Wiederbewaffnung, Sicherheitspolitik, Wehrpolitik, Kalter Krieg, Adenauer, EVG, Bundesrepublik Deutschland, Entmilitarisierung, deutscher Wehrbeitrag.
- Citation du texte
- Dr. Hans-Jürgen Lichtenberg (Auteur), 2009, CDU/CSU und Wiederbewaffnung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122692