„Nie dem Rechenschaft geben, der sie nicht gefordert hat, und selbst wenn sie
gefordert wird, ist es eine Art Vergehen, darin mehr als nötig zu tun.“ Dieses
Zitat von Baltasar Gracián spiegelt wieder, was viele derjenigen, die Entscheidungen
in Unternehmen treffen, zu denken scheinen.
Dabei ist jeder, der zumindest auch fremde Angelegenheiten besorgt, seit jeher
durch die Rechtsordnung zur Rechenschaft verpflichtet. So muss insbesondere
derjenige, dem fremdes Vermögen zur Bewirtschaftung anvertraut wird, über
den Erfolg seines Wirtschaftens Rechenschaft ablegen. Diese Pflicht zur
Rechenschaftslegung kann auch als Pflicht zur Rechnungslegung verstanden
werden. Sie ist für jeden Kaufmann in den §§ 238 Abs. 1 Satz 1, 242 Abs. 1
Satz 1 HGB niedergelegt. Für Kapitalgesellschaften besteht die Rechnungslegung
dabei grundsätzlich aus einem Jahresabschluss, der um einen Anhang
erweitert wird und einem Lagebericht (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB).
Allerdings kann eine sehr weitgehende Informationspflicht der Gesellschaft
oder Dritten auch erheblich schaden, wenn dadurch geheimhaltungsbedürftige
Angaben öffentlich bekannt werden. Daher besteht neben dem Interesse zur
Offenlegung von Informationen, das heißt zur Rechenschaftslegung, unter
Umständen auch ein Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Sachverhalte,
vor allem in sensiblen Bereichen.
Aus diesem Grund ist für den Anhang in § 286 Abs. 1 HGB eine Beschränkung
der Berichterstattung zugunsten der Bundesrepublik Deutschland und ihrer
Länder, sowie in § 286 Abs. 2 bis 5 HGB eine solche zugunsten der Gesellschaft
selbst vorgesehen. Eine Schutzklausel zugunsten des Staates ist für den
Lagebericht nach § 289 HGB jedoch nicht enthalten. Daher ist in Literatur und
Praxis umstritten, ob die Einschränkung der Berichtspflicht nach § 286 Abs. 1
HGB auch für den Lagebericht gelten soll.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Der Lagebericht
- C. Die Schutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB
- D. Einschränkung des Lageberichts durch die Staatsschutzklausel
- I. Einschränkung des Lageberichts durch § 286 Abs. 1 HGB möglich
- II. Keine Einschränkung des Lageberichts durch § 286 Abs. 1 HGB
- III. Eigener Standpunkt
- 1. Analogiefähigkeit des § 286 Abs. 1 HGB
- 2. Planwidrige Unvollständigkeit
- 3. Vergleichbare Interessenlage
- a) Historische Entwicklung der Lageberichterstattung
- b) Gemeinschaftsrechtliche Grundlage einer Einschränkung
- aa) Inhalt der Vierten EG-Richtlinie
- bb) Primärrechtliche Grundlage
- c) Vergleichbare Zwecksetzung von Anhang und Lagebericht
- aa) Entgegenstehende Grundsätze der Lageberichterstattung
- bb) Wertungen der zugrundeliegenden Richtlinien und ihrer Umsetzungen
- (1) Wertung und Ziel der Vierten EG-Richtlinie
- (2) Wertungen und Ziele der Folgerichtiglinien und ihrer Umsetzungen
- d) Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
- 4. Grundsatz der Widerspruchslosigkeit von Jahresabschluss und Lagebericht
- 5. Grundsatz der Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung
- 6. Praktische Folgen
- E. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage der analogen Anwendbarkeit der Schutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB auf die Berichterstattung im Lagebericht (§ 289 HGB). Sie analysiert verschiedene juristische Auffassungen zu diesem Thema und nimmt kritisch Stellung.
- Analogiefähigkeit des § 286 Abs. 1 HGB auf den Lagebericht
- Interessenlage bei der Lageberichterstattung im Vergleich zum Jahresabschluss
- Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und deren Auswirkungen auf die Lageberichterstattung
- Widerspruchsfreiheit zwischen Jahresabschluss und Lagebericht
- Praktische Folgen der jeweiligen Rechtsauffassung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein. Kapitel B beschreibt den Lagebericht. Kapitel C erläutert die Schutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB. Kapitel D befasst sich eingehend mit der Frage der analogen Anwendbarkeit dieser Klausel auf den Lagebericht, wobei verschiedene Standpunkte und Argumente beleuchtet werden, einschließlich historischer Entwicklungen, gemeinschaftsrechtlicher Grundlagen und der vergleichbaren Zwecksetzung von Anhang und Lagebericht. Die Diskussion umfasst die Widerspruchsfreiheit zwischen Jahresabschluss und Lagebericht sowie die praktischen Folgen.
Schlüsselwörter
§ 286 Abs. 1 HGB, Lagebericht (§ 289 HGB), Schutzklausel, Analogie, Gemeinschaftsrecht, Jahresabschluss, Widerspruchsfreiheit, Rechtsordnung, Lageberichterstattung.
- Quote paper
- Robert Tischer (Author), 2009, Einschränkung der Lageberichterstattung gem. § 289 HGB durch die Staatsschutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122744