Friedrich Barbarossa und der Sturz Heinrichs des Löwen


Dossier / Travail de Séminaire, 1997

31 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Erste Konflikte im Reich
1.1. Der Streit um das Stader Erbe
1.2. Die Anfänge der fürstlichen Unruhen

2. Der Streit mit den geistlichen Fürsten seines Reiches
2.1. Die Absetzung Udalrichs von Halberstadt

3. Die Sachsenkämpfe 1166
3.1. Friedrich Barbarossas Einschreiten gegen die Fürstenoppositionen

4. Heinrichs Entfremdung von Barbarossas Politik
4.1. Die Unterredung in Chiavenna 1176

5. Der Kaiser richtet sich gegen den Löwen

6. Auseinandersetzungen mit den geistlichen Fürsten
6.1. Die Beschwerden Erzbischof Philipps von Köln auf dem Reichstag zu Worms

7. Der Prozeß und die Gelnhauser Urkunde

8. Die Folgen der Entmachtung

Schlußbemerkung

Literaturverzeichnis
Quellen
Sekundärliteratur

Einleitung

Der Bayern- und Sachsenherzog Heinrich der Löwe, gehört zu einer der faszinierendsten und zugleich höchst umstrittensten Herrscherpersönlichkeiten des hohen Mittelalters. Er war skrupelloser Machthaber, rücksichtsloser Wirtschaftspolitiker, sowie ein großzügiger Kunstmäzen in Literatur und Architektur, freigebiger Städteförderer und dennoch ein gottesfürchtiger Herzog mit fast königsgleichem Ansehen.

Die jahrzehntelange Verpflichtung Heinrichs, sich trotz seines Ehrgeizes und seiner territorialen Macht, und seines Reichtums mit dem zweiten Platz im Reich zu begnügen, hat auf die Dauer die anfangs freundschaftliche Beziehung zu seinem Vetter Friedrich Barbarossa aufs Äußerste belastet. Zwar konnten viele kleinere Streitfragen, für welche der Welfe fast immer der Auslöser war und die leicht zu langwierigen Fehden hätten führen können, durch das Einschreiten des Kaisers rasch geschlichtet werden, doch das spätere Verhalten machte es dem Kaiser immer schwerer sich hinter seinen Vetter zu stellen.

Schließlich unterlag Heinrich bei dem Versuch seine angeborenen Rechte als Kaiserenkel durchzusetzten und zu verwirklichen, der Macht des staufischen Kaisers und der Fürsten des Reiches.

Seine Auflehnung gegen Barbarossa und die Hilfeverweigerung für den Italienfeldzug 1176 in Chiavenna, gelten auch heute noch als Auslöser für Friedrichs Wechsel auf die Seite der herzogsfeindlichen Fürsten, die letztlich zum Sturz und zur Enteignung Heinrichs des Löwen führten.

In der Regierungszeit Friedrich Barbarossas gelangte auch eine wesentliche Wandlung der Reichsverfassung zum Abschluß: der Untergang der Stammesherzogtümer, welcher das Reich vollends zu einem Lehensstaat machte. Es war besonders die Rivalität zwischen dem Staufer und seinem welfischen Vetter, welche die letzten Phasen diese Vorganges beschleunigte.

In dieser Arbeit wird auf den genauen Ablauf und die Ursachen der Beschwerden und Klagen gegen den Welfen, die letztlich im Prozeß gegen Heinrich den Löwen endete, eingegangen. Sie beginnt mit dem Ursprung der Konflikte und Heinrichs widerrechtlicher Aneignung der Stader Erbschaft. Es werden die Anfänge der fürstlichen Unruhen im Reich aufgezeigt, die 1166 zu den lang andauernden Sachsenkämpfen führten. Das Verhältnis Barbarossas zu seinem Vetter und die Verschlechterung der wechselseitigen Beziehungen nach dem Treffen in Chiavenna werden im zweiten Teil der Arbeit beleuchtet. Auch die Probleme des Welfen mit den geistlichen Fürsten werden nicht außer Acht gelassen. So soll besonders die Rolle des Kölner Erzbischofs Philipp von Köln auf dem Reichstag zu Worms genauer untersucht werden. Mit den Bestimmungen der Gelnhauser Urkunde und deren Folgen endet diese Arbeit.

Ich stütze mich bei der Bearbeitung dieser Seminararbeit hauptsächlich auf die Biographie von Karl Jordan[1], da er dieses Thema in meinen Augen sehr vorbildlich und ausführlich behandelt hat. Zusätzlich sollen auch die verschiedenen Quellen der Stauferzeit und ihrer zeitgenössischen Schreiber, wie zum Beispiel Otto von Freising, Arnold von Lübeck und Helmold von Bosau zur Bearbeitung herangezogen werden. Im Anhang wird eine Kopie der Prozeßurkunde von Gelnhausen angefügt sein.

1. Erste Konflikte im Reich

1.1. Der Streit um das Stader Erbe

Heinrich versuchte schon zu Beginn seiner selbstständigen Regierung alle Eigenheiten einer konsequenten und skrupellosen Territorialpolitik, welche in den folgenden Jahren seine gesamte Herrschaft charakterisierte, durchzusetzen. Mit diesem unnachgiebigen Verhalten machte er sich in Sachsen bald all diejenigen Fürsten zu Feinden, die an der Bildung und Erweiterung eigener Territorien interessiert waren. Als wirksamstes Mittel nutzte er die Verdrängung und Ausschaltung einiger bis dahin selbstständiger Herrschaftsgebiete und verhinderte so die Verdichtung adliger Herrschaft und erreichte damit, seine eigene Macht in Sachsen zu intensivieren.

Ein typisches Beispiel für sein eigennütziges Vorgehen bietet die unrechtmäßige Aneignung der Erbschaft des Grafen Rudolf II. von Stade, welcher in Dithmarschen bei der gewaltsamen Durchsetzung seiner Herrschaftsrechte am 15. März 1144 von aufständischen Bauern erschlagen wurde.

Für Rudolfs Bruder, den Dompropst Hartwig von Bremen, stand fest, daß sowohl das Eigengut als auch die vom Erzstift Hamburg-Bremen zu Lehen gehende Grafschaft an ihn fallen müßten. Doch der junge Herzog Heinrich erhob ebenfalls Anspruch auf die Stader Erbschaft, und zwar, wie der Chronist Helmold von Bosau in seiner Slawenchronik mitteilt, teils auf erbrechtlicher, teils auf lehensrechtlicher Grundlage: „quaedam quidem hereditario iure, quaedam beneficiali[2] “. J. Ehlers vertritt jedoch die Meinung, daß Heinrich jede Rechtsgrundlage für diesen Erbschaftsanspruch fehlte und seine Vorgehen entweder als reine Willkür, oder als ein Mangel im Rechtsbewußtsein anzusehen sei[3]. Der daraufhin entbrannte Streit um das Erbe, war jedoch erst der Beginn langjähriger Auseinandersetzungen zwischen Heinrich dem Löwen und den Fürsten des Reiches.

Da Hartwich als Dompropst jedoch die mit Gerichtsbarkeit versehenen Lehen nicht verwalten konnte und seine Besitzungen dem Zugriff des Herzogs zu entziehen versuchte, entschloß er sich zu einer Schenkung an die wichtigsten kirchlichen Institutionen Sachens; die Erzbistümer Bremen und Magdeburg. So konnte er sich nicht nur ihre politische Unterstützung, sondern das Erbe auf die Dauer dem Bremer Erzstift sichern.

Heinrich der Löwe akzepitierte diese Entscheidung jedoch nicht und forderte eine Gerichtsverhandlung. Weihnachten 1144 wurde auf einem Fürstentag zu Magdeburg den Forderungen des Dompropstes jedoch erneut Recht gegeben[4]. Heinrich verlangte deshalb bereits 1145 erneute Verhandlungen, worauf die Fürsten auf dem Hoftag zu Corvey zusammentrafen. Doch der Herzog gab sich auch nach einer weiteren erfolglosen Anhörung vor einem Schiedsgericht in Ramelsloh 1145[5], mit dem Ergebnis der Verhandlungen nicht zufrieden. So ließ er Hartwich nach der Verhandlung mit Waffengewalt festnehmen[6]. Hartwich entkam jedoch durch Zahlung eines hohen Lösegeldes einer Auslieferung an den Herzog und konnte mit Hilfe Albrecht des Bären nach Bremen zurückkehren: „(...) Praepositus Hartwicus ab Hermanno de Luchouwe captus, cum speratent homines ducis, quod ipsis praesentandus esset, et cum iam intentarent ei mortem, addctus est ad marchionem Albertum et sic liberatus (...)[7] .“ Doch Heinrich gab seine Aktionen erst auf, nachdem Hartwich ihn mit der Stader Erbschaft belehnt hatte.

Doch dieser Akt der Willkür und Mißachtung des Reichsfriedens sollte nicht ohne Konzequenzen für den Herzog bleiben. Der rücksichtslose Erwerb der Stader Rechte und Besitzungen brachte dem Löwen zwar einen bedeutenden territorialen Machtzuwachs und einen starken Einfluß auf das Erzbistum Bremen, doch die gewaltsame Entführung von Ramelsloh ließ auch die alten Spannungen zwischen Staufern und Welfen wieder aufbrechen, zumal Konrad III. durch seine Vorbereitungen zum zweiten Kreuzzug nicht in der Lage war, dem Erzbischof zu seinen Rechten zu verhelfen und vermittelnd einzugreifen[8].

Weitere Chancen, die welfischen Herrschaftsrechte in Sachsen entscheidend zu erweitern, boten sich dem jungen Herzog, als noch andere sächsische Adelsgeschlechter im Mannesstamm ausstarben: die Northeimer, die Grafen von Plötzkauz und die Winzenburger. In allen Fällen erwies sich die Frage nach den Erben als kompliziert und immer wieder stellte Heinrich der Löwe Ansprüche, die er notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen bereit war.

Seine Forderungen begründete er abermals nicht nur mit dem Erbrecht, sondern auch mit dem Lehnrecht. Er stellt sich somit auf den Standpunkt, daß der sächsische Herzog der oberste Lehnsherr der sächsischen Adelsgeschlechter sei und daher im Falle des Fehlens eines direkten männlichen Erben deren Lehen an ihn zurückfalle[9]. Da sich bei der Vergabe einer Kirchenvogtei weitgehend die Erblichkeit durchgesetzt hatte, gelangten auch die Landvogteien der oben genannten sächsischen Geschlechter fast ausnahmslos in den Besitz des Welfen[10].

1.2. Die Anfänge der fürstlichen Unruhen

Zielstrebig vergrößerte Heinrich der Löwe auf diese Weise in den folgenden Jahren seinen Hausbesitz. So zog er Lehen ein, ohne auf Ansprüche der Verwandten zu achten und behielt Grafschaftsrechte, die er nicht weiter verlieh, obwohl er nach Reichsrecht dazu verpflichtet gewesen wäre.

Als Konzequenz brachten ihn die Versuche, immer wieder in schwere Konflikte mit den geistlichen und weltlichen Fürsten, die sich beim Kaiser über sein rücksichtsloses und gewalttätiges Verhalten beschwerten.

Ein weiteres Beispiel seiner schonungslosen Vorgehensweise findet man im Herbst 1157. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Bischof von Freising, die für den Herzog nachteilig endete, zerstörte er kurzerhand die Isarbrücke bei Föhring. Damit entzog er dem geistlichen Fürsten kurzerhand die Markt- und Zollrechte. Um sich jedoch seinerseits einen Vorteil zu dieser Aktion zu verschaffen, ließ er einen neuen Übergang flußaufwärts errichten, den er für sich selbst beanspruchte. An diesem Platz entstand ein neuer Markt und später die Stadt Muinchen. Dadurch gelangte der Salzhandel auf der Fernstraße von Reichenhall nach Augsburg unter seine Kontrolle. Als Bischof Otto von Freising gegen dieses Vorgehen beim Kaiser Klage erhob, bestätigte dieser zwar die vom Herzog erzwungene Verlegung der Handelsstraße und des Marktes, schloß aber mit dem Bischof einen Kompromiß. Er sicherte ihm ein Drittel der hier erhobenen Zolleinnahmen und aus der Münzstätte zu[11].

Auch in den folgenden Jahren zog Heinrich immer wieder die Feindschaft ganzer Adelsgruppen auf sich. Besonders die Lage zwischen Heinrich dem Löwen und den sächsischen Fürsten verschärfte sich zunehmens. Bereits im Jahre 1154 hatten die fürstlichen Gegner, während Heinrichs Teilnahme am ersten Italienzug Friedrichs I., Pläne geschmiedet. Unter der Leitung des Erzbischofs Hartwig von Bremen und Albrecht dem Bären wurde ein fürstliches Treffen einberufen, um etwas gegen das skrupellose Verhalten des verhaßten Herzogs zu unternehmen.

Auf dem Reichstag in Regensburg Oktober 1155 erschienen Albrecht der Bär, der Böhmenherzog Wladislaw und andere Große des Reiches, um sich für den Verstoß gegen den Landfrieden zu entschuldigen und die Gunst des Kaisers wiederzuerlangen.

Nach diesem Treffen blieb es in Sachsen bis im Frühjahr 1163 ruhig. Erst in einem Brief des Bischofs Albert von Freising an Erzbischof Eberhard von Salzburg von 1163 wird wieder ein fürstliches Komplott erwähnt[12]. In dem Schreiben heißt es, Albrecht der Bär, Pfalzgraf Adalbert von Sommerschenburg, Bischof Udo von Naumburg und der Landgraf Ludwig von Thüringen würden ein gemeinsames kriegerisches Vorgehen gegen den Herzog anstreben. Doch auch diese Pläne scheiterten, nachdem es Friedrich Barbarossa gelungen war, den Böhmenkönig Wladislaw, Herzog Friedrich von Schwaben, Herzog Heinrich Jasomirgott und Markgraf Ottokar von der Steiermark von der Teilnahme an diesem Bündnis abzubringen und damit die Fürstenkoalition gegen den Löwen zu sprengen. Dennoch kam es bereits 1165 zu ersten kriegerischen Auseinandersetzungen. Albrecht der Bär und Pfalzgraf Adalbert von Sommerschenburg verbündeten sich erneut, um der weiteren Expansionspolitik des Herzogs Einhalt zu gebieten. Ein geplanter Angriff scheiterte jedoch am unerwarteten Rückzug Albrecht des Bären[13]. Der Pfalzgraf mußte sich somit dem Herzog unterwerfen und wichtige Teile seines Reiches an ihn abtreten.

[...]


[1] Jordan, Karl: Heinrich der Löwe. (3. Auflage) München 1993.

[2] Bosau, Helmold von: Slawenchronik. cap. 102. Neu erläutert von Heinz Stoob in: Augewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Band 19. Darmstadt 1963 Seite 357.

[3] Ehlers, J.: Heinrich der Löwe und der sächsische Episkopat, in: Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers. Hrsg. von A. Haverkamp., Sigmaringen 1992. Seite 457.

[4] MGH DD KIII. Nr. 123 und 125.

[5] Annales Stadenses auctore Alberto. MGH SS 16 (1859) Seite 325.

[6] Annales Stadenses. Seite 325.

[7] Annales Stadenses. Seite 325.

[8] Jordan, Karl: Heinrich der Löwe. Seite 33.

[9] Becher, Matthias: Formen und Inhalte herzoglicher Herrschaft in Sachsen. In: Heinrich der Löwe und seine Zeit: Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125 bis 1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995. Hrsg. von Jochen Luckhardt und Franz Niehoff. Band 2 Essays München 1995. Seite 134.

[10] Jordan; Karl: Heinrich der Löwe. Seite 143

[11] MGH DF. I., Nr. 218. Seite 363-365 (14. Juni 1158)

[12] Sudendorf, Hans: Registrum oder merkwürdige Urkunden Teil I. Jena 1849- 51. Seite 66 Nr. 24.

[13] Jordan, Karl: Heinrich der Löwe. Seite 115.

Fin de l'extrait de 31 pages

Résumé des informations

Titre
Friedrich Barbarossa und der Sturz Heinrichs des Löwen
Université
Johannes Gutenberg University Mainz  (Historisches Seminar)
Cours
Rang und Herrschaftsanspruch der Großen im 10 und 11. Jahrhundert
Note
1,7
Auteur
Année
1997
Pages
31
N° de catalogue
V122827
ISBN (ebook)
9783640285099
ISBN (Livre)
9783640970858
Taille d'un fichier
494 KB
Langue
allemand
Mots clés
Friedrich, Barbarossa, Sturz, Heinrichs, Löwen, Rang, Herrschaftsanspruch, Großen, Jahrhundert
Citation du texte
Bettina Marietta Recktenwald (Auteur), 1997, Friedrich Barbarossa und der Sturz Heinrichs des Löwen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122827

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