Nullzinspolitik. Auswirkung auf die Finanzierungsstruktur von mittelständischen Unternehmen


Bachelorarbeit, 2020

81 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Methodik der Arbeit

2 DARSTELLUNG AUSGEWÄHLTER FINANZIERUNGSOPTIONEN FÜR MITTELSTÄNDISCHE UNTERNEHMEN
2.1 Eigenkapital
2.1.1 Private Equity
2.1.2 Börsengang (IPO)
2.2 Mezzanine Kapital
2.2.1 Genussrechte
2.2.2 StilleBeteiligung
2.2.3 Nachrangdarlehen
2.3 Fremdkapital
2.3.1 Bankdarlehen
2.3.2 Mittelstandsanleihen
2.4 Alternative Finanzierungsoptionen
2.4.1 Factoring
2.4.2 Crowdfunding
2.5 KfW-Fördermittel

3 DARSTELLUNG AUSGEWÄHLTER KAPITALSTRUKTURTHEORIEN
3.1 Irrelevanz der Kapitalstruktur
3.2 Trade-Off-Theorie
3.3 Pecking-Order-Theorie

4 GELDPOLITIK DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK (EZB)
4.1 Entwicklung der Leitzinsen 2008-
4.2 Wirkung auf die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen Deutschlands

5 ANALYSE DES DEUTSCHEN MITTELSTANDES UND DESSEN FINANZIERUNGSSTRUKTUR 2008/
5.1 Finanzierungsstruktur des Mittelstandes 2008 bis
5.2 Struktur des Mittelstandes 2008-
5.2.1 Branchenstruktur
5.2.2 Größenklassenstruktur des Mittelstandes

6 DARSTELLUNG UND KOMMENTIERUNG DER ERGEBNISSE
6.1 Praktische Anwendung der dargestellten Finanzierungsoptionen im Mittelstand
6.1.1 Praktische Anwendung derEigenkapitalfinanzierungsoptionen
6.1.2 Praktische Anwendung derMezzanine Finanzierungsoptionen
6.1.3 Praktische Anwendung derFremdfinanzierungsoptionen
6.1.4 Praktische Anwendung alternativer Finanzierungsoptionen
6.2 Einordnung von Kapitalstrukturtheorien im Mittelstand
6.3 Wirkung der Niedrigzinspolitik der EZB auf den Mittelstand
6.4 Zentrale Ergebnisse der Mittelstandsanalyse

7 FAZIT

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abhängigkeit des Marktwertes eines Unternehmens von dem Verschuldungsgrad gemäß der Trade-Off-Theorie

Abbildung 2: Entwicklung der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank 2008-2018

Abbildung 3: Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts für Deutschland 2008-2018

Abbildung 4: Entwicklung der Inflationsrate in Deutschland 2008-2018

Abbildung 5: Finanzierungsquellen des Mittelstandes 2008-2018

Abbildung 6: Investitionsvolumen des deutschen Mittelstandes 2008-2018

Abbildung 7: Investitionsarten und Investitionsdeckung 2008-2018

Abbildung 8: durchschnittliche EK-Quoten für den Mittelstand 2008-2018

Abbildung 9: durchschnittliche Umsatzrenditen der mittelständischen Unternehmen in Deutschland 2008-2018

Abbildung 10: Vergleich derBranchenaufteilung des Mittelstandes 2008-2018

Abbildung 11: Umsatzgrößenklassen des Mittelstandes 2008 und 2018

Abbildung 12: Private Equity Transaktionsvolumen im deutschen Mittelstand 2008­ 2018

Abbildung 13: Emissionsvolumen von Mittelstandsanleihen 2008-2018

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

In Deutschland werden ca. 99% aller Unternehmen dem Mittelstand zugeordnet. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in ihrer Mittelstandsstrategie: „Deutschland ist Mittelstandsland“1 keinesfalls abzustreiten. Vielmehr gelten die mittelständischen Unternehmen als „Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft“2 und haben einen erheblichen Anteil am Wohlstand Deutschlands.

Besonders relevant für eine nachhaltige und internationale Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen ist ein guter Zugang zu ausreichenden Finanzierungs­möglichkeiten, sowie günstigen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen.3

Diese Bedingungen werden von einem weiteren kontroversen Thema der heutigen Zeit, der Nullzinspolitik der europäischen Zentralbank und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Wirtschaft, maßgeblich beeinflusst.4

In diesem Kontext stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Niedrigzins- bzw. die Nullzinspolitik der europäischen Zentralbank auf die mittelständischen Unternehmen in Deutschland hat.

Einem volkswirtschaftlicher Grundgedanken zufolge, müsste die Investitions­güternachfrage der Unternehmen bei fallenden Zinssätzen ansteigen.5 Zudem sollte diese zusätzliche Nachfrage, wegen der niedrigen Kreditzinsen, zu einem großen Teil, fremdfmanziert werden. Folglich lässt sich daraus ableiten, dass die Verschuldungsquoten der Unternehmen ansteigen müssten.6

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Fragestellung, welche Auswirkungen die Nullzinspolitik der EZB auf die Finanzierungsstruktur der mittelständischen Unternehmen hat.

In dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, inwiefern theoretisch empfohlene Unternehmensfmanzierungen und Reaktionen auf die Änderung von volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in Bezug auf die Finanzierungsstruktur, tatsächlich praktische Anwendungen im deutschen Mittelstand finden. Ferner soll das tatsächliche Verhalten der mittelständischen Unternehmen, insofern dies von den theoretischen Empfehlungen abweicht, kritisch beleuchtet und diskutiert werden.

Als Ergebnis soll ein umfassendes Bild über die Entwicklung der Finanzierungsstruktur der mittelständischen Unternehmen während der, in der Geschichte der europäischen Währungsunion einmaligen, Nullzinsphase dargestellt werden. Es soll gezeigt werden inwiefern die expansive Geldpolitik in der Realwirtschaft ankommt. Im Fokus der Betrachtungen stehen der deutsche Mittelstand, sowie sein Investitionsverhalten.

1.2 Aufbau und Methodik der Arbeit

Die vorliegende Arbeit wurde auf Grundlage einer Literaturanalyse angefertigt. Es wurde versucht, vorliegende Daten zu dem Themenbereich der Arbeit darzustellen und diese mit theoretischen Grundlagen der, insbesondere mittelständischen, Unternehmens­finanzierung zu plausibilisieren.

Untergliedern lässt sich die Arbeit in sieben Kapitel. Nachdem vorab, im Rahmen der Einleitung, von einer vorgestellten Problemstellung eine Zielsetzung abgeleitet wurde folgt eine Erläuterung zur Methodik und zum Aufbau der Arbeit.

Hierauf folgt das erste inhaltliche Kapitel. In diesem werden ausgewählte Finanzierungsoptionen für mittelständische Unternehmen theoretisch dargestellt und einer kurzen allgemeinen sowie objektiven Bewertung unterzogen. Die Finanzierungs­optionen sind nach der Haftung des zuzuführenden Kapitals unterteilt.

Darauf folgt das Kapitel zur Darstellung von ausgewählten Kapitalstrukturtheorien. In diesem werden kurz drei ausgewählte Kapitalstrukturtheorien dargestellt und erläutert.

Danach wird die Geldpolitik der europäischen Zentralbank vorgestellt. Hierzu wird zunächst die Entwicklung der Leitzinsen in der Euro-Zone skizziert und über den Betrachtungszeitraum hinweg dargestellt. Anschließend werden die Auswirkungen auf die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, anhand von zwei zentralen volkswirtschaftlichen Kennziffern, beleuchtet.

Kapitel 5 beschäftigt sich mit einer Analyse der Finanzierungsstruktur des deutschen Mittelstandes. Es werden ausgewählte Kennzahlen über den Betrachtungszeitraum hinweg dargestellt und deren Veränderung der einzelnen Jahre erläutert. Daran knüpft eine Analyse der Struktur des Mittelstandes an.

Im Fokus des sechsten Kapitels steht eine Verzahnung der vorangegangenen Kapitel. Es wird versucht, die theoretisch dargestellten Punkte anhand praxisnaher Daten auf ihre Relevanz für den deutschen Mittelstand zu überprüfen. Darüber hinaus werden die zentralen Erkenntnisse der Kapitel vier und fünf in Einklang miteinander gebracht und entsprechend dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse interpretiert.

Die gewonnen Erkenntnisse dieser Arbeit werden schlussendlich in einem abschließenden Fazit zusammengefasst.

2 Darstellung ausgewählter Finanzierungsoptionen für mittelständische Unternehmen

2.1 Eigenkapital

2.1.1 Private Equity

Benötigt ein Unternehmen eine höhere Eigenkapitalausstattung besteht neben der Möglichkeit, dass die bestehenden Gesellschafter ihre Einlagen erhöhen, die Option neue Gesellschafter aufzunehmen. Im Folgenden soll eine solche Beteiligung durch Private Equity Investoren dargestellt werden.

Private Equity wird für mittelständische Unternehmen besonders dann interessant, wenn Sie ihre Möglichkeiten der Fremdfmanzierung bereits voll ausgeschöpft haben, jedoch weiteres Kapital für notwendige Investitionen benötigen. Demnach ist ein häufiger Anlass für eine Private Equity Beteiligungen eine gezielte Wachstumsfinanzierungen.7 Allgemein versteht man unter einer Private Equity Beteiligung eine Risikokapitalbereitstellung für nicht börsennotierte Unternehmen. Diese sind zeitlich begrenzt und haben in der Regel eine bestmögliche Wertsteigerung ihrer Beteiligung zum Ziel.8

Um diese Wertsteigerung erreichen zu können nutzen Sie die ihnen durch die Eigenkapitalbeteiligung zur Verfügung gestellten Einfluss- und Kontrollrechte aktiv und nehmen so an der Managementgestaltung des Zielunternehmens teil. Da der erfolgreiche Exit ein langfristiges Ziel darstellt, werden dem Management mehrere kurzfristige Ziele bzw. Meilensteile vorgegeben, um anhand dieser die Zielerreichung über dem Beteiligungszeitraum hinweg kontrollieren zu können.9

Private Equity Beteiligungen können einerseits als Mehrheitsbeteiligung erfolgen. Diese werden häufig mittels eines Leverage-Buy-Outs (LBO) erreicht, das heißt, Teile der zu erwerbenden Mehrheitsbeteiligung werden fremdfmanziert um so die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals zu steigern. Bei den Mehrheitsbeteiligungen haben die Private Equity Gesellschaften nahezu die volle Kontrolle über die Unternehmen, weshalb diese Variante bevorzugt genutzt wird.10

Andererseits gehen Private Equity Gesellschaften teilweise auch Minderheits­beteiligungen ein. Bei diesen behalten die Eigentümer die Kontrolle über das Unternehmen. Kennzeichnend für Minderheitsbeteiligungen sind oftmals gezielte Wachstumsfinanzierungen und Brückenfinanzierungen bis zu einem Börsengang (IPO), dem Zugang zum öffentlichen Kapitalmarkt.11

Ein Vorteil einer Private Equity Beteiligung für das Unternehmen ist, dass es von dem fachlichen Knowhow der Kapitalgeber profitieren kann. Darüber hinaus verfügt das Zieluntemehmen durch das zusätzliche risikotragfähige Kapital über eine bessere Bonität, wodurch ein verbesserter Zugang zu Fremdkapital entsteht. Zudem münden die neuen Wachstumsstrategien, welche zu einer Wertsteigerung des Unternehmens führen sollen, oftmals in einer stärkeren Internationalisierung derZielunternehmen.12

Hinzu kommt, dass die Private Equity Gesellschaften oftmals über ein hervorragendes Netzwerk verfügen, wovon das Unternehmen vielseitig, beispielsweise in der Personalbeschaffung, profitieren kann.13

Andererseits sollte berücksichtigt werden, dass die Managementmitgestaltung der Private Equity Gesellschaften für die Unternehmen eine Restriktion für Ihre Unabhängigkeit darstellen kann, dies birgt, neben einem erhöhten Erfolgsdruck für das bestehende Management, auch Konfliktpotenzial. Weiterhin haben die Private Equity Gesellschaften extrem hohe Anforderungen an die Transparenz des Unternehmens. Die Erfüllung dieser Transparenzvorgaben ist besonders bei Mittelständlem mit Mehrkosten verbunden. Des Weiteren können die erhöhten Kapitaldienstleistungen einer fremdfmanzierten Übernahme (LBO), zu hohen Belastungen des Cashflows führen, was bei unerwarteten Gewinneinbrüchen die Insolvenzgefahr des Unternehmens erheblich erhöht.14

2.1.2 Börsengang (IPO)

Hat ein Unternehmen seine Möglichkeiten der außerbörslichen Finanzierung vollständig ausgeschöpft, stellt ein Börsengang (IPO) eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung dar. Gründe für einen Börsengang können kapitalintensive Expansionsstrategien oder strategische Untemehmenszukäufe sein.15 Ist ein Unternehmen an der Börse notiert, hat es einen guten Zugang zu frischem Kapital, wodurch langfristig ein finanzielles Wachstum gewährleistet werden kann.16

Neben der Aufnahme von Eigenkapital besteht mithilfe des öffentlichen Kapitalmarktes auch die Möglichkeit der Aufnahme von Fremdkapital, beispielsweise durch die Emission von Anleihen.17 Bei der Ausgestaltung der Eigentümerstruktur haben die Unternehmen die Möglichkeit sich eine bestimmte unternehmerische Freiheit zu bewahren, indem Sie einen Anteil ihrer Aktien als Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ausgeben. Zudem sollten die Unternehmen für einen Börsengang geeignet sein. Sie sollten sich in einem fortgeschrittenen Unternehmenslebenszyklus befinden und neben einer hohen Professionalität, überdurchschnittliche Performancewerte erfüllen, wie zum Beispiel ein hohes Umsatzwachstum.18

Letztendlich eröffnet der Börsengang dem Unternehmen einen sehr guten Zugang zu Kapital jeglicher Haftung und bietet darüber hinaus alten Risikokapitalgebern des Unternehmens attraktive Ausstiegsmöglichkeiten. Des Weiteren steigen bei einem Börsengang das Prestige sowie das Markenimage des Unternehmens. Dies hat oftmals auch eine erhöhte Arbeitgeberattraktivität zur Folge.19 Darüber hinaus werden börsengehandelte Unternehmen tendenziell optimistischer bewertet als nicht öffentlich gehandelte Unternehmen.20

Den genannten Vorteilen steht jedoch der extrem hohe Zeitaufwand gegenüber, der aufgrund der umfangreichen Berichtserstattungspflichten zu einem höheren Kostenaufwand führt.21 Auch die einmaligen Kosten für einen Börsengang sind nicht unerheblich. Darüber hinaus kann der erhoffte Kapitalzuwachs durch den Börsengang, durch ungünstige gesamtwirtschaftliche Entwicklungen geringer ausfallen als erwartet. Das Mitspracherecht der Aktionäre kann die unternehmerische Freiheit begrenzen und die Performanceanforderungen der Teilhaber können einen hohen Druck auf das Management ausüben.22

2.2 Mezzanine Kapital

2.2.1 Genussrechte

Bei Genussrechten handelt es sich um eine eigenkapitalähnliche mezzanine Finanzierungsform.23 Ein Genussrecht beinhaltet, ähnlich wie Aktien, ein vertraglich begründetes Vermögensrecht, jedoch im Gegensatz zu diesen keine Verwaltungs- oder Stimmrechte.24 Des Weiteren können Genussrechte in Wertpapiere verbrieft werden, man spricht in dem Zusammenhang von Genussscheinen, diese können so standardisiert an der Börse gehandelt werden. Ausgegeben werden können sie allerdings grundsätzlich von Personen-, sowie Kapitalgesellschaften.25

Die Gestaltung ist gesetzlich nicht klar geregelt, sodass die Einzelheiten wie zum Beispiel die Gewinn- und Verlustbeteiligung, die Laufzeit, mögliche Wandlungsrechte oder die Rückzahlungsregelungen vertraglich in den sogenannten Genussrechtsbedingungen festgehalten werden sollten. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen können Unternehmen die Genussrechte andererseits flexibel an ihre jeweiligen Finanzierungsbedürfnisse anpassen. Um den Ansprüchen eines mezzaninen Finanzierungsinstrumentes zu genügen, werden Genussrechte mit einem Rangrücktritt und einer Gewinnbeteiligung versehen. Durch die Nachrangigkeit der Genussrechte steigt entsprechend das Haftungsrisiko für den Kapitalgeber an.26

Neben der hohen Flexibilität bei der Ausgestaltung ist die Gewinnbeteiligung, welche nur bei Untemehmenserfolg zu Kosten führt, ein Vorteil von Genussrechten. Darüber hinaus kann durch Genussrechte eine Kapitalerhöhung hinausgezögert werden und eine Bonitätsverbesserung erzielt werden. Dem entgegenzuhalten ist jedoch, dass sich die Gewinnbeteiligung, bei hohem Unternehmenserfolg, als äußerst hoher Preis für das Kapital herausstellt.

2.2.2 Stille Beteiligung

Dem Mezzaninen Finanzierungsinstrument der stillen Beteiligung kommt im Wirtschaftsleben eine nicht zu vernachlässigende Rolle zu. Um eine stille Beteiligung eingehen zu können, muss der Investor mit dem Zielunternehmen eine sogenannte stille Gesellschaft begründen. Eine stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft. Ihre Gründung kann formfrei und ohne Eintragung ins Handelsregister erfolgen. Folglich ist sie für außenstehende Dritte nicht einsehbar.27 Bei einer stillen Beteiligung erwirbt der Investor keine Geschäftsanteile des Zieluntemehmens, sondern leistet lediglich eine Vermögenseinlage.28

Stille Beteiligungen unterscheiden sich in zwei verschiedenen Ausgestaltungen, die typische- und atypische stille Beteiligung. Bei der typischen stillen Beteiligung partizipiert der Kapitalgeber an den Gewinnen und, je nach Absprache, auch an den Verlusten, nicht aber am Vermögen des Unternehmens. Dem Kapitalgeber werden zwar Kontroll- und Informationsrechte eingeräumt, jedoch keine Mitspracherechte. Die Haftung des Kapitalgebers begrenzt sich auf seine Einlage.29 Bei der atypischen stillen Beteiligung partizipiert der Kapitalgeber an Gewinn, Verlust, sowie Vermögen des Unternehmens. Ihm werden Kontroll- und Mitspracherechte eingeräumt und er haftet über seine Einlage hinaus.30

Für Unternehmen sind stille Beteiligungen von Vorteil, da durch die Gewinnbeteiligung nur bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung des Unternehmens Kosten für das Kapital anfallen. Darüber hinaus können stille Beteiligungen in Situationen Kapital verschaffen in denen ein Bankdarlehen nicht gewährt werden würde. Dem muss man jedoch entgegenhalten, dass die Gewinnbeteiligung sich, bei guter Unternehmensentwicklung, als extrem hohe Verzinsung des Kapitals herausstellen kann. Die dadurch entstehenden Opportunitätskosten sind nicht zu vernachlässigen. Des Weiteren kann es ein Nachteil sein, wenn der Investor aktiv von seinen Mitspracherechten Gebrauch macht.

2.2.3 Nachrangdarlehen

Nachrangdarlehen werden in der Regel von Banken oder institutionellen Investoren gewährt. Das Nachrangdarlehen stellt eine eher fremdkapitalähnliche mezzanine Finanzierungsform dar und wird aus diesem Grund auch als DebtMezzanineFinanzierung bezeichnet.31 Ferner wird dem Kapitalgeber bei einem Nachrangdarlehen für gewöhnlich keine Gewinnbeteiligung eingeräumt. Gründe für die Inanspruchnahme eines Nachrangdarlehens können fehlende Sicherheiten für einen herkömmlichen Bankkredit sein.32

Ein Nachrangdarlehen wird im Insolvenzfall des Unternehmens nachrangig zu den Fremdkapitalverbindlichkeitenjedoch vorrangig zum Eigenkapital, bedient. Das daraus entstehende erhöhte Ausfallrisiko im Vergleich zu einem klassischen Bankdarlehen schlägt sich in einem Risikoaufschlag bei der Verzinsung nieder. Zur Reduzierung der fixen Zinsen können auch sogenannte Non Equity Kicker eingesetzt werden. Bei Non Equity Kickern wird ein Teil der Zinszahlungen an den Untemehmenserfolg gekoppelt. Das durch das Nachrangdarlehen zugeführte Kapital wird als wirtschaftliches Eigenkapital angerechnet und erhöht somit die Eigenkapitalquote des Unternehmens.33 Dies kann als Vorteil eines Nachrangdarlehens angeführt werden. Darüber hinaus ist es vorteilhaft für das Unternehmen, das vergleichbar geringe Sicherheiten für das Nachrangdarlehen gestellt werden müssen. Als nachteilig können sich besonders die vergleichsweise hohen Zinsen herausstellen, weshalb diese mit der tatsächlichen Notwendigkeit eines Nachrangdarlehens abgewogen werden sollten.

2.3 Fremdkapital

2.3.1 Bankdarlehen

Das Bankdarlehen ist das wohl klassischste Fremdfinanzierungsinstrument. Es wird mittels eines schuldrechtlichen Vertrages, dem Darlehensnehmer Geld für einen festgelegten Zeitraum überlassen.34 Darlehen werden für gewöhnlich von Banken zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus besteht jedoch für ein Unternehmen auch die Möglichkeit Darlehen von Gesellschaftern oder Mitarbeitern in Anspruch zu nehmen. Fremdkapital wird im Falle einer Insolvenz oder Liquidation voranging bedient, das heißt vor allen anderen Gläubigern des Unternehmens.35

Im Folgenden soll jedoch das Gelddarlehen, als Produkt eines Schuldverhältnisses zwischen einer Bank und einem Unternehmen, durchleuchtet werden. Die Laufzeiten von Bankdarlehen sind langfristiger Natur. Die Konditionen des Darlehens werden im Darlehensvertrag festgehalten und sind individuell gestaltbar. Insbesondere die Höhe des Zinssatzes richtet sich nach der Bonität und den Besicherungsmöglichkeiten des Unternehmens. Der Darlehensgeber erhält keinerlei Kontroll- oder Mitspracherechte, lediglich bei niedriger Bonität des Unternehmens fordert er teilweise Informationsrechte oder hält vertraglich zu erfüllende Mindestanforderungen, sogenannte Covenants, fest.36 Bei der Fälligkeit des zu leistenden Kapitaldienstes lassen sich drei Darlehenstypen unterscheiden. Hierbei handelt es sich um Ratendarlehen, Annuitätendarlehen und endfälligem Darlehen.37

Ein wesentlicher Vorteil des klassischen Bankdarlehens ist, dass keine Gesellschaftsanteile gefordert werden und so die unternehmerische Freiheit unberührt bleibt. Darüber hinaus kann durch einen bewussten Einsatz von Fremdkapital die Rendite des Eigenkapitals, mittels des Leverage-Effektes, erhöht werden.38

Als Nachteil des Bankdarlehens ist die permanente Belastung des Cash-Flows durch den erfolgsunabhängigen Kapitaldienst anzuführen, welche unter anderem das Insolvenzrisiko erhöht. Des Weiteren ist die vorrangige Bedienung anzumerken, welche bei hohem Verschuldungsgrad abschreckend auf Eigenkapitalgeber wirken kann. Ebenfalls nachteilig ist der Fakt, dass Banken, im Vergleich zu anderen Kapitalgebern, sehr risikoavers sind und so der Zugang zu entsprechenden Darlehen besonders fürjunge Unternehmen schwierig ist.39

2.3.2 Mittelstandsanleihen

Mittlere bis große mittelständische Unternehmen verfügen über die Möglichkeit, Fremdkapital durch das Emittieren sogenannter Mittelstandsanleihen zu beschaffen. Diese haben im Gegensatz zu herkömmlichen Corporate-Bonds geringere Volumina und liegen für gewöhnlich unterhalb von 150. Mio. Euro.40

Die deutschen Börsenplätzte bieten mittlerweile eigene Segmente für Mittelstandsanleihen an. Durch die Börsenplatzierung der Mittelstandsanleihen wird der Zugang zum Kapitalmarkt und somit zu zahlreichen privaten sowie institutionellen Investoren für die Unternehmen ermöglicht. Des Weiteren ermöglicht der Börsenhandel ein Zustandekommen von objektiven Kursen, wodurch die Anleihen für Investoren attraktiver werden. Der Nennbetrag von Mittelstandanleihen überschreitet in der Regel nicht die 1000 Euro-Marke und liegt somit deutlich unterhalb der Nennbeträge herkömmlicher Unternehmensanleihen. Die emittierenden Unternehmen müssen spezielle Zulassungsvoraussetzungen erfüllen und haben nicht wenige Folgepflichten in Bezug auf ihre Transparenz. Darüber hinaus werden sie im Jahresrhythmus von Ratingagenturen bezüglich ihrer Untemehmensbonität bewertet. Begleitet werden die Platzierung der Mittelstandsanleihe in der Regel von Beratern, die Zeichnung findet für gewöhnlich in Eigenemission direkt über diejeweilige Börse statt.41

Als Vorteil für das emittierende Unternehmen ist die Bewahrung der Unabhängigkeit anzuführen. So werden keine Geschäftsanteile beim emittieren einer Anleihe fällig und man ist auch nicht, wie bei dem Bankdarlehen, der Verhandlungsmacht eines Kreditinstitutes ausgesetzt. Die Investoren entscheiden sich für oder gegen den Kauf der Anleihe.42 Ferner sind Mittelstandsanleihen sehr flexibel, da sie in der Regel keiner typischen Besicherung, Covenants oder Zweckbindung unterliegen. Ein weiterer Punkt für die hohe Flexibilität ist, dass das emittierende Unternehmen seine Anleihenjederzeit vollständig oder teilweise zurückkaufen kann. Außerdem erhöht eine Mittelstandanleihe auch die Bekanntheit des Unternehmens durch die Präsenz an den Börsenplätzen. Auch hohe Volumina sind durch Mittelstandanleihen realisierbar und in der Regel kostengünstiger als eine Darlehensfmanzierung in vergleichbarer Höhe.43

Nachteilig wirkt sich die Abhängigkeit vom Kapitalmarkt aus, so kann sich das emittierende Unternehmen nicht darauf verlassen, dass das angestrebte Volumen auch erfolgreich am Markt platziert werden kann. Hinzu kommt, dass die Bestimmung des Anleihezinses besonders bei Mittelstandsanleihen nicht rudimentär ist. Ferner können die Transparenzanforderungen des Kapitalmarktes die Unternehmen in ihrem Unabhängigkeitsstreben einschränken.44

2.4 Alternative Finanzierungsoptionen

2.4.1 Factoring

Eine alternative Finanzierungsform ist das Factoring, hierbei verkauft das Unternehmen, der Factoringkunde, kurzfristige Forderungen fortlaufend an eine Factoring Gesellschaft. Der Factoringkunde erhält direkt nachdem der Factor die jeweilige Forderung erhält ca. 80-90% des Forderungsbetrages. Dies gewährleistet eine kurzfristige Umsatzfinanzierung, sowie eine Liquiditätssicherung. Das Factoring lässt sich in vier nachfolgende grundsätzliche Varianten unterteilen. Beim „echten Factoring“ übernimmt die Factoring Gesellschaft das Ausfallrisiko, Delkredererisiko, der angekauften Forderung. Dem gegenüber steht das „unechte Factoring“ bei dem das Delkredererisiko bei dem Unternehmen verbleibt.45

Weiterhin wird in „offenes“ und „stilles“ Factoring unterschieden. Beim „offenen Factoring“ wird der Schuldner des Factoringkunden über die abgetretene Forderung in Kenntnis gesetzt und begleicht seine Forderung schuldbefreiend bei dem Factor. Im Gegensatz hierzu wird der Schuldner des Unternehmens beim „stillen Factoring“ nicht über die Abtretung der Forderung in Kenntnis gesetzt und zahlt auf das Konto des Unternehmens, welches in der Regel an den Factor abgetreten wurde.46

Neben den bereits genannten Finanzierungs- und Delkrederefunktionen bieten Factoring Gesellschaften auch sogenannte Dienstleistungsfunktionen an, bei welchen Sie für den Kunden die Debitorenbuchhaltung inklusive Mahnwesen übernehmen. Die Kosten des Factorings belaufen sich in der Regel auf eine Gebühr, welche sich prozentual vom Bruttorechnungsbetrag berechnet, Zinsen für den Zeitraum von der Rechnungsstellung bis Zahlungseingang, sowie Gebühren für Bonitätsprüfungen der Kunden des Unternehmens und einmalige Bearbeitungsgebühren. Sicherheiten, wie bei Bankkrediten, werden nicht gefordert47 Die Zinsen der Factoring-Gesellschaften sind in der Regel günstiger als Betriebsmittelkredite von Banken, darüber hinaus können Skonti auf Verbindlichkeiten des Factoringkunden ausgenutzt werden. Diese Vorteile ergeben sich durch die mit dem Factoring entstehende verbesserte Liquidität (Liquiditätseffekt).48

Weitere Vorteile sind eine Rentabilitätsverbesserung durch Kosteneinsparungen, beispielweise in den Bereichen Debitorenbuchhaltung und Warenkreditversicherungen. Darüber hinaus ist es vorteilhaft, dass der Factor die Forderungen in seine Bücher überträgt, wodurch sich die Bilanz des Factoringkunden verkürzt und folglich die Eigenkapitalquote erhöht. Dementsprechend erhöht sich auch die Bonität des Factoringkunden. Als Nachteile des Factorings kann festgehalten werden, dass es nicht für jedes Unternehmen im selben Maße geeignet ist und die Kosten genau abgewogen werden müssen. Zudem kann das Image des Unternehmens, besonders beim offenen Factoring, Schaden nehmen. Auch die Kundenbindung könnte durch das Factoring gefährdet werden.49

2.4.2 Crowdfunding

Die modernste der betrachteten Finanzierungsformen stellt das Crowdfunding dar. Kern des Crowdfundings ist, dass eine Vielzahl von potenziellen Investoren (die „Crowd“) über eine Internetplattform mit kleinen Beträgen, die Vorhaben von Unternehmen finanzieren („funding“).50 Genutzt wird diese Finanzierungsform vor allem durch sehr junge Unternehmen. Für das Crowdfunding gibt es mittlerweile einige Plattformen, welche Angebot und Nachfrage zusammenführen. Ihre Anforderungen an die Unternehmen unterscheiden sich teilweise, jedoch gibt es einige Anforderungen die als allgemeingültig angesehen werden können. Zum einen wird oftmals eine bestimmte Rechtsform vorausgesetzt, hierbei handelt es sich für gewöhnlich um die der GmbH oder UG. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, dass die Unternehmen sich und Ihre Projekte möglichst detailliert darstellen. Zudem sind Projekte ab 2,5 Millionen EUR prospektpflichtig, beziehungsweise bei einem Volumen von 100.000-2,5Mio. EUR fällt ein Vermögensinformationsblatt an.51

Es existieren vier grundlegende Varianten des Crowdfundings, welche sichjeweils in der Leistung des Unternehmens an die Investoren unterscheiden. Zum einen existiert das Crowddonating, sowie das Crowdsponsoring. Bei ersterem erhalten die Investoren keine Gegenleistung und bei dem letzteren eine nicht monetäre Gegenleistung. Zum anderen gibt es das Crowdinvesting und das Crowdlending, diese stellen eine Eigenkapitalbeteiligung, sowie eine Fremdkapitalüberlassung dar.52

Im nachfolgenden soll lediglich auf das Crowdinvesting und das Crowdlending eingegangen werden, da diese einen Großteil des Crowdfundingvolumens abbilden.53 Im Zuge des Crowdinvestings, auch Equity-Based-Crowdfunding genannt, erhält der Investor eine Gewinnbeteiligung. Die Beteiligung erfolgt in der Regel über mezzanine Finanzierungsinstrumente, wodurch das Kapital als wirtschaftliches Eigenkapital gilt. Die gängigsten Instrumente sind im Punkt 2.2 erläutert. Am häufigsten angewandt wird das partiarische Nachrangdarlehen, welches sich durch den erfolgsabhängigen Zins charakterisiert. Darüber hinaus partizipiert der Investor am Untemehmenswert, sodass er im Falle eines Exits oder Verkaufs des Unternehmens eine entsprechende Beteiligung erhält.54

Beim Crowdlending erhalten die Unternehmen von der Crowd meistens kurzfristige Kredite. Für gewöhnlich werden die Kredite Peer to Business vergeben, also von Privatpersonen an Unternehmen. Die Plattform übernimmt die Abwicklung, die Bonitätsprüfung der Unternehmen sowie die Zinsfestsetzung. Die Zinssätze liegen für gewöhnlich über denen einer Bank, es werden jedoch im Gegenzug auch keine banküblichen Sicherheiten verlangt. In der Regel reicht eine persönliche Bürgschaft des Unternehmers aus. Die Rückzahlung ist fremdkapitaltypisch erfolgsunabhängig.55 Besonders vorteilhaft am Crowdfunding ist, dass schnell, unabhängig von Banken und unbürokratisch Kapital beschafft werden kann. Weiterhin können Projekte, die Banken als zu risikoreich einstufen, finanziert werden. Zudem erhöht das Crowdinvesting die Bonität gegenüber Banken. Die Präsenz auf den entsprechenden Plattformen hat einen Marketingeffekt und die Reichweite des Unternehmens erhöht sich. Ferner kann das Potenzial eines Projekts an dem Commitment der Investoren gemessen werden. Dem gegenüber steht jedoch, dass eine schlecht vorbereitete Kampagne schnell für einen Imageschaden sorgen kann. Des Weiteren müssen den Investoren, je nach Beteiligungsmodell, Kontroll- bzw. Informationsrechte eingeräumt werden. Letztlich sind auch die Kosten für die Vorbereitung und Durchführung des Crowdfundings nicht zu vernachlässigen.56

2.5 KfW-Fördermittel

Eine weitere wichtige Finanzierungsquelle für mittelständische Unternehmen stellen öffentliche Fördermittel dar. Im Folgenden werden die Förderungsangebote der KfW-Bankengruppe, als Förderbank der Bundesrepublik Deutschland, dargestellt. Vorab ist anzumerken, dass die KfW als staatliche Förderbank nach dem Subsidiaritätsprinzip, das heißt Wettbewerbsneutral, agiert und Marktschwächen ausgleicht. Ihr Förderangebot wird zu einem großen Teil von durchleitenden Kreditinstituten an die Förderempfänger geleitet. Dies gestaltet die Antragsstellung für Unternehmen einfach, da die durchleidenden Kreditinstitute oftmals die Hausbanken der mittelständischen Unternehmen sind.57 Das Förderangebot der KfW für den Mittelstand umfasst ein breites Spektrum. So werden Themen wie Innovation, Digitalisierung, Energieeffizienz, Optimierungen von Produktionsprozessen und Umweltschutz gefördert. Ferner können auch Investitionen und Betriebsmittel gefördert werden. Die Förderung findet größtenteils mittels zinsverbilligter Kredite, sowie der Gewährung von tilgungsfreien Anlaufjahren statt und kann mit Zuschüssen ergänzt werden. Vereinzelt werden auch Förderungen mithilfe mezzaniner Finanzierungsinstrumente, sowie Beteiligungskapital angeboten.58 Die Fördermittel entstammen aus dem Bundeshaushalt, der EU sowie dem European Recovery Programm (ERP). Darüber hinaus stellt die KfW selbst ebenfalls Fördermittel zur Verfügung.59

Die günstigen Konditionen, sowie die Bereitstellung öffentlicher Gelder ist sicherlich eine wichtige Stütze für mittelständische Unternehmen und kann ihren Finanzierungsmix sinnvoll ergänzen. Besonders kleine mittelständische Unternehmen erhalten so Liquidität, welche sie in dieser Form nicht am herkömmlichen Bankenmarkt bekommen würden.60 Als nachteilig kann man anmerken, dass die Förderkriterien in einigen Fällen äußerst hoch und komplex sind. Zudem kann sich der Prozess von der Antragsstellung bis zum Erhalt der Mittel als langwierig und bürokratisch gestalten.

3 Darstellung ausgewählter Kapitalstrukturtheorien

3.1 Irrelevanz der Kapitalstruktur

Der Grundstein der modernen Kapitalstrukturtheorie entstammt einer Forschungsarbeit von Modigliani und Miller aus dem Jahr 1958.61 Der Befund ihrer Arbeit war die Theorie zur Irrelevanz der Kapitalstruktur. Ziel ihres Beitrages war es, den Einfluss der Kapitalstruktur auf den Unternehmenswert zu erforschen.62 Für das Aufstellen ihrer Theorie trafen Modigliani und Miller einige sehr restriktive modellhafte Annahmen. Sie setzten das Bestehen eines vollkommenen Kapitalmarktes voraus. Diese Annahme impliziert unter anderem das Nichtvorhandensein von Steuern, Transaktionskosten, sowie Informationsasymmetrien. In diesem vollkommenen Kapitalmarkt agieren lediglich zwei Marktteilnehmer, bei welchen es sich um Unternehmen und Privatpersonen handelt. Unternehmen erwirtschaften ungewisse operative Gewinne, die als unendlicher Zahlungsstrom angesehen werden und unabhängig von den Finanzierungsentscheidungen sind. Bezüglich der Renditeerwartung der Aktien herrscht bei allen Investoren Einstimmigkeit und sie sind in der Lage die Unternehmen in homogene Risikoklassen einzuteilen. Darüber hinaus besteht ein einheitlicher Fremdkapitalzins, zu jenem sich jeder Marktteilnehmer in beliebiger Höhe verschulden kann.63

Bei uneingeschränkter Rationalität und einem vorausgesetztem Arbitragemechanismus dürften unter diesen Annahmen keine Bewertungsunterschiede zwischen eigen- und mischfmanzierten Unternehmen auftreten. Daraus resultierend leiteten Modigliani und Miller die drei folgenden Theoreme ab:

I. Ein Einfluss der Kapitalstruktur auf den Marktwert eines Unternehmens ist nicht vorhanden.
II. Die anfallenden durchschnittlichen Kapitalkosten sind konstant und nicht abhängig von derjeweiligen Kapitalstruktur
III. Es existiert ein linearer Zusammengang zwischen Eigenkapitalrendite und Verschuldungsgrad64

Aufgrund der äußerst realitätsfernen Annahmen des vollkommenen Kapitalmarktes, die Modigliani und Miller trafen, wurde ihre Theorie einiger Kritik unterworfen.

Allerdings entschieden sich Modigliani und Miller bewusst für diese Annahmen, um die Kernproblematik ihrer Theorie ausreichend darstellen zu können. Dabei war Ihnen bewusst, dass die Annahmen mithilfe weiterer Forschung gelockert werden müssten, um die theoretischen Erkenntnisse praktisch anwendbarer zu gestalten.65 Bereits in ihrem ersten Artikel verwiesen Sie dabei auf die Relevanz der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen, stellten diese in ihrem Modelljedoch falsch dar.

3.2 Trade-Off-Theorie

Daraufhin erschien im Jahr 1963 von Modigliani und Miller selbst eine Korrekturarbeit ihres ersten Beitrages von 1958. In dieser stellten sie die bereits erwähnte besondere Relevanz der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen korrekt dar.66 Aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen zahlen mischfmanzierte Unternehmen absolut weniger Steuern, da die Fremdkapitalzins­aufwendungen dem Gewinn vor Steuern abgezogen werden können und somit die Bemessungsgrundlage des Steuersatzes verringern. Eigenfinanzierte Unternehmen haben diese Möglichkeit nicht und müssen folglich ihren gesamten Gewinn der Steuerlast unterwerfen. Somit sind mischfmanzierte Unternehmen in der Lage höhere Nachsteuer­ergebnisse an ihre Kapitalgeber auszuschütten. Dies rechtfertigt wiederum eine höheren Unternehmenswert für mischfmanzierte Unternehmen.67

Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Determinanten die Einfluss auf die Kapitalstruktur nehmen. Diese galt es weiter zu erforschen, um somit letztendlich die optimale Kapitalstruktur darstellen zu können. Nachdem sich zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler der damaligen Zeit den Problemen der Kapitalstrukturforschung widmeten, gelang es Kraus und Litzenberger die Konkurrenz des durch die Fremdkapitalzinsen entstehenden Steuervorteils und der Insolvenzkosten in einem geschlossenen Modell abzubilden.68

Die Insolvenzkosten entstehen mit dem steigenden Risiko, welches mit einer erhöhten Verschuldung einhergeht. In der Regel werden die Insolvenzkosten in direkte Insolvenzkosten, wie zum Beispiel Kosten für einen Insolvenzverwalter oder Gerichtskosten, und indirekte Insolvenzkosten, wie zum Beispiel sich verschlechternde Geschäftsbeziehungen oder Imageschäden, unterteilt.6970

Myers etablierte 1984 den Namen „The Static Tradeoff Hypothesis“ für diese Kapitalstrukturtheorie. Dieser Theorie nach müssen die Unternehmen die Steuervorteile

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abhängigkeit des Marktwertes eines Unternehmens von dem Verschuldungsgrad gemäß der Trade-Off- Theorie, Entnommen aus: Wagner, C. (2017) S. 62

Anhand der Grafik wird deutlich, dass sich der optimale Verschuldungsgrad an dem Punkt befindet an dem die Grenzkosten der Insolvenzkosten und der Steuervorteile aus den abzugsfähigen Fremdkapitalzinsen identisch sind. Dieser optimale Verschuldungsgrad variiert von Unternehmen zu Unternehmen. Unter Beachtung der Determinante der Profitabilität geht die Trade-Off-Theorie davon aus, dass der Steuervorteil der Fremdfmanzierung mit der Profitabilität eines Unternehmens wächst. Demnach wird ein positiver Zusammenhang zwischen Profitabilität und Verschuldungsgrad erwartet.71

[...]


1 BMWi, (2019), S.6

2 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/politik-fuer-den-mittelstand.html

3 Vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/mittelstandsfinanzierung.html

4 Vgl. https://www.ludwig-erhard.de/erhard-aktuell/standpunkt/risiken-der-ezb- niedrigzinspolitik/?pdf=2326, S.3

5 Vgl. Rothengatter, W., Schaffer, A. (2006), S.106

6 Vgl. Pahnke, A. et al. (2015), S.35

7 Vgl. Achleitner, A-K., Schraml, S., Tappeiner, F. (2011), S.39

8 Vgl. Göppert, A, Müller, C., (2014), S.189f.

9 Vgl. Müllner, J. (2012), S.27ff.

10 Vgl. Göppert, A, Müller, C. (2014), S.190f.

11 Vgl. BVK, (2009), S.4

12 Vgl. Müllner, J. (2012), S.311

13 Vgl. BVK, (2009), S3.

14 Vgl. Jansen, S. (2015), S.342

15 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.361

16 Vgl. Schlitt, M. et al, (2014), S.lf

17 Vgl. Achleitner, etal. (2011), S.23f.

18 Vgl. Achleitner, etal. (2011), S.51ff.

19 Vgl. DAI(2018), S.6

20 Vgl. Emst & Young, (2016), S.6

21 Vgl. Achleitner, etal. (2011), S.149

22 Vgl. Emst & Young, (2016), S.7

23 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.296

24 Vgl. Fischl,B.(2011), S.19

25 Vgl. Becker, H. (2016), S.226

26 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.313

27 Vgl. Stäche, U., (2019), S.138f.

28 Vgl. Kaserer, C., Lenz, U., (2009), S.67

29 Vgl. Stäche, U., (2019), S.142f.

30 Vgl. Becker, H. (2016), S.224f.

31 Vgl. Karcher, F. (2018), S.32

32 Vgl. Staroßom, H. (2015), S.286f.

33 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.305

34 Vgl. Becker, H. (2016), S.184

35 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.199

36 Vgl. Staroßom, H. (2013), S.227f.

37 Vgl. Becker, H. (2016), S.183, sowie S.208

38 Vgl. Becker, H. (2016), S.ll

39 Vgl. Schultz, C. (2011), S.119

40 Vgl. Doweling, H., (2017), S.56f.

41 Vgl. Bösl, K„ Hasler, P. (2012), S.14ff.

42 Vgl. Mann, G. (2012), S.22

43 Vgl. Mann, G. (2012), S.25ff.

44 Vgl. Mann, G. (2012), S.29

45 Vgl. Ritter, M., (2018), S.104

46 Vgl. Ritter, M., (2018), S.107

47 Vgl. Ritter, M., (2018), S.lll

48 Vgl. Reinemann, H. (2019), S.184

49 Vgl. Ritter, M., (2018), S.109f.

50 Vgl. Mausbach, C., Simmert, D., (2015), S.359

51 Vgl. Dimler, N„ Karcher, B., (2018), S.261

52 Vgl. Mausbach, C., Simmert, D., (2015), S.361

53 Vgl. https://www.fuer-gruender.de/fileadmin/mediapool/Publikation/Crowdfinanzierung_2016-Fuer- Gruender.de-Dentons.pdf, S.l

54 Vgl. Dimler, N., Karcher, B., (2018), S.259

55 Vgl. Dimler, N„ Karcher, B., (2018), S.257f.

56 Vgl. Dimler, N., Karcher, B., (2018), S.264f.

57 Vgl. Schröder, U. (2015), S.372

58 Vgl. Reinemann, H. (2019), S.192

59 Vgl. Schröder, U. (2015), S.377f.

60 Vgl. https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Untemehmen/index-2.html

61 Vgl. Schneider, H„ (2010), S.9

62 Vgl. Modigliani, F., Miller, M.H. (1958), S.264

63 Vgl. Modigliani, F., Miller, M.H. (1958), S.265

64 Vgl. Modigliani, F., Miller, M.H. (1958), S.262-296

65 Vgl. Modigliani, F„ Miller, M.H. (1958), S.296

66 Vgl. Modigliani, F., Miller, M.H. (1963), S.433-443.

67 Vgl. Modigliani, F., Miller, M.H. (1963), S.434

68 Vgl. Schneider, H. (2010), S.13

69 Vgl. Jaeger, S. (2012), S.18

70 Vgl. Myers, S. C„ (1984), S.577

71 Vgl. Schneider, H. (2010), S.14

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Nullzinspolitik. Auswirkung auf die Finanzierungsstruktur von mittelständischen Unternehmen
Hochschule
BA Hessische Berufsakademie
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
81
Katalognummer
V1229676
ISBN (eBook)
9783346653819
ISBN (Buch)
9783346653826
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kapitalstruktur, Trade-Off, Pecking-Order, Irrelevanz der Kapitalstruktur, Mittelstand, Private Equity, Venture Capital, Nullzinsen, Niedrigzinsen, Finanzierung und Investition, FInanzierung, Investition, Wirtschaft, Deutscher Mittelstand, Leverage Buyout, MBO, MBI, Bachelor, Bachelorarbeit
Arbeit zitieren
Leon Jablonski (Autor:in), 2020, Nullzinspolitik. Auswirkung auf die Finanzierungsstruktur von mittelständischen Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1229676

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