In meiner Seminararbeit beschäftige ich mich mit der weiblichen Homosexualität im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Blickpunkt steht dabei die lesbische Frau nicht als handelndes Subjekt, sondern als Objekt der zeitgenössischen medizinischen und psychiatrischen Forschung und der Justiz. Ich werde mich mit der Frage beschäftigen, wie Homosexualität im Allgemeinen und weibliche Homosexualität im Besonderen medizinisch erklärt wurde und wie Ärzte und Psychiater mit betroffenen Personen umgingen. Außerdem werde ich auf Frauen und ihre Freundschaften und Beziehungen eingehen und zeigen, welcher Art die Beziehungen zwischen Frauen waren, wie die Frauen ihre Gefühle ausleben konnten und wie Beziehungen zwischen Frauen von der Gesellschaft wahrgenommen wurden. Hierbei spielt eine besondere Rolle, wie die lesbische Frau des 19. Jahrhunderts nicht nur im Verhältnis zu den sie umgebenden Männern, sondern gerade im Bezug auf ihre Homosexualität von Zeitgenossen und Historikern gesehen und behandelt wurde. Wird die Homosexualität mit allen romantischen, zärtlichen, politischen und gesellschaftlichen Aspekten gesehen, oder wird sie als bloße sexuelle Praktik wahrgenommen, die aus dem öffentlichen Leben der Frau ausgeschlossen wird? Oder wird sie gar komplett außen vor gelassen?
Meine Arbeit stützt sich neben Lexikon-Artikeln und Fachliteratur auch auf zeitgenössische Dokumente, wie zum Beispiel Beiträge aus medizinischen Fachzeitschriften oder Fachzeitschriften für Strafrecht.
Beginnen möchte ich meine Arbeit mit einem Kapitel zur Begriffserklärung. Im folgenden Kapitel werde ich Freundschaften und Beziehungen zwischen Frauen und ihre Bedeutung als Forschungsgegenstand beleuchten. Im fünften Kapitel wird es um die psychiatrische und medizinische Erforschung der (weiblichen)
Homosexualität gehen. Das sechste Kapitel behandelt die Strafwürdigkeit weiblicher Homosexualität und die Entwicklung des Paragraphen 175. Abschließend werde ich die Ergebnisse meiner Arbeit zusammenfassen und die einzelnen Aspekte zu einem komplexeren Bild weiblicher Homosexualität im 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts zusammenfügen.
Doch bevor ich spezielle Aspekte der weiblichen Homosexualität beleuchte, möchte ich einige allgemeine Worte über die Schwierigkeiten einer Frauen- und besonders einer lesbischen Geschichtsschreibung verlieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Schwierigkeiten einer lesbischen Geschichtsschreibung
- 3 Begrifflichkeiten
- 3.1 Homosexualität
- 3.2 Conträrsexuell
- 3.3 Lesbizismus
- 3.4 Sodomie
- 4 Frauenfreundschaften - Frauenbeziehungen
- 4.1 Das Beispiel Betty Paoli
- 4.2 Frauenfreundschaften und -beziehungen in der Forschung
- 5 Die medizinische und psychiatrische Erforschung der lesbischen Sexualität im 19. Jahrhundert
- 5.1 Dr. Westphal und Frl. N.
- 5.2 Echte und unechte Lesben
- 5.3 Mannweiber
- 5.4 Die Psychiatrisierung homosexuellen Verhaltens
- 5.5 Therapien
- 6 Die Strafwürdigkeit weiblicher Homosexualität
- 6.1 Der Paragraph 175
- 6.2 Ein Versuch der Kriminalisierung des Lesbianismus – Der Vorentwurf eines Strafrechts für das Deutsche Reich 1909
- 7 Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Darstellung der lesbischen Frau im 19. und frühen 20. Jahrhundert, nicht als handelndes Subjekt, sondern als Objekt der medizinischen, psychiatrischen Forschung und der Justiz. Die Arbeit beleuchtet die medizinischen Erklärungen von Homosexualität, insbesondere weiblicher Homosexualität, den Umgang von Ärzten und Psychiatern mit Betroffenen sowie die Beziehungen zwischen Frauen und deren gesellschaftliche Wahrnehmung.
- Medizinische und psychiatrische Sichtweisen auf weibliche Homosexualität
- Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Behandlung lesbischer Frauen
- Frauenfreundschaften und -beziehungen im 19. Jahrhundert
- Juristische Aspekte und die Kriminalisierung des Lesbianismus
- Schwierigkeiten der lesbischen Geschichtsschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung skizziert die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz der Arbeit. Kapitel 2 widmet sich den Herausforderungen der lesbischen Geschichtsschreibung, hervorgerufen durch den Mangel an Quellen und die gesellschaftliche Stigmatisierung. Kapitel 3 klärt zentrale Begrifflichkeiten wie Homosexualität, Lesbizismus und Sodomie. Kapitel 4 beleuchtet Frauenfreundschaften und -beziehungen und deren Darstellung in der Forschung. Kapitel 5 behandelt die medizinische und psychiatrische Erforschung weiblicher Homosexualität im 19. Jahrhundert, inklusive der unterschiedlichen Kategorien und Therapien. Kapitel 6 analysiert die Strafwürdigkeit weiblicher Homosexualität und die Entwicklung des Paragraphen 175.
Schlüsselwörter
Lesbische Frau, 19. Jahrhundert, Homosexualität, Medizin, Psychiatrie, Justiz, Paragraph 175, Frauenfreundschaften, Geschichtsschreibung, Kriminalisierung.
- Quote paper
- Andrea Fiedler-Boldt (Author), 2007, Die lesbische Frau des 19. Jahrhunderts als Objekt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123425