Cicero und das "bellum iustum". War der Dritte Punische Krieg nach Ciceros Theorie "gerecht"?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2021

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Cicero und der gerechte Krieg
2.1 Cicero.
2.2 Krieg und Gerechtigkeit nach Cicero
2.3 Der gerechte Krieg

3. Der dritte Punische Krieg
3.1 Polybios
3.2 Der romisch-karthagische Friedensvertrag von 201 v. Chr
3.3 Ausbruch des dritten Punischen Krieges
3.4 Der dritte Punische Krieg

4. Schlussbetrachtung

Literatur und Quellenverzeichnis

l. Einleitung:

Krieg gab es schon immer. Friede ist eine zivilisatorische Leistung, welche viel zu oft noch Ausnahme ist. Uber die Jahrtausende hat sich die Form und die Art der Kriegsfuhrung geandert. Die Begleiterscheinungen des Krieges Angst, Leid, Flucht und Tod sind uber die Zeiten hinweg nahezu unverandert geblieben. In Mitteleuropa herrscht mittlerweile seit uber 70 Jahren Frieden, doch auf der ganzen restlichen Welt gibt es bewaffnete Konflikte, welche Staaten, und politisch-ethnische Gruppierungen untereinander ausfechten. In alien Fallen haben die Konfliktparteien Argumente, mit welchen sie den Waffengang gegenuber ihren Mitgliedern und der Welt rechtfertigen. Denn ein Krieg muss Sinn haben, ein Ziel verfolgen, ansonsten ware er sinnlos. Es gibt viele Grande einen Krieg zu rechtfertigen, ein Punkt stich jedoch heute noch heraus. Krieg muss immer gerecht sein. Gerecht in einem subjektiven Sinne, denn der Gegner wird dies in den meisten Fallen genau entgegengesetzt bewerten.

Wann und ob ein Krieg gerecht ist, haben sich die Menschen bereits im antiken Rom gefragt. Denn nach ihrem Glauben hatte man nur die Gotter auf seiner Seite, wenn der Krieg aus einem gerechten Grund gefochten wurde. Aus diesem Grund war es den Romern besonders wichtig, den Krieg zu regulieren und zu Verrechtlichen. Der romische Universalgelehrte Marcus Tullius Cicero war der Erste, welcher den Begriff des ,,bellum iustum“, also des „gerechten Krieges“ pragte. Seine Uberlegungen bezuglich der Legitimitat von Kriegen pragten nachfolgende Generationen.1

In der vorliegenden Arbeit soil untersucht werden, inwiefern die theoretischen Uberlegungen Ciceros bezuglich des gerechten Krieges und seiner Legitimitat auf die von Rom gefuhrten Kriege anwendbar sind. Dafur werden zunachst Ciceros Ausfuhrungen zum ,,bellum iustum“ erlautert. AnschlieBend wird beispielhaft der dritte punische Krieg und seine Ursprunge auf Grundlage der polybianischen Berichten als Hauptquelle dargestellt. Am Ende soil die Frage geklart werden, ob der dritte punische Krieg nach Ciceros Theorie und dem damaligen Rechtsverstandnis als ein gerechter Krieg bewertet werden kann.

Zu der Theorie des gerechten Kriegs in der Antike findet sich abseits der originalen Schriften Ciceros wenig weitere Quellen und Literatur. Diese Untersuchung arbeitete deshalb fast ausschlieBlich mit den Ausfuhrungen von Andrea Keller zu diesem Thema. Anders verhalt es sich mit der Literatur bezuglich der punischen Kriege. Aus der Vielzahl der Darstellungen beschrankt sich diese Arbeit auf die Ausfuhrungen von Klaus Zimmermann und Gunnar Manz zu diesem Thema. Grundsatzlich ist sich die Forschung in den meisten Hergangen der punischen Kriege einig. Nur in Detailfragen herrscht Dissens, weshalb eine Beschrankung auf diese beiden Autoren kein Nachteil fur die Arbeit darstellt. Die Hauptquelle fur die Ausfuhrungen dieser Untersuchung uber den dritten punischen Krieg, sind die Berichte des Polybios, sowie in Teilen auch die des Livius.

2. Cicero und der gerechte Krieg

Eine dezidierte ,,Theorie des gerechten Krieges“ von Cicero existiert nicht. Zeit seines Lebens hingegen hat Cicero sich immer wieder im Hinblick auf dieses Thema in seinen Schriften und Reden geauBert. Aus diesen uber sein Gesamtwerk verteilten Ausfuhrungen bezuglich des ,,bellum iustum“ lasst sich jedoch ein durchaus konsistentes Konzept seines Verstandnisses eines gerechten Krieges herausarbeiten. Ihm lag daran, konkrete Fragestellungen praxisbezogen zu beantworten und Handlungsempfehlung zu geben. Dabei ging er immer von seinen ethischen Grundsatzen aus. Auffallig erscheint, dass er Krieg zumeist als Ultima Ratio darstellt, also als letztes Mittel, wenn alle anderen Formen der Konfliktlosung versagen. Daraus lasst sich schlieBen, dass er der Auffassung war, dass Krieg eingedammtwerden muss. Dafur spricht, dass er ausfuhrlich darauf eingeht, wann ein Krieg ungerecht ist und nicht wann einer gerecht ist2. Diese Auffassung wird nochmals deutlich in seinen wiederholten Aussagen zu dem Fetialrecht, welches die Aufgabe hatte, Konflikte und Kriege in geregelten Bahnen zu halten. Eine Verrechtlichung des Krieges war fur ihn Voraussetzung fur einen gerechten Krieg. So war beispielsweise ein Krieg, welcher nicht angekundigt oder formed richtig erklart wurde fur ihn ein VerstoB nicht nur gegen weltliches, sondem auch gegen gottliches Recht.3

Obwohl Cicero in vielen seiner Reden und Briefen den gerechten Krieg erwahnt, finden sich die wichtigsten Stellen, gerade im mit Bezug auf den Aspekt der Gerechtigkeit, in seinen philosophischen Schriften „de officiis“, „de re publica“ und „de legibus“. Im Folgenden wird kurz auf Cicero als Person und sein Leben eingegangen, um einen Uberblick uber die Hintergrunde seiner Uberlegungen zu geben.

2.1 Cicero

Marcus Tullius Cicero wird am 03.01.106 v. Chr in Arpinum, gut 100 km sud- ostlich von Rom, geboren. Da seine Familie gute Beziehungen zu der stadtischen Aristokratie Roms pflegte, kam Cicero schon fruh in den Kontakt mit beruhmten Rednern wie Licinius Crassus und M. Antonius. Auch herausragende Personlichkeiten des Zivil- und Sakralrechts begleiteten ihn schon in fruhen Jahren, darunter Mucius Scaevola Augur und Mucius Scaevola Pontifex4. Durch die guten Kontakte der Familie gelangte er ohne Probleme in die offentliche Berufslaufbahn. Schnell machte Cicero Karriere als Anwalt und ubernahm 81 v. Chr sein erstes Mandat, welches er erfolgreich fur seinen Mandanten entscheiden konnte. Nach einem zweijahrigen Studienaufenthalt in Athen und Rhodos setzte er seine Tatigkeit als gefragter Anwalt fort. Dies brachte ihm die notigen Kontakte, um den nachsten Schritt in der Karriereleiter zu machen. So wurde er 75 zum Quaestor, als welcher er dem Statthalter von Sizilien unterstellt war. Nach seiner Amtszeit wurde er Mitglied des Senats, welcher ihn 70 v. Chr zum Aedilis wahlte. Seine ersten groBen Reden hielt Cicero im Jahr 66 v.Chr, als er das Amt des Praetors bekleidete. 64 v. Chr wird Cicero zum Konsul gewahlt5. Als Reaktion auf seine Niederlage plante Ciceros Konkurrent bei den Konsulwahlen, Catilina, einen gewaltsamen Putsch gegen ihn. Als Catilina versuchte eine Privatarmee aufzubauen, rief der Senat den Notstand aus, und Catilina wurde zum Staatsfeind erklart. Unter Ciceros Federfuhrung kam es zu einem Senatsbeschluss, welcher die Hinrichtung Catilinas zur Folge hatte. Diese Anordnung verstieB jedoch gegen geltendes Recht, denn ohne Gerichtsurteil durfte zu dieser Zeit kein romischer Burger hingerichtet werden.

Diese Entscheidung sollte Ciceros weiteres Leben beeinflussen. Er verlor an politischem Einfluss in Rom. Nachdem er das Angebot ausschlug sich dem ersten Triumvirat anzuschlieBen, wurde 58 ein Gesetz beschlossen, welches genau das Vorgehen Ciceros, also das Hinrichten eines Burgers Roms ohne Verfahren, unter Strafe stellte. Cicero kam der Verabschiedung dieses Gesetztes zuvor und ging fur 15 Monate in Exil. Darunter lift seine politische Karriere. Im Exil widmete er sich vermehrt dem Schreiben. So entstanden die Werke „de re publica“ und „de legibus“. Nach seiner Ruckkehr aus dem Exil stellte er sich mit seinem verbliebenen Einfluss entschieden gegen Caesar, da er durch ihn und sein Streben nach Macht die Republik in Gefahr sah. Im Jahr 51 v. Chr wurde Cicero Stadthalter Kilikiens, in Kleinasien. Kurz bevor der Burgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius ausbrach, kehrte Cicero 49, nach Rom zuruck. Dort versuchte er den Konflikt im Senat zu vermitteln. Als Caesarjedoch mit seiner Armee auf Rom vorruckte, schlug Cicero sich auf die Seite Pompeius und verlieB erneut mit seiner Familie Italien. Obwohl Cicero nicht an der Verschworung, welche zum Tod Caesars fuhrte beteiligt war, begruBte er diese ausdrucklich. Nach Caesars Tod gewann Cicero etwas Einfluss zuruck und wurde zum Wortfuhrer der republikanischen Fraktion im romischen Senat. In dieser Position stand er Caesars Nachfolger Marcus Antonius gegenuber, welcher die Alleinherrschaft anstrebte. Cicero griff Antonius in seinen Reden haufig auf das Heftigste an und schuf sich damit einen erbitterten Feind. Als schlieBlich die Waffenruhe zwischen Republikanern und Antonius aufgehoben wurde, bemuhte sich Cicero um die Unterstutzung des noch junge Octavians, welcher Veteranentruppen um sich gesammelt hatte. Octavian griff im Sommer 43 v. Chr nach ersten Erfolgen fur die Republikaner nach dem Amt des Konsuls. Daraufhin schloss Octavian sich mit Antonius und Marcus Lepidus zum zweiten Triumvirat zusammen. Als Erstes wurden gegen ihre politischen Gegner Proskriptionen verhangt. Cicero stand an erster Stelle der Todesliste des Antonius. Am 07.12.43 v. Chr wurde Cicero von seinen politischen Gegnern ermordet6.

Zu seinen Lebzeiten erlebte Cicero viele Umbruche in seiner Heimat und personliche Verfolgungen, aber auch Hohen in seiner politischen Karriere. Der Zerfall der Republik vor seinen Augen, welche er als den idealen Staat klassifizierte, muss sein Schaffen und Werk stark beeinflusst haben. Vor diesem Hintergrund lasst sich wahrscheinlich sein stark ausgepragter Gerechtigkeitssinn und seine Position gegenuber dem Krieg erklaren, da gerade zu seinen Lebzeiten viel in ungeordneten Bahnen verlief.

2.2 Krieg und Gerechtigkeit nach Cicero

Bereits zu Beginn seines Werkes „de officiis“ postuliert Cicero die vier Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Besonnenheit, aus welchen er die sog. Officia (Verpflichtungen) ableitet, welchejeden Bereich des Lebens betreffen. In seinen Augen ist niemand von diesen Verpflichtungen frei, und wer nach ihnen lebt, fuhrt ein ehrenhaftes Leben7. Ausgehend von dieser Annahme geht er im Folgenden auf die Offcia ein, welche sich aus den Kardinaltugenden ergeben. Grundsatzlich verfolgtjedes Officinum nach Cicero das Ziel der Gemeinschaft zu dienen, was seiner Auffassung nach uber allem steht. In dieser Untersuchung wird das Augenmerk besonders auf das Officinum der Gerechtigkeit gelegt, da sich an ihr ein guter MaBstab fur das spatere Beispiel entwickeln lasst.

Cicero ordnet die Gerechtigkeit als die wichtigste Tugend ein, denn wer sie einhalt, wird zu einem „vorbildlichen Mann“. Er unterteilt sie in zwei Teilbereich, in die Gerechtigkeit und die Hilfsbereitschaft. Gerechtigkeit besteht fur Cicero darin, niemanden zu schaden, es sein denn man ist durch ein Unrecht dazu aufgefordert worden8. Auch das Recht seines Gegenuber zu wahren sieht Cicero als Teil der Gerechtigkeit an9. Als Grundlage der Gerechtigkeit betrachtet Cicero die Zuverlassigkeit, also das man sich auf das gesprochene Wort verlassen kann10 11.

[...]


1 Keller, Cicero und der gerechte Krieg, S.13

2 Keller, Cicero und der gerecht Krieg, S.221

3 Rep.2.31

4 Bringmann, Cicero, in: DNP

5 Bringmann, Cicero, in: DNP

6 Bringmann, Cicero, in: DNP

7 Off. 1,4

8 Off. 1,20

9 Ricken 2003, S 250 in: Keller, Cicero und der gerechte Krieg

10 Off. 1,23

11 Off. 1,39 u. 3,107 (besonders letztere Stelle wird im Bezug auf die Bewertung des Friedensvertrags von 201 v. Chr wichtig sein)

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Cicero und das "bellum iustum". War der Dritte Punische Krieg nach Ciceros Theorie "gerecht"?
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Geschichte)
Veranstaltung
Einführungsmodul Antike
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1234951
ISBN (eBook)
9783346659835
ISBN (Buch)
9783346659842
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cicero, Bellum iustum, Punische Kriege, Rom, Karthago
Arbeit zitieren
Paul Hempfling (Autor:in), 2021, Cicero und das "bellum iustum". War der Dritte Punische Krieg nach Ciceros Theorie "gerecht"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1234951

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