Die vorliegende Arbeit stellt es sich zur Aufgabe, das Bemühen der einzig verbliebenen Supermacht um die Sicherung ihres Zugriffs auf das Gut, mit welchem weltweit am meisten Geld umgesetzt wird, in der Region, in der zwei Drittel der weltweiten Ölreserven zu finden sind, zu beleuchten. Um einer ahistorischen Sicht vorzubeugen werden zunächst die Anfänge der US-Erdölpolitik im Nahen Osten und die amerikanische Einflussnahme in der Region nach dem Zweiten Weltkrieg dargestellt. Es folgt der Blick auf aktuelle Positionen in der Energie- und Außenpolitik der Regierung unter US-Präsident George W. Bush. Der Schwerpunkt im letzten Teil stellt die Auseinandersetzung mit Genese des im Jahr 2003 entfesselten Golfkriegs, seiner zugrunde liegenden Motive und die sich aus ihm ergebenden Konsequenzen dar.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. US-Erdölpolitik im Nahen Osten im 20. Jahrhundert
2.1. Entwicklung zwischen den Weltkriegen
2.2. Amerikanischer Einfluss nach 1945
2.2.1. Stützung des Schah-Regimes im Iran
2.2.2. Ölkrisen in den 1970er Jahren
2.2.3. Erster Golfkrieg
2.2.4. Zweiter Golfkrieg
3. Aktuelle Situation
3.1. Grundlinien amerikanischer Energiepolitik
3.1.1. Verflechtung von Ölindustrie und US-Regierung
3.1.2. Abhängigkeit von importiertem Öl
3.1.3. Stellung des Nahen Ostens
3.2. Außenpolitik der Bush-Administration
3.2.1. Krieg um Öl als „Krieg gegen Terror“
3.2.2. Krieg gegen Afghanistan
4. Dritter Golfkrieg
4.1. USA, Irak und seine Nachbarn nach dem Zweiten Golfkrieg
4.1.1. Dreiteilung und Sanktionsregime
4.1.2. Neubewertung der Rolle Saudi-Arabiens
4.2. Motive der US-Invasion des Irak
4.2.1. Politisch-ökonomische Ebene
4.2.2. Politisch-strategische Ebene
4.3. Konsequenzen
4.3.1. Verbesserung der geostrategischen Position der USA
4.3.2. Kontrolle des irakischen Öls
5. Schlussbetrachtung
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Neben der Sicherung der Existenz Israels bzw. der Verfestigung seiner regionalen Hegemonie stellt die Sicherung der strategischen Erdölressourcen für die westlichen Industrieländer das zentrale Interesse der USA im Nahen Osten dar. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die während des Kalten Krieges geltende Zielsetzung in der Region, den kommunistischen Einfluss einzudämmen, obsolet geworden. Die beiden erstgenannten außenpolitischen Ziele sind hingegen über Jahrzehnte konstant geblieben und allenfalls modifiziert worden (Pawelka 1999: 14).
Angesichts seines Charakters als fossiler Energieträger und somit begrenzter Verfügbarkeit scheint die Gewährleistung eines sicheren Zugangs zu Erdöl umso wichtiger. Nach Angaben der unabhängigen, aus pensionierten Öl-Geologen bestehenden Association for the Study of Peak Oil and Gas wird der Höhepunkt der Ölförderung im gegenwärtigen Jahrzehnt überschritten werden (Luhmann 2003: 1303). Dennoch bleibt die Relevanz des Erdöls als Hauptenergieträger der industrialisierten Welt und insbesondere der USA ungebrochen. Es gilt als „Lebenselixier des American Way of life “ (Massarrat 2003: 44).
Die vorliegende Arbeit stellt es sich zur Aufgabe, das Bemühen der einzig verbliebenen Supermacht um die Sicherung ihres Zugriffs auf das Gut, mit welchem weltweit am meisten Geld umgesetzt wird, in der Region, in der zwei Drittel der weltweiten Ölreserven zu finden sind, zu beleuchten. Um einer ahistorischen Sicht vorzubeugen werden zunächst die Anfänge der US-Erdölpolitik im Nahen Osten und die amerikanische Einflussnahme in der Region nach dem Zweiten Weltkrieg dargestellt. Es folgt der Blick auf aktuelle Positionen in der Energie- und Außenpolitik der Regierung unter US-Präsident George W. Bush. Der Schwerpunkt im letzten Teil stellt die Auseinandersetzung mit Genese des im Jahr 2003 entfesselten Golfkriegs, seiner zugrunde liegenden Motive und die sich aus ihm ergebenden Konsequenzen dar. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit werden abschließend in einem Resümee festgehalten.
2. US-Erdölpolitik im Nahen Osten im 20. Jahrhundert
Im ausgehenden 19. Jahrhundert bildete sich ein weltweiter Energiemarkt heraus, in dem Erdöl in kurzer Zeit Kohle als Hauptenergieträger verdrängte. Die Durchdringung der Welt mit Ölkonzernen wurde von den USA und den Kolonialmächten Europas forciert, da sie erkannten, dass Energiepolitik eine Form globaler Sicherheitspolitik geworden war. Während des Ersten Weltkrieges wurden die Bemühungen um den Erwerb von Erdölkonzessionen in allen Regionen der Welt, in denen Ölvorkommen vermutet wurden, intensiviert (Pawelka 1993: 37f.).
2.1. Entwicklung zwischen den Weltkriegen
Der Nahe Osten gewann für die Ölindustrie zwischen den beiden Weltkriegen zunehmend an Bedeutung, da das dortige Öl in hoher Qualität und großer Menge vorhanden war, es kostengünstig gefördert werden konnte und die Region nicht weit von europäischen Märkten entfernt liegt. Großbritannien und Frankreich hatten die arabischen Territorien des im Ersten Weltkrieg zerfallenen Osmanischen Reiches im geheimen Sykes-Picot-Abkommen von 1916 unter sich aufgeteilt. Nahezu alle in den folgenden Jahren entdeckten Ölvorkommen lagen in den Protektoraten und Mandatsgebieten Großbritanniens, so dass die US-Ölkonzerne in den 1920er Jahren auf ein britisches Ölmonopol im Nahen Osten stießen (Massarrat 1996: 282).
Im Jahr 1929 einigten sich die USA und Großbritannien nach langen Verhandlungen auf eine gemeinsame Ausbeutung der irakischen Ölquellen unter dem Dach des ersten multinationalen Produktionskonsortiums, der Iraq Petroleum Company. Diese war im Besitz von drei europäischen und zwei amerikanischen Ölkonzernen (Pawelka 1993: 39). In den 1930er Jahren engagierten sich weitere amerikanische Ölfirmen in der Region. Standard Oil of California (Socal) beispielsweise sicherte sich 1933 Erdölkonzessionen in Saudi-Arabien. Die so genannten „sieben Schwestern“Royal Dutch-Shell, Anglo-Persian-Oil Company (heute British Petroleum), Standard Oil of New Jersey (heute Teil von Exxon Mobil), Socony-Vacuum (heute Teil von Exxon Mobil), Socal (heute Teil von ChevronTexaco), Golf Oil und Texaco (heute Teil von ChevronTexaco) teilten sich von nun an einen Großteil der Erdölvorkommen aus der Region untereinander (Alt 2002: 113).
2.2. Amerikanischer Einfluss nach 1945
Mitte der 1940er Jahre entdeckten amerikanische und britische Ölkonzerne weitere gigantische Ölvorkommen in Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain und im Iran. Die Gründung des Konsortiums Arabian-American Oil Company (Aramco) im Jahr 1947 von Socal, Texaco, Standard Oil of New Jersey und Socony-Vacuum zur Ausbeutung der Ölquellen in Saudi-Arabien bedeutete eine Wende der US-Erdölpolitik im Nahen Osten. Der britische Öl-Imperialismus der 1920er Jahre war zum anglo-amerikanischen Öl-Imperialismus geworden, in dem die USA fortan die Vormachtstellung innehatten (Pawelka 1993: 39) Um die Beziehung zu Saudi-Arabien zu festigen, forderte die US-Regierung die Aramco auf, dem saudischen Königshaus einen größeren Anteil an den Einnahmen aus der Ölförderung zukommen zu lassen. Die dadurch entstehenden Einnahmenverluste für die Aramco wurden von den in den USA zu zahlenden Steuern des Konsortiums abgezogen (Gause 2003: 361).
Da keiner der Ölstaaten im Nahen Osten über die zur Erschließung ihrer Ölreichtümer notwendigen Fertigkeiten, Technologien und Vermarktungsstrukturen verfügte, gerieten die Länder in Abhängigkeit zu den Ölkonzernen des industrialisierten Westens. Die zwischen den Regierungen im Nahen Osten und den Ölfirmen geschlossenen Verträge traten die Rechte zur Erschließung und Ausbeutung der Ölreserven in jeweils festgelegten Gebieten exklusiv für mehrere Jahrzehnte an die westlichen Konzerne bzw. Konsortien ab. Diese zahlten Steuern oder lediglich fixe Abgaben (royalties) an die Ölstaaten, deren Budgets in der Folgezeit primär durch die Erdölunternehmen finanziert wurden (Rose 2004: 430). Fehlende Handlungsspielräume der Eliten der Ölstaaten gegenüber den von ihren Regierungen politisch und militärisch unterstützten Konzernen aus den USA und Europa führten zum Verlust der Souveränität über die eigenen Ölreichtümer und zur westlichen Alimentation der Regime im Nahen Osten. Diese zugunsten der westlichen Länder ausgerichtete Struktur des Ölweltmarktes bezeichnet Mohssen Massarrat als Dual-System (Massarrat 1996: 285f.). Seine Entwicklung war dynamisch und wurde hin und wieder gestört.
2.2.1. Stützung des Schah-Regimes im Iran
Der Iran lehnte sich Anfang der 1950er Jahre gegen die Struktur des Dual-Systems auf. Die iranische Regierung unter Ministerpräsident Mohammad Mossadegh beschloss im Mai 1951 die im Jahr 1935 in Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) umbenannte Anglo-Persian Oil Company zu verstaatlichen. Zuvor hatte sich die AIOC geweigert, ihre Gewinne aus der Ölförderung zur Hälfte an den iranischen Staat abzutreten. Nun setzte sich Mossadegh dafür ein, die volle Souveränität über die nationalen Ölreserven wieder anzueignen (Gasiorowski 2003: 54f.). Großbritannien, in dessen Hand sich die AIOC befand, reagierte mit einem Boykott von iranischem Erdöl, dem sich fast alle westlichen Industrieländer anschlossen. Trotz darauf folgender Wirtschaftskrise und Staatsdefizit wählte das Parlament in demokratischer Wahl Mossadegh zum Präsidenten des Iran. Da das Ölembargo gegen den Iran nicht zur Revision der Verstaatlichung der AIOC führte, wurde die Regierung unter Mossadegh schließlich durch einen vom amerikanischen Geheimdienst geplanten Militärputsch im August 1953 gestürzt (Massarrat 1996: 287).
Als wichtiges Motiv der USA, für die Wiedereinsetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi, der auf dem Höhepunkt der Krise den Iran für kurze Zeit verlassen hatte, einzutreten, ist zudem die Unterstützung Mossadeghs in der kommunistischen Tudeh-Partei zu verstehen. Die politische Instabilität im Iran barg in den Augen der USA die Gefahr, dass die Tudeh-Partei an Stärke gewinnen und somit das Land dem Einflussbereich der Sowjetunion öffnen könnte (Gasiorowski 2003: 59). In den 1970er Jahren wurden schließlich bis zu 40.000 amerikanische Militärberater im Iran stationiert, um einer Bedrohung seitens der Sowjetunion entgegenzuwirken und den Zugriff auf die Ölquellen des Landes zu sichern (Massarrat 2003: 46).
Der nur kurzfristig erfolgreiche Versuch des Iran, das Dual-System durch Verstaatlichung eines westlichen Ölkonzerns zu durchbrechen, mündete in der Gründung des aus den „sieben Schwestern“ zusammengesetzten Iranian Consortium. Dieses Konsortium sowie die Iraq Petroleum Company, die Aramco in Saudi-Arabien und die Anfang der 1930er Jahre geschaffene Kuwait Oil Company steuerten im Einvernehmen mit der staatlichen Erdölbehörde der USA den größten Teil der weltweiten Ölproduktion und damit der Energiepolitik. Dieses transnationale Erdölregime nahm weltwirtschaftliche Regelungsfunktionen wahr (Pawelka 1999:20).
„Die Konsortien bildeten also ‚Nebenregierungen’, die das amerikanische Interesse vertraten und den wirtschaftlich wichtigsten Teil der Region im konservativ-westlichen Fahrwasser hielten. […] Das Erdölregime […] regulierte einen strategischen Wirtschaftssektor aus übergeordneten Aspekten der Sicherheitspolitik, der Energieversorgung und der hegemonialen Kontrolle.“ (Pawelka 1993: 43)
Dieses Regime hatte bis in die 1970er Jahre unangefochten Bestand.
2.2.2. Ölkrisen in den 1970er Jahren
Im September 1960 gründeten Saudi-Arabien, der Iran, der Irak, Kuwait und Venezuela als Gegenkraft zu den multinationalen Ölkonzernen die Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC). In den folgenden elf Jahren schlossen sich Katar, Indonesien, Libyen, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien und Nigeria der Organisation an. Wesentliche Ziele der OPEC sind die Koordinierung der Erdölpolitik der Mitgliedstaaten, die Stabilisierung des Ölpreises auf dem Weltmarkt und die Sicherung eines ständigen Einkommens der Förderländer. Die Mitgliedstaaten der OPEC kündigten die Nutzungsverträge mit den Konzernen auf und gewannen damit die formale Souveränität über ihre eigenen Ölreserven (Launer 1991: 74).
Im dritten arabisch-israelischen Krieg von 1967 (Sechstagekrieg) versuchte die OPEC erstmals durch ein Ölembargo die Ressource als politische Waffe zu verwenden. Allerdings blieb die Organisation erfolglos, da insbesondere die USA noch über ausreichende Kapazitäten verfügten, um die reduzierte Ölförderung der OPEC zu kompensieren (Wolf 2003: 36). Anfang der 1970er Jahre hatte sich der Rahmen zugunsten der OPEC gewandelt, denn ein weltweites ökonomisches Wachstum war mit einem immensen Verbrauch von Erdöl einhergegangen und hatte auch die USA von Öl-Importen abhängiger werden lassen. Zu diesem Zeitpunkt produzierte die OPEC weltweit über die Hälfte des Erdöls und besaß einen Anteil von knapp 80 Prozent am globalen Öl-Export (Rose 2004: 432). Im Jahr 1973 demonstrierte die OPEC ihre gewonnene Macht, indem sie infolge der westlichen Unterstützung Israels im vierten arabisch-israelischen Krieg (Jom-Kippur-Krieg) beschloss, ihre Ölförderung pro Monat um fünf Prozent zu drosseln und einen totalen Lieferstopp gegenüber den USA und den Niederlanden zu verhängen (Wolf 2003: 33). Die Vervierfachung des Ölpreises innerhalb eines halben Jahres stürzte die westlichen Industrieländer 1974/75 in ihre erste gemeinsame Rezession nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem Sturz des Schahs im Iran und der darauf folgenden Errichtung des Regimes der Mullah unter Ayatollah Khomeini im Jahr 1979 verloren die USA nicht nur eine entscheidende Säule ihrer Nahost-Politik, sondern es begann auch eine weitere weltweite Wirtschaftskrise. Politische Instabilität im Iran und die erneute Ölverknappung ließen die Ölpreise bis Mitte 1980 nochmals um das Doppelte steigen (Wolf 2003: 37f.).
Dieser historisch einzigartige Kapitaltransfer in den Nahen Osten ließ die Region eine qualitativ neue Integration in das Weltwirtschaftssystem vollziehen. Die Region wurde über Technologie-, Konsumgüter-, Nahrungsmittel- und Rüstungsgüter-Importe sowie Finanz- und Kommunikationssysteme zum festen Bestandteil der Märkte der westlichen Industrieländer. Mit dieser Integration wurden jedoch zugleich neue, komplexere Abhängigkeiten für die Länder des Nahen Ostens geschaffen (Pawelka 1993: 52f.).
In den 1980er Jahren büßte die OPEC ihre Macht ein und das Dual-System konnte rekonstruiert werden. Einige Mitgliedstaaten hatten ihre aufgrund des Anstiegs des Ölpreises immensen Einnahmen in die Ökonomien der USA und anderer westlicher Industrieländer investiert und waren nun an deren Stabilität interessiert. Insbesondere das einflussreichste Mitglied der OPEC, Saudi-Arabien, war daran gelegen, die USA vor erneuten wirtschaftlichen Krisen zu bewahren, da das Land den größten Importeur amerikanischer Waffensysteme darstellte. Des weiteren hatten die westlichen Länder als Reaktion auf die Ölkrisen neue Gebiete zu Ölförderung erschlossen sowie Anstrengungen unternommen erneuerbare Energien nutzbar zu machen oder allgemein Energie zu sparen (Rose 2004: 435f.). Schließlich brachte der 1980 ausgelöste Erste Golfkrieg durch den damit verbundenen Sturz des Ölpreises und der Möglichkeit zum Waffenexport dem Westen „ein unverhofftes Konjunkturprogramm“ (Wolf 2003: 11).
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