Auf welche Art und Weise schafft es der immaterielle menschliche Geist auf die materielle Welt einzuwirken oder anders formuliert, kann der menschliche Geist in der Welt neue Kausalketten im Sinne eines unbewegten Bewegers auslösen? Aufgrund des technischen Fortschritts ist es Neurowissenschaftlern heutzutage möglich, detaillierte Beobachtungen über diverse Hirnaktivitäten zu dokumentieren. Diese Beobachtungen haben zur Folge, dass dank der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Funktionsweise der menschlichen Kognition erzielt werden konnten, welche wiederum menschliche Entscheidungen und menschliches Verhalten als neuronal determiniert darstellen. Dies wäre eine Absage an den freien Willen im alltäglichen Sinne und würde das Selbstbild vieler Menschen fundamental verändern.
In dieser Hausarbeit sollen in einen ersten Schritt die neurowissenschaftlichen Zusammenhänge kurz erläutert werden. Dabei geht es oberflächlich um die Strukturierung und Funktionsweise des kognitiven Systems, so dass die dann folgenden Forschungsergebnisse und die sich daraus ergebenen Konsequenzen für die Willensfreiheit bei der Lektüre nachvollziehbar gestalten. Danach soll in einem zweiten Schritt die Diskussion rund um den neuronalen Determinismus skizziert werden. Denn die wissenschaftlich sauber erarbeiteten Thesen der Neurowissenschaftler rütteln am menschlichen Selbstverständnis. In einem letzten Schritt soll sich dann philosophisch dem Begriff der Willensfreiheit genähert werden.
Die Existenzfrage von Willensfreiheit, also der Möglichkeit der freien Entscheidungs- und Handlungsakte des Menschen, ist eine tief im menschlichen Denken verankerte Vorstellung, deren Diskussion seit Anbeginn der Philosophiegeschichte bis zur Gegenwart kontrovers geführt wird. In Hinblick auf die Geistesgeschichte steht besonders die Fragestellung im Vordergrund, wie sich das menschliche Selbstbild im Besitz eines freien Willens mit einer scheinbar physisch deterministisch und kausal geschlossenen materiellen Welt vereinbaren lässt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das kognitive System
- Die Illusion von Willensfreiheit
- Die neurowissenschaftliche Diskussion
- Die Neurowissenschaft und ihr Menschenbild
- Kategorienfehler und irritierende Perspektiven
- Reduktionismusvorwurf und mentale Verursachung
- Das Bewusstsein nach John R. Searle
- Zwischenbilanz der neurowissenschaftlichen Position
- Über das Verständnis von Willensfreiheit
- Alltägliche Wahrnehmung von Freiheit
- Der freie Wille und seine Dependenz
- Eine Abmilderung der neuronal-deterministischen Position
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der komplexen Frage der Willensfreiheit im Kontext der neurowissenschaftlichen Forschung. Sie untersucht, wie sich die Erkenntnisse der Neurowissenschaften auf das traditionelle Verständnis der Willensfreiheit auswirken und ob der freie Wille letztlich eine Illusion ist. Die Arbeit analysiert die Struktur und Funktionsweise des kognitiven Systems und beleuchtet den neuronalen Determinismus, der die Entscheidungsfindung und das menschliche Verhalten als Produkte neuronaler Prozesse darstellt.
- Das menschliche Gehirn als autonom organisiertes kognitives System
- Der neuronale Determinismus und seine Auswirkungen auf das Selbstbild des Menschen
- Die Rolle des Bewusstseins und der Willensfreiheit im Kontext neuronaler Prozesse
- Die Illusion des freien Willens: Pädagogische Verhaltenstheorie, Chronologie der Ursachenzuschreibung, Selbstzuschreibung von Handlungen und der Linearitätsgedanke
- Ein kompatibler Ansatz von Willensfreiheit und neuronalem Determinismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Willensfreiheit ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Vereinbarkeit des menschlichen Selbstbildes mit den Erkenntnissen der Neurowissenschaften dar. Das zweite Kapitel beleuchtet die Funktionsweise des kognitiven Systems anhand der Erkenntnisse von Wolf Singer und Gerhard Roth. Es wird deutlich, dass Entscheidungen und Handlungen durch komplizierte, sich stetig verändernde neuronale Prozesse und Erregungsmuster entstehen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Illusion von Willensfreiheit und präsentiert vier Erklärungsversuche für das menschliche Empfinden von freiem Willen, die auf pädagogischen, chronologischen und kognitiven Faktoren beruhen. Die folgenden Kapitel untersuchen die neurowissenschaftliche Diskussion über den neuronalen Determinismus, analysieren die Argumente für und gegen diese Position sowie die philosophischen Implikationen für das Verständnis der Willensfreiheit.
Schlüsselwörter
Willensfreiheit, neuronale Prozesse, kognitives System, Determinismus, Selbstbild, Bewusstsein, Illusion, Neurowissenschaften, Erregungsmuster, Handlungsakte, Entscheidungsfindung, pädagogische Verhaltenstheorie, Chronologie der Ursachenzuschreibung, Selbstzuschreibung von Handlungen, Linearitätsgedanke, John R. Searle.
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- Anonym (Autor), 2020, Neuronaler Determinismus und Willensfreiheit. Ein kompatibilistischer Ansatz, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1239638