Kulturelle Vielfalt in und zwischen den Zeilen. Interkulturelle Kompetenz im fremdsprachlichen Literaturunterricht


Seminararbeit, 2022

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Wo Deutschland und Athiopien Nachbarn sind

2 Was ist Kultur?

3 Vom Kulturbegriff zur interkulturellen Kompetenz

4 Interkulturalitat und Schule: Interkulturelles Lernen im fremdsprachlichen Literaturunterricht
4.1 Interkulturelle Kompetenz auf Empfehlung der Kultusministerkonferenz
4.2 Interkulturelles Lernen im Fremdsprachenunterricht
4.3 Die Begegnung mit dem fremdsprachlichen Text: Interkulturelle Kompetenz im fremdsprachlichen Literaturunterricht
4.4 Praxisbeispiel: La Tierra de las Papas

5 Wo Deutschland und Athiopien Nachbarn sind — und der Wert von interkultureller Kompetenz unbezahlbar

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Wo Deutschland und Athiopien Nachbarn sind

Wir leben in einem Zeitalter, in dem es nicht ungewohnlich ist, heute deutsch und morgen athiopisch essen zu gehen — in ein und dem selben Stadtviertel. Wir leben aber auch in einem Zeitalter, in dem es nicht ungewohnlich ist, heute deutsch und morgen athiopisch essen zu gehen — in den beiden jeweiligen Ursprungslandern unserer kulinarischen Vorlieben: SchlieBlich trennen uns nur wenige Flugstunden von Deutschland und dem afrikanischen Kontinent. In dem Zeitalter, in dem wir leben, ist es ebenso wenig ungewohnlich, sich uber soziale Medien, wie instagram oder LinkedIn mit hunderten von Menschen aus aller Welt zu vernetzen oder uber WhatsApp Nachrichten an Freunde und Familie, die uber den Globus verteilt sind, zu versenden. Weltweite Verflechtungen unserer Reise-, Konsum- oder Verbrauchergewohnheiten sind zu einem selbstverstandlichen Bestandteil unserer globalisierten Welt geworden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Verflechtungen zwischen Individuen in der Gesellschaft oder ganzen Staaten passieren. Nationen aller sieben Kontinente rucken immer weiter zusammen und damit auch die Kulturen der verschiedenen Lander. Ein gelungener Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen kann dabei jedoch nur dann stattfinden, wenn gegenseitiger Respekt fureinander und eine Akzeptanz der individuellen Unterschiede besteht. Hierfur gilt die Pramisse der interkulturellen Kompetenz — sie ist in dem Zeitalter des einundzwanzigste Jahrhunderts wichtiger als je zuvor. Ziel dieser Arbeit ist es, die Relevanz von Interkulturalitat im Rahmen der schulischen Bildung zu betrachten: dort, wo interkulturelle Kompetenz bereits in jungen Jahren erlernt werden kann und soll. Der Fokus wird dabei speziell auf dem interkulturellen Lernen innerhalb des spanischen Fremdsprachenunterrichts liegen, den diese Arbeit dann schlieBlich in ein Praxisbeispiel fur den spanischen Literaturunterricht munden lasst. Zunachst gilt es jedoch, den Begriff der Interkulturalitat einzuordnen und die Ziele und Modelle des interkulturellen Lernens zu adressieren.

2. Was ist Kultur?

Bevor wir uns mit dem Begriff der interkulturellen Kompetenz befassen, geht es zunachst darum, den Kulturbegriff genauer zu definieren. Anknupfend an die Einleitung dieser Arbeit, bietet sich eine Beobachtung von Bertels und Bussmann als Einstieg in einen Definitionsversuch an: „Seit die Welt immer kleiner wird, gewinnt das Wort Kultur eine immer groBere Bedeutung“ (Bertels und Bussmann 2013: 12). Laut Romhild ist Kultur kein „singulares, eindeutiges Konzept, sondern ein komplexes diskursives Projekt, in dem es sich zunachst zu orientieren gilt, um zu einer reflektierten Verwendung und Weiterentwicklung zu kommen.“ (Romhild 2018: 17). Der Kulturbegriff als solcher ist also kein eindeutig definierbares Konzept, sondern obliegt viel mehr den unterschiedlichen Perspektiven und Kontexten, mit denen man sich ihm nahern kann. So sind unter anderem Ethnie, Nationalitat, Religion, Sprache, Traditionen und die Konsequenzen, die diese Zuschreibungen haben konnen, Teil der Debatte um dem Kulturbegriff. (vgl. Schondelmayer 2018: 50) Gobel und Buchwald verweisen darauf, dass Kultur grundsatzlich zunachst definiert wird als der im Unterschied zur Natur „vom Menschen erschaffene Teil seiner eigenen Umwelt [...], mit der er sich von der auBeren Natur unabhangig machen kann“. (Gobel und Buchwald 2017: 60). Romhild geht weiter, den Kulturbegriff in zwei unterschiedliche Strange zu teilen, wobei ersterer einen an Wissen und Bedeutung orientierten Kulturbegriff darstellt, der als Grundlage „soziale — und nicht per se ethnische oder nationale — Entitaten“ (Romhild 2018: 20) als Grundlage hat. Kultur wird hier laut ihr zu einem machtigen Merkmal, das es ermoglicht, Menschen nach bestimmten Gruppenzugehorigkeiten und Identitaten, bestimmten Orientierungen, Denkweisen und Wissensbestanden zu kategorisieren. GleichermaBen steht sie fur Prozesse, in denen die „eingeordneten und unterschiedenen Subjekte sich als Akteure mit diesen kollektiven Zuschreibungen auseinandersetzen, sich mit ihnen identifizieren oder aber sich ihnen widersetzen [.]“ (Romhild 2018: 22). Obwohl eine exakte Definition von Kultur nur schwer realisierbar, wenn nicht gar unmoglich ist, bietet es sich jedoch an, fur das interkulturelle Handeln in einem schulischen Kontext an einer Arbeitsdefinition festzuhalten:

Kultur ist die vom Menschen geschaffene Welt. Sie verandert sich standig und folgt weder starren Regeln noch ist sie an Grenzen gebunden. Menschen unterscheiden sich in ihrer Kultur. Sie leben und interpretieren sie auf ihre eigene Weise. (Bertels und Bussmann 2013: 13)

Kultur ist also ein vom Menschen kreiertes, flexibles Konstrukt, das im Auge und Handeln des Betrachters liegt und immerzu in Bewegung ist. Wichtig ist an dieser Stelle noch, den von Wolfgang Welsch gepragten Begriff der sogenannten Transkulturalitat mit ins Auge zu fassen. Denn laut ihm haben Kulturen heute „langst nicht mehr die Form der Homogenitat und Separiertheit, sondern sind weitgehend durch Mischung und Durchdringung gekennzeichnet“. (Welsch 1999: 51) Diese neue Struktur der Kulturen wird von Welsch demnach als transkulturell bezeichnet, da sie „uber den traditionellen Kulturbegriff hinaus- und durch die traditionellen Kulturgrenzen wie selbstverstandlich hindurchgeht“. (ebd.) Es scheint an dieser Stelle somit sinnvoll, bei unserer Arbeitsdefintion des Kulturbegriffs mitzuberucksichtigen, dass die Grenzen von Kultur nicht nur nicht starr sind, sondern sich diese moglicherweise sogar mit den Grenzen anderer Kulturen vermischen und uberlappen konnen.

3. Vom Kulturbegriff zur interkulturellen Kompetenz

Nachdem nun fur den Kulturbegriff der Versuch einer Einordnung und Definition vorgenommen wurde, gilt es nun, die Brucke zur Interkulturalitat zu schlagen. Der Begriff der interkulturellen Kompetenz beruht laut Schondelmayer auf drei Grundannahmen: Zum Ersten, auf der Annahme der Existenz von unterschiedlichen Kulturen, zum Zweiten darauf, dass diese Kulturen mit der jeweiligen nationalen Herkunft in Verbindung stehen und zum Dritten, dass es gewisser sozialer Fertigkeiten bedarf, um mit diesen „so als voneinander verschieden markierten Kulturen ,erfolgreich‘ interagieren zu konnen“. (Schondelmayer 2018: 50) Es gilt jedoch zu beachten, dass es sich bei der zweiten Grundannahme um eine verengte Operationalisierung handelt, da bei der bloBen Einschrankung auf eine nationale Herkunft, „die realen transkulturellen Lebenswelten, die hybriden Identitaten, und auch die Interdependenzen verschiedener Zugehorigkeiten nicht oder nur unzureichend erfasst werden konnen“. (Schondelmayer 2018: 51) Verschiedene Modelle der interkulturellen Kompetenz, die sich durch unterschiedliche Disziplinen hinweg etabliert haben, legen auBerdem wiederum drei zentrale Dimensionen dar, die in die Bestimmung des Begriffs mit einflieBen. Laut Gobel und Buchwald sind diese 1. die kognitive Dimension, in der das Wissen uber andere Kulturen zum Tragen kommt, 2. die affektive Dimension, die auf den Einstellungen gegenuber anderen Kulturen und der Emotionsregulation grundet und 3., die handlungsbezogene Dimension, die die Handlungskompetenz im Umgang mit anderen Kulturen in sich vereint. (vgl. Gobel und Buchwald 2017: 74) Weil es sich bei interkultureller Kompetenz um kein rein rational-anwendbares Wissen handelt, „sondern um ein handlungspraktisches Konnen und eine Haltung, deren Entwicklung Zeit und Praxis benotigt“ (Schondelmayer 2018: 52), kann sie nur schwer in Trainings auf eine Weise nahegebracht werden kann, die die Lernenden dazu befahigt, in in jeder Situation angemessen mit Differenzerfahrungen umgehen zu konnen. Ferner ist die hohe Komplexitat zwischenmenschlicher Interaktion nicht zu verachten, da in jeder dieser Interaktionen Faktoren wie „Interessen, Wunsche, Rollen, soziale Positionen, Machtverhaltnisse, Situationsdefinitionen und -anforderungen“ eine tragende Rolle in der Beeinflussung und Bedingung von interkultureller Kompetenz spielen konnen. (ebd.) Allerdings konnen Modelle interkultureller Kompetenz dabei behilflich sein, Entwicklungen im interkulturellen Lernprozess zu thematisieren, Konzeptionen zu zeigen oder aber Ziellinien interkultureller Kompetenz zu bestimmen. (vgl. Gobel und Buchwald 2017: 74) Letzteres wurde von Byram im Kontext der Fremdsprachendidaktik entwickelt und soll demnach im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit im nachfolgenden Kapitel eine genauere Erlauterung erfahren.

4. Interkulturalitat und Schule: Interkulturelles Lernen im fremdsprachlichen Literaturunterricht

Dieses Kapitel widmet sich der Implementierung von Interkulturalitat an Schulen und dem Lehren und Lernen von interkultureller Kompetenz. Zunachst gilt es, einen Blick auf die schulischen Rahmenrichtlinien zu werfen, um im Anschluss den konkreten Bezug zum fremdsprachlichen Literaturunterricht vorzunehmen. Zum Schluss dieses Kapitels erfolgt der Praxisbezug der Thematik anhand eines Unterrichtsbeispiels, das durch einen konkreten Textvorschlag untermauert wird.

4.1 Interkulturelle Kompetenz auf Empfehlung der Kultusministerkonferenz

Erstmals entwickelte die Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahr 1996 eine Empfehlung fur Schulen, die besagte, dass zur Entwicklung interkultureller Kompetenzen ,Kenntnisse und Einsichten uber die identitatsbildenden Traditionslinien und Grundmuster der eigenen wie fremder Kulturen‘ erforderlich seien, weil Vorurteile nur ,mit differenzierter Wahrnehmung, reflektierter Klarung und selbstkritischer Beurteilung begegnet‘ werden konne. (Sandfuchs 2018: 446)

Seit der Neufassung der Empfehlung im Jahr 2013 wird interkulturelle Kompetenz als Kernkompetenz aufgefasst, die sich in einem „verantwortungsvollen Handeln in einer pluralen, global vernetzten Gesellschaft“ niederschlagt, jedoch „nicht nur die Auseinandersetzung mit anderen Sprachen und Kulturen“ bedeutet, sondern auch insbesondere die Fahigkeit, „sich selbstreflexiv mit den eigenen Bildern von Anderen auseinander und dazu in Bezug zu setzen sowie gesellschaftliche Rahmenbedingungen fur die Entstehung solcher Bilder zu kennen und zu reflektieren“. (KMK 2013: 2) So lautet einer der Grundsatze, die den Orientierungsrahmen fur interkulturelles Lernen an Schulen bietet: „Schule tragt zum Erwerb interkultureller Kompetenzen im Unterricht aller Facher und durch auBerunterrichtliche Aktivitaten bei“. (ebd)

4.2 Interkulturelles Lernen im Fremdsprachenunterricht

Wie kann interkulturelle Kompetenz, die nun seit bald einem Jahrzehnt zu den Kompetenzerwartungen an bayerischen Schulen zahlt, im Unterricht implementiert werden? In wohl kaum einem anderen Unterrichtsfach ist die Vermittlung eines Kulturverstandnisses und entsprechend von interkultureller Kompetenz so naheliegend wie im Fremdsprachenunterricht. SchlieBlich ist die Auffassung, dass „jedes fremdsprachliche Lernen per se als interkulturelles Lernen zu verstehen sei“, weit verbreitet.

[...]

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Details

Titel
Kulturelle Vielfalt in und zwischen den Zeilen. Interkulturelle Kompetenz im fremdsprachlichen Literaturunterricht
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Seminar zur spanischen Fachdidaktik: Fremdsprachliche Literatur lesen und (er)leben
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
23
Katalognummer
V1240141
ISBN (eBook)
9783346666277
ISBN (Buch)
9783346666284
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturalität, Transkulturalität, Interkulturelle Kompetenz, Fremdsprachenunterricht, Didaktik, Spanisch, Literaturunterricht, Spanische Fachdidaktik
Arbeit zitieren
Alina T Mooser (Autor:in), 2022, Kulturelle Vielfalt in und zwischen den Zeilen. Interkulturelle Kompetenz im fremdsprachlichen Literaturunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1240141

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