„Sie begonden allentsamt iehen, / do were ein zeichen geschehen, / Vnde erhvben einen hohen sanc.“ So einfach ist es im ‚Reinhart Fuchs’, eine Heiligsprechung durchzuführen und öffentlich zu verkünden. War es im Deutschland des 12. Jahrhunderts tatsächlich so unkompliziert, einen Heiligen auszurufen? Reichte es, dass jemand schlicht von einem Wunder, das ihm widerfahren sei, berichten musste – und schon begann die feierliche Zeremonie zu Ehren des Märtyrers? Man mag den Mächtigen im Mittelalter vielerlei Willkür vorwerfen – dass man sich eine so wichtige Handlung wie eine Heiligsprechung allerdings so leicht machte, ist schwer vorstellbar.
Doch warum wird sie im RF genau so dargestellt? War der Autor unwissend, hatte er schlecht recherchiert? Oder wollte er eine Karikatur der Mächtigen schaffen? Und wenn das so war, ging es dabei um die Mächtigen auf weltlicher oder auf klerikaler Seite?
Um all diese Fragen wird es in dieser Arbeit gehen. Beleuchtet wird zunächst die zeitgenössische Praxis der Heiligsprechung, in Bezug auf ebendiese folgt darauf die Analyse der ‚heiliges Hühnchen’-Episode im RF, um im Anschluss die entsprechenden Pendants im ‚Roman de Re-nart’ und im ‚Reynke de Vos’ damit zu vergleichen. Im folgenden Punkt versucht diese Arbeit eine Antwort der Frage, worauf die Satire, als die man den RF wohl bezeichnen kann, abzielt – weltliche oder geistliche Kritik.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Heiligsprechung - von den Anfängen bis ins Mittelalter
- Die Anfänge
- Allgemeine Regeln für Kanonisation
- Heiligsprechungen im 12. Jahrhundert
- Bezug der Heiligsprechungspraxis auf drei Werke
- Das heilige Hühnchen im Reinhart Fuchs
- Das heilige Hühnchen im Roman de Renart
- Das heilige Hühnchen im Reynke de Vos
- Kleruskritik oder Kritik an weltlicher Macht?
- Kleruskritischer Fokus
- Herrschaftskritischer Fokus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung der Heiligsprechung im „Reinhart Fuchs“ des Elsässers Heinrich im Kontext der mittelalterlichen Heiligsprechungspraxis. Sie analysiert die „heiliges Hühnchen“-Episode im Vergleich zu ähnlichen Szenen im „Roman de Renart“ und „Reynke de Vos“, um die Zielrichtung der Satire zu ergründen – zielt sie auf die Klerus- oder die weltliche Macht?
- Die historische Praxis der Heiligsprechung im 12. Jahrhundert
- Analyse der „heiliges Hühnchen“-Episode im „Reinhart Fuchs“
- Vergleich mit entsprechenden Szenen im „Roman de Renart“ und „Reynke de Vos“
- Untersuchung der Zielrichtung der Satire (Kleruskritik vs. Kritik an weltlicher Macht)
- Interpretation der Darstellung der Heiligsprechung im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Intention der Darstellung der Heiligsprechung im „Reinhart Fuchs“ und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung und Praxis der Heiligsprechung vom Altertum bis ins 12. Jahrhundert, inklusive der Regeln und Verfahren. Die Kapitel 3 untersucht die „heiliges Hühnchen“-Episode im „Reinhart Fuchs“ und vergleicht sie mit den entsprechenden Passagen in „Roman de Renart“ und „Reynke de Vos“.
Schlüsselwörter
Reinhart Fuchs, Roman de Renart, Reynke de Vos, Heiligsprechung, Kleruskritik, Herrschaftskritik, Mittelalter, Satire, Literaturvergleich, 12. Jahrhundert.
- Citar trabajo
- Simon Mues (Autor), 2008, Das ‚heilige Hühnchen’: Kleruskritik oder Kritik an weltlicher Machtpraxis im "Reinhart Fuchs" des Elsässers Heinrich?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124206