Seit der technisch-industriellen Revolution hat das Wirtschaftswachstum eine rasante Entwicklung erfahren und den “Wohlstand der Nationen”, zumindest den der westlichen Hemisphäre, um ein Vielfaches gesteigert. In den letzten Jahren hat sich das ökonomische und gesellschaftliche System der kapitalistisch fundierten Marktwirtschaft in ihren verschiedenen Spielarten im Wettstreit der Ideologien durchgesetzt, der Kommunismus wird als gescheitertes Modell betrachtet. Grundlegend für die marktwirtschaftliche Denktradition ist die Überzeugung, daß der Markt das effizienteste Koordinationsinstrument menschlicher Handlungen darstellt. Nach klassischer Meinung reicht es aus, wenn jedes Individuum seinen Eigennutzen maximiert; die dem Markt inhärenten Kräfte tragen dann automatisch dafür Sorge, daß auch das Allgemeinwohl gefördert wird. Sofern keine Markthemmnisse oder -beschränkungen bestehen, ist die “unsichtbare Hand” des Marktes, wie sie Adam Smith beschrieb, in der Lage, die materiellen Bedürfnisse und Interessen der verschiedenen Wirtschaftssubjekte in harmonischer Weise zu befriedigen. Die modernen Nachfolger dieser Basiskonzeption beschreiben daraufhin auch unternehmerische Verantwortung wie folgt: “The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits.”
Diese Sichtweise des Marktes wird zunehmend in Frage gestellt. Die Wirtschaftsmaschinerie hat nicht nur Wohlstand geschaffen, sondern auch frappierende Gegensätze: bittere Armut, Hungersnot, wirtschaftliche Ausbeutung, Umweltzerstörung usw. auf der einen Seite, Luxus, Verschwendung, Überproduktion usf. auf der anderen. Insbesondere die Großunternehmen stehen im kritischen Interesse der Öffentlichkeit.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Möglichkeiten der Unternehmensethik hinsichtlich der Vermittlung von ökonomischer Rationalität und ethischer Reflexion zu untersuchen. Die Beschäftigung mit Wirtschafts- und Unternehmensethik kann als Reaktion auf zentrale Krisenphänomene unserer Zeit verstanden werden. Die kommunikative Unternehmensethik (Diskursethik, Dialogethik) hat in unternehmerischen Fragestellungen zumindest aus akademischer Sicht eine besondere Bedeutung erlangt, da sie die idealtypischen Bedingungen für eine argumentative Verständigung und Konsensfindung zwischen Unternehmensleitung und den verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens vorgibt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Gang der Untersuchung
- Das Anliegen der Ethik und begriffliche Bestimmungen
- Gegenstand der allgemeinen Ethik
- Begriffliche Eingrenzungen
- Moral und Moralität
- Gegenstand der Unternehmensethik
- Darstellung der Kommunikationsethik zur Begründung einer Unternehmensethik
- Das Moralprinzip Kants als Ausgangspunkt der Kommunikationsethik
- Darstellung der Diskursethik nach Habermas und Apel
- Grundgedanken der Diskursethik
- Universalisierungsgrundsatz und diskursethischer Grundsatz
- Die transzendentalpragmatische Begründung
- Ideale und reale Diskurse
- Darstellung des dialogethischen Ansatzes des Konstruktivismus
- Zur Abgrenzung von "Frankfurter Schule" und "Erlanger Schule"
- Grundgedanken der konstruktiven Wissenschaftstheorie
- Konstruktive Fundierung der Dialogethik
- Unternehmensethik im Spannungsfeld zwischen ökonomischer Rationalität und ethischer Reflexion
- Zur Verhältnisbestimmung zwischen Ökonomik und Ethik
- Ordnung von Ökonomik und Ethik
- Das Anwendungsmodell als Paradigma "reiner Ökonomik"
- Das Beitragsmodell als Ausdruck des "ökonomischen Imperialismus"
- Das Integrationsmodell als Brücke zwischen Ethik und Ökonomik
- Defizitäre Rahmenordnung und subsidiäre Unternehmensethik nach Homann
- Die Rahmenordnung als der systematische Ort der Moral
- Die defizitäre Rahmenordnung als Grund für Unternehmensethik
- Ansatz der dialogorientierten Unternehmensethik nach Steinmann
- Der republikanische Legitimationszusammenhang unternehmerischen Handelns
- Dialogethische Fundierung der Erlanger Schule
- Unternehmensethik als situatives Korrektiv im Konfliktfall
- Kritische Würdigung
- Die diskursethische Transformation der ökonomischen Rationalität nach Ulrich
- Unternehmensethik als Vernunftethik: Überwindung der Zwei-Welten-Konzeption
- Die sprachpragmatische Wende der ökonomischen Rationalitätskonzeption
- Sozialökonomische Konzeption betriebswirtschaftlicher Rationalität: das Drei-Ebenen-Modell
- Wesen und Elemente der kommunikativen Unternehmensethik
- Kommunikative Unternehmensethik als ökonomische Leitidee
- Die Leitidee des konsensorientierten Managements
- Die Leitidee der offenen Unternehmensverfassung
- Kritische Würdigung
- Die Beziehung zwischen Ökonomik und Ethik
- Verschiedene Modelle der Unternehmensethik (z.B. Integrationsmodell, Beitragsmodell)
- Kommunikationsethik und Diskursethik als Grundlage für eine Unternehmensethik
- Der Einfluss von Rahmenbedingungen auf die Unternehmensethik
- Dialogorientierte Ansätze in der Unternehmensethik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht den Beitrag der kommunikativen Unternehmensethik zur Vermittlung von ökonomischer Rationalität und ethischer Reflexion. Sie analysiert verschiedene Ansätze und Modelle der Unternehmensethik und deren Verhältnis zur Ökonomik.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung vor und skizziert den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 klärt grundlegende ethische Begriffe. Kapitel 3 präsentiert verschiedene Ansätze der Kommunikationsethik als Basis für eine Unternehmensethik, inklusive Diskursethik und konstruktivistischer Dialogethik. Kapitel 4 analysiert verschiedene Modelle, die das Verhältnis zwischen ökonomischer Rationalität und ethischer Reflexion in der Unternehmensethik beschreiben und vergleicht verschiedene Ansätze, wie den von Homann und Steinmann.
Schlüsselwörter
Kommunikative Unternehmensethik, ökonomische Rationalität, ethische Reflexion, Diskursethik, Dialogorientierung, Integrationsmodell, Rahmenordnung, Homann, Steinmann, Ulrich.
- Citation du texte
- Dr. Christian Koch (Auteur), 1997, Die kommunikative Unternehmensethik und ihr Beitrag zur Vermittlung von ökonomischer Rationalität und ethischer Reflexion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124259