Liebe und Leidenschaft in Emily Brontës "Wuthering Heights"


Seminar Paper, 2008

23 Pages, Grade: 3.0


Excerpt


Gliederung

1. Einleitung

2. Liebe und Leidenschaft in Wuthering Heigths
2.1 Das dramatische Liebesdreieck der ersten Generation
2.2 Die „Liebe“ zwischen Heathcliff und Isabella
2.3 Die zweite Generation

3. Schlussbetrachtung

1. Einleitung

Eines der bedeutendsten Themen in der Literatur ist unumstritten die literarische Inszenierung der Liebe in ihrer gesamten Vielfalt. Es gibt mannigfache Texte, die die verschiedensten Formen der Liebe beschreiben. Die Liebe an sich ist gekennzeichnet durch die stärkste Zuneigung, die ein Mensch für ein anderen Menschen empfinden kann und somit ein Gefühl, welches die emotionalste Form der Hinwendung beschreibt. Dieser schillernde Begriff findet daher in verschiedenen Kontexten Verwendung und ist vor allem in der Literatur Inspiration für großartige Geschichten.

Liebe ist also immer mit Emotionen und Gefühlen verbunden. Im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte hat sich der Begriff weiterentwickelt. Zunächst wurde strickt zwischen der sinnlichen Empfindung und der ethischen Grundhaltung unterschieden. Dies bedeutet also auch, dass jede Epoche und ihre soziale Schichtungen eigenen Verhaltensregeln für den Umgang mit der Liebe aufstellte. Daraus wird ersichtlich, dass das öffentliche Zeigen von Emotionen wie z.B. Händchen halten, Küssen oder Umarmen wie es in der heutigen Zeit ganz normal ist, in früheren Generationen verpönt war und gegen den Verhaltenskodex verstoß. Die romantische Liebe und die damit einhergehenden sinnlichen Empfindungen gehörten zu einem gesicherten Intimsystem, was nicht öffentlich zur Schau getragen wurde.

Nichtsdestotrotz wurde die Liebe von zahlreichen Autoren über die Jahrhunderte hinweg beschrieben. Walter von der Vogelweide stellte in seinen Minnegesängen die häufig unerfüllte Liebe eines Mannes zu seiner Angebeteten dar. William Shakespeare führte diese Tradition fort. Die liebende Verehrung der unerreichten „lady“ stand in der Liebeslyrik der Sonette im Mittelpunkt. Auch deutsche Vertreter wie Goethe mit seinem Werk „Die Leiden des jungen Werther“ und Schillers „Kabale und Liebe“ beschreiben unglückliche Liebesgeschichten, die meist tragisch enden. Obwohl sich also die Autoren an den geltenden Kodex hielten, wurden die Liebenden in ihren Gefühlen tragisch beschrieben und der Leser emotional berührt. An diesen Beispielen wird nunmehr deutlich, dass vor allem die unüberwindlichen Standesunterschiede zu tragischen Ereignissen führten. Das traditionelle Bild des Mannes als Ernährer und das starke Standesbewußtsein dominieren frühere Liebestragödien.

Auch in Wuthering Heights spielt die viktorianische Weltanschauung eine wichtige Rolle. Männer und Frauen haben bestimme zugeordnete Rollen, die ihr Handeln und auch die Steuerung ihrer Gefühle bestimmen.[1] Es gibt einen definierten Verhaltenskodex, der eingehalten werden muss- das öffentliche Darstellen von Gefühlen wird nicht geduldet. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Veröffentlichung des Romans 1847 im Gegensatz zum sensationellen Erfolg von Charlotte Brontës Jane Eyre auf geteilte, häufig auch auf entsetzte Meinungen traf. “The dramatic story about passionate love, merciless hatred, violence and death was apt to shock Victorian readers”.[2] Emily Brontë verstößt in ihrem Roman gegen Konvention und verschriftlicht offen Gefühle der Akteure, die im gesellschaftlichen System des Viktorianismus nicht erduldet oder gar dargestellt wurden. Das Wahren von Tugenden und der Erhalt der Disziplin dominieren den gesellschaftlichen Diskurs. Vor allem werden also Gefühle oder gar menschliche Abgründe nicht verbalisiert. “In Wuthering Heights the reader is shocked, disgusted, almost sickened by details of cruelty, inhumanity, and the most diabolical hate and vengeance, and anon come passages of powerful testimony to the supreme power of love- even over demons in the human form”.[3] Emily Brontë stellt also Charaktere dar, die durchaus menschlich handeln, aber nicht im Rahmen der gängigen Konventionen. Der Literaturkanon im Viktorianismus war also nicht auf die Offenheit eines Autors eingestellt, der das wahre menschliche Ich zum Vorschein brachte.[4]

Die nachfolgende Analyse widmet sich Thematisierung der Liebe und Leidenschaft in Wuthering Heights. Durch die Darstellung der unterschiedlichen Beziehungen beider Generationen werden verschiedene Liebesbeziehungen gegenübergestellt und die Hintergründe der emotionalen Bindungen beleuchtet. Ich werde zunächst also die Liebesbeziehungen der ersten Generation der Familiensaga betrachten und die Unterschiede der Passionen erläutern-besonderes Augenmerk liegt auf der tragischen Dreiecksbeziehung von Catherine, Heathcliff und Edgar. Diese Beziehung führt zu dramatischen Ereignissen und findet erst in der zweiten Generation nach vielen Hindernissen ihre Resolution. In einer abschließenden Schlussbetrachtung werde ich die beiden Generationen noch einmal gegenüberstellen und Bezug auf meine These nehmen.

2. Liebe und Leidenschaft in Wuthering Heigths

2.1 Das dramatische Liebesdreieck der ersten Generation

Emily Brontës Familiensaga ist vor allem eine Liebesgeschichte, die in der ersten Generation seinen dramatischen Grundstein für den weiteren Handlungsverlauf legt.[5] Dabei stehen die Protagonisten Catherine Earnshaw, Heathcliff und Edgar Linton im Mittelpunkt des Geschehens. Die emotionalen Verbindungen dieser drei dominieren die Handlung und haben schwerwiegende Auswirkungen auf die nachfolgende Generation- durch Liebe, Hass, Rache, Tod und Leid sind Catherine, Heathcliff und Edgar tragisch miteinander verbunden und können sich aus diesem Bann kaum lösen. Dieses dramatische Liebesdreieck soll nun genauer beleuchtet werden.

Wuthering Heights hat zwei zeitliche Rahmen. Es gibt den äußeren Rahmen, der von November 1801 bis September 1802 andauert und aus der Perspektive des Erzählers Lockwood wiedergegeben wird. Der innere Rahmen dauert wiederum vom Sommer im Jahre 1771 bis zum besagten September an und wird durch das Kindermädchen Nelly Dean beschrieben und von den dramatischen Liebesgeschichten dominiert.[6]

Die tragische Liebesgeschichte der drei Protagonisten beginnt also im Sommer 1771. Heathcliff wird als Findelkind zum mehr oder weniger gewollten Mitglied der Familie Earnshaw und lernt seine spätere Liebe Catherine Earnshaw kennen. Catherines Vater kommt von einer Reise aus Liverpool zurück und bringt Heathcliff mit in die Familie. Der Hintergrund des Kindes bleibt unbekannt, dennoch scheint Heathcliff aus ärmlichen Verhältnissen zu stammen: “I had a peep at a dirty, ragged, black-haired child, ..” (WH 31). Das Findelkind stößt auf unterschiedliche Reaktionen und wird von den Geschwistern Catherine und Hindley skeptisch empfangen. Hindley entwickelt gegenüber dem „Eindringling” Abscheu und Hass:

The young master had learnt to regard his father as an oppressor rather than a friend, and Heathcliff as a usurper of his parent’s affections and his priviliges, and he grew bitter with brooding over these injuries.

(WH 32-33)

Zwischen Catherine und Heathcliff hingegen entsteht ein inniges und liebevolles Verhältnis. Der Grundstein für die spätere leidenschaftliche Liebe lässt sich also im innigen Verhältnis in ihrer Kindheit finden. Die Spielkameraden tollen in ihrer Kindheit glücklich miteinander herum und sind unzertrennlich. Die Verbundenheit ist offensichtlich und vor allem bei Catherine klar ersichtlich: “She was much to fond of Heathcliff. The greatest punishment we could invent for her was to keep her separate from him” (WH 36). Die innige Beziehung gibt den beiden Kindern besonders viel Halt als Mr. Earnshaw nach schwerer Krankheit stirbt. Danach beginnen schwere Zeiten für Heathcliff und Catherine, denn Hindley nimmt Rache an Heathcliff für den Entzug der Aufmerksamkeit von Seiten der Eltern. Er möchte Heathcliff erniedrigen und nimmt ihm das Recht auf eine schulische Ausbildung und befiehlt ihm, in die Dienste der Hausangestellten zu treten (vgl. WH 40). Catherines Zuneigung zu Heathcliff wird dadurch allerdings nicht verringert und sie unterstützt ihn wo sie nur kann. Die beiden sind weiterhin unzertrennlich und verbringen Zeit miteinander, um somit dem tyrannischen Hindley zu entkommen und ihre kindliche Idylle weiterhin auszuleben. Heathcliff sieht also über seine Erniedrigung zunächst hinweg, da er Catherine an seiner Seite weiß: “They forgot everything the minute they were together again” (WH 40). Die unbeschwerten Momente in der Natur und die gemeinsamen Erfahrungen schweißen die beiden zusammen und die kindliche Zuneigung wächst stetig. Die Geschlossenheit der beiden kann somit auch nicht von Hindley zerstört werden, eher kämpfen sie gemeinsam gegen ihn an (vgl. WH 40). Der Wille zur Rebellion schweißt sie noch stärker zusammen.

Die Beziehung wird aber im weiteren Verlauf auf die Probe gestellt. Eines Tages schweifen Catherine und Heathcliff erneut durch die Natur und enden an dem Anwesen Thrushcross Grange. Sie werden von Edgar und Isabella Linton entdeckt und Hunde werden auf sie losgelassen. Catherine wird von einem Hund gebissen und verletzt ihren Knöchel. In den darauffolgenden Wochen wird sie von den Lintons gepflegt. In die kindliche Beziehung von Heathcliff und Catherine tritt nun Edgar Linton. Der Kontrast am Tag ihrer Rückkehr nach Wuthering Heights könnte zwischen den beiden Spielgefährten nicht größer sein.[7] Sie hat sich zu einer wohlerzogenen, sittsamen jungen Frau entwickelt, die den Unterschied zu dem vernachlässigten Heathcliff sofort bemerkt: “It was only that you looked odd- If you wash your face and brush your hair, it will be all right. But you are so dirty!“ (WH 47). Heathcliff ist beleidigt und erkennt Catherine nicht wieder. Er zieht sich gekränkt und verärgert zurück. Catherine hat sich durch den Aufenthalt bei den Lintons stark verändert und dieser Zeitraum markiert den Wendepunkt in der Beziehung von Heathcliff und ihr-Edgar ist jetzt auch ihr Freund und kommt aus gutem Hause. Es sind nun also zwei junge Männer, die um die Gunst von Catherine kämpfen. Heathcliff ist sich über seinen Nachteil bewusst und sehr traurig:

But, Nelly, if I knocked him down twenty times,that wouldn’t make him less handsome, or me more so. I wish I had light hair and a fair skin, and was dressed and behaved as well, and had a chance of being as rich as he will be! (WH 50)

Catherine beginnt hingegen ein “Doppelleben” zu führen (vgl. WH 59) und hat nun auch andere Interessen: “As she is unwilling to give up either of them for the other, she is courteous and well-mannered when together with the Lintons and wild and untamable when together with Heathcliff.”[8] Sie hat das angenehme Leben bei den Lintons kennengelernt und sieht darin nur Positives. Obwohl sie weiterhin mit Heathcliff befreundet ist, hat sie die wohlhabenden Verhältnisse bei den Lintons schätzen gelernt und verbringt auch gern Zeit mit Edgar.[9] Heathcliff ist über diese Entwicklung weniger erfreut und eifersüchtig darauf, dass Catherine viel Zeit mit Edgar und seiner Schwester Isabella verbringt. Es kommt zu einer direkten Auseinandersetzung, weil Catherine Lintons Gesellschaft vorzieht. Catherine macht Heathcliff deutlich, dass seine Gesellschaft häufig langweilig ist und sie nicht sonderlich interessiert. Hier wird ihm schmerzlich bewusst, wie stark sich seine Freundin verändert hat und wie wenig er der veränderten Catherine bieten kann. Auch Catherine wird der Balanceakt der Aufrechterhaltung der verschiedenen Freundschaften bewusst: “Doubtless Catherine marked the difference between her friends as one came in, and the other went out. The contrast resembled what you see in exchanging a bleak, hilly, coal country for a beautiful fertile valley; …“(WH 61).

[...]


[1] Vgl. Marion Gymnich (2007: 14): “The Victorian period is notorious for its rigid distinction between male and female attributes. In other words, masculinity and femininity tended to be regarded as diametrically opposed in Victorian England. The social roles available to Victorian women were extremely limited, …”

[2] Marion Gymnich (2007: 7)

[3] Miriam Allott (1970: 228)

[4] Vgl. Miriam Allot (1970:230-1): “The general effect is inexpressibly painful. We know nothing in the whole range of our fictitious literature which presents such shocking pictures of the worst forms of humanity,.. “

[5] Vgl. Marion Gymnich (2007:100): “Wuthering Heights is a dramatic love story, but also a tale of hatred and revenge which is set in the Yorkshire Moors in the last decades of the eighteenth century.”

[6] Vgl. Marion Gymnich (2007: 128): “On both time levels there is a triangular relationship, namely that of a women between that of a women between two men.”

[7] Vgl. Esther Schönberger-Schleicher (1999:47) also describes the change in the realtionship as follows: “When Heathcliff meets Catherine after her five week absence, the contrast between the little lady and the shaggy boy could not be greater. Catherine’s dilemma begins now, since she cannot leave her old friend for her new one or

vice versa. Because the changes are brought about by Hindley, this is also the time that establishes the true hatred Heathcliff develops for Hindley.”

[8] Esther Schönberger-Schleicher (1999:145)

[9] Vgl. Marion Gymnich (2007: 138): “Catherine develops new interests and wishes. Her old friendship with Heathcliff and her new one with Edgar satisfy very different components of Catherine’s personality. Throughout her life, she remains divided between the incompatible impulses and wishes associated with these two characters.”

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Details

Title
Liebe und Leidenschaft in Emily Brontës "Wuthering Heights"
College
Justus-Liebig-University Giessen  (Institut für Anglistik)
Course
The Bronte Sisters
Grade
3.0
Author
Year
2008
Pages
23
Catalog Number
V124376
ISBN (eBook)
9783640294480
File size
514 KB
Language
German
Notes
Literatur wird komplett in den Fußnoten zitiert.
Keywords
Liebe, Leidenschaft, Emily, Brontës, Wuthering, Heights, Bronte, Sisters
Quote paper
Franziska Wandtke (Author), 2008, Liebe und Leidenschaft in Emily Brontës "Wuthering Heights", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124376

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