Der Erfolg des Rechtspopulismus in Nordeuropa anhand der Dänischen Volkspartei


Hausarbeit, 2022

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition Rechtspopulismus

3. Dänemark auf dem Weg zum Rechtspopulismus
3.1 Die Dänische Fortschrittspartei als rechtspopulistischer Vorreiter
3.2 Der Zuwanderungskonflikt in den 1980er Jahren

4. Die Dänische Volkspartei
4.1 Die Dänische Volkspartei als rechtspopulistische Partei
4.2 Wähler:innenschaft
4.3 Die Rolle der Medien – Unterstützer der Dänischen Volkspartei?

5. Analyse des Einflusses der Dansk Folkeparti auf die dänische Politik
5.1 Der Erfolg der Dänischen Volkspartei – Veränderung des Politikgeschehens?
5.2 Die konkurrierenden Parteien – Reaktion auf die Dänische Volkspartei

6. Fazit

7. Bezug zur Vorlesung „Einführung in die Sozialwissenschaften“

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dänemark gilt historisch gesehen über viele Jahrhunderte als ethnisch homogenes Land, welches europaweit den geringsten Ausländer:innenanteil in Höhe von sieben Prozent aufweist (vgl. Wirries, 2015: S. 136). Dänemark und die skandinavischen Länder können keinesfalls als klassische Einwanderungsgesellschaften bezeichnet werden und waren lange Zeit als Hochburgen der Arbeiterbewegung sowie der Sozialdemokrat:innen bekannt (vgl. Jochem, 2019: S. 267).

Wie konnte es passieren, dass Dänemark mit einer Migrations- und Integrationspolitik, die lange Zeit als offen und integrativ wahrgenommen wurde, unter diesen Voraussetzungen nun bereits seit über 20 Jahre zusammen mit den anderen skandinavischen Demokratien als „Hochburgen rechtspopulistischer Parteien in Europa“ (Jochem, 2019: S. 268) bezeichnet werden?

Diese Arbeit befasst sich genau mit dieser Thematik und versucht, eine Antwort darauf zu finden, wie es klassische rechtspopulistische Themen wie Migration und nationaler Kult auf die politische Agenda in Dänemark geschafft haben und inwieweit der Erfolg der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei das Politikgeschehen Dänemarks verändert.

Als Einstieg wird zunächst der Begriff Rechtspopulismus definiert, um eine Grundlage für die weiteren Ausführungen und die Analyse zu haben. Im zweiten Schritt wird der Weg zum Rechtspopulismus skizziert, um danach detaillierter auf die Dänische Volkspartei einzugehen. Aspekte wie ihre Ideologie, ihre Wähler:innenschaft und die Rolle der Medien werden aufgezeigt. Im Analyseteil wird der Einfluss der Rechtspopulist:innen auf die Politik Dänemarks untersucht. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Erfolg der Dänischen Volkspartei sowie der Reaktion der anderen Parteien auf das für Dänemark relativ neue Phänomen des Rechtspopulismus. Zum Abschluss der Arbeit wird auf Grundlage aller Analyseaspekte ein Fazit gezogen und die Eingangsfrage, inwieweit der Erfolg der Dänischen Volkspartei das Politikgeschehen in Dänemark verändert hat, beantwortet.

Aufgrund der vorhandenen Literatur bezieht sich die Hausarbeit auf den Zeitraum zwischen der ersten größeren außereuropäischen Migrationsbewegung Ende der 1960er Jahre und den direkt mit der dänischen Parlamentswahl 2015 verbundenen Reformen.

2. Begriffsdefinition Rechtspopulismus

Die „Karriere des Populismusbegriffs“ (Priester, 2016: S. 533) begann vor rund 25 Jahren. Unter ihm versteht man eine Form des rechten oder linken Protesthandelns, welche in der Öffentlichkeit negativ verwendet wird. Die Form kann personalisierend, moralisierend und vergangenheitsorientiert auftreten. Laut Decker und Lewandowsky ist die ideologische Grundlage aller Formen des Populismus die romantische Vorstellung eines homogenen Volkes, bei der alle Gruppen ausgegrenzt werden, die der Populismus nach seinem Volksbegriff als Fremde identifiziert (vgl. ebd.: S. 24).

Der Populismus in Reinform ist selten, kurzlebig und ambivalent. Dabei wird ein bestimmter Missstand artikuliert, der vom Establishment nicht aufgegriffen und als „Betrug am Volk“ (Priester, 2016: S. 545) angesehen wird. Wissenschaftlich umschreibt der Begriff eine Haltung, die für das einfache Volk und gegen herrschende gesellschaftliche sowie politische Eliten Partei ergreift (vgl. Decker, Lewandowsky, 2017: S. 23). Der bewusste Verzicht auf Zustimmung relevanter Bevölkerungsteile verschafft den Populist:innen einen Außenseiterstatus, der Glaubwürdigkeit unter den Anhänger:innen erzeugt. Träger einer Anti-Establishment-Orientierung können dabei einzelne Personen, Bewegungen, Parteien oder ganze Regime sein. Eine wissenschaftliche Analyse des Populismus kann unter den drei Bedeutungsebenen gesellschaftliche Entstehungshintergründe, Selbstverständnis und Ideologie sowie Auftreten und Organisation erfolgen (vgl. ebd.: S. 23).

Aufgrund einer Welle rechtspopulistischer Parteigründungen, die in den 1970er Jahren begann und in den 1990er Jahren weitere Gründungen mit sich trug, scheint der Populismus ein eher rechtes Phänomen in Europa zu sein (vgl. Priester, 2016: S. 533).

Rechtspopulismus wird allgemein als ideologische Kombinatorik gesehen, welche sich aus Ethnopluralismus und Anti-Establishment (vgl. Rydgren, 2005: S. 413), Nationalismus und Populismus (vgl. Betz, 2001: S. 124f.) oder Autoritarismus und Neoliberalismus (vgl. Kitschelt, 1995: S. 4f.) zusammensetzen kann. Allgemeiner kann man Rechtspopulismus als eine Bezeichnung für fremdenfeindliche Protestparteien definieren (vgl. Decker, Lewandowsky, 2017: S. 21) und von einer Kombination aus Stimmungsmache und Fremdenfeindlichkeit sprechen, bei der die terminologische Vielfalt von rechtsextrem bis hin zu rechtsradikal reichen kann (vgl. Priester, 2016: S. 537).

Vor allem der Widerstand gegen identitätsbedrohende Modernisierungsschübe sowie eine Polarisierung zwischen „Wir und den Anderen“ (Priester, 2016: S. 534) sind typische Merkmale des Rechtspopulismus.

Decker und Lewandowsky sprechen davon, dass drei Organisationstypen des Rechtspopulismus unterschieden werden können. Neben der charismatischen Partei, bei der diese sich um eine Person gruppiert (z.B. Front National unter dem früheren Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen) und der Unternehmerpartei, die von einer einzelnen Unternehmerpersönlichkeit begründet und finanziert wird (z.B. Silvio Berlusconis Forza Italia), gibt es die Bewegungs- oder Rahmenpartei (z.B. rechtspopulistische Tea-Party-Bewegung), ein locker verbundenes Netzwerk aus Aktivist:innen. Des Weiteren können verschiedene Stilmittel beobachtet werden, die der Rechtspopulismus nutzt, um seine Anhäger:innenschaft auszubauen. Diese reichen vom Rückgriff auf common-sense-Argumenten über Verschwörungstheorien und Denken in Feindbildern sowie Provokation und Tabubruch bis hin zu Emotionalisierung und Angstmache (vgl. ebd.: S. 28-35).

3. Dänemark auf dem Weg zum Rechtspopulismus

Im folgenden Kapitel wird aufgezeigt, wie sich eine neu gegründete Partei die immer stärker werdende Frustration des dänischen Volkes zu Nutze machte, sich von einer anfänglich bürgerlichen Protestbewegung hin zur ersten rechtspopulistischen Partei in Dänemark entwickelte und welches bestimmende Thema das Land ab den 1980er Jahren leiten sollte.

3.1 Die Dänische Fortschrittspartei als rechtspopulistischer Vorreiter

1972 gründete der Millionär und Steuerrechtsanwalt Mogens Glistrup die Fortschrittspartei ( Fremskridtsparti, FrP ), welche sich im späteren Verlauf als Vorreiterpartei der heutigen Dänischen Volkspartei herausstellen sollte und als eine der ersten erfolgreichen rechtspopulistischen Bewegungen in Europa gilt (vgl. Wirries, 2015: S. 133f.). Die FrP mobilisierte sich zunächst als eine bürgerliche Protestbewegung, die sich zwar typisch rechtspopulistisch gegen das Establishment wandte (vgl. Rydgren, 2006: S. 165), vornehmlich aber Kritik an der wuchernden Bürokratie und der hohen Steuerbelastung ausübte (vgl. Decker, 2006: S. 108). Dies zeigt sich deutlich im Parteiprogramm, welches in den ersten Jahren des Bestehens vorrangig nur die drei Punkte „Abwicklung der Einkommenssteuer, Begrenzung der Papierherrschaft und Sanierung der Gesetzgebung“ (Wirries, 2015: S. 135) beinhaltete.

Aus dem Stand erhielt die FrP bei der Parlamentswahl ( Folketingswahl) 1973, bei der vier neue Parteien den Sprung ins Parlament schafften, 15,9 Prozent der Stimmen und wurde so zur zweitstärksten politischen Kraft hinter den Sozialdemokrat:innen in Dänemark. Zum Wahlerfolg trug die Tatsache bei, dass die Dänische Fortschrittspartei eine Alternative zu den etablierten Parteien bot, welche sich mehr und mehr einander annäherten. In Folge der Ölkrise 1973 kam es in Dänemark, wie in ganz Westeuropa, zum Anstieg der Arbeitslosenquote, der Ausgabenerhöhung der öffentlichen Haushalte sowie der Staatsverschuldung. Des Weiteren herrschte im Land eine angespannte Lage durch die Debatte über den 1972 erfolgten Beitritt zur damaligen Europäischen Gemeinschaft. Diese unterschwellige Unzufriedenheit im Bürgertum und bei den Arbeiter:innen, die den Linkskurs der Sozialdemokratie ablehnten, führte zum Wahlerfolg der Dänischen Fortschrittspartei bei der historischen „Erdrutschwahl“ (Wirries, 2015, S. 134). Frühere Wähler:innen der Konservativen und Sozialdemokrat:innen sind in großen Mengen zu den Populisten übergelaufen. Zu diesem Zeitpunkt spielten Kritik an der Zuwanderung sowie Fremdenfeindlichkeit allerdings noch keine Rolle innerhalb der Partei (vgl. ebd., S. 133f.).

3.2 Der Zuwanderungskonflikt in den 1980er Jahren

Die erste größere außereuropäische Migrationsbewegung Dänemarks begann Ende der 1960er Jahre durch südeuropäische Fremdarbeiter:innen, die für die boomenden dänischen Industrien angeworben wurden (vgl. Wirries, 2015: S. 136). Bis 1970 kamen circa 12.000 Menschen aus der Türkei, Jugoslawien sowie Pakistan nach Dänemark. Infolgedessen wurden erste Stimmen in der Bevölkerung laut, dass „die Türken Arbeitsplätze wegnehmen“ (Wirries, 2015: S. 136). Im Mai 1969 trat eine Regelung in Kraft, die die Möglichkeit beinhaltete, Ausländer:innen an der Grenze abzuweisen. Ein Jahr später benötigten ausländische Arbeiter:innen erstmals neben einer Arbeitserlaubnis auch ein schriftliches Arbeitsplatzangebot des dänischen Arbeitgebers. Entgegen der ersten negativen Stimmen in der Gesellschaft titelten Zeitschriften, dass die Gastarbeiter:innen als willkommene Arbeitskraftreserve gesehen werden sollten. Anfang der 1980er Jahre war zudem die Bevölkerungsmehrheit sehr aufgeschlossen gegenüber den Neuankömmlingen. Ab Mitte der 1980er Jahre lässt sich ein Politikwechsel innerhalb der Fortschrittspartei erkennen. Aufgrund immer schlechterer Wahlergebnisse und innerparteilichen Problemen musste ein neues politisches Profil geschaffen werden (vgl. Decker, 2017: S. 180).

Die Partei begann, Immigration und Flüchtlinge in den Vordergrund zu stellen (vgl. Decker, 2017: S. 180). Das Thema schaffte es an die Spitze der politischen Prioritätenliste, „als fremdenfeindliche Gefühle durch die Fortschrittspartei und ihr nahestehende Akteure artikuliert wurden“ (Rydgren, 2006, S. 171). In dieser Zeit sah sich Dänemark erstmals mit einem außerordentlich hohen Zuzug von Flüchtlingen konfrontiert. Die dänische Bevölkerung wurde von nun an mit einem für sie neuen Phänomen konfrontiert; sie begegneten im Alltag immer öfter Menschen aus fremden Kulturkreisen (vgl. ebd.: S. 171).

Im Jahr 1983 wurde ein neues „Ausländergesetz“ (Wirries, 2015: S. 137) verabschiedet, wodurch jede:r von Verfolgung bedrohte Ausländer:in ein grundsätzliches Recht erhielt, in Dänemark Asyl zu beantragen und Familienangehörige nach Dänemark zu holen. Zur damaligen Zeit war dieses Gesetz eines der liberalsten Einwanderungsgesetze weltweit. Daraufhin wurden ausländerfeindliche Stimmungen am rechten Rand des parteipolitischen Spektrums immer häufiger artikuliert (vgl. Wirries, 2015: S. 137).

Die Formierung Den Dansk Forening (Die Dänische Vereinigung) agierte mit ihrem Blatt Danskeren (Der Däne) gegen Einwanderung und Ausländer:innen, was der Fortschrittspartei in die Karten spielte und auch in der Bevölkerung immer mehr Unsicherheit schürte. Wohingegen der Aussage „Einwanderung ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für unseren unverwechselbaren nationalen Charakter“ (Rydgren, 2006: S. 171) im Jahr 1985 nur 23 Prozent der Bevölkerung zustimmten, waren es zwei Jahre später bereits 47 Prozent (vgl. ebd.: S. 171f.).

Begünstigend für die Fortschrittspartei kam hinzu, dass sich Dänemark in den 1980er Jahren in einer wirtschaftlichen Krise befand und der Zuzug von weiteren Sozialleistungsempfänger:innen, wie Asylbewerber:innen, in Teilen der Gesellschaft als Bedrohung empfunden wurde. Allmählich wurde die rechtspopulistische Politik in Dänemark salonfähig (vgl. Rydgren, 2006: S. 173f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der Erfolg des Rechtspopulismus in Nordeuropa anhand der Dänischen Volkspartei
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Seminar: Rechtspopulismus in Europa
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
21
Katalognummer
V1243977
ISBN (eBook)
9783346670687
ISBN (Buch)
9783346670694
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Skandinavien, Politik in Skandinavien, Rechtspopulismus, Rechtspopulistische Parteien, Dänemark, Dänische Volkspartei
Arbeit zitieren
Jannes Wittig (Autor:in), 2022, Der Erfolg des Rechtspopulismus in Nordeuropa anhand der Dänischen Volkspartei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1243977

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