Von der 68er-Bewegung bis zur ersten Generation der RAF. Welche Faktoren führten zu ihrem rapiden Wachstum?


Thèse Scolaire, 2022

22 Pages, Note: 11 Punkte / gut

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Vorwort
1.2 Einleitung

2. Hauptteil
2.1 68er-Bewegung
2.1.1 Die Entstehung der 68er-Bewegung
2.1.2 Symbolbild Rudi Dutschke
2.1.3 Höhepunkt und Niedergang der Proteste
2.2 Erste Generation der Roten Armee Fraktion
2.2.1 Gründungsmitglieder der RAF
2.2.2 Gründung der RAF
2.2.3 Ära der ersten RAF-Generation
2.2.4 Quellenanalyse: Das Konzept Stadtguerilla

3.Schlussteil
3.1 Fazit
3.2 Quellenverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Vorwort

Warum habe ich mir das Thema 68er-Bewegung und Rote Armee Fraktion ausgesucht?

Die Antwort in der Faszination über dieses Thema liegt in der Unbekanntheit, welche ich mit diesem Abschnitt deutscher Geschichte bis vor ca. zwei Jahren verband. Als ich das erste Mal davon hörte, dass bis vor ca. einem halben Säkulum eine der größten deutschen Krisen aufgrund von nationalem Terrorismus herrschte, war mein Interesse geweckt. Während ich Terrorismus normalerweise nur mit dem Nahen Osten und Islamismus in Verbindung setzte, war es um so erstaunlicher, dass es in Deutschland, einem Land, welches seit dem zweiten Weltkrieg einen enormen Entwicklungsprozess bis zur Demokratie hingelegt hat, viele Menschen einer deutschen terroristischen Organisation zum Opfer fielen. Umso mehr wunderte es mich, dass es sich hierbei nicht um rechtsextremistische Aktivitäten wie sie heute in Deutschland üblicher wären, handelte, sondern um Linksextremismus. Die Tatsache, dass es in einem Land wie Deutschland einmal zu linksextremistischen Anschlägen verschiedenster nationaler Terrorgruppen wie den „Tupamaros West-Berlin“, der „Bewegung 2. Juni“ und der größten aller Gruppen, der „Roten Armee Fraktion“ kam, führte mich zu der Frage was die Hintergründe dieser waren. Dadurch stieß ich auf die 68er-Bewegung und begann, mich steigernd für das Thema des europäischen Terrorismus der Nachkriegszeit zu interessieren. Aufgrund der Faszination, welche ich mit der 68er-Revolution und ihrem Nachfolger RAF in Verbindung setze, habe ich mich entschlossen, diese als Thema für meine Facharbeit zu wählen. In dieser Facharbeit spezialisiere ich mich dennoch nur auf die erste Generation der RAF, da diese im Gegensatz zu ihren Nachfolgern in einer großen Verbindung mit den 68er-Protesten steht und auf diese aufbaut.

1.2 Einleitung

Volle Straßen, Studenten überall und die Arbeiter gehen ungehindert ihren Job weiter. Es ist schon fast Realsatire, mit welcher Ignoranz sich der Staat der protestierenden Jugend gegenüberstellt. Trotz dauerhafter Demonstrationen lässt er sich nicht einschüchtern und investiert sogar großes Geld in weitere Schutzkleidung und Handwaffen der Stasi zur Auflösung der massiven Proteste. Jedoch ist es unbestreitbar, dass die Demonstrationen von Zeit zu Zeit wachsen, langsam, aber sicher das System überlasten und selbst die zuvor noch so zuversichtliche Bundespolizei langsam ins Schwitzen gerät. Mittels eines Schusses wird versucht ein bisschen Ordnung ins Spiel zu bringen, jedoch kommt es zum exakten Gegenteil: Die Proteste werden noch größer, noch radikaler. Und als man denkt, man hat den Aufständischen das Handwerk gelegt, haben sich diese unbemerkt, wie ein Tumor verbreitet und wuchern nun in ganz Deutschland. Auch wenn diese Gebilde klein und unscheinbar wirken, schlägt sich eines von ihnen mit einem Stern und einer HK MP5 im Logo erfolgreich durch und sorgt mithilfe von wachsendem Volumen für einen scheinbar unheilbaren Krebs im Körper der Bundesrepublik. So metaphorisch diese Geschichte auch klingt, so realitätsgetreu ist sie.

Somit stellt sich die Frage:

„Welche Faktoren führten zum rapiden Wachstum der 68er-Bewegung und der ersten Generation der Roten Armee Fraktion?“

Mit dieser Frage werde ich mich in dieser Facharbeit beschäftigen und sie zum Ende hin auch hoffentlich beantworten können.

2. Hauptteil

2.1.1 Die Entstehung der 68er-Bewegung

Die Existenz der RAF wurde durch viele Faktoren hervorgerufen, welche ihre Wurzeln in der Ära von 1950-1960 und der darauffolgenden 68er-Protestbewegung der „Jugendrevolte“ hatten.

Die Zeit der 1960er Jahre bilden den Anfang der jungen Bundesrepublik Deutschland und sind geprägt durch den deutschen Wirtschaftswandel und den daraus resultierenden, im Vergleich zum NS-Regime, stark gestiegenen Lebensstandard. Dieser macht sich sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationaler Ebene spürbar: Zwischen den zwei Jahrzehnten ist das Realeinkommen eines durchschnittlichen Arbeitnehmers um 75 Prozent gestiegen, die Anzahl erwerbstätiger Ehefrauen hat von 26 auf 37 Prozent zugelegt1 und man setzt viel auf großen internationalen Handel, speziell mit den USA. Es ist der Beginn des Fernsehzeitalters und des Babybooms. Die finanzielle Erhebung ermöglicht die Expansion von Studien- sowie Arbeitsplätzen und sorgt für einen Ausbau des bisherigen Sozialstaats durch mehr Bildung und Engagement. Es ist die Blütezeit für die junge Generation, welche ab nun an Bluejeans und eine BoomBox mit sich herumträgt. Laut Umfragen ergibt sich, dass die Majorität der damaligen Studenten apolitisch und karriereorientiert sei, jedoch gibt es für diese Behauptung keine wissenschaftlichen Beweise. Sicher ist nur, das dem gegenüber der Sozialistische Deutsche Studentenbund, kurz SDS, steht. Dabei handelt es sich um einen kleinen linken Verband mit rund 1200 Mitgliedern, welcher bis 1961 mit der SPD verbündet war und eine antikarriereorientierte, marxistische Ideologie verfolgte.2 Diese war zudem auch eine der einzigen Organisationen, welche sich intensiv mit den NS-Verbrechen und ihren ehemaligen Tätern befasste, ein Thema welches der Staat durch internationalen Handel, Freundschaften und Selbstprofilierung in Vergessenheit geraten lassen wollte. Die Anfänge der 68er-Proteste nahmen in Deutschland ihren Ursprung im Jahr 1965 an der Freie Universität in Berlin, als dessen Rektor Herbert Lüers dem Autor und FU-Kritiker Erich Kuby aufgrund ehemaliger Aussagen mittels eines Hausverbots von einer Podiumsdiskussion ausgrenzen wollte. Daraufhin versammelten sich Hunderte von Studenten und agierten demonstrativ für eine offene, uneingeschränkte Redeerlaubnis. Weitere hochschulpolitische Proteste fanden in den Folgejahren statt und wurden national immer populärer. Ein starker Grund für den Zuwachs der Protestteilnehmer war die Ergänzung der Protestgründe durch die verhassten Notstandsgesetze.3 Dies waren Gesetze, mit welchen der Staat die Befugnis bekam, die Rechte eines einzelnen Bürgers im Notfall einzuschränken bis hin zur Entwendung dieser und so die komplette Kontrolle über die Person zu bekommen. Durch diese Maßnahmen wurde nun nicht nur die hochgebildete Jugend, sondern alle Schichten der jungen Generation betroffen und die „Hochsschulproteste“ verwandelten sich in „allgemeine Jugendwiderstände“. Zweiter Protestgrund der jungen deutschen Generation war das wachsende Misstrauen gegen den Staat sowie die Politik durch die, von 1966 bis 1969 anhaltende, „Große Koalition“. Hierbei handelte es sich um die erste Koalition der christlichdemokratischen Partei CDU und der sozialdemokratischen Partei SPD, welche zur Ablösung Ludwig Erhards und der Einstellung Kurt Kiesingers als Bundeskanzler führte. Nicht nur die Tatsache, dass Kurt Kiesinger ein früheres Mitglied der NSDAP war, sondern der Fakt, dass die minore Oppositionspartei FDP nun keinen politische Machtanteil mehr hatte, führten zu einem großen Aufruhr, unterstützt von antinazistischen Parolen und Plakaten der Demonstranten. Eins führte zum anderen und so entstand aus einer Formierung des SDS und weiteren linken Studentengruppen die „Außerparlamentarische Opposition“, kurz APO. Jedoch waren es nicht nur innenpolitische Umstände, gegen welche protestiert wurde, auch auf außenpolitischer Ebene gab es Mängel. Die Rede ist hier von den militärischen Einsätzen der USA im Vietnamkrieg, welche mit einer Menge von unschuldigen Toten verbunden waren. Ein wichtiger Indikator hierbei war die Einführung und Verbreitung eines Trendprodukts, dem Fernseher.4 Auch apolitische Bürger, welche keine Zeitung lasen, konnten nun auf internationale Informationen zugreifen und bekamen von den amerikanischen Kriegsverbrechen, sowie den unzähligen unschuldigen Opfern des Krieges im Südostasiatischen Raum mit. Diese menschenwidrige Aktion sorgte für große Aufregung unter den Studenten und wird heutzutage als einer der Hauptgründe für die Studentenaufstände und deren Expansion bezeichnet. Es ist wichtig zu betonen, dass nur die junge deutsche Generation gegen die USA rebellierten und dies nicht ohne Grund. Für die älteren Generationen, welche den zweiten Weltkrieg miterlebt hatten, galt die USA immer noch als Schutzmacht, welche als Vorbild Deutschlands nicht zu kritisieren sei und so reagierten sie mit Unverständnis auf die junge Generation. Es herrschte eine politische Differenz zwischen Jung und Alt in der die jungen Aufständischen immer mehr an Überhand gewannen. Unter Rudi Dutschke, einem ehemaligen Mitglied der „Subversiven Aktion“ und Wortführer der 68er-Bewegung, häufte sich die Anzahl an Massendemonstrationen steigend an und es kam zu immer brutaleren Reaktionen seitens des Staates bzw. der Polizei auf die Demonstranten. Diese war damals in Berlin, dem Zentrum des Ost-West-Konflikts, ohnehin schon negativ eingestellt und sah die Nutzung von Gummiknüppeln als legitimes Mittel zur Auflösung der öffentlichen Versammlungen. Unter Dutschke zielten diese Protestaktionen auf die Provokation und Nötigung des Sozialstaates, um dessen versteckte Gewalttätigkeit ans Tageslicht zu zwingen. Unter dem Credo „Kritik muss in Aktion umschlagen. Aktion entlarvt die Herrschaft der Unterdrückung.“5 schaffte es Dutschke, die APO zu radikalisieren und den Staat zur unwillkürlichen Gewaltanwendung zu zwingen. Dutschke dient in diesem Kontext als großer Faktor für die Radikalisierung der 68er-Bewegungen. Dieses gezielte Herausfordern von stärkeren Maßnahmen führte erwarteter Weise auf die Dauer zum vorschnellen Handeln seitens der Stasi und so wurde bei einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs Mohammed Pahlewi von Persien am 2. Juni 1967 der Demonstrant Benno Ohnesorg durch einen Schuss in den Hinterkopf von einem Polizisten getötet. Dieser Schuss gilt als der Hauptauslöser der Radikalisierung der 68er-Bewegung, welche durch diesen die Bestätigung bekam, Gewalt sei ein legitimes Mittel zum Handeln. Es gilt als der Moment, an welchem der „bewaffnete Kampf“ in Deutschland ausbrach. Die Bestätigung der legitimen Gewalt bis hin zum Mord verstärkte sich zehn Monate später, im April 1968, als Rudi Dutschke beim Einkaufen in einer Apotheke mit drei Schüssen angegriffen und schwerverletzt ins Krankenhaus transportiert wird.6 Das Attentat auf den Wortführer, die Symbolfigur der Demonstrationen machte den Teilnehmern klar, dass nun mit physischer Gewalt angegriffen werden musste, da sich andernfalls keine Möglichkeit der Besserung bot. Kurz gesagt, ein großer Anteil der Mitglieder der 68er-Bewegung war bereit zu kämpfen und Tatsachen wie bspw. die fehlende Inhaftierung von Benno Ohnesorgs Schützen und der Versuch, die durchschossene Schädelplatte vertuschen zu lassen erzürnten die Studenten nur noch mehr.7

2.1.2 Symbolfigur Rudi Dutschke

Unter dem Posten des Wortführers der 68er-Proteste hatte Rudi Dutschke großen Einfluss auf die Expansion und Radikalisierung der Bewegung. Als ehemaliges Mitglied der Subversiven Aktion vertrat er die kritische Theorie der Frankfurter Schule und baute die meisten seiner Reden auf dessen Ideologie auf. Als Fanatiker der südamerikanischen Freiheitskämpfe, speziell Che Guevaras Partisanenkampf, war er der erste, der den Begriff der „Stadtguerilla“ in Deutschland etablierte. Bei einem Treffen der Aufständischen in Frankfurt präsentiert er das Konzept dieses Kampfes: Im grundlegenden geht es um die Provokation des Staates um diesen zum unausweichbaren Handeln zu verleiten. Damit soll die im verborgenen gehaltene Gewalt des Staates zum Vorschein gebracht und die oppositionelle Widerstandsmacht gegen diesen mobilisiert werden. Ein Vorteil Dutschkes, durch welchen er das Wachstum und die Radikalisierung der Bewegung vorantreibt, ist seine Wortgewandtheit. In seinen Reden schafft er es, sich durch unpräzise und doppeldeutige Aussagen weder für noch wirklich gegen die Nutzung von Gewalt zu positionieren. Besonders sticht bei seinen Reden die klare Differenzierung von der Ersten Welt und der Dritten Welt heraus. Seiner Ansicht nach lassen sich die Befreiungskriege der Dritten-Welt-Staaten Südamerikas, in welchen er bei Bedarf mitgekämpft hätte, mit den Aufständen in Deutschland vergleichen, jedoch ohne die Aspekte des Hass und des Terrors. Auch einen „Persönlichen Terror“ sowie das Ermorden von Einzelpersonen, meist Autoritäten lehnt er ab, jedoch sei eine „Gegengewalt“ gegen den Staat von Seiten der Gesellschaft eine legitime Handlung und es enttäusche ihn, dass die aufständische Revolte den persischen Schah bei seinem Besuch in Berlin nicht erschossen hat.8

Diese undefinierbare Position Dutschkes half ihm bei seinen Reden als manipulatives Mittel, mithilfe welchem er sich bei keinem Protestierenden, welche durchaus unterschiedliche Meinungen hatten, verfeindete. Hätte er sich klar für eine gewalttätige, extremistische Zielsetzung positioniert, ist es gut denkbar, dass der mehrheitlich eher pazifistisch orientierte Demonstrantenanteil sich von den Protesten distanziert hätte und es zu Streiten unter den Studenten gekommen wäre. Hätte Dutschke sich hingegen klar für eine pazifistische Zielsetzung positioniert, wäre es genau derselbe Fall, jedoch mit den eher Gewaltorientierten anstelle der Pazifisten. Auf diese Art schaffte es Dutschke in seinen Reden alle verschiedenen Sichtweisen der Studentenbewegung als gültige Opportunitäten darzustellen und dem Ziel der Bewegung einen großen Spielraum zu gewähren. Diese Unentschlossenheit in Verbindung mit dem Attentat auf Rudi Dutschke wurden der Bewegung jedoch auf ihrem Höhepunkt zum Verhängnis (siehe 2.1.3). Nach seiner Genesung, in den 1970er Jahren, setzte sich Dutschke noch mehrere Jahre für die Gründung der Partei „Die Grünen“ ein, bis er am Weihnachtstag des Jahres 1979 an einer Nachwirkung des Attentats, einem epileptischem Anfall, in seiner Badewanne ertrinkt.9

2.1.3 Höhepunkt und Niedergang der Proteste

In den darauffolgenden Tagen herrschten in Deutschland die schwersten Straßenschlachten der Nachkriegszeit. Da diese während den Ostertagen 1968 stattfanden sind sie auch als „Osterunruhen“ bekannt. Diese Aufstände wurden durch Prügeleien zwischen Polizisten und Zivilisten, Brandlegungen sowie immensen Straßenblockaden gekennzeichnet und bildeten den Höhepunkt der Proteste. In der folgenden Zeit wurden mehr als 400 Menschen verletzt und 2 Menschen starben durch ein Wurfgeschoss eines Protestierenden.10 Speziell im Fadenkreuz der Aufständischen stand die Presse, vor allem die BILD vom Axel-Springer-Verlag, welche durch propagandistische und vulgäre Artikel die Bevölkerung gegen die reformierende Jugend aufhetzte und die staatliche Gewalt legitimierte. Der Versuch eines Presse-Auslieferungsstopp durch Blockaden der Auslieferungstore scheiterte jedoch und es kam zur weiteren Publikation der Zeitschriften. Des Weiteren hatte der SDS keine Kontrolle mehr über die massiven Aufstände und ohne Rudi Dutschke herrschte nur noch ein gewaltiges Chaos von Aufständischen gegen den Staat. Dieser politische Hochpunkt war jedoch auch sein Niedergang. Trotz der langen Proteste und Aufständen kam es nie zu einem Bündnis zwischen Studenten und Arbeitern, sodass die deutsche Wirtschaft keine bedenklichen Nachteile erlitt. Die Proteste ergaben sich als ineffektiv und als die Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 außer Kraft gesetzt wurden verblasste die Aktivität der meisten Widerständigen, unterstützt durch die erloschene Gegnerschaft beider Parteien. Nach fast 4 Jahren kam ein Ende der Proteste in Sicht. Die Mitglieder der APO begannen, sich nun in ganz verschiedene Richtungen zu entwickeln. Viele von ihnen gingen von nun an einem Beruf nach und folgten doch dem Weg des karriereorientierten Lebens, andere hingegen setzten sich in der Politik ab und schlossen sich den großen Parteien FDP, SPD oder DKP an. Vor allem die Ablösung Kurt Kiesingers durch Willy Brand entfachte neue Hoffnung für die ehemals Aufständigen. Auch die Legalisierung der DKP, der kommunistischen Partei Deutschlands sorgt für große Freude unter den Studenten. Viele von ihnen sehnen sich nach einer Hierarchie und es kommt zur Gründung vieler kommunistischer Kleinparteien und Organisationen, welche jedoch nie wirklich Auswirkungen auf die derzeitige Politik haben. Nur ein kleiner restlicher Teil der Bewegung sehnt sich nach Rache und geht den Weg des Terrorismus.11 Die radikalste dieser Gruppierungen wird später als Rote-Armee-Fraktion, kurz RAF, bekannt sein und für die größte politische Herausforderung der Bundesrepublik Deutschland sorgen.

2.2.1 Gründungsmitglieder der RAF

Im Jahre 1967 lernen die Aktivisten Andreas Baader und Gudrun Ensslin sich auf einer Demonstration kennen. Auch wenn sich ihre Vorgeschichten völlig unterscheiden, haben die zwei Studenten letztendlich dasselbe Ziel. Baader, ein kleinkrimineller Schulabbrecher träumt davon, berühmt zu werden. Aufgrund seiner apolitischen Haltung sympathisiert er anfangs nicht mit den Studentenprotesten, da er in ihnen von Beginn an durch ihr gewaltloses Vorgehen keinen Erfolg sieht. Erst bei der Ermordung des Demonstranten Benno Ohnesorgs 1967 und der daraus resultierenden Kampfbereitschaft der Widerstände sieht Baader seine Chance des Erfolgs und wird Mitglied der APO. Als künftiger Protestler nimmt er an den 68er-Protesten teil, auf welchen er die Studentin Gudrun Ensslin trifft. Die Aktivistin, welche sehr religiös aufgezogen wurde und eine Bereitwilligkeit zum Selbstopfer entwickelt hat, träumt davon zu verändern und antagonisiert sich durch den Vietnamkrieg und die Große Koalition immer weiter mit der Politik. In Baader, welcher ebenfalls bereit für striktere Maßnahmen ist sieht sie den perfekten Mitstreiter, für welchen sie sogar ihren Mann und ihre Kinder verlässt. Angetrieben durch die Hoffnung einer Wiederbelebung der 68er-Bewegung legen Baader, Ensslin und zwei Kumpanen am 2. April 1968 in zwei Frankfurter Kaufhäusern mehrere Brandbomben, jedoch kommt es nur zu Sachschäden. Die Aktion ist als satirische Hommage an das L'Innovation-Feuer gemeint, einem Brand im belgischen Kaufhaus „L'Innovation“, bei welchem um die 250 Menschen starben.12 Vor Gericht berufen sich die beiden auf den Vietnamkrieg und ziehen somit ein großes Interesse der linken Szene auf sich. Darunter ist auch die Aktivistin Ulrike Meinhof, eine Kolumnistin, welche frustriert von der Ineffektivität von geschriebenen Worten als Mittel zum Handeln ist. Während noch über die Verurteilung Baaders und Ensslins verhandelt wird, besucht Ulrike Meinhof die beiden Häftlinge, beeindruckt von ihrer radikalen Entschlossenheit.13 „Das progressive Moment einer Warenhausbrandstiftung liegt nicht in der Vernichtung der Waren, es liegt in der Kriminalität der Tat, im Gesetzesbruch.14 “ So kommt es, dass Meinhof sich später Baader und Ensslin anschließt und es entsteht das Gründertrio der Roten Armee Fraktion bzw. Bader-Meinhof-Bande, wie sie anfänglich genannt wird. Je nach Quelle zählt man auch Baaders Anwalt Horst Mahler zu den Gründungsmitgliedern der RAF, da dieser jedoch nicht direkt in den Aktionen der RAF teilnahm, erwähne ich ihn hier nicht.

[...]


1 Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit seit 1952 – https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/PDF/Beitrag12_04_12.pdf

2 „Vor 75 Jahren – Als sich der Sozialistische Deutsche Studentenbund gründete“ (Quelle 8)

3 LeMO Notstandsgesetze (Quelle 11)

4 „Warum aus Jungen Menschen Terroristen wurden“ (Quelle 6)

5 Subversive Aktion 1963

6 GEO EPOCHE Rote Armee Fraktion S.39 (Quelle 1)

7 GEO EPOCHE Rote Armee Fraktion S.37 (Quelle 1)

8 GEO EPOCHE Rote Armee Fraktion S.38 (Quelle 1)

9 LeMO Biografie Rudi Dutschke (Quelle 13)

10 11.-17. April 1968 (Quelle 8)

11 „Warum aus Jungen Menschen Terroristen wurden“ (Quelle 6)

12 GEO EPOCHE Rote Armee Fraktion S.47 (Quelle 1)

13 GEO EPOCHE Rote Armee Fraktion S.54 (Quelle 1)

14 Ulrike Meinhof; Essay zum Kaufhausbrand, "konkret" 14/1968

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Von der 68er-Bewegung bis zur ersten Generation der RAF. Welche Faktoren führten zu ihrem rapiden Wachstum?
Note
11 Punkte / gut
Année
2022
Pages
22
N° de catalogue
V1244048
ISBN (ebook)
9783346670335
Langue
allemand
Mots clés
Rote Armee Fraktion, 68er-Bewegung, Rudi Dutschke, Linksextremismus, Deutschland, Erste RAF-Generation
Citation du texte
Anonyme, 2022, Von der 68er-Bewegung bis zur ersten Generation der RAF. Welche Faktoren führten zu ihrem rapiden Wachstum?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244048

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