Emotionalisierende Sprache in Zeitungen

Inwiefern eignet sich die Berlin Affective Word List Reloaded für einen Nachweis der Unterschiede zwischen BILD-Zeitung und anderen deutschen Zeitungen?


Seminararbeit, 2022

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

EMOTION ANALYSIS

DIE BERLIN AFFECTIVE WORD LIST

ZIELSETZUNG

VORGEHENSWEISE

UNTERSUCHUNG

ABSCHNITT 1

ABSCHNITT 2

ABSCHNITT 3

ALLE ABSCHNITTE

DISKUSSION

FAZIT

QUELLENVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

Einleitung

Aufgrund der zunehmenden Wahrnehmbarkeit einer Spaltung der Gesellschaft sind die The- men Medienkompetenz und Meinungsmache bzw. Propaganda heutzutage sehr present. Menschen unterschiedlichster Hintergrunde sind im Diskurs uber akute Bedrohungen wie die Corona-Pandemie, die Ukraine-Krise, aber auch uber Phanomene des Kulturwandels wie gegenderte Sprache oder Alltagsrassismus. Viele sind sich dabei sicher, die Wahrheit zu kennen und konnen sich nicht in die Lage des Gegenubers versetzen. Ein Grund hierfur ist der Konsum unterschiedlicher Medien, die der jeweiligen „Bubble“ - der eigens bevorzug- ten Gruppe ahnlich denkender Menschen - eines Menschen zugeordnet werden konnen und teils sachlich, teils tendenzios und manchmal auch falsch informieren.

Es ist keine neue Annahme, dass Boulevardzeitungen wie die BILD auf eine andere Art und Weise kommunizieren, als es andere Tages- oder Wochenzeitungen tun. Dies ist bereits aus- reichend durch das andere Geschaftsmodell begrundet, bei dem jeden Tag aufs Neue die Aufmerksamkeit des potenziellen Lesers durch die Uberschrift des Titelblatts eingefangen werden muss (vgl. Hanslmaier/Kemme 2011: 132). Aufgrund der Tatsache, dass Kriminali- tat einen hohen Nachrichtenwert hat, konnte angenommen werden, dass eine inhaltliche Un- terscheidung in der Haufigkeit von Kriminalitatsberichten eine Manifestierung dieses Ge- schaftsmodells ist (vgl. Hanslmaier/Kemme 2011: 131). Tatsachlich jedoch ist nicht die Haufigkeit derlei reizender Themen der Unterschied, denn fur alle Medien gilt die paradoxe Aussage, dass schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind (vgl. Unz, Schwab 305). Viel mehr sind Boulevardmedien tendenziell emotionalisierender als andere Publikationen, da emotionale Nachrichten erfolgreicher sind (vgl. Hanslmaier/Kemme: 133; Unz et al. 2003: 305).

Wenn scheinbar klar ist, dass und wieso Boulevardmedien wie die BILD anders kommuni- zieren als das „Organ der deutschen Geschaftswelt und Industrie“ (Kuhne 2011: 249) - die Frankfurter Allgemeine Zeitung - dann sollte sich dies theoretisch auch sprachwissenschaft- lich nachweisen lassen. Die vorliegende Seminararbeit wird versuchen, mithilfe der Berlin Affective Word List (BAWL), einer Datenbank von deutschen Wortern mit wissenschaftlich fundierten Einstufungen bzgl. emotionaler Werte, einen solchen Nachweis zu liefern. Hier- bei werden Online-Artikel, bei denen davon auszugehen ist, dass sie generell der Linie ihrer Muttermedien folgen (vgl. Hanslmaier & Kemme: 136), verglichen, die zum stark polarisie- renden Thema der Silvesternacht 2015/2016 in Koln berichteten. Es werden auftretende Probleme bei der Verwendung des Werkzeugs festgehalten und versucht, die folgende allgemeine Leitfrage zu beantworten: Inwiefern eignet sich die Berlin Affective Word List Reloaded (mit dieser Fassung wird gearbeitet) fur einen Nachweis der Unterschiede zwi- schen BILD-Zeitung und anderen deutschen Zeitungen? AuBerdem sollen wahrenddessen zwei zuvor aufgestellte Thesen uberpruft werden:

1. Aufgrund der extremen und kreativen Wortwahl auf Seiten der Boulevardmedien ist es moglich, dass eine akkurate Representation der Emotionalisierung durch fehlende Ubereinstimmungen mit dem Werkzeug erschwert wird.
2. Da sog. Qualitatsmedien eine weniger emotionalisierende und konventionell gema- Bigtere Wortwahl zeigen, die jedoch dem Thema entsprechend auch zu einem gewis- sen Grad emotionalisiert, konnten sie letztlich als emotionalisierender identifiziert werden als die Boulevardmedien.

Im Folgenden wird kurz in das Thema der Emotion Analysis eingefuhrt und das gewahlte Werkzeug vorgestellt, bevor die konkreten Ergebnisse der eigenen Untersuchung prasentiert und interpretiert werden.

Emotion Analysis

Im Jahre 1999 veroffentlichten Margaret Bradley und Peter Land das erste Emotionsdiktio- nar vorgelegt, das sich auf die englische Sprache bezieht und affektive Ratings fur 1034 englische Worter entlang der Dimensionen Valenz, Arousal und Dominance und auf der Skala 1-9 enthalt (vgl. Lehmann et al. 2017: 12). Diese Vorgehensweise hat sich bewahrt und wurde vor allem seit dem Jahr 2006 noch um weitere Emotionsdiktionare erweitert, die jedoch teilweise auch Abweichungen im Konzept aufweisen. So wird nicht immer eine ska- lare Bewertung der jeweiligen Worter vorgenommen, sondern in einigen Modellen auch ei- ner unterschiedlich groBen Menge von Emotionen zugeordnet, wie beim Projekt DENN- BAWL ( Discrete Emotion Norms for Nouns: Berlin Affective Word List ) (Briesemeister et al. 2011). Hierbei unterscheiden sich die entstandenen Emotionsdiktionare im Punkt des zu- grunde liegenden Modells der Emotionen, das je nach Schopfer bis zu 36 Emotionen umfasst (vgl. Lehmann et al. 2017: 8). Fur die vorliegende Hausarbeit relevant ist jedoch die klassi- sche Vorgehensweise, die es ermoglicht, eine statistische Auswertung von Texten durch Ab- gleich mit der jeweiligen Tabelle durchzufuhren. Eine solche Auswertung liefert prazise Zahlen, anhand derer Visualisierungen durch Graphen moglich sind, die einen schnell ver­standlichen Uberblick uber die Beschaffenheit eines Textes und seiner Abschnitte liefern konnen. Konkret soll die sog. Berlin Affective Word List Reloaded (BAWL-R) verwendet und untersucht werden.

Die Berlin Affective Word List

Bei der Berlin Affective Word List (BAWL) handelt es sich um ein tabellenformiges Emoti- onslexikon in deutscher Sprache, das 2006 in seiner Ursprungsform veroffentlicht wurde (Vo et al. 2006). Seitdem inspirierte das Konzept zusatzliche Datenbanken wie bspw. die Berlin Affective Word List for Children (kidBAWL) (Sylvester et al. 2016) und sogar eine Version in polnischer Sprache (Riegel et al. 2015). Die BAWL selbst erhielt im Jahr 2009 noch eine Neuauflage in Form einer Revision, die auch in der vorliegenden Arbeit behandelt und verwendet werden soll: die Berlin Affective Word List Reloaded (BAWL-R) (Vo et al. 2009).

Die BAWL-R umfasst 2900 Nomen, Verben und Adjektive, die fur einen direkten Vergleich in den Dimensionen der generell positiven oder negativen Bewertung eines Wortes (Valenz) zwischen den Werten -3 und +3 eingestuft wurden. Die hierfur angegebene Probanden- gruppe umfasst 200 Personen. Zusatzlich zur Valenz enthalt die Tabelle noch die emotionale Erregung, die Probanden mit jedem Wort verbinden (Arousal, Skala 0-5) und die Bildhaf- tigkeit bzw. die Fahigkeit, sich ein Wort bildlich vorzustellen (Imageability, Skala 1-7). Das Arousal-Level ist neben den 700 neuen Wortern der wichtigste Teil bei der Revision von BAWL zu BAWL-R und wird fur diese Hausarbeit zentral sein (vgl. Vo et al. 2009: 534). Konkret bedeutet diese Zusammensetzung der Datei fur ein exemplarisches Beispielwort wie Embargo eine negative Valenz von -1,7, ein Arousal-Level von 3,22 und eine Imagea­bility von 3,33. Zum Vergleich zu diesem abstrakten und negativ belasteten Wort wurde Esel mit einer Valenz von 1,05, einem Arousal-Level von 2,73 und einer hohen Imageability von 6,18 eingestuft.

Uber die Grunde fur die jeweiligen Einstufungen kann immer diskutiert werden - im kon- kreten Beispiel ist der Esel als reales, greifbares Lebewesen sehr gut visuell vorstellbar und erzielt daher ein hohes Rating auf der Imageability-Skala, wahrend folglich das abstrakte Embargo deutlich niedriger punktet. Die Valenz des Embargos erklart sich durch die nega­tive Konnotation des Begriffs, der jedoch als pazifistisches Mittel der Diplomatie nicht mit Wortern wie Krieg gleichzusetzen und somit nicht im hochst negativen Bereich zu finden ist. Das Arousal-Level und somit die emotionale Aufladung der Begriffe irritiert zunachst, da ein Esel wohl fur die wenigsten Menschen eine besonders aufregende Sache ist, jedoch muss hierbei berucksichtigt werden, dass Vergleiche mit Eseln im Volksmund auch zur Be- leidigung eingesetzt werden und somit den Durchschnittswert verzerren konnen.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Emotionalisierende Sprache in Zeitungen
Untertitel
Inwiefern eignet sich die Berlin Affective Word List Reloaded für einen Nachweis der Unterschiede zwischen BILD-Zeitung und anderen deutschen Zeitungen?
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
18
Katalognummer
V1245139
ISBN (eBook)
9783346670922
ISBN (Buch)
9783346670939
Sprache
Deutsch
Schlagworte
emotionalisierende, sprache, zeitungen, inwiefern, berlin, affective, word, list, reloaded, nachweis, unterschiede, bild-zeitung
Arbeit zitieren
Mitja Polacek (Autor:in), 2022, Emotionalisierende Sprache in Zeitungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1245139

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