Das europäische Emissionshandelssystem und sein Beitrag zu langfristigen Klimaschutzzielen


Mémoire (de fin d'études), 2005

168 Pages, Note: sehr gut


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der anthropogene Einfluss auf das Klimasystem
2.1 Das Klimasystem der Erde
2.2 Kohlenstoffkreislauf
2.2.1 Atmosphäre
2.2.2 Biosphäre
2.2.3 Hydrosphäre
2.2.4 Lithosphäre
2.3 Das Klimasystem unter anthropogenem Einfluss
2.3.1 Der anthropogene Treibhauseffekt
2.3.2 Auswirkungen des anthropogenen Einflusses auf das Klimasystem
2.4 Stabilisierung der CO2-Konzentration.
2.4.1 Anthropogene Kohlenstoff-Flüsse
2.4.2 Erste verpflichtende Schritte in der globalen Klimapolitik - Die Klimarahmenkonvention
2.4.3 Szenarien
2.5 Zusammenfassung

3 Emissionsentwicklung, Klimaschutzziele und Emissionshandel
3.1 Klimaschutzziele
3.1.1 Kurzfristige Klimaschutzziele (bis 2012)
3.1.2 Zwischenbilanz: Emissionsentwicklungen der EU und Deutschlands im Zeitraum 1990 bis 2000/02
3.1.3 Langfristige Klimaschutzziele (nach 2012)
3.2 Emissionshandel in der EU und in Deutschland vor dem Hintergrund des Kyoto- Protokolls
3.2.1 Theorie des Emissionshandels und der projektbezogenen Mechanismen Joint Implementation und Clean Development Mechanism
3.2.2 Rahmenbedingungen des globalen Emissionshandels
3.2.3 Rahmenbedingungen des europäischen Emissionshandels
3.2.4 Rahmenbedingungen des Emissionshandels in Deutschland
3.3 Zusammenfassung

4 Rahmendaten der Klimaschutzziele und des Emissionshandels
4.1 Bewertung der Ziele hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Klimaschutz
4.1.1 Beschreibung der Szenariendaten
4.1.2 Bewertung der Ziele
4.2 Abdeckungsrate des Emissionshandels
4.3 Pro-Kopf-Emissionen
4.4 Emissionsintensitäten
4.5 Anteil des CO2 an den Gesamtemissionen
4.6 Zusammenfassung

5 Entwicklungen der Klimaschutzziele und des europäischen Emissionshandels
5.1 Langfristige Klimaschutzziele
5.2 Folgen der EU-Osterweiterung 2004
5.3 Einbezug weiterer Sektoren: Verkehr und private Haushalte
5.4 Einbezug weiterer Treibhausgase

6 Folgen für die praktische Ausgestaltung des Emissionshandels
6.1 (Primär-)Allokation
6.2 Sonderregelungen
6.3 Banking und Borrowing
6.4 Einbezug weiterer Treibhausgase
6.5 Teilnehmer
6.6 Kontroll- und Sanktionsmechanismen
6.7 Joint Implementation und Clean Development Mechanism
6.8 Zusammenfassung

7 Schlußfolgerungen

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Das Klimasystem und seine Subsysteme, aus DLR (2004)

Abbildung 3: Der globale Kohlenstoffkreislauf: Schema der Kohlenstoffvorräte und -flüsse im globalen Maßstab, nach WBGU (2003a)

Abbildung 4: Schematische Darstellung der SRES-Szenarien, aus IPCC (2001b)

Abbildung 5: Globale Energie- und Industrie-CO2-Emissionen in der historischen Entwicklung von 1900 bis 1990 und der Verlauf der 40 SRES-Szenarien von 1990 bis 2100, aus IPCC (2001b)

Abbildung 6:Die 76 Post-SRES-Stabilisierungsszenarien der globalen CO2-Emissionen, welche aus dem Verbrauch fossiler Energieträger entstehen, aus IPCC (2001b)

Abbildung 7: Die Lastenverteilung der EU-Mitgliedsstaaten, Datenquelle: EEA (2004a)

Abbildung 8: Emissionsentwicklungen zwischen dem Basisjahr und 2001 in den EU-15- Staaten im Vergleich zu ihren Verpflichtungen nach der Lastenteilungsvereinbarung, Datenquelle: EU-KOMMISSION (2003b)

Abbildung 9: Prozentuale Änderungen der Treibhausgasemissionen der EU-15 nach Sektoren zwischen 1990 und 2000, nach EEA (2004b)

Abbildung 10: Verursacher von Treibhausgasemissionen nach Sekrtoren für das Jahr 2002 in Prozent, nach EEA (2004b)

Abbildung 11:Prozentuale Änderungen der CO2-Emissionen Deutschlands nach Sektoren zwischen 1990 und 2002, Datenquelle: ZIESING (2001), ZIESING (2003)

Abbildung 12: Energiebedingte CO2-Emissionen in Deutschland aufgeteilt in Sektoren von 1990 bis 2000 in Prozent, Datenquelle: ZIESING (2001)

Abbildung 13: Die "flexiblen Mechanismen" nach der Klimarahmenkonvention und dem Kyoto-Protokoll, nach SCHAFHAUSEN (2003)

Abbildung 14: Preise und Handelsvolumen der EU-Emissionsrechte im April 2005, aus EEX (2005a)

Abbildung 15: Preise und Handelsvolumen der EU-Emissionsrechte Anfang Mai 2005, aus EEX (2005a)

Abbildung 16: Schematische Darstellung der Aufteilung des nationalen Emissionsbudgets im Rahmen des Makroplans, nach BMU (2004a)

Abbildung 17: Zuteilung der Emissionsbudgets nach dem deutschen NAP, Datenquelle: BMU (2004a)

Abbildung 18: Zuteilungsmenge nach Tätigkeiten (in Mio. Emissionsberechtigungen), aus UBA und DEHST (2004)

Abbildung 19: Emissionspfade für das A1-, A1/S450-, B1-, B1/S450-Szenraio, Datenquelle: GHG EMISISONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abbildung 20: Emissionen der Referenz- und Stabilisierungsszenarien und deren Differenzen a) A1 und A1/S450-Szenarien, b) B1 und B1/S450-Szenarien, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abbildung 21: Emissionsreduktionen durch Erreichen kurz- und langfristiger Klimaschutzziele für EU-15 und EU-25 im Vergleich, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005), EEA (2004c), GOVERNMENT UK (2005), BLAIR und PERSSON (2004), SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (2002)

Abbildung 22: Emissionen aller "Kyoto-Gase" der EU-15- und EU-25-Staaten im Vergleich zu den weltweiten Emissionen im Jahr 2000, Datenquelle: WRI (2005)

Abbildung 23: Vorschläge für Emissionsreduktionsziele der EU-25 von Großbritannien, Großbritannien und Schweden sowie Deutschland verglichen mit den Reduktionen, die für ein Erreichen des 450 ppmv-Stabilisierungsniveaus für die Szenarien A1 und B1 vonnöten wären, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abbildung 24: Vorschläge zur globalen Emissionsreduktion des WBGU und Frankreichs verglichen mit für das 450 ppmv-Stabilisierungsziel zu erbringenden Reduktionen, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abbildung 25: Emissionen des Jahres 2002 der EU-25 und EUU-15-15 verglichen mit verschiedenen Annahmen bezüglich der prozentualen Erfassung von Emissionen durch ein Emissionshandelssystem, Datenquelle: EEA (2004c)

Abbildung 26: Anteil der CO2-Emissionen der vom Emissionshandel erfassten Anlagen an den Gesamt-CO2-Emissionen des Landes, Datenquelle: GILBERT et al. (2004)

Abbildung 27: Im NAP festgeschriebene CO2-Emissionsbudgets für die Sektoren Energie und Industrie, andere Sektoren (Gewerbe, Handel Dienstleistungen, Verkehr und Haushalte) und vom Emissionshandel erfasste Anlagen, Datenquelle: BMU (2004a)

Abbildung 28: Vergleich der (a) Emissionen, (b) des Bevölkerungswachstums und der (c) Pro-Kopf-Emissionen für die Regionen EU-25, EU-15 und EU-10 im Zeitraum 1990 bis 2000, Datenquelle: EEA (2004c), EUROSTAT (2005b)

Abbildung 29: :a) CO2-Emissionsentwicklung der EU-25, EU-15 und EU-10 zwischen 1990 und 2000 in Prozent, b) Bevölkerungsentwicklung der EU-25, EU-15 und EU-10 von 1990 bis 2000 in Prozent, c) Entwicklung der Pro-Kopf-Emissionen der EU-25, EU-15 und EU-10 zwischen 1990 und 2000 in Prozent, Datenquelle: EEA 2004c, EUROSTAT (2005b)

Abbildung 30: Vergleich der (a) Emissionen, (b) der Bruttoinlandsproduktsdaten und (c) der Emissionsintensitäten für die Regionen EU-25, EU-15 und EU-10 im Zeitraum 1995 bis 2002, Datenquelle: EEA (2004c), EUROSTAT (2005)

Abbildung 31: a) CO2-Emissionsentwicklung in den EU-25, EU-15 und EU-10 im Zeitraum 1995 bis 2002 in Prozent, b) Entwicklung des BIP innerhalb der EU-25, EU-15 und EU-10 für den Zeitraum 1995 bis 2002 in Prozent, c) Entwicklung der CO2- Emissionsintensitäten für die EU-25, EU-15 und EU-10 von 1990 bis 2002 in Prozent, Datenquelle: EEA (2004c), EUROSTAT (2005)

Abbildung 32: a) Absolute Emissionsmengen an CO2, CH4, N2O und Gesamt-THG der EU- 15, b) Prozentualer Anteil der CO2-Emissionen an den Gesamt-THG-Emissionen der EU-15, Datenquelle: EEA (2004c)

Abbildung 33: a) Absolute Emissionsmengen an CO2, CH4, N2O und Gesamt-THG der EU- 10, b) Prozentualer Anzahl der CO2-Emissionen an den Gesamt-THG-Emissionen der EU-10, Datenquelle: EEA (2004c)

Abbildung 34: Emissionen von CO2, CH4, N2O und deren Summen in absoluten Werten für das a) A1-Szenario, b) A1/S450-Szenario, c) B1-Szenario und d) B1/S450-Szenario, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abbildung 35: Prozentualer Anteil der CO2-Emissionen an den Gesamt-THG-Emissionen für das a) A1-Szenario, b) A1/S450-Szenario, c) B1-Szenario und d) B1/S450- Szenario, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIO DATABASE (2005)

Abbildung 36: Pro-Kopf-Emissionen der EU-10 im Jahr 2000, Datenquelle: OECD (2005)

Abbildung 37: Pro-Kopf-Emissionen der EU-15 in den Jahren 1985, 1990 und 1994 im Vergleich, Datenquelle: EEA (1999)

Abbildung A-1: Pro-Kopf-Emissionen von China, Indien, Deutschland, USA, Australien, Brasilien und Zimbabwe im Vergleich, Datenquelle: UN (2005b)

Abbildung A-2: a) Emissionen Deutschlands, b) Bevölkerung Deutschlands, c) Emissionen pro Kopf Deutschlands, d) Pro-Kopf-Emissionen der EU-25, EU-15 und Deutschlands im Vergleich, Datenquelle: EEA (2004c), DESTATIS (2005a), EUROSTAT (2005b)

Abbildung A-3: : a) Emissionen Deutschland, b) Bruttoinlandsprodukt Deutschlands, c) Emissionsintensitäten, d) Emissionsintensitäten der EU-25, EU-15 und Deutschlands im Vergleich, Datenquelle: EEA (2004c), DESTATIS (2005b), EUROSTAT (2005b)

Abbildung A-4: a) Absolute Emissionsmengen an CO2, CH4, N2O und Gesamt-THG Deutschlands, b) Prozentualer Anteil der CO2-Emissionen an den Gesamt-THG- Emissionen Deutschlands, Datenquelle: EEA (2004c)

Abbildung A-5: CO2-Emissionen der EU, Deutschlands, Japans, Russlands, der USA, In- diens und Chinas in Mio. t CO2 im Vergleich, Datenquelle: UNFCCC (2005b)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die terrestrische Kohlenstoffspeicherung in Vegetation und Boden, Datenquelle: WBGU (1998)

Tabelle 2: Langlebige anthropogene Treibhausgase, nach IPCC (2001a)

Tabelle 3: Vergleich globaler CO2-Budgets, nach IPCC (2001a)

Tabelle 4: Im Kyoto-Protokoll bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 festgelegte Reduktionsziele in Bezug zum Basisjahr, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005), EEA (2004c)

Tabelle 5: Anteilsmäßige Verteilung der CO2-Emissionen der EU-15 des Jahres 2001 bezogen auf Verursachersektoren und relative Veränderungen gegenüber 1990 in Prozent, Datenquelle: EEA (2003b)

Tabelle 6: Emissionsentwicklung im Deutschland von 1990 bis 2000, Datenquelle: BUNDESREGIERUNG (2002b)

Tabelle 7: Langfristige Klimaschutzziele jeweils bezogen auf das Bausjahr 1990 – mit Ausnahme des britischen Ziels, Datenquelle: WBGU (2003a), GOVERNMENT UK (2005), BLAIR und PERSSON (2004), GERMANWATCH (2005b), SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (2002)

Tabelle 8: Anteil an der Erreichung des 450 ppmv-Stabilisierungsziels durch die langfristigen Klimaschutzziele für die EU-25 in Prozent, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Tabelle 9: Anteil an der Erreichung des 450 ppmv-Stabilisierungsziels durch die langfristigenglobalen Klimaschutzziele Frankreichs und des WBGU in Prozent, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Tabelle 10: Pro-Kopf-Emissionen der EU-15 und EU-25 bei Erreichen langfristiger Klimaschutzziele Datenquelle: EEA (2004c), UN (2005a)

Tabelle 11: Struktur des Primärenergieverbrauchs der EU-10 und EU-15 im Jahr 2000 (nach DNK 2003)

Tabelle 12: Zahlen nach Abschluss der Zuteilung, nach SCHAFHAUSEN (2005)

Tabelle A-1: Anteil an der Erreichung des 450 ppmv-Stabilisierungsziels durch die langfristigen Klimaschutzziele für die EU-15 in Prozent, Datenquelle: GHG EMISSIONS SCENARIOS DATABASE (2005)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Durch die russische Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls im November 2004 kam wieder Bewegung in die politische Debatte um den globalen Klimaschutz. Die Verhandlungen waren stagniert, nachdem die USA 2001 ihren Plan zur Ratifizierung des Protokolls zu- rückgezogen hatte. Sogar von einem Scheitern der Klimaverhandlungen war die Rede (SACHS 2001). Schließlich konnte das Kyoto-Protokoll am 16. Februar 2005 in Kraft tre- ten. Durch die russische Ratifizierung wurde die zum In-Kraft-Treten zu überschreitende Grenze von 55 Staaten, welche zusammen mehr als 55 % der Treibhausgasemissionen des Jahres 1990 der Industrieländer verursachen, überschritten worden (RAHMEYER 2004). Im Mai 2005 fand das 22. Treffen der Subsidiary Bodies, Unterorganen der Ver- tragsstaatenkonferenzen der Klimarahmenkonvention, in Bonn statt. Diese sollen die im Dezember diesen Jahres anstehende 11. Vertragsstaatenkonferenz vorbereiten. Dabei wurden Maßnamen zur Emissionsreduktion und solche zur Anpassung an den Klimawan- del diskutiert (UNFCCC 2005a). Aufgrund der Ablehnung der USA und Saudi-Arabiens wurde noch nicht über langfristige, über das Jahr 2012 hinausgehende Klimaschutzziele beratschlagt (BROUNS et al. 2004). Dessen ungeachtet muss nach dem Kyoto-Protokoll noch in diesem Jahr mit der Besprechung neuer, langfristiger Klimaschutzziele begonnen werden (UN 1997). In der Studie „ International Climate Effects beyond 2012: A survey of approaches “ (BODANSKY et al. 2004) wird auf die Vielzahl der Ansätze von globalen Kli- maschutzzielen eingegangen. Auf europäischer Ebene wurde u. a. durch eine Informati- onsplattform und ein Diskussionsforum mit der Meinungsbildung und –befragung zu die- sem Thema begonnen (EU 2005a, EU 2005b). In Deutschland wurde die Studie „ Options for the second commitment period of the Kyoto Protocol “ veröffentlicht, welche sich mit demselben Thema beschäftigt (HÖHNE et al. 2005). Die Literatur sowohl zum Thema „Langfristige Klimaschutzziele“ als auch „Emissionshandel“ ist sehr umfassend. Aus die- sem Grund können an dieser Stelle lediglich einige Beispiele erwähnt werden.

Der Emissionshandel „gilt grundsätzlich als effizientes Instrument, um ein vorgegebenes Reduktionsziel kostenminimal zu erreichen“ (KLEMMER et al. 2002). Praktische Anwen- dung fand er bis jetzt nur im regionalen Bereich z. B. im RECLAIM-Projekt in Kalifornien und im nationalen Bereich wie in Dänemark und Großbritannien (MEZ und PIENING 2000). Bevor der Emissionshandel im Jahr 2008 weltweit in Kraft tritt, kommt der Einfüh- rung des europäischen Systems zum 1. Januar 2005 als Versuch der Implementierung eines Emissionshandelssystems auf einem so großen und komplexen Niveau eine zentrale Bedeutung zu. Aus diesem Grund wird er auch als „ New Grand Policy Experiment “ be- zeichnet (KRUGER und PIZER 2004).

Ziel dieser Arbeit ist die Erörterung der Frage, ob die bereits vorliegenden langfristigen Klimaschutzziele geeignet sind, eine Stabilisierung der Treibhausgasemissionen auf ei- nem Niveau zu erreichen, auf dem die „Klimafolgen tolerabel sind“ (WBGU 2003a) und inwiefern das europäische Emissionshandelssystem als klimapolitisches Instrument dazu geeignet ist, zur Zielerreichung beizutragen.

Dazu werden folgende Teilaspekte bearbeitet (Abb. 1):

- Der Einfluss, den der Kohlenstoff auf das Klimasystem der Erde ausübt, wird dar- gestellt (Kap. 2).
- Die kurz- und langfristigen Klimaschutzziele werden beschrieben, ebenso wie die Funktionsweise und Ausgestaltung des Emissionshandels auf globaler, europäi- scher und deutscher Ebene (Kap. 3).
- Die langfristigen Klimaschutzziele werden mit den in Stabilisierungsszenarien er- rechneten nötigen Emissionsreduktionen verglichen, um diese auf ihre Zielerrei- chung und Wirksamkeit bezüglich des Klimaschutzes zu untersuchen (Kap. 4.1).
- Der Einfluss und die Ausgestaltung des Emissionshandelssystems werden durch folgende Indikatoren untersucht:

- Mit Hilfe der Darstellung der Abdeckungsrate wird gezeigt, welche Sektoren vom europäischen Emissionshandel betroffen sind und wie viele Emissio- nen durch das System erfasst werden (Kap. 4.2).
- Durch die Pro-Kopf-Emissionen können die Emissionen verschiedener Län- der miteinander vergleichbar gemacht werden. In dieser Arbeit wird ein besonderes Augenmerk auf die Gegenüberstellung zwischen den „alten“ EU-15 und den Beitrittsstaaten des Jahres 2004 (EU-10) liegen. Da die Ei- nigung auf gleiche weltweite Pro-Kopf-Emissionen, der so genannte „Ver- ringerung und Konvergenz“-Ansatz, ebenfalls im Rahmen langfristiger Kli- maschutzziele diskutiert und hier speziell von den Entwicklungsländern fa- vorisiert wird (WBGU 2003a), wird ebenfalls analysiert, auf welche Pro- Kopf-Emissionen die EU bei den gegebenen Klimaschutzzielen zusteuert (Kap. 4.3).
- Es wird weiterhin geprüft, wie groß der Anteil an Kohlendioxid an den Ge- samttreibhausgasen ist und was somit eine Beschränkung auf das Gas Kohlendioxid für das Emissionshandelssystem bedeutet. (Kap. 4.5)
- Mittels des Vergleichs der Emissionsintensitäten der EU-15 und der EU-10 wird geprüft, in welchen Bereichen kostengünstige Emissionsreduktionen und damit potentiell zu verkaufende Zertifikate für den Emissionshandel auftreten (Kap. 4.4) .

In Kapitel 5 wird anschließend auf die Folgen dieser Aspekte für die Zielfindung und das europäische Emissionshandelssytem eingegangen, um danach Vorschläge zur Weiterent- wicklung dessen darzulegen. Da diese Arbeit parallel zur Einführung des Emissionshan- delssystems in der EU geschrieben wurde, ist es möglich, dass aktuelle Teilaspekte keine

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

2 Der anthropogene Einfluss auf das Klimasystem

Im folgenden Kapitel sollen die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels dargestellt werden. Aus diesem Grund wird das Klimasystem der Erde, welches sich aus den Komponenten Atmosphäre Biosphäre, Hydrosphäre, Kryosphäre und Lithosphäre zusammensetzt, vorgestellt. Diese Komponenten sind miteinander verbunden und beein- flussen sich gegenseitig. Gleiches gilt für den Kohlenstoffkreislauf, auf den aufgrund des großen Einflusses von CO2 auf den Klimawandel gesondert eingegangen wird. Der stei- gende und gefährliche Einfluss des Menschen auf das natürliche Klimasystem und den Stoffkreislauf des Kohlenstoffs, sowie die damit einhergehenden Folgen, werden an- schließend aufgezeigt. Nachdem die Erkenntnis gewonnen wurde, dass der Mensch u. a. durch den massiven Ausstoß von Treibhausgasen für den Klimawandel und die damit ein- hergehenden negativen Effekte (mit) verantwortlich ist, wurde begonnen, nach Lösungs- möglichkeiten zu suchen. Zu diesem Zweck wurden Szenarien entwickelt, die Stabilisie- rungen der (CO2-)Konzentrationen bei unterschiedlichen Niveaus unter unterschiedlichen Bedingungen aufzeigen.

2.1 Das Klimasystem der Erde

Aufgrund der großen Spezialisierung je nach fachlicher Ausrichtung kann die Definition von Klima jeweils sehr unterschiedlich sein. Im Rahmen dieser Arbeit werden die folgen- den Klimadefinitionen verwendet. „Unter Klima verstehen wir den mittleren Zustand und gewöhnlichen Verlauf der Witterung an einem gegebenen Orte. Eine doppelte Abstraktion ist es, die uns zum Begriff des Klimas führt, nämlich eine Zusammenfassung einerseits der einzelnen wechselnden Witterungen, andererseits der einzelnen meteorologischen Elemente zu einem Gesamtbilde.“ (KÖPPEN 1936). BLÜTHGEN und WEISCHET (1980) definieren Klima als “für einen Ort, eine Landschaft oder einen größeren Raum typische Zusammenfassung der erdnahen und die Erdoberfläche beeinflussenden atmosphärischen Zustände und Witterungsvorgänge während eines längeren Zeitraumes in charakteristi- scher Verteilung der häufigsten, mittleren und extremen Werte“. Das Klimasystem, wel- ches in Abbildung 2 dargestellt wird, ergibt sich nach FLEMMING et al. (1991) „aus dem Zusammenwirken der Klimafaktoren unter Berücksichtigung der Vielfalt möglicher Wech- selwirkungen und Rückkopplungen. Es ist ein räumlich begrenztes System, das durch physikalische Variablen wie Volumen, innere Energie, Masse der verschiedenen Kompo- nenten, Drehimpulse u. a. bestimmt wird“. SCHÖNWIESE (2003) bezeichnet das Klima- system als „Träger der Klimaprozesse und somit von Klimazuständen und Klimaänderun- gen". Die in dem System ablaufenden Wechselwirkungen zwischen und innerhalb der Komponenten dieses Systems führen dabei zu den in der Atmosphäre beobachteten Phä- nomenen. Das System ist ein geschlossenes und besitzt für den Stoffaustausch in der Regel undurchlässige Grenzen. Lediglich die Komponenten des Klimasystems, d. h. die Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre, Kryosphäre und Lithosphäre, sind offene Systeme, in welchen Masse und Energie ausgetauscht werden. Der Transport von Wärme, Masse und Impuls erfolgt dabei in den unterschiedlichsten räumlichen und zeitlichen Maßstäben (FLEMMING et al. 1991). Das Klimasystem zeichnet sich nicht nur durch interne Wech- selwirkungen aus, sondern unterliegt auch externen Einflüssen, welche sowohl terrestri- scher, als auch extra-terrestrischer Natur sein können (SCHÖNWIESE 2003). Der primäre externe Faktor ist der elektromagnetische Strahlungsstrom der Sonne, welcher die Erde mit Energie versorgt. Der dadurch entstehende, stark unterschiedliche Energieeintrag ist Hauptverursacher thermohydrodynamischer Prozesse. Weitere externe Faktoren sind die Gestalt der Erde, ihre Rotation, ihre Umlaufparameter, die Gravitation und der Vulkanis- mus (FLEMMING et al. 1991). Auch der anthropogene Einfluss wird als externer Faktor eingeordnet (vgl. Kap. 2.3). Die zwischen den einzelnen Komponenten bestehenden Rückkopplungen können Störungen verstärken (positive Rückkopplungen) oder wieder ausgleichen und zum verschwinden bringen (negative Rückkopplungen).

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Abbildung 2: Das Klimasystem und seine Subsysteme, aus DLR (2004).

Die Atmosphäre weist von allen Komponenten des Klimasystems die größte Variabilität in Raum und Zeit auf. Durch die unterschiedlich starke Einstrahlung der Sonne, welche ab- hängig ist von der geographischen Breite, der Jahres- und der Tageszeit, ergeben sich kalte und warme Zonen. Diese bedingen Luftdruckunterschiede, die zusammen mit der Erddrehung Ursache für die Ausbildung eines globalen atmosphärischen Zirkulationssys- tems sind, welches im Mittel Energie von den tropischen in die höheren Breiten transpor- tiert (IPCC 2001a).

Die Hydrosphäre beinhaltet das gesamte Wasser, welches sich in flüssiger Form auf der Erde befindet, d. h. Ozeane, Flüsse, Seen, Boden- und Grundwasser. Für das Klimasys- tem sind dabei besonders die Ozeane von großer Bedeutung. Diese absorbieren und re- flektieren die solare Einstrahlung je nach geographischer Breite in unterschiedlichem Ma- ße. Die so entstehenden Unterschiede in der Energieaufnahme und im Salzgehalt, welche auch von der Atmosphäre und der Kryosphäre abhängig sind, bedingen Dichteunterschie- de im Ozean. Hinzu kommt die Einwirkung der atmosphärischen Zirkulation, so dass ein großräumiges Strömungssystem – die thermohaline Zirkulation – entsteht, welche wie die atmosphärische Zirkulation Einstrahlungsgegensätze ausgleicht (IPCC 2001a). Diese ist um einiges träger als die atmosphärische Zirkulation. Der Ozean besitzt eine größere Wärmekapazität als die Atmosphäre, d. h. es wird viel Wärmeenergie benötigt, um die- sen zu erwärmen. Die hohe Wärmekapazität der Ozeane macht diese relativ unempfind- lich gegenüber sehr kurzen Temperaturschwankungen in der Atmosphäre. Durch diesen „Puffer“ wirken die Ozeane dämpfend auf das Klimasystem. Die beiden Subsysteme At- mosphäre und Hydrosphäre sind besonders stark aneinander gekoppelt. So tauschen sie nicht nur Energie aus, sondern auch Wasser, welches verdunstet und so dem Ozean Süßwasser entzieht. Dadurch wird der Salzgehalt der Ozeane und damit die Dichte er- höht. In der Atmosphäre steigen der Wasserdampfgehalt und die Niederschlagsneigung (IPCC 2001a). Über 80 % des Wasserdampfgehaltes der Atmosphäre stammen aus der ozeanischen Verdunstung. Somit ist diese eine der Hauptantriebskräfte des globalen Wasserkreislaufs. Auf der anderen Seite wirkt die Atmosphäre durch Wind auf den Ozean ein, welcher die Oberflächenströmung des Ozeans antreibt und für Wirbelbildung und eine Durchmischung der Schichten sorgt.

Eisschilde, Gebirgsgletscher, Meereis, Schneefelder und die Regionen des ewigen Frost- bodens bilden zusammen die Kryosphäre. Die besondere Bedeutung für das Klimasystem liegt in der Beeinflussung des globalen Strahlungshaushaltes begründet. Eis und Schnee besitzen allgemein eine relativ hohe Albedo, so dass der Energieverlust in Richtung Welt- raum erhöht ist. Durch die hervorgerufene Abkühlung tritt ein positiver Rückkopplungsef- fekt auf, d. h. es bildet sich mehr Eis und Schnee, die Reflexion verstärkt sich und damit die Abkühlung. Wenn wenig Eis und Schnee vorliegen, tritt im Gegensatz dazu eine nega- tive Rückkopplung auf. Eis- und Schneemassen wirken außerdem als thermische Isolato- ren für darunter liegende Boden- und Wasserschichten. Vermindern bzw. erhöhen sich globale Eis- und Schneemassen, so verändert sich dadurch der Meeresspiegel und da- durch die Land-Meer-Verteilung. Den Ozeanen wird durch die Bildung von Eis Süßwasser entzogen, wodurch sich der Salzgehalt und die Dichte des übrig bleibenden Wassers er- höhen. Dies besitzt einen wichtigen Einfluss auf die thermohaline Zirkulation (IPCC 2001a).

Die Lithosphäre umfasst die Kontinente mit ihrem Relief und die Ozeanböden. Die Land- massen besitzen eine geringere Wärmekapazität als die Ozeane und sind von allen Kom- ponenten mit 106 Jahren die Komponente mit der größten Zeitkonstante. Vor allem auf- grund dieser thermischen Eigenschaften ist die Land-Meer-Verteilung für das Klimasys- tem bedeutsam. Die Lithosphäre zeichnet sich außerdem durch ausgeprägte Wechselwir- kungen mit der Atmosphäre aus, indem Masse, Wärme, Drehimpuls und kinetische Ener- gie ausgetauscht werden (FLEMMING et al. 1991). Die Topographie von Kontinenten und Ozeanböden hat Einfluss auf die atmosphärische Zirkulation und die der Ozeane. Li- thosphäre und Pedosphäre beeinflussen direkt durch die Oberflächenbeschaffenheit und indirekt durch die terrestrische Vegetation die Albedo. Zudem ist der Boden ein wichtiger Wasserspeicher. Auch Vulkanausbrüche und die damit in die Stratosphäre geschleuderten Gase und Partikel wirken stark auf das Klimasystem ein.

Die Biosphäre wiederum beeinflusst die Albedo, die Oberflächenrauhigkeit und damit die atmosphärische Zirkulation (FLEMMING et al. 1991). Von großer Bedeutung ist dabei der Einfluss auf die chemischen Prozesse in der Atmosphäre durch Respiration und Photosyn- these.

2.2 Kohlenstoffkreislauf

Langfristige Vorhersagen über die zukünftigen Klimaveränderungen können erst getroffen werden, wenn die komplexen Vorgänge zwischen den unterschiedlichen Prozessen, die mit dem Wandel des Klimas zusammenhängen, verstanden werden. Dazu ist eine globale Bilanzierung der Reservoirs und Stoffflüsse der für den Treibhauseffekt relevanten Spu- rengase erforderlich.

Das Augenmerk wird in dieser Arbeit hauptsächlich auf Kohlendioxid(CO2)-Emissionen liegen, da die energie- und industriebedingten CO2-Emissionen mit ca. 60 % den Haupt- teil zum anthropogenen Treibhauseffekt und dem damit zusammenhängenden Klimawan- del beitragen (GASSMANN 1994). Diese Emissionen können zudem sehr viel genauer gemessen und hochgerechnet werden, als diejenigen Emissionen anderer Treibhausgase, wie etwa Methan (CH4), Lachgas (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), perfluorierte Fluor- kohlenwasserstoffe (FKW), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) oder als E- missionen aus Landnutzungsänderungen. Im Folgenden wird aus diesen Gründen nur der Kohlenstoffkreislauf näher beschrieben.

Für das Erdsystem spielt der Kohlenstoffkreislauf eine zentrale Rolle. Er ist sowohl un- trennbar mit dem Klima, den Nährstoffkreisläufen und dem Wasserkreislauf, als auch mit der Produktion von Biomasse durch Photosynthese an Land und in den Meeren verbun- den (VALENTINI et al. 2003). Dieses System bildet durch die Produktion von Nahrung die Grundlage für das gesamte Tierreich und den Menschen. Grundsätzlich ist die Struktur des Kohlenstoffkreislaufs festgelegt durch die sich zwischen unterschiedlichen Kohlen- stoffreservoirs bewegenden Kohlenstoffströme.

In Anlehnung an das Global Carbon Project (GCP 2003) sind diese Reservoirs:

- die Atmosphäre, in der hauptsächlich CO2 vorkommt,
- die Ozeane, in denen Kohlenstoff im Oberflächenwasser, im mittleren und tiefen Wasser und im marinen Sediment vorliegt,
- die terrestrischen Ökosysteme, in denen Kohlenstoff in der Vegetation, dem toten organischen Material und dem Boden gebunden ist,
- die Flüsse und
- der fossile Kohlenstoff, welcher durch den Menschen wieder in den Kreislauf ein- gebracht wird.

Die Kohlenstoff-Flüsse, wie auch der Gehalt an Kohlenstoff in den unterschiedlichen Re- servoirs, weisen eine große zeitliche und räumliche Variabilität auf und spiegeln somit die Dynamik der Natur und der menschlichen Aktivität wider. Aufgrund der Komplexität des Systems ist es nicht immer möglich, eine klare Trennung zwischen den Reservoirs einzu- halten. Die globalen Flüsse und Vorräte des Kohlenstoffs werden in Abbildung 3 schema- tisch dargestellt.

Das Element Kohlenstoff weist eine molekulare Tetraederstruktur auf und ist deshalb sehr bindungsfähig (RÜHLE und PRIEGNITZ 2002). In der Natur kommt Kohlenstoff ent- weder in reiner Form als Diamant, Graphit, Ruß oder Kohle vor oder in Form von Verbin- dungen wie Erdöl und Erdgas. Zudem enthalten einige Mineralien, wie Karbonate, Kalk- stein, Gips, Dolomite und Marmor Kohlenstoff. Schätzungsweise 0,03 % der Erdkruste sind aus diesem Element (MORTIMER und MÜLLER 2003). Alle Pflanzen und lebenden Tiere bestehen aus komplizierten organischen Verbindungen, in denen Kohlenstoff mit Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und anderen Elementen kombiniert ist. Die Zahl der Kohlenstoffverbindungen übersteigt bei weitem die Zahl der Verbindungen von jedem anderen Element mit Ausnahme des Wasserstoffs. Insgesamt sind 10mal mehr Kohlen- stoff-Verbindungen bekannt als kohlenstofffreie (MORTIMER und MÜLLER 2003).

In der Gasphase kommt Kohlenstoff hauptsächlich in Form von Kohlendioxid (CO2), Koh- lenmonoxid (CO), Methan (CH4), flüchtigen organischen Kohlenstoffverbindungen und halogenierten Kohlenwasserstoffen vor, wobei CO2 und CH4 die beiden Treibhaus- wirksamsten Gase sind (vgl. Kap. 2.3.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Der globale Kohlenstoffkreislauf: Schema der Kohlenstoffvorräte und -flüsse im globa- len Maßstab. Werte für die Vorräte in Gt C (fett). Mittlere Flüsse in Gt C pro Jahr. Zeitangaben in Klammern. Der Fluss in die Böden beträgt etwa 1,5 Gt pro Jahr. DOC = gelöster organischer Koh- lenstoff, DIC = gelöster anorganischer Kohlenstoff, nach WBGU (2003a).

Kohlendioxid entsteht bei der vollständigen Verbrennung von Kohlenstoff und kohlen- stoffhaltigen Verbindungen, wie fossilen Energieträgern und Holz und bei der Atmung. Methan wird bei der Zersetzung von organischem Material unter Luftabschluss produziert. Beispiele dafür sind nach CANSIER (1991):

- Reisanbau auf Nassfeldern,
- Großviehzucht,
- Mülldeponien und
- die Verbrennung von Biomasse.

2.2.1 Atmosphäre

Das vor ca. 4,5 Milliarden Jahren bei der Erdentstehung aus dem Erdinnern entwichene CO2 wurde zum größten Teil durch die Ozeane absorbiert und als Calciumcarbonat (Ca- CO3) festgelegt (MILLER und UREY 1959). Methan, Wasserstoff, Wasser und Ammoniak blieben in der Uratmosphäre als deren Hauptbestandteile zurück. Eine Steigerung des Kohlenstoff-Umsatzes innerhalb der Atmosphäre kam erst durch die Entwicklung leben- der Organismen und den in ihnen ablaufenden Gärungs- und Kalkbildungsprozessen zu- stande. Besonders wichtig jedoch war die Entstehung von Photosyntheseprozessen, bei denen CO2 verbraucht und Sauerstoff gebildet wird. Da durch die Photosynthese nun ge- nügend Sauerstoff in der Atmosphäre zur Verfügung stand, konnten auch Sauerstoff verbrauchende Prozesse, wie die Atmung verstärkt stattfinden. Augenblicklich sind Vul- kane für die Atmosphäre die wichtigsten (geochemischen) Quellen von Spurengasen, wie z. B. CO2, CH4 und CO (HOBBS 2000).

Die Erdatmosphäre besitzt folgende Zusammensetzung (MALBERG 2002):

- Stickstoff (78,08 %),
- Sauerstoff (20,95 %),
- Argon (0,93 %),
- Spurenstoffe: Neon, Helium, Krypton, Ammonium, Wasserstoff, Ozon, Schwefeldi- oxid u. a. m. (< 0,01)
- und Wasser.

CO2 ist zu etwa 0,035 % in der Atmosphäre nachweisbar (KRAUS 2004). Das entspricht in etwa 720 × 109 t CO2 weltweit (FEIGE und JENSEN 1995).

Seit Beginn der Industrialisierung ist die CO2-Konzentration der Atmosphäre anthropogen bedingt von 280 ppmv auf 370 ppmv angestiegen, was die Flüsse und Reservoirs des Kohlenstoffkreislaufs nachhaltig beeinflusst hat.

Für die Atmosphäre wirken die Ozeane und Landmassen als Senken, die Ozeane hierbei in größerem Maße als die Landmassen. So waren die CO2-Flüsse zwischen Ozeanen und Atmosphäre sowohl in den 1980er Jahren negativ (-1,9 +/- 0,6 Gt C pro Jahr) als auch in den 1990er Jahren (-1,7 +/- 0,5 Gt C pro Jahr). Die Stoffströme zwischen Landmassen und Atmosphäre weisen Werte von -0,2 +/- 0,7 Gt C pro Jahr (1980er Jahre) bzw. -1,4 +/-0,5 Gt C pro Jahr (1990er Jahre) auf (IPCC 2001a). Die Senkenwirkung der Biosphäre ist je nach Vegetation unterschiedlich. Hierbei ist jedoch unklar, wie lange Ozeane und Landmassen, also auch die Biosphäre, noch als Senken fungieren werden und ob sie sich gegebenenfalls in Kohlenstoffquellen umwandeln werden (vgl. Kap. 2.2.2 – 4).

Schwankungen der CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre lassen sich durch eine jah- reszeitliche Variabilität erklären. Im Winter kommt es zu einem Maximum der Konzentra- tion, im Sommer aufgrund der Aktivität der Organismen und der damit verbundenen Speicherung in der Biomasse zu einem Minimum der CO2-Konzentration in der Atmosphä- re. Im Herbst, Winter und Frühjahr übersteigt die Veratmung die Photosyntheserate, im Sommer verhält es sich umgekehrt (WOODWELL 1984). Andere Ursachen für Schwan- kungen im CO2-Fluss zwischen Biosphäre und Atmosphäre sind Änderungen der klimati- schen Bedingungen, Landnutzungsänderungen, sowie Veränderungen des atmosphäri- schen CO2-Gehalts und der Nährstoffzufuhr.

Gerade in Bezug auf den zusätzlichen, anthropogen-bedingten Kohlenstoff, wird als Prob- lem gesehen, dass die Verweilzeit von Kohlenstoff im terrestrischen System sehr viel kürzer ist als die in den Ozeanen, so dass momentan in der Biosphäre gespeicherter Koh- lenstoff in den nächsten 10 bis 50 Jahren wieder freigesetzt werden und zum Treibhaus- effekt beitragen könnte (APPS und PRICE 1996). Es wird zudem erwartet, dass die Auf- nahmekapazität an CO2 von Biosphäre und Ozeanen bei hohen atmosphärischen CO2- Konzentrationen abnimmt (vgl. Kap. 2.2.2-3).

2.2.2 Biosphäre

Auch wenn die Biosphäre im Vergleich zu den Ozeanen nur einen relativ kleinen Teil des gesamten Kohlenstoffs speichert (ca. 2.477 Gt C), so nimmt sie doch im Kohlenstoff- kreislauf eine zentrale Stellung ein (IPCC 2001a). In dem von COX et al. (2000) entwi- ckelten globalen Zirkulationsmodell wurde erstmalig eine dynamische Vegetation und ein Kohlenstoffkreislauf modelliert, welcher auf diese dynamischen Veränderungen der Vege- tation reagiert. In diesem Modell wiesen die atmosphärischen CO2-Konzentrationen Werte von 980 ppmv im Jahr 2100 auf – verglichen mit ca. 700 ppmv in den üblichen Business- as-usual -Szenarios. Dabei ist dieser Anstieg der CO2-Konzentrationen hauptsächlich auf die Abholzung der Wälder im Amazonasgebiet zurückzuführen.

Ein Austausch von CO2 mit der Atmosphäre findet mittels des Umsatzes von Kohlenstoff durch Organismen statt. Die Festlegung von Kohlenstoff erfolgt durch die Photosynthese von terrestrischen Pflanzen und marinen Algen. Hierbei wird der Kohlenstoff als CO2 auf- genommen und in Biomasse umgewandelt. Es folgt entweder ein Übergang in höhere Stufen des Nahrungsnetzes oder ein Absterben der organischen Substanz. Die Freiset- zung von Kohlenstoff findet durch Respiration (Atmung) unter Sauerstoffverbrauch, Aus- scheidung, Brand oder bakterielle Zersetzung von organischem Material statt (VON STORCH et al. 1999). Nach SCHULZE et al. (2000) bleibt ein Rest von ca. 1 Gt C pro Jahr, welcher als Nettobiomproduktion in Form von schwer abbaubarem Humus und Holzkohle über längere Zeiträume gespeichert wird (Abb. 3). Je nach Intensität der Koh- lenstoff bindenden bzw. freisetzenden Prozesse in der terrestrischen Biosphäre kann der Austausch von Kohlenstoff zwischen Atmosphäre und Biosphäre für die Atmosphäre posi- tiv, d. h. die Biosphäre stellt demzufolge eine Kohlenstoff-Quelle dar, oder negativ, in diesem Fall ist die Biosphäre in Bezug auf die Atmosphäre eine Senke, sein (vgl. Kap. 2.4.1). Laut JANSSENS et al. (2003) ist der Kohlenstoff-Fluss zwischen Boden und Atmo- sphäre einer der größten Einträge in die Atmosphäre. Er entlässt zwischen 50 und 75 Gt C pro Jahr in diese, was 20 bis 40 % des jährlichen CO2-Eintrags in die Atmosphäre entspricht.

Circa 10 bis 30 % der gesamten anthropogenen CO2-Emissionen werden heutzutage durch Landnutzungsänderungen verursacht. Nahezu 90 % der dadurch hervorgerufenen Kohlenstoffverluste werden auf die Vernichtung von Wäldern zurückgeführt (IPCC 2001a). So berechnet HOUGHTON et al. (2000) einen aufgrund von Landnutzungsände- rungen entstandenen Netto-Emissionsfluss von 1,7 ± 0,8 Pg C/Jahr für die 1980er Jahre, welcher fast ausschließlich durch die Entwaldung tropischer Regionen zustande kam (vgl. Kap. 2.4.1). Tabelle 1 zeigt die Mengen an Kohlenstoff, welche in unterschiedlicher Vege- tation und den sich darunter befindenden Böden gespeichert werden. Schätzungen erge- ben, dass durch eine Änderung der Landnutzung eine Reduktion der CO2-Konzentration um etwa 40 bis 70 ppm erreicht werden kann. Dem entgegen steht jedoch ein Anstieg der CO2-Konzentrationen durch Abholzung, der zwei bis vier Mal größer ist (IPCC 2001a). Bei einer Landnutzungsänderung, die auf Aufforstung basiert, gilt es zu beachten, dass neue Bäume aufgrund ihres starken Wachstums und ihrer damit hohen Nettoprimärpro- duktion anfänglich verhältnismäßig viel Kohlenstoff assimilieren. Dieses Verhalten nimmt jedoch in der Reifezeit ab, da dann die Bäume durch eine verringerte Nettoprimärproduk- tion deutlich weniger Kohlenstoff speichern als natürliche Wälder, in denen es immer wieder zum Wachstum neuer Pflanzen kommt (IPCC 2001a).

Auch der anthropogene Klimawandel selbst besitzt einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Kohlenstoffspeicherung der Biosphäre. So hat besonders die Temperatur Einfluss auf das Wachstum der Vegetation. Bis zu einem bestimmten Grad führen höhere Temperatu- ren zu einer Erhöhung der Nettoprimärproduktion. Dies macht sich vor allem in den ge- mäßigten und kalten Regionen bemerkbar. Steigen die Temperaturen jedoch zu stark an, können die Enzymsysteme und Zellen der Vegetation dadurch zerstört werden. Das Tem- peraturoptimum für ein maximales Wachstum liegt bei den meisten Pflanzen der mittle- ren Breiten bei 18 bis 25°C (WBGU 1998). In den Trockengebieten wird das Pflanzen- wachstum stark durch die Wasserversorgung gesteuert, wodurch eine temperaturbeding- te Erhöhung der Verdunstung eher zu einer verringerten CO2-Aufnahme führen wird (KÖRNER 2000). Auf der anderen Seite verstärken wärmere Temperaturen die Rate na- hezu aller biologischen und chemischen Prozesse in Pflanzen und Böden, so dass ver- stärkte Atmung und somit Freisetzung von CO2 eintreten. Aus diesem Grund ist es mög- lich, dass sich gegenwärtig als Senken wirkende terrestrische Ökosysteme in Quellen umwandeln (WBGU 1998). Weitere durch den Klimawandel hervorgerufene Veränderun- gen stellen verlängerte Wachstumsperioden durch einen früheren Frühlingsbeginn und ein späteres Herbstende und somit eine zunehmende Kohlenstoffaufnahme dar. Seit den 1960er Jahren ist in Europa bereits eine Verlängerung der Wachstumsperiode um 11 Tage zu beobachten (MENZEL und FABIAN 1999).

Tabelle 1: Die terrestrische Kohlenstoffspeicherung in Vegetation und Boden, Datenquelle: WBGU (1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein anthropogener Anstieg der CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre kann zu Rück- kopplungseffekten, wie dem so genannten CO2-„Düngungseffekt“, führen. Durch ein grö- ßeres CO2-Angebot steigt bei vielen Pflanzen die Photosyntheserate (KÖRNER 1998). Insgesamt steigt die CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre durch ein erhöhtes CO2- Angebot. Eine quantitative Abschätzung des Einflusses auf das Pflanzenwachstum ist je- doch schwierig. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für globale Umwelt- veränderungen (WBGU 1998) gibt beispielsweise an, dass die Nettoprimärproduktion in natürlichen Vegetationen bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentrationen um ca. 5 % ansteigt. Dies gilt speziell für Wälder. Allerdings trifft dies nicht auf Pflanzen in Trocken- gebieten zu (siehe oben). Zudem ist zu beachten, dass sich eine erhöhte Nettoprimär- produktion durch erhöhte CO2-Konzentrationen nur bis zu einem bestimmten Punkt erzie- len lassen. Ab einem Wert von 800 bis 1000 ppm steigt diese nur noch geringfügig bzw. sinkt sogar (KÖRNER 2000). Ursächlich dafür ist, dass die Biomasse nur bis zu einer be- stimmten Grenze in der Lage ist, ober- und unterirdisch zu wachsen und im Boden gehal- ten zu werden. Beschränkungen werden durch das mechanisch mögliche Wachstum und die zur Verfügung stehenden Ressourcen gesetzt. Außerdem wird angenommen, dass mit einer ansteigenden Wachstumsrate aus Ausgleichsgründen auch die Zersetzungsrate zu- nehmen wird (SCHOLES et al. 1999). Unsicherheit besteht zudem in der Frage, welche Einwirkungen der Klimawandel auf die C-Aufnahmefähigkeit der Biosphäre besitzt. Durch eine Erwärmung des Klimas besteht außerdem die Gefahr, dass ein großer Teil der Per- mafrostböden, in denen sich nahezu 25 % des globalen im Boden gespeicherten Kohlen- stoffs befinden, auftaut und Kohlenstoff in den aktiven Kreislauf entlässt (IPCC 2001a).

Wie bereits angesprochen, ist bis jetzt noch nicht vollständig geklärt, ob die Biosphäre langfristig gesehen eine Netto-Senke bleiben wird oder sich in eine Netto-Quelle verwan- deln wird (vgl. Kap. 2.4.1). So kommen COX et al. (2000) in ihrem oben beschriebenen globalen Zirkulationsmodell zu dem Ergebnis, dass die terrestrische Biosphäre bis zum Jahr 2050 als eine Senke für Kohlenstoff fungiert, um sich danach in eine Kohlenstoff- quelle zu verwandeln.

2.2.3 Hydrosphäre

Die Ozeane sind sehr große Reservoire für alle Gase, die sich in Wasser lösen, wobei die Löslichkeit vom Salzgehalt, Luftdruck, windabhängiger Durchmischung und besonders von der Temperatur abhängig ist. Generell bindet kälteres Wasser mehr CO2 als warmes. Der Austausch von CO2 zwischen Atmosphäre und Ozeanen findet per Gasaustausch über die Deckschicht in einem Zeitfenster von mehreren hundert Jahren statt und ist vom CO2-Partialdruck abhängig. Ist der CO2-Partialdruck in der Atmosphäre höher als im Oze- an, wird CO2 im Oberflächenwasser gelöst. Ist er niedriger, gast Kohlenstoff aus dem Ozean in die Atmosphäre aus. Für die Aufnahmekapazität spielt auch die Löslichkeit des Kohlenstoffs im Ozean eine Rolle, ebenso wie die Windgeschwindigkeit, welche den Gas- austauschkoeffizienten beeinflusst (IPCC 2001a). Zudem werden ca. 0,8 Gt C pro Jahr durch Flüsse in die Ozeane eingetragen, wovon die Hälfte organische, die andere Hälfte anorganische Kohlenstoffverbindungen sind (IPCC 2001a).

Im Ozean gelöster anorganischer Kohlenstoff wird auch Dissolved inorganic Carbon (DIC) genannt. Dieser ist zum überwiegenden Teil (ca. 91 %) als Hydrogenkarbonat [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zu finden, zu 8 % als Karbonat [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und zu 1 % als physikalisch gelöstes CO2 (IPCC 2001a). Reagiert aus der Atmosphäre aufgenommenes CO2 mit Wasser und Karbonat, so entsteht Hydrogenkarbonat:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird deutlich, dass die sich im Wasser befindende Konzentration an Karbonat einen limitierenden Faktor dieser Reaktion und somit der CO2-Aufnahmekapazität der Ozeane darstellt. Je mehr CO2 in der Atmosphäre vorhanden ist, desto mehr wird von den Ozea- nen aufgenommen, desto mehr Karbonat wird verbraucht. Dieser Prozess resultiert in einer Versauerung der Ozeane mit nicht vorhersagbaren Folgen (TURLEY et al. 2005). Ein zunehmender Anteil an aus der Atmosphäre aufgenommenem CO2 verbleibt in seiner ursprünglichen Form im Ozean. Die Aufnahmefähigkeit des Ozeans für atmosphärisches CO2 nimmt mit der Zeit ab, da eine Sättigung an CO2 eintritt. Steigert sich die CO2- Konzentration der Atmosphäre um 100 ppmv (d. h. von 370 auf 470 ppmv), verringert sich die CO2-Aufnahme durch den Ozean um 40 % gegenüber der ersten 100 ppmv- Steigerung von 280 auf 380 ppmv seit Beginn der Industrialisierung (IPCC 2001a). Nach Annahmen des IPCC (2001a) wird sich die Kohlenstoff-Senke des Ozeans auch langfristig gesehen abschwächen, so dass ein größerer Teil der anthropogenen CO2-Emissionen in der Atmosphäre verbleiben werden (vgl. Kap. 2.4.1).

Phytoplankton nimmt Kohlenstoff in Form von CO2 und Hydrogenkarbonat für Photosyn- theseaktivitäten auf und bindet diesen. Dadurch wird der CO2-Partialdruck in den oberen Wasserschichten verringert. Die Bruttoprimärproduktion durch das ozeanische Phy- toplankton wird auf 103 Gt C/Jahr geschätzt, die Veratmung (autotrophe Respiration) auf 58 Gt C/Jahr und die Nettoprimärproduktion auf 45 Gt C/Jahr. Das Phytoplankton wird vom Zooplankton aufgenommen. Im Zuge der heterotrophen Respiration werden ca. 34 Gt C/Jahr wieder frei gesetzt. Der Rest wird zu Abfall (Detritus) (IPCC 2001a).

Bei Betrachtung der CO2-Konzentrationsverteilung im Ozean fällt auf, dass die Konzentra- tion an gelöstem anorganischem Kohlenstoff unterhalb der ozeanischen Deckschicht deutlich zunimmt. Dies liegt unter anderem daran, dass CO2-reiche Wassermassen in die Tiefe verfrachtet werden, was als „physikalische Pumpe“ bezeichnet wird (HEIMANN et al. 1999). Die Wirkung der physikalischen Pumpe ist u. a. abhängig von der thermohalinen Zirkulation. CO2 löst sich besser in kaltem, salzreichem Wasser als in warmem, salzar- mem Wasser. Ein Temperaturanstieg von 1°C lässt den CO2-Partialdruck in der Deck- schicht des Ozeans um 4,2 % ansteigen. Dies entspricht einem mittleren Nettofluss von ca. 4 Gt C vom Ozean hin zur Atmosphäre (HEIMANN et al. 1999). Aus diesem Grund wird der Transport von CO2 in die tiefen Schichten des Ozeans vor allem durch die Bil- dung von kaltem Wasser mit hohem Salzgehalt und hoher Dichte im Nordatlantik und im Antarktischen Zirkumpolarstrom bestimmt. Diese kalten Ozeanregionen sind über Mee- resströmungen mit warmen Regionen wie z. B. den Tropen verbunden, wo das CO2 wie- der ausgast und so weiträumig verteilt wird (IPCC 2001a). Da sich die Wassermassen der ozeanischen Tiefenströmungen nur sehr langsam bewegen und ihr Aufsteigen häufig durch wärmere, leichtere Deckschichten verhindert wird, wird das CO2 über sehr lange Zeiträume dem Austausch mit der Atmosphäre entzogen (HEIMANN et al. 1999).

Neben der "physikalischen Pumpe" existiert ein Prozess, welcher als "biologische Pumpe" bezeichnet wird. In diesem Fall sinkt organische Substanz, in der Kohlenstoff gebunden ist, in tiefere Schichten ab und erhöht dadurch die Konzentration an gelöstem anorgani- schem Kohlenstoff unterhalb der ozeanischen Deckschicht. Dort wird es mineralisiert. Dieser abwärts gerichtete Fluss umfasst etwa 25 % des im Oberflächenwasser durch Photosynthese gebundenen Kohlenstoffs, was ca. 11 Gt C/Jahr entspricht. Ein sehr gerin- ger Teil sinkt in das Sediment ab, während der restliche organische Kohlenstoff im tiefen Ozean durch Zersetzung in gelösten anorganischen Kohlenstoff zurückverwandelt wird und mit aufsteigenden Wassermassen wieder an die Oberfläche gelangt. Ohne das ozea- nische Phytoplankton läge die CO2-Konzentration der Atmosphäre etwa 150 bis 200 ppm über den heute gemessenen Werten (IPCC 2001a).

Eine weitere Reduktion des Kohlenstoffgehalts im Oberflächenwasser findet durch das Absinken von Phytoplankton und Zooplankton statt, welche Kohlenstoff in Form von Kar- bonat in ihre Schalen einbinden. In der Tiefe werden diese meist durch Mikroorganismen abgebaut oder chemisch gelöst und die darin enthaltenen Stoffe, wie z. B. Kohlenstoff, Silicium oder Stickstoff in anorganische Form überführt. Nur ein Bruchteil gelangt auf den Meeresboden und wird dort im Sediment über längere Zeiträume gespeichert (VON STORCH et al. 1999). Atmosphäre und Biosphäre besitzen im Vergleich nur etwa 1 bis 2 % der CO2-Speicherkapazität der Ozeane (HOBBS 2000). Zurzeit werden über 90 Gt C/Jahr zwischen Ozean und Atmosphäre ausgetauscht (HEIMANN et al. 1999). Ei- nige Abschätzungen geben an, dass mehr als 85 % der anthropogenen CO2-Emissionen in den tiefen und mittleren Schichten der Ozeane gespeichert werden könnten, wenn ge- nügend Zeit (ca. 500 Jahre) dafür zur Verfügung stünde (VON STORCH et al. 1999). Zum Vergleich: Heute beträgt der Anteil der Ozeane an der Speicherung anthropogener CO2- Emissionen aus der Atmosphäre weniger als 48 % (TURLEY et al. 2005), da durch die relativ schnell wirkende menschliche Störung (innerhalb von ca. 30 Jahren) nur die obe- ren bis ca. 500 m tief reichenden Wasserschichten wesentlich am Austausch mit der At- mosphäre beteiligt sind (VON STORCH et al. 1999).

Daneben hat der Klimawandel Einfluss auf die CO2-Aufnahmefähigkeit des Ozeans. Die Bildung von kalten Wassermassen, welche in tiefere Schichten absinken und damit auch Kohlenstoff in größere Tiefen transportieren würden, wird vermindert. Eine zunehmende Sättigung des Oberflächenwassers mit Kohlenstoff setzen ein, ebenso wie eine verstärkte Schichtung der Wassersäule, welche einen Austausch der Wassermassen erschwert. Aus diesem Grund sinkt auch die Rate an anthropogenem Kohlenstoff in der Atmosphäre, welcher durch den Ozean aufgenommen werden kann (IPCC 2001a).

2.2.4 Lithosphäre

Es dauerte Milliarden von Jahren bis die vormals bei der Erdentstehung ausgegasten und sich nun in der Atmosphäre befindlichen Gase CO2, CO und CH4 wieder in die Erdkruste eingebunden wurden. Heute bestehen ca. 6 x 1010 Mio. t der Erdkruste, d. h. 0,1 % der Gesamtmasse der Erde aus Kohlenstoff (FEIGE und JENSEN 1995). Dieser ist meist in Form von Kalkstein (CaCO3) oder Dolomit [CaMg(CO3)2] in fester Form abgelagert. Lang- fristig gesehen führt man Schwankungen des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre neben dem zusätzlichen anthropogenen Eintrag auf die sich ändernde Entgasungsrate von CO2 aus der Lithosphäre zurück, welche durch die Durchschnittstemperatur, die Größe der Landfläche und die jeweilige Stärke des Vulkanismus beeinflusst wird (BERNER 2003). Insgesamt enthalten Karbonatgesteine, wie Kalkstein, etwa 100.000 Mal mehr Kohlen- stoff als die Atmosphäre (HOBBS 2000). Die Verweilzeit von Calciumkarbonat, Calcium- magnesiumkarbonat und organischen Sedimenten liegt bei ca. 342 x 106 Jahren (FEIGE und JENSEN 1995). Durch Vulkanausbrüche und aus Mineralquellen gelangt jedoch im- mer wieder Kohlendioxid aus dem Erdinnern in die Atmosphäre. Wichtige Reaktionen des Kohlenstoffs sind die fünf im Folgenden nach FEIGE und JENSEN (1995) dargestellten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den Reaktionen (2.2) und (2.3) wird Kohlendioxid im Regenwasser gelöst und bildet Kohlensäure. Gelangt diese in den Boden, so löst sie dort zusammen mit anderen Säuren Karbonat- und Silikat-Minerale auf. Die entstandenen gelösten Calcium- und Bikarbonat- Ionen und die entstandene Kieselsäure werden mit den Flüssen und dem Grundwasser zu den Meeren transportiert. MILLIMAN (1993) schätzt die globale Produktion an CaCO3 auf 0,7 Gt C/Jahr. Im Meer werden Bikarbonat- und Calcium-Ionen durch marine Lebewesen, hauptsächlich die einzelligen Foraminiferen, zu Kalk und CO2 umgesetzt (2.4). Das gebil- dete CaCO3 wird in die Schalen von Tieren eingebaut, welche auf den Meeresgrund fallen und dort u. a. zu Kalkstein gepresst und Teil der Erdkruste werden (HOBBS 2000). Durch die Hebung kontinentaler Schelf-Regionen, die Subduktion von marinem Sediment in die untere Kruste bzw. den oberen Mantel sowie Vulkanausbrüche werden die Produkte wie- der zu kontinentalem Sediment rückgeführt und schließen somit den geochemischen Kreislauf. Bei der Silikatverwitterung (2.3, 2.5) wird im Gegensatz zur Karbonatverwitte- rung mehr CO2 verbraucht als gebildet (FEIGE und JENSEN 1995).

2.3 Das Klimasystem unter anthropogenem Einfluss

Das Leben auf der Erde wird erst durch den natürlichen Treibhauseffekt möglich. Durch den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen in den letzten 100 Jahren wird dieser na- türliche Effekt jedoch um die Komponente des anthropogenen Treibhauseffekts erweitert, welcher zu einer Erhöhung der mittleren globalen Oberflächentemperatur führt. Dieser Temperaturanstieg stört das Gleichgewicht des vorangehend beschriebenen, komplexen Klimasystems und zieht weit reichende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich.

2.3.1 Der anthropogene Treibhauseffekt

Ohne den natürlichen Treibhauseffekt wäre das Leben auf der Erde, welches auf dem Vorhandensein von flüssigem Wasser basiert, nicht möglich. Er führt dazu, dass statt einer mittleren globalen Oberflächentemperatur von -18 °C eine Temperatur von +15 °C herrscht (GASSMANN 1994). Die Treibhausgase lassen die einfallende kurzwellige Solar- strahlung ungehindert passieren, während sie die langwellige terrestrische Strahlung ab ca. 3 µm Wellenlänge teilweise absorbieren. Diese wird wieder emittiert, teils in Richtung Weltraum, teils in Richtung Erdoberfläche, welche sich dadurch zusätzlich erwärmt, wie- derum langwellige Strahlung emittiert usw. Eine Erwärmung der Atmosphäre ist die Fol- ge. CO2 absorbiert Strahlung knapp oberhalb 4 µm und besonders um 15 µm (LILLESAND et al. 2003). In diesem Zusammenhang ist der Begriff Klimasensitivität zu nennen, wel- cher die Veränderung der mittleren globalen Oberflächentemperatur beschreibt, die durch eine Verdopplung der atmosphärischen CO2-Konzentration hervorgerufen wird. Eine ex- akte Voraussage dieser ist aufgrund großer Unsicherheiten in diesem Zusammenhang nicht möglich. Das IPCC (IPCC 2001a) geht momentan von einer Erwärmung von 1,7 bis 4,2 °C bei Verdopplung der vorindustriellen CO2-Konzentrationen aus.

Es liegt nahe, von diesen nicht-anthropogenen Änderungen der CO2-Konzentration und den damit verbundenen Temperaturschwankungen auf die gegenwärtige Situation zu schließen. Jedoch besteht die „Schwierigkeit, von der heutigen anthropogenen Erhöhung der CO2-Konzentration auf die gegenwärtig gemessenen Temperaturveränderungen zu schließen, darin, dass dieser Effekt seit einigen Jahrzehnten von zahlreichen anderen Faktoren überlagert wird“ (FRITSCH 1991).

Seit Beginn der industriellen Revolution greift der Mensch aktiv in den natürlichen Treib- hauseffekt ein. Zum einen, indem er die Konzentration der natürlichen Treibhausgase, insbesondere durch die Verbrennung von Kohle, Öl, Gas, sowie durch Landnutzungsände- rungen erhöht, zum anderen durch die Produktion neuer Treibhausgase wie z. B. FCKW. Den ersten klaren Anhaltspunkt auf einen Anstieg der atmosphärischen CO2- Konzentration gaben Daten, die 1957 in der Antarktis und 1958 auf dem Mauna Loa ge- messen wurden (TRABALKA und REICHLE 1986, KEELING 1960).

Tabelle 2: Langlebige anthropogene Treibhausgase, nach IPCC (2001a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die jeweiligen Treibhausgase besitzen einen unterschiedlich hohen Anteil am Treibhaus- effekt. Dieser ist abhängig von der Emissionsmenge, dem relativen Treibhauspotential und der atmosphärischen Verweilzeit. Diese Wechselbeziehungen werden in Tabelle 2 verdeutlicht. Dabei ist das Treibhauspotential bzw. die Treibhauswirksamkeit (Global Warming Potential, GWP) eine Möglichkeit, anhand von Strahlungseigenschaften die möglichen zukünftigen Einflüsse der Emissionen unterschiedlicher Gase auf das Klimasys- tem im relativen Sinne vorherzusagen. Das GWP ist ein Maß, welches die relativen Strah- lungseffekte einer Substanz mit denen einer anderen vergleicht. Dieser Vergleich erfolgt jeweils integriert über einen bestimmten Zeitraum. „ The GWP has been defined as the ratio of the time-integrated radiative forcing from the instantaneous release of 1 kg of a trace substance relative to that of 1 kg of a reference gas” (IPCC 1990). In der Regel wird CO2 als Referenzgas angenommen, d. h. das relative Treibhauspotential von CO2 beträgt in diesem Fall eins. Um die Treibhauswirksamkeit unterschiedlicher Gase ver- gleichbar zu machen, werden diese mit ihren relativen Treibhauspotentialen multipliziert. Es ergeben sich CO2-Äquivalente, d. h. diejenige Menge an CO2, die nötig wäre, dieselbe Treibhauswirksamkeit hervorzurufen wie die Menge des betrachteten Gases. Von allen anthropogenen Treibhausgasen ist CO2 dasjenige mit dem geringsten Treibhauspotential. Die Dominanz des CO2 in Bezug auf den Treibhauseffekt liegt in seinen hohen Emissions- raten und seiner relativ langen Verweilzeit in der Atmosphäre begründet.

Der Einfluss des Menschen auf beobachtete Klimaveränderungen, insbesondere die Ände- rung der mittleren, globalen Luft- und Meeresoberflächentemperatur, wurde erstmalig 1995 vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) formuliert: „ The balance of evidence suggests that there is a discernible human influence on global climate.“ (IPCC 1995), sowie einige Jahre später „ There is new and stronger evidence that most of the warming observed over the last 50 years is attributable to human activities” (IPCC 2001a).

2.3.2 Auswirkungen des anthropogenen Einflusses auf das Kli- masystem

Die durch einen Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre verursachte Erhöhung der mittleren, globalen Oberflächentemperatur führt zu Resultaten, die auf- grund der Komplexität der Vorgänge oft nicht vorhersagbar sind (HOUGHTON 1997). Ein Temperaturanstieg zieht eine thermische Ausdehnung des Meerwassers und ein Ab- schmelzen von Gletschern und Eisschilden nach sich. Bis zum Jahr 2100 rechnet das IPCC (2001a) mit einem mittleren Meeresspiegelanstieg um 9 bis 88 cm. Da die Hälfte der Erdbevölkerung in Küstennähe wohnt, sind unabsehbare Schäden die Folge. Schon heute sind beispielsweise flache Inseln und die arktischen Küsten von Überschwemmun- gen und Erosion bedroht. Im Extremfall wird aufgrund des verstärkten Süßwasserein- trags eine Verminderung der ozeanischen Tiefenzirkulation und Meeresströmungen be- fürchtet, was als negative Rückkopplung eine Abkühlung bestimmter Erdregionen nach sich ziehen würde. Für Mittel- und Nordeuropa z. B. könnte das Ausbleiben des Golf- stroms diesen Effekt zur Folge haben (RAHMSDORF 1995). Auch sind Auswirkungen auf Trinkwasserressourcen zu befürchten, da ein Temperaturanstieg in bestimmten Regionen zu vermehrten, in anderen Gebieten hingegen zu verminderten Niederschlägen führt (DMG 2001). Zudem nimmt durch eine Erhöhung der mittleren globalen Oberflächentem- peraturen die Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterereignissen, wie Überflutun- gen, tropischen Zyklonen, Stürmen, extrem hohen oder niedrigen Temperaturen usw. zu. Diese haben erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. So gibt die Münchener Rückversicherung an, dass über 90 % der gemeldeten Schäden des Jahres 2004 wetter- bedingt waren und lediglich knapp 10 % durch Erdbeben verursacht (MÜNCHENER RÜCK 2004). In direkter Folge dazu stehen Auswirkungen auf Landwirtschaft und Nahrungsmit- telversorgung, welche den Unterschied zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern noch deutlicher zutage treten lassen (DARWIN 2004). Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gehen damit einher. Die Biosphäre insgesamt reagiert sehr emp- findlich auf Klimaschwankungen. Natürliche Ökosysteme werden durch klimatische Belas- tungen und Umweltverschmutzungen anfälliger für Schäden. Die Artenvielfalt ist bedroht, da Pflanzen und Tiere, die sich nicht an das wandelnde Klima anpassen können, abwan- dern oder aussterben müssen (HOUGHTON 1997).

2.4 Stabilisierung der CO2-Konzentration

Nachdem in Kapitel 2.2 hauptsächlich die natürlichen Kohlenstoffflüsse erläutert wurden, sollen in diesem gezielt die anthropogenen Flüsse herausgearbeitet werden. Nur wenn diese bekannt sind, können an diesen Stoffflüssen ansetzende Maßnahmen ab- und ein- geleitet werden, um eine Stabilisierung der CO2-Konzentration zu erzielen und damit die Folgen des Klimawandels abzumildern. Im zweiten Teil des Abschnitts werden Szenarien vorgestellt, welche sich mit eben dieser Thematik auseinandersetzen und verschiedene Emissionspfade, auch solche, die zu einer Stabilisierung der CO2-Konzentrationen führen, aufzeigen.

2.4.1 Anthropogene Kohlenstoff-Flüsse

Der Einfluss des Menschen ist in allen Reservoirs, aber auch allen Stoffflüssen erkennbar. Dabei zieht jeweils eine Änderung in einer Komponente eine bestimmte Reaktion in einer anderen nach sich. Diese Änderungen sind schwer bzw. gar nicht vorherzusehen, da sie in der Regel einen nicht-linearen Charakter besitzen, komplexe Feedback -Mechanismen auslösen und/oder erst bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes eintreten.

Pro Jahr werden aufgrund der weltweiten Zunahme der Verbrennung fossiler Energieträ- ger und der Abholzung von Wäldern ca. 7 Gt C freigesetzt. Etwa 3,3 Gt C davon können danach in der Erdatmosphäre verzeichnet werden (Tab. 3). Der Verbleib der restlichen 3,7 Gt C ist noch nicht gänzlich geklärt. Zum einen nehmen die Ozeane als Senke ca. 1,7 Gt C/Jahr auf, zum anderen die Landoberflächen etwa 1,4 Gt C/Jahr. Dabei zeigten die Ozeane im Vergleich der 1980er und 1990er eine relative Konstanz ihrer Aufnahme- rate, während die der Landoberflächen in den 1980er Jahren gegen null ging und in den 1990er Jahren stark anstieg (Tab. 3). Ursächlich dafür sind wahrscheinlich eine sinkende Entwaldungsrate und eine diese Gegebenheiten begünstigende Klimavariabilität (IPCC 2001a). In dieser Rechnung ist jedoch der Verbleib einer bestimmten Menge an CO2 nicht in voller Gänze geklärt. Es wird von der „ Missing Sink “ gesprochen. Diese rührt zum ei- nen von den Unsicherheiten her, die sowohl über die Größe des atmosphärischen CO2- Budgets, als auch über die Größenordnung der Landnutzungsänderungen besteht (IPCC 2001a). Zum anderen wird heute davon ausgegangen, dass das „überschüssige“ CO2 von den Landflächen der Nordhemisphäre aufgenommen wird. Dabei ist jedoch unklar, ob es sich um einen Effekt handelt, der längerfristig den Anstieg der atmosphärischen CO2- Konzentrationen verhindern kann oder ob es sich nur um eine kurzfristige Pufferwirkung des Systems Erdatmosphäre-Ozean-Biosphäre handelt, die diesen Anstieg nur verzögert.

Ein Ansatz zur Erklärung der „Puffertheorie“ ist, dass die Vegetation durch die Zunahme an CO2 und Stickstoffverbindungen eine Art künstliche Düngung erfährt, was zu einem begrenzten, verstärkten globalen Wachstum führen könnte (HAUSSECKER 1996). Wälder und möglicherweise auch Grünland treten als CO2-Senken auf, während Äcker und ge- nutzte Feuchtgebiete CO2 in ähnlicher Größenordnung wieder abgeben. Noch stellt die Biosphäre insgesamt eine Senke dar, doch ist nicht klar, ob sie sich durch den Klimawan- del oder eine geänderte Landnutzung irgendwann in eine Kohlenstoffquelle verwandeln wird. Auch bei den Ozeanen wird ein Rückgang der Senkenfunktion befürchtet, da sich aufgrund der Erwärmung die Löslichkeit von CO2 im Meerwasser und somit deren Auf- nahmerate reduziert. Die Erwärmung wird wahrscheinlich zusätzlich zu einer verstärkten vertikalen Schichtung der Meere führen, was der Aufnahme von CO2 durch diese eben- falls abträglich ist (WBGU 2003a).

Tabelle 3: Vergleich globaler CO2-Budgets, nach IPCC (2001a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insgesamt wird also eine Abnahme der Aufnahmefähigkeit aller natürlichen Senken an- genommen. Damit geht langfristig eine zunehmende Akkumulation der anthropogenen Emissionen in der Atmosphäre einher, was den anthropogenen Treibhauseffekt stark ver- größern wird. Die Folgen der ansteigenden Emissionskonzentrationen und damit globalen Mitteltemperaturen sind bis jetzt noch nicht in vollem Ausmaß abschätzbar (vgl. Kap. 2.3.2).

2.4.2 Erste verpflichtende Schritte in der globalen Klimapolitik - Die Klimarahmenkonvention

Der oben beschriebene anthropogene Eingriff in den Kohlenstoffkreislauf und damit auch in das Klimasystem, sowie die Unsicherheiten darüber, wie das Klimasystem weiter dar- auf reagieren wird, machte Maßnahmen des Gegensteuerns unbedingt notwendig. Nach langen Verhandlungen wurde schließlich im Jahr 1992 im Rahmen der Konferenz der Ver- einten Nationen für Umwelt und Zusammenarbeit (UNCEP) in Rio de Janeiro die Klima- rahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) von 154 Staaten und der EU unterzeichnet. Ziel der Konvention ist die Verlangsamung des Klimawandels sowie eine Abmilderung seiner Folgen. Anfänglich verpflichten sich nur die 36 Annex-I-Staaten, d. h. die Industriestaaten, die im Anhang 1 der Klimarahmen- konvention genannt werden, zu einer Durchführung von Maßnahmen, um eine langfristi- ge Senkung der Treibhausgasemissionen zu erreichen. Der wohl bedeutendste, aber auch umstrittenste Abschnitt der Klimarahmenkonvention ist Artikel 2 (UN 1992):

„Das Endziel dieses Übereinkommens und aller damit zusammenhän- genden Rechtsinstrumente, welche die Konferenz der Vertragsparteien beschließt, ist es, in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestim- mungen des Übereinkommens die Stabilisierung der Treibhausgaskon- zentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines Zeitraums erreicht wer- den, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann.“

Die Problematik dieses Artikels liegt vor allem darin, dass die Frage, was als „gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems“ anzusehen ist, bis jetzt noch nicht geklärt wurde (vgl. hierzu u. a. OTT et al. 2004). Es ist weiterhin unklar, welches Stabilisie- rungsniveau der Treibhausgaskonzentrationen erreicht werden muss, damit eine solche gefährliche Klimaänderung verhindert werden kann. Eine Einschätzung der Auswirkungen bestimmter Treibhausgaskonzentrationen auf das Klima ist oft schwierig, da das Klima- system zu komplex ist und diese Annahmen zu viele Unsicherheitsfaktoren beinhalten.

2.4.3 Szenarien

Um die zukünftigen Entwicklungen des menschlichen Eingriffs und dessen Auswirkungen abschätzen zu können, wurden Szenarien entwickelt. Dabei beschreibt jedes Szenario „einen plausiblen, auf bestimmten Annahmen beruhenden Entwicklungspfad der Mensch- heit, die sich auf die zu erwartenden Emissionen (insbesondere an Kohlendioxid) und menschlich bedingten Umweltveränderungen unterschiedlich auswirken“ (CUBASCH 2002).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Schematische Darstellung der SRES-Szenarien, aus IPCC (2001b).

Im IPCC-Spezialbericht über Emissions-Szenarien (Special Report on Emission Scenarios, SRES) wurden auf der Basis von vier deskriptiven Story lines, welche unterschiedliche Wege der globalen Entwicklungen beschreiben, 40 Szenarien entwickelt und zusammen- gestellt. Sie zeigen die möglichen Emissionsentwicklungen wichtiger Treibhausgase und Aerosole. In diese Szenarien fließen unterschiedliche Annahmen über technologische Entwicklungen, wirtschaftliches Wachstum, die Globalisierung und die Bevölkerungsent- wicklung ein. In der Regel werden keine politischen Maßnahmen zur Minderung der Kli- maänderung angenommen. Es besteht jedoch häufig die Schwierigkeit, politische Maß- nahmen, welche nicht zum Zweck der THG-Emissionsreduktion eingesetzt wurden, diese aber zur Folge haben, von gezielten Klimaschutzmaßnahmen abzugrenzen (IPCC 2001b). Insgesamt wurden vier Szenarienfamilien gebildet: A1, A2, B1 und B2, wobei A1- und A2-Szenarien verstärkt wirtschaftsorientiert sind, während B1 und B2 mit nachhaltiger Entwicklung in Verbindung gebracht werden. Zudem verfügen A1- und B1-Szenarien eine globale und A2- und B2-Szenarien eine regionale Ausrichtung (Abb. 4).

Die einzelnen Szenarienfamilien lassen sich wie folgt beschreiben (IPCC 2001b):

- Die A1-Szenarienfamilie zeigt eine Welt mit schnellem wirtschaftlichem Wachs- tum, einem niedrigen Bevölkerungswachstum und einer schnellen Einführung von neuen und effizienteren Technologien. Dies basiert auf den Grundgedanken der Annäherung von Regionen, des Aufbaus von Fähigkeiten und der zunehmenden kulturellen und sozialen Interaktion, mit einer grundlegenden Verringerung regio- naler Unterschiede in Bezug auf das Pro-Kopf–Einkommen. Die A1- Szenarienfamilie wird unterteilt in die Gruppen Fl, T und B, welche unterschiedli- che Richtungen des technologischen Wandels im Energiesystem beschreiben.
- Die A2-Szenarienfamilie beschreibt eine sehr heterogene Welt. Das zugrunde lie- gende Prinzip ist Selbstständigkeit und Bewahrung lokaler Identitäten. Es ist ein schnelles Bevölkerungswachstum zu verzeichnen. Die wirtschaftliche Entwicklung spielt sich vorwiegend regional ab. Das wirtschaftliche Pro-Kopf-Wachstum und die technologischen Änderungen sind mannigfacher und langsamer als in anderen Szenarienfamilien.
- Die B1-Szenarienfamilie stellt eine zusammenwachsende Welt mit demselben langsamen Bevölkerungswachstum wie in der A1-Familie, aber mit einer schnellen Wandlung der wirtschaftlichen Strukturen hin zur Informations- und Dienstleis- tungsökonomie, mit einer Reduktion der Materialintensitäten und der Einführung von sauberen und Ressourcen-effizienten Technologien, dar. Betont werden globa- le Lösungen für wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit unter Be- rücksichtigung einer größeren Gleichberechtigung. Es werden jedoch keine zusätz- lichen Klimaschutzmaßnahmen einberechnet.
- Die B2-Szenarienfamilie entwirft eine Welt, in der lokale Lösungen für wirtschaftli- che, soziale und ökologische Nachhaltigkeit gefunden werden. Es ist eine Welt mit moderatem Bevölkerungswachstum, einem mittleren Stand der wirtschaftlichen Entwicklung und einem weniger schnellen, unterschiedlicherem technologischen Wandel als in den B1- und A1-Szenarien. Diese Szenarien sind in Richtung Um- weltschutz und sozialer Gleichheit orientiert, dies aber schwerpunktmäßig auf ei- nem lokalen und regionalen Niveau.

Wie aus Abbildung 5 ersichtlich wird, weisen die Szenarien eine große Bandbreite an möglichen Emissionsverläufen auf. Dafür gibt es mehrere Gründe. Generell gilt, dass noch zu viele Unsicherheiten mit der Beschreibung zukünftiger Entwicklungen verbunden sind, als dass nur ein Entwicklungspfad als Erklärung dienen könnte. Dabei zeigen die bunten, gestrichelten Linien individuelle SRES-Szenarien und die blau-schattierte Fläche die Bandbreite an Szenarien, die in der Literatur angegeben werden. Am rechten Bildrand werden der Median, sowie das 5- und 95-Perzentil abgebildet, anhand derer sich jedoch keine Aussage über die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Szenarien treffen lässt. Ebenfalls abgebildet werden am Bildrand die Bandbreite der Emissionen der IS92- Szenarien (IPCC-Szenarien von 1992) im Jahr 2100. Zudem sind die in der Literatur be- schriebenen Szenarien mit zusätzlichen klimapolitischen Maßnahmen („ Intervention “), ohne politische Maßnahmen („ Non-Intervention “) und solche, die sich in keine der beiden Kategorien einordnen lassen („ Non-Classified “), abgetragen. Die 40 SRES-Szenarien wurden in sechs Gruppen unterteilt, ihre Bandbreite im Jahr 2100 wurde ebenfalls am rechten Bildrand abgetragen. Zum einen steigen die Emissionsprofile kontinuierlich an, andere hingegen weisen einen Anstieg bis zu einem Maximum auf, um dann abzufallen (IPCC 2001b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Globale Energie- und Industrie-CO 2 -Emissionen in der historischen Entwicklung von 1900 bis 1990 und der Verlauf der 40 SRES-Szenarien von 1990 bis 2100 (1990 = Index 1), aus IPCC (2001b).

Minderungsszenarien sind laut IPCC (2001b) als Beschreibungen und quantitative Projek- tionen definiert, die aufzeigen, wie Treibhausgasemissionen in Bezug zu einem bestimm- ten Baseline -Szenario reduziert werden können. Dabei ist ein Baseline -Szenario ein Sze- nario, bei dem keine politischen Maßnahmen durchgeführt werden. Stabilisierungsszena- rien sind im Vergleich dazu Minderungsszenarien, die ein im Vorfeld angegebenes Treib- hausgasreduktionsziel verfolgen. Im Rahmen des IPCC-Berichts wurden 150 Minderungsszenarien mit klimapolitischer Einflussnahme aufgeführt, welche sich in die vier Kategorien Konzentrations-Stabilisierungs-, Emissions-Stabilisierungs-, Sicherer- Emissions-Korridor- (Tolerable Windows/Safe Landing) und andere Minderungsszenarien untergliedern lassen (IPCC 2001b). In einem Nachfolgeprozess wurden die SRES-Marker- Szenarien dahingehend verändert, dass sich die CO2-Konzentrationen im frühen 22. Jahrhundert stabilisieren. Es bestehen sieben Post-SRES-Szenarien, die die CO2- Konzentrationen bei den Werten 450, 550, 650 oder 750 ppmv stabilisieren (vgl. Abb. 6). Das vorherrschende Stabilisierungsniveau liegt bei 550 ppmv.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6:Die 76 Post-SRES-Stabilisierungsszenarien der globalen CO2-Emissionen, welche aus dem Verbrauch fossiler Energieträger entstehen. Szenarienberechnung mit unterschiedlichen Mo- dellen; Stabilisierungsniveaus: 750 ppmv = rot, 650 ppmv = schwarz, 550 ppmv = blau und 450ppmv = grün, aus IPCC (2001b).

Alle in Abbildung 5 aufgezeigten Modelle errechneten einen Anstieg der CO2-Reduktionen mit der Zeit. Zudem ist allen in Abbildung 5 und 6 gezeigten Szenarien darüber hinaus ein Anstieg der mittleren globalen Oberflächentemperatur gemeinsam. Es wird außerdem betont, dass eine konstante Abnahme der anthropogenen CO2-Emissionen nach Erreichen des Stabilisierungsniveaus geschehen muss, um zukünftig eine konstante CO2- Konzentration zu erhalten. Dazu müssen die anthropogenen Emissionen so weit reduziert werden, dass sie von konsistenten natürlichen Senken – entweder Landoberflächen oder den Ozeanen – aufgenommen werden und so nicht die Konzentrationen in der Atmosphä- re erhöhen können (IPCC 2001b).

2.5 Zusammenfassung

Um die Folgen, die mit einem Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen der Erde zusam- menhängen, abschätzen zu können, wurde eine naturwissenschaftliche Einführung in das Klimasystem der Erde gegeben. Da CO2 das Gas ist, welches hauptsächlich für einen An- stieg der Treibhausgaskonzentrationen und den damit zusammenhängenden Klimawandel verantwortlich ist, wurden die Reservoirs und Stoffflüsse des Kohlenstoffkreislaufs einge- hender untersucht. Anschließend wurde die Gefährdung des Klimasystems durch den Eingriff des Menschen, speziell durch den anthropogenen Triebhauseffekt und die damit einhergehenden Folgen des Klimawandels, skizziert. Damit einem weiteren anthropoge- nen Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen entgegengewirkt werden kann, müssen die anthropogenen Kohlenstoffflüsse zumindest verringert werden. Diese anthropogenen Stoffflüsse wurden herausgearbeitet und erklärt, wie in diversen Szenarien Emissionspfa- de für die Zukunft modelliert werden, darunter auch solche, die zu einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen führen. In nachfolgenden Teilen der Arbeit werden Sta- bilisierungsszenarien zur Bewertung langfristiger Ziele hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Klimaschutz herangezogen.

3 Emissionsentwicklung, Klimaschutzziele und Emis- sionshandel

Der naturwissenschaftlich bewiesene anthropogene Klimawandel zwang die Politik zum Handeln. Ein Resultat dieser Aktivitäten ist das Kyoto-Protokoll und die darin vereinbar- ten Reduktionsziele. Dieses ist jedoch nur bis zum Jahr 2012 gültig. Da es aus globaler Sicht von zweitrangiger Bedeutung ist, wo die Emissionsreduktionen zum Erreichen die- ser Ziele erbracht werden, solange eine tatsächliche Verringerung der Emissionen erzielt wird, wurden im Kyoto-Protokoll die flexiblen Mechanismen Emissionshandel, Joint Implementation und Clean Development Mechanism festgehalten, um die Minderung von Emissionen kostengünstig und ökologisch treffsicher zu gestalten.

3.1 Klimaschutzziele

Die Schwierigkeit Klimaschutzziele festzulegen, lässt sich zum einen aufgrund des bis jetzt noch unzureichenden Wissens über die Zusammenhänge des Klimasystems und der Stoffkreisläufe erklären. Es ist noch nicht geklärt, was als gefährliche anthropogene Stö- rung des Klimasystems angesehen werden muss und welches Niveau der Treibhausgas- konzentration „sicher“ ist, also eine solche Störung nicht zur Folge hat. Zum anderen stellt die Festlegung von Klimaschutzzielen auch eine politische Herausforderung dar. Da das bedeutendste Treibhausgas CO2 durch den Menschen hauptsächlich bei der Nutzung fossiler Brennstoffe produziert wird, bedeuten Klimaschutzziele immer auch einen tiefen Eingriff in die Gesellschaft, von dem jeder betroffen ist.

3.1.1 Kurzfristige Klimaschutzziele (bis 2012)

Um Aussagen der Klimarahmenkonvention von Rio zu konkretisieren (vgl. Kap. 2.4.1) und Maßnahmen zum Klimaschutz auszuarbeiten und zu verhandeln, treffen sich seit 1995 189 Vertragsstaaten jährlich zu Konferenzen (Conference of the Parties, COP), auch „Weltklimagipfel“ genannt. Auf der 3. Vertragsstaatenkonferenz in Kyoto wurde 1997 das Kyoto-Protokoll verabschiedet, welches das wohl wichtigste der globalen Umweltabkom- men ist. Nach langen Verhandlungen war es zum ersten Mal gelungen, sich auf verbindli- che Reduktionsziele und -maßnahmen zu einigen und globale Obergrenzen für die Treib- hausgasemissionen festzulegen. Außerdem erkennen die Industrieländer ihre historische Verantwortung für die Erderwärmung an. Aus diesem Grund übernehmen in der ersten Verpflichtungsperiode von 2008 bis 2012 nur die Industrieländer und nicht die Entwick- lungsländer Reduktionsverpflichtungen. Diese bestehen in einer Minderung der gemein- samen Emissionen der Treibhausgase CO2, CH4, Distickstoffoxid bzw. Lachgas (N2O), Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC), wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFC) und Schwefelhexafluorid (SF6) um mindestens 5 % unter das Niveau von 1990. Zur Zielerrei- chung stehen den Vertragsstaaten neben der Reduktion durch nationale Maßnahmen drei flexible Mechanismen zur Verfügung:

- der weltweite Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten (Emissionshandel),
- die Entwicklung und der Transfer von einschlägiger Technologie (Joint Implemen- tation) und
- das Umsetzen von Maßnahmen in Entwicklungsländern (Clean Development Me- chanism).

Das Kyoto-Protokoll tritt in Kraft, wenn mindestens 55 Staaten, auf die mindestens 55 % der CO2-Emissionen der Annex-I-Länder nach dem Stand von 1990 entfallen, den Vertrag ratifiziert haben. Die Ratifizierung Russlands Anfang November 2004 machte endlich ein In-Kraft-Treten des Kyoto-Protokolls am 16. Februar 2005 möglich. Damit haben bereits 119 Länder das Kyoto-Protokoll ratifiziert, die Europäische Union tat dies am 31. Mai 2002.

Sowohl die EU als auch die Nationalstaaten für sich sind Vertragsparteien und Unter- zeichner des Kyoto-Protokolls. Nach Artikel 4 des Protokolls ist die EU in der Lage, ihre Reduktionsziele unter den Mitgliedsstaaten aufzuteilen, unter der Voraussetzung, dass die Gesamtreduktionsmenge für die EU mindestens die vereinbarten 8 % bis zur ersten Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 gegenüber dem Basisjahr 1990 (bzw. 1995)1 er- reicht. Die Tatsache des gemeinsamen Auftretens und Handelns wird als „Lastenteilungs- vereinbarung“, „EU- Bubble “ oder „EU- Burden-Sharing “ bezeichnet. Nach Artikel 130r Abs. 4 des EWG-Vertrags (EWGV) (LÄUFER 1990), wird die Europäische Union im Bereich Umwelt insoweit tätig, als die umweltpolitischen Ziele des Vertrags „besser auf Gemein- schaftsebene erreicht werden können als auf der Ebene der einzelnen Mitgliedsstaaten“. Da es sich bei der Verringerung von CO2-Emissionen um eine weltweite Aufgabe handelt, erscheinen gemeinschaftliche Regelungen in diesem Falle angemessener als nationale. Innerhalb der Europäischen Union erfolgte eine Verteilung der Emissionslasten auf die einzelnen Mitgliedsstaaten wie in Abbildung 7 dargestellt2. Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei, Slowenien und Tschechien legten sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls auf Reduktionsziele von 8 % bis zur Periode 2008 bis 2012 fest, Polen und Ungarn auf 6 %. Zypern und Malta besitzen keine eigenen Kyoto-Ziele (EEA 2004a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Die Lastenverteilung der EU-Mitgliedsstaaten, Datenquelle: EEA (2004a).

Deutschland muss im Rahmen der europäischen Lastenverteilung seine Treibhausgas- emissionen bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 um 21 % gegenüber dem Basisjahr 1990 verringern. Zudem hatte sich die Bundesregierung 1990 freiwillig auf ein noch ehrgeizi- geres Ziel festgelegt. Bis zum Jahr 2005 sollte auf der Basis des Jahres 1990 eine CO2- Reduktion von 25 % erreicht werden1 Dieses Ziel wurde zuletzt in der im April 2002 vom Kabinett verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie bestätigt (BUNDESREGIERUNG 2002a). Die Erreichung des Ziels sollte durch das am 18. Oktober 2000 verabschiedete "Nationale Klimaschutzprogramm" unterstützt werden (BUNDESREGIERUNG 2000). Das Reduktionsziel von 25 % wurde letztendlich verfehlt (vgl. Kap. 3.1.2) und davor auch von der Bundesregierung offiziell aufgegeben (SRU 2004a). Die im Kyoto-Protokoll eingegan- genen Verpflichtungen einer Reduktion der Treibhausgase um 5,2 % (global), 8 % (EU) und 21 % (Deutschland) für das Basisjahr 1990 bzw. 1995 sind in Tabelle 4 als relative Emissionsmengen in Prozent und als absolute Emissionsmengen in Mio. t CO2- Äquivalente im Falle der globalen Emissionen dargestellt.

[...]


1 Basisjahr des Kyoto-Protokolls für die CO2-, CH4- und N2O-Emissionen ist 1990, für die PFC-, HFC- und SF6-Emissionen das Jahr 1995.

2 Entscheidung des Rates vom 25. April 2002, 2002/358/EG. Die zum 1. Mai 2004 der EU beigetre- tenen zehn Staaten nehmen gemäß einer Entscheidung des Rates vom 25. April 2002 (2002/358/EG) nicht an der EU-Lastenteilungsvereinbarung teil, haben aber zumindest großteils eigene Kyoto-Ziele.

1 Kabinettsbeschlüsse vom 13.6.1990 und 7.11.1990 und vom 11.12.1991 und 29.9.1994

Fin de l'extrait de 168 pages

Résumé des informations

Titre
Das europäische Emissionshandelssystem und sein Beitrag zu langfristigen Klimaschutzzielen
Université
University of Trier
Note
sehr gut
Auteur
Année
2005
Pages
168
N° de catalogue
V124736
ISBN (ebook)
9783640298556
ISBN (Livre)
9783640793754
Taille d'un fichier
1639 KB
Langue
allemand
Mots clés
Emissionshandelssystem, Beitrag, Klimaschutzzielen
Citation du texte
Judith Hübner (Auteur), 2005, Das europäische Emissionshandelssystem und sein Beitrag zu langfristigen Klimaschutzzielen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124736

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