Eine Region als optimaler Währungsraum


Seminararbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Theoretische Analyse
1.1 Optimale Währungsräume als theoretische Grundlage der regionalen monetären Integration
1.1.1 Traditionelle Kriterien
1.1.1.1 Arbeitsmobilität: Der Ansatz von Mundell
1.1.1.2 Offenheitsgrad: Der Ansatz von McKinnon
1.1.1.3 Diversifikationsgrad: Der Ansatz von Kenen
1.1.1.4 Weitere nicht-klassische Abgrenzungskriterien
1.1.1.5 Traditionelle Abgrenzungskriterien aus regionalökonomischer Sicht
1.1.2 Alternatives Konzept des Kosten-Nutzen-Vergleichs
1.1.2.1 Die Kosten einer Währungsunion
1.1.2.2 Die Nutzen einer Währungsunion
1.1.3 Neuere Kritik der Theorie optimaler Währungsräume
1.2 Die Buchanan’sche Clubtheorie und optimale Währungsräume
1.2.1 Die Bereitstellung des Clubgutes
1.2.2 Die optimale Anzahl von Clubmitgliedern
1.2.3 Bestimmung des simultanen Optimums

2. Empirische Analyse: Die Region „Eurozone“ im Lichte der Theorie optimaler Währungsräume
2.1 Die Operationalisierung der Optimalitätskriterien
2.2 Die optimale Reihenfolge der EWU-Erweiterung: eine Regressionsanalyse

Fazit

Quellenverzeichnis

Einleitung

Eines der Grundprinzipien der Regionalökonomie besagt, „... die Wahl des (Region-) Abgrenzungskriteriums sollte … anhand der zu untersuchenden Problemstellung erfolgen“[1]. So hat 1961 der junge Robert Mundell in seinem Beitrag „A Theory of Optimum Currency Areas“ die Frage nach der optimalen Größe der Region, die eine einheitliche Währung nutzt, aufgeworfen und Regionen selbst als „areas within which there is factor mobility, but between which there is factor immobility“[2] definiert. Diese Abhandlung hat den Auftakt zu einem neuen Forschungsgebiet gegeben und seinen Autor 1999 zum Nobelpreisträger gemacht.

In demselben Jahr führten 11 Mitgliedsländer der Europäischen Union die Gemeinschaftswährung Euro ein, zwei Jahre später kam Griechenland hinzu. Somit entstand ein neuer Währungsraum bzw. die supranationale Region „Eurozone“. 2004 und 2007 führte die EU eine Erweiterung ihrer Mitgliedschaft um mehrere Mittel- und Osteuropäische Länder durch, von denen alle in den nächsten 7-8 Jahren zu den EWU-Mitgliedern werden sollen.[3] Welche dieser Länder sind tatsächlich die Wunsch-Kandidaten für die EWU in der kurzfristigen Perspektive? Wer sollte möglicherweise noch mit dem Beitritt abwarten? Und für wen wäre es sinnvoller die nationale Währung beizubehalten?

Antworten auf diese und andere Fragen versuchen die Forscher im Rahmen der Theorien monetärer Integration zu bekommen, unter denen die oben erwähnte Theorie optimaler Währungsräume eine dominierende Rolle spielt. Den Kern dieser Theorie bilden zahlreiche Kriterien, Ansätze, und Modelle, mithilfe derer es sich beurteilen lässt, ob es für eine Ländergruppe vorteilhaft ist, sich zu einem Währungsraum zusammenzuschließen. Außerdem erlaubt dieses Instrumentarium die optimale Mitgliederzahl einer Währungsunion sowie das Nettonutzen der Einführung einer gemeinsamen Währung zu ermitteln usw.

Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit darin, die in der Theorie optimaler Währungsräume vorgeschlagenen Abgrenzungskriterien systematisch zusammenzustellen, theoretisch zu durchleuchten sowie deren Schwachstellen aufzuzeigen. Darüber hinaus soll eine empirische Untersuchung für die Region „Eurozone“ durchgeführt werden, die die Frage der optimalen Beitrittsreihenfolge der Kandidaten zu diesem Währungsraum beantworten soll. Die Untersuchung begrenzt sich hiermit primär auf die geografische Integrationsregion der heutigen Europäischen Union.

1. Theoretische Analyse

1.1 Optimale Währungsräume als theoretische Grundlage der regionalen monetären Integration

Unter einem Währungsraum oder einem Währungsgebiet wird eine geografische Region verstanden, die entweder durch eine einheitliche Währung gekennzeichnet ist, oder in der verschiedene Währungen zirkulieren, die jedoch durch feste Wechselkurse unwiderruflich miteinander verbunden sind.[4] Gegenüber dem Rest der Welt hat das Währungsgebiet flexible Wechselkurse.[5] Bei der Bestimmung des optimalen Währungsraumes geht es darum, den optimalen Geltungsbereich für eine Währung festzulegen, „… d.h. die regionale Ausdehnung … der Währungsunion…“[6]. Bei der Auswahl der Faktoren, die zur Abgrenzung eines optimalen Währungsraumes von Bedeutung sind, konzentriert sich die gleichnamige Theorie auf die Zielerreichung gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.[7] Unter internem Gleichgewicht wird das Erreichen des optimalen Ausgleichs zwischen Inflation und Beschäftigung verstanden, das externe Gleichgewicht setzt ein Zahlungsbilanzgleichgewicht vor.

1.1.1 Traditionelle Kriterien

Die traditionellen Ansätze im Rahmen der Theorie optimaler Währungsräume befassen sich mit der Suche nach Optimalitätskriterien. Bei der Erfüllung dieser Kriterien kann auf die Variation des Wechselkurses verzichtet werden, da alternative Anpassungsmechanismen für einen Ausgleich asymmetrischer Entwicklungen sorgen können.

1.1.1.1 Arbeitsmobilität: Der Ansatz von Mundell

Das Kriterium der Arbeitsmobilität zur Abgrenzung optimaler Währungsräume ist auf den grundlegenden Mundell’schen Artikel „A Theory of Optimum Currency Areas“ von 1961 zurückzuführen. Betonend insbesondere die Bedeutung der Faktormobilität[8] für die Wahl eines Wechselkurssystems, stellt Mundell fest, dass flexible Wechselkurse nur dann vorteilhaft sind, wenn die Ricardianische Annahme national mobiler, aber internatonal immobiler Produktionsfaktoren zutrifft. Hat diese Annahme keinen Bestand, so ist der Vorteil eines Systems flexibler Wechselkurse nur dann gegeben, wenn die Währungen auf der Grundlage der Grenzen der Faktormobilität reorganisiert werden, um optimale Währungsräume zu erhalten. In Mundell’schen Worten, „… the stabilization argument for flexible exchange rates is valid only if it is based on regional currency areas. If the world can be divided into regions within each of which there is factor mobility and between which there is factor immobility, then each of these region should have a separate currency, which fluctuates relative to all other currencies“[9]. Mundell leitet dieses Ergebnis unter der Prämisse ab, dass Preise und Löhne nach unten starr sind. Deshalb können Störungen nicht über Lohn-, bzw. Preisanpassungen ausgeglichen werden.

Er geht in seiner Analyse von zwei Gebietseinheiten[10] aus, in denen sowohl Vollbeschäftigung als auch Zahlungsbilanzgleichgewicht herrschen. In jedem Gebiet wird ein homogenes Gut produziert, welches sowohl exportiert als auch selbst konsumiert wird. Dieses allgemeine Gleichgewicht wird durch einen Nachfrageschock gestört. Handelt es sich um ein System fester Wechselkurse zwischen beiden Gebieten, dann führt der asymmetrische Schock zu Arbeitslosigkeit in einem und zu einem inflationären Druck im anderen Gebiet. Mundell stellt den Anpassungsweg der Arbeitsmobilität in den Vordergrund. Wenn die Arbeitslosen des zweiten Gebiets in das erste ziehen, kann der dortige Arbeitsnachfrageüberschuss abgebaut werden.[11]

Der Ansatz von Mundell ist in einigen Punkten kritisch zu durchleuchten. Erstens, ist die Arbeitmobilität nur unter sehr restriktiven Annahmen als Anpassungsinstrument dienlich. Unterschiedliche Produktionsfunktionen und Arbeitsproduktivitäten können dazu führen, dass der Rückgang an Arbeitsplätzen in einem Gebiet nicht genau dem Mehrbedarf im anderen Gebiet entspricht. Darüber hinaus ist die Mobilität der Arbeitskräfte vom Alter und dem Ausbildungsniveau der Arbeiter abhängig. Es ist auch anzunehmen, dass insbesondere die jüngeren und hochqualifizierten Arbeitskräfte mobil sind.[12] Hierdurch erfolgt eine Verschiebung der relativen Wettbewerbsfähigkeit des Abwanderungsgebiets zugunsten des Zuwanderungsgebiets. Also kann auch bei hoher Arbeitsmobilität die Bildung einer Währungsunion dazu beitragen, dass gegenläufige wirtschaftliche Entwicklungen einzelner Gebiete verstärkt werden.[13] Zweitens, grenzt Mundell seine ökonomischen Regionen sektoral ab, verwendet aber eine räumliche Arbeitsmobilität, um die Störungen zu beheben. Er definiert damit den Begriff einer Region im funktionalen und nicht im eigentlich räumlichen Sinne.[14] Allerdings entsprechen sich räumliche und sektorale Mobilität nur dann, wenn sich beide Gebiete vollständig spezialisiert haben und sich in geografisch unterschiedlichen Räumen befinden. Drittens, betrachtet Mundell ausschließlich mikroökonomische asymmetrische Schocks. Radü verweist darauf, dass die von Mundell betrachteten mikroökonomischen Störungen wegen der restriktiven Prämisse homogener Ein-Produkt-Gebiete weitgehend auf makroökonomische Schocks übertragbar seien.[15] Wenn alle Gebiete gleichzeitig einer makroökonomischen Störung ausgesetzt sind, kann das Kriterium der Arbeitsmobilität keinen Ausgleich bieten. Schließlich, stellt das von Mundell entwickelte Kriterium einen relativ langsamen Anpassungsmechanismus dar. Selbst wenn die Mobilität des Faktors Arbeit sehr hoch ist, ist nicht damit zu rechnen, dass kurzfristige Nachfrageschocks ausgeglichen werden können.[16]

1.1.1.2 Offenheitsgrad: Der Ansatz von McKinnon

Im Jahre 1963 entwickelt McKinnon den von Mundell angeführten Optimalitätsgedanken weiter und untersucht den Einfluss der Offenheit einer Volkswirtschaft, als das Verhältnis von handelbaren („tradables“) zu den nicht handelbaren („non-tradables“) Gütern, auf das simultane Erreichen eines externen und internen Gleichgewichts.[17] Es wird angenommen, das kleine Inland stehe einem sehr großen Ausland gegenüber, so dass inländische wirtschaftspolitische Änderungen keinen Einfluss auf das ausländische Preisniveau gemessen in Auslandswährung ausüben können. Beim Inland handelt es sich um eine offene Volkswirtschaft, d.h. der Anteil der handelbaren Güter ist im Vergleich zu den nicht handelbaren sehr groß. Wenn sich die inländischen Präferenzen von den nicht handelbaren zu den handelbaren Gütern verlagern[18], entsteht ein Zahlungsbilanzdefizit.[19] Um dieses zu beseitigen, wird eine Abwertung der Inlandswährung vorgenommen, die bei gegebenem Weltmarktpreis zur Erhöhung des Preises der handelbaren Güter (in Inlandswährung) und des relativen Preises zu den nicht handelbaren Gütern führt. Als Reaktion darauf werden die handelbaren Güter mit den nicht handelbaren substituiert, was im Fall der Vollbeschäftigung zum Inflationsdruck führt.

Aus dieser Analyse folgert McKinnon, dass eine kleine und offene Volkswirtschaft, die in der Nähe der Vollbeschäftigung produziert, zum Rückgang der Binnennachfrage für den Zahlungsbilanzausgleich die Instrumente der Geld- oder Fiskalpolitik einsetzten und auf das Instrument der Wechselkursänderung verzichten soll. Diese Aussage ist darauf zurückzuführen, dass die Fähigkeit flexibler Wechselkurse, ein internes und externes Gleichgewicht zu gewährleisten, mit zunehmendem Offenheitsgrad einer Volkswirtschaft sinkt. Deswegen erscheint es für kleine und offene Volkswirtschaften vorteilhaft, eine Währungsunion mit einem durch Geschlossenheit gekennzeichneten Ausland einzugehen.[20]

Das Kriterium der Offenheit zeichnet sich durch eine Reihe erheblicher Schwächen aus. Erstens, geht McKinnon davon aus, dass es sich bei einem offenen Land auch stets um ein kleines Land handelt. Diese Unterstellung trifft aber nicht notwendigerweise zu. Wenn man z.B. ein großes Land, wie die USA an dem Kriterium von McKinnon misst, dann kann man es als relativ offen bezeichnen, da es einen hohen Anteil an handelbaren Gütern produzieren.[21] Zweitens, kann mit Hilfe des McKinnon’schen Kriteriums keine Aussage getroffen werden, ab welchem Offenheitsgrad es für ein Land sinnvoll ist, sich mit einem Partnerland zu einem Währungsraum zu verbünden, d.h. es fehlt an kritischen Werten.[22] Drittens, kann der Offenheitsgrad einer Volkswirtschaft durch relative Preisveränderungen beeinflusst werden und ist deshalb nicht statisch. Die Aufteilung in handelbare und nicht handelbare Güter wird durch die Höhe der Transportkosten bestimmt, welche selbst vom Wechselkurs beeinflusst werden.[23] Prohibitive Transportkosten können durch eine Abwertung der inländischen Währung überkompensiert werden, so dass nicht handelbare Güter zu handelbaren werden. Ähnliche Argumente gelten für Innovationen, die die Transportkosten beeinflussen, so dass die Operationalisierung des Kriteriums sehr schwierig wird.

1.1.1.3 Diversifikationsgrad: Der Ansatz von Kenen

Aufbauend auf kritischer Würdigung der Beiträge von Mundell und McKinnon stellt Kenen einen weiteren Ansatz zur Abgrenzung optimaler Währungsräume dar.[24] Er geht in seinem Modell von der Überlegung aus, dass die Länder mit einem hohen Diversifikationsgrad der Produktions- und Exportstruktur unempfindlicher auf externe mikroökonomische Störungen reagieren als weniger diversifizierte Länder. Je stärker demnach eine Volkswirtschaft diversifiziert ist, desto vorteilhafter sind feste Wechselkurse für sie und umgekehrt.

[...]


[1] Maier/Tödtling (1996:18).

[2] Mundell (1961:658).

[3] Der EWU-Erweiterungsprozess um Mittel- und Osteuropäsche Länder hat in diesem Jahr mit Slowenien bereits angefangen.

[4] Vgl. Neubert (2000:8); ähnlich Feldsieper (1980:546-547).

[5] Vgl. Rühl (1975:124), Gandolfo (1986:372).

[6] Altmann (1994:312).

[7] Vgl. Revelas (1980:15-17).

[8] Mundell differenziert nicht ausdrücklich zwischen den Faktoren Arbeit und Kapital. Seinen Erläuterungen lässt sich jedoch entnehmen, dass die Mobilität der Arbeitskräfte im Vordergrund steht.

[9] Mundell (1961:663).

[10] In Mundell’scher Terminologie werden die Begriffe „Region“ und „Währungsraum“ als Synonyme verwendet. Hierbei setzten sich seine Regionen aus einzelnen Gebietseinheiten bzw. Gebieten zusammen.

[11] Vgl. Mundell (1961:659-661).

[12] Vgl. Ohr (1993:34).

[13] Vgl. Traud (1996:16).

[14] Darauf wurde bereits von Kenen (1969:42) hingewiesen.

[15] Vgl. Radü (1994:144).

[16] Vgl. Ohr (1993:34-35).

[17] Hier und zur folgenden Analyse vgl. McKinnon (1963:717-725).

[18] Es werden immer mehr Import- als im Inland produzierte Güter konsumiert.

[19] Ohne Betrachtung von Kapitalbewegungen.

[20] Vgl. Feldsieper (1980:549).

[21] Beurteilt man hingegen die Offenheit der USA durch das Verhältnis des Außenhandelssektors am inländischen Sozialprodukt, so läge eine relativ geschlossene Volkswirtschaft vor.

[22] Vgl. Kocher (1991:629-630).

[23] Vgl. Salin (1977:186).

[24] Zur folgenden Analyse vgl. Kenen (1969:41-60).

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Eine Region als optimaler Währungsraum
Hochschule
Universität Trier  (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Kommunal- und Umweltökonomie)
Veranstaltung
Regionalökonomie
Note
1,3
Autoren
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V124908
ISBN (eBook)
9783640307760
ISBN (Buch)
9783640306008
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Optimaler Währungsraum, optimum currency area
Arbeit zitieren
Oleksii Korniichuk (Autor:in)Alina Sorokina (Autor:in), 2007, Eine Region als optimaler Währungsraum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124908

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