Räuberische Aktionäre bzw. missbräuchliche Aktionärsklagen – Evidenz und Handlungsbedarf


Trabajo Escrito, 2008

22 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2. Aktienrechtlicher Aktionärsschutz
2.1 Grundlagen
2.2 Evidenz zur missbräuchlichen Ausnutzung von Aktionärsrechten – räuberische Aktionäre und deren Hilfsmittel
2.3 Eine ökonomische Analyse des aktienrechtlichen Aktionärsschutzes

3. Maßnahmen zur Bekämpfung missbräuchlicher Aktionärsklagen
3.1 Das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)
3.2 Nachbesserungsbedarf bei der Reform des Anfechtungsrechts
3.2.1 Lager 1: Nachjustierung des UMAG
3.2.2 Lager 2: Einschränkung der Anfechtungsbefugnis mittels Mindestanteilsbesitzerfordernis

4. Fazit und Ausblick

III. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Vielfach wird auf die Erforderlichkeit wirksamer Aktionärsschutzrechte im Hinblick auf Kapitalmarkteffizienz hingewiesen.1 Dabei stellt sich stets die Frage, inwiefern Aktionäre diesen Schutz tatsächlich wahrnehmen.2 Zudem lässt sich in der Vergangenheit die missbräuchliche Ausnutzung der vom Gesetzgeber bereitgestellten Rechtsschutzinstrumente verzeichnen. In diesem Zusammenhang fiel vermehrt der Begriff des räuberischen Aktionärs, der vor allem mit dem Mittel der Anfechtungsklage Gesellschaften in höchstem Maße schädigte.3 Bei Betrachtung dieser Tatsache könnte der Verdacht aufkommen, Aktionärsrechte seien entbehrlich, da sie nicht ihren eigentlichen Zweck erfüllen. Ziel dieser Arbeit wird sein, die Notwendigkeit von Aktionärsrechten aufzuzeigen und Mittel vorzustellen, die die Eindämmung missbräuchlicher Aktionärsklagen vorantreiben.

1.2 Gang der Untersuchung

Zunächst soll auf das Phänomen missbräuchlicher Aktionärsklagen näher eingegangen werde. Dazu sollen die wesentlichen Aktionärsrechte vorgestellt werden (Kapitel 2.1). Danach wird ein kurzer Überblick über missbräuchliche Klagen in der aktienrechtlichen Geschichte gegeben, wobei auf die Problematik der Entstehung eines regelrechten Klagegewerbes eingegangen wird (Kapitel 2.2). Nachdem die Evidenz räuberischer Aktionäre belegt worden ist, soll mit Hilfe einer ökonomischen Analyse die Notwendigkeit aktienrechtlichen Aktionärsschutzes aufgezeigt werden. Zudem wird das Anfechtungsrecht auf mögliche Schwächen hin untersucht (Kapitel 2.3). Im dritten Teil dieser Arbeit werden die Bemühungen und Mittel des Gesetzgebers missbräuchliche Aktionärsklagen einzudämmen beschrieben und die hierzu vertretenen Meinungen aus Wissenschaft und Praxis vorgestellt (Kapitel 3). Abschließend wird ein Fazit gezogen und die Meinung des Autors zum bestehenden Handlungsbedarf dargestellt (Kapitel 4).

2. Aktienrechtlicher Aktionärsschutz

2.1 Grundlagen

Aktiengesellschaften handeln durch ihre Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung, weshalb man auch von organschaftlichem Handeln spricht.4 Das Verhältnis der aktiengesellschaftlichen Organe untereinander ist von besonderer Bedeutung und erst eine funktionierende Interaktion garantiert den Erfolg eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang wird meist von Corporate Governance gesprochen. Dabei wird das Ziel „[…] einer optimalen Form der [Unternehmens-] Führung innerhalb des gesetzlichen Rahmens […]“5 verfolgt. Das Zusammenspiel von Führung und Kontrolle spielt dabei eine wesentliche Rolle. Aktionäre üben ihre Rechte in der Hauptversammlung aus, wobei vordergründig die von ihnen beauftragten Organe bezüglich der Wahrnehmung ihrer Interessen überwacht werden.6 Dazu stehen ihnen grundsätzlich, die in der Folge erläuterten Aktionärsrechte zur Verfügung.

Nach herrschender Meinung erlangen Anteilseigner durch ihren Aktienbesitz Vermögens- und Verwaltungsrechte.7 Unter Vermögensrechten versteht man in erster Linie das Recht auf Dividende, das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen sowie das Recht auf Abfindung und Ausgleich.8 Verwaltungsrechte spielen im Kontext dieser Arbeit eine essentielle Rolle, weshalb auf diese etwas detaillierter eingegangen werden soll.

Mit dem Erwerb eines Anteils an einem Unternehmen soll der Aktionär in die Lage versetzt werden verwaltungsrechtliche Aufgaben zu übernehmen. Ein wesentliches Aktionärsrecht ist die Teilnahme an den regelmäßig stattfindenden Haupt- versammlungen der Gesellschaft. Dem Informationsbedarf der Aktionäre soll mit Hilfe des Auskunftsrechts entsprochen werden. Demnach ist gemäß § 131 AktG jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Belange der Gesellschaft zu erteilen. Hierzu zählt auch das Rederecht des Aktionärs, wodurch Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben werden soll. Bei Abstimmungen im Rahmen der Annahme oder Ablehnung von Hauptver- sammlungsbeschlüssen hat der Aktionär Stimmrecht, welches im Normfall nach dem jeweiligen Aktiennennbetrag ausgeübt wird.9

Ein wichtiges Instrument zum Schutz der Aktionäre, vor allem der Minderheitsaktionäre10, stellt das Anfechtungsrecht gemäß §§ 243 ff. AktG dar. Es bietet den Aktionären Rechtsschutz bei Beschlussmängeln. „[…] Beschlüsse der Hauptversammlung [können] wegen Verletzung von Gesetz oder Satzung angefochten werden […]“11. Anfechtungsbefugt sind demnach Aktionäre, die beispielsweise ungerechtfertigt die Teilnahme an der Hauptversammlung versagt bekommen, denen das Auskunftsrecht zu Unrecht verweigert wird oder wenn es zu einer nicht gesetzes- oder satzungskonformen Abstimmung kommt, also wesentliche Mitgliedschaftsrechte missachtet werden. Die Nichtigkeitsklage ist eng verknüpft mit der Anfechtungsklage und oft ist eine Trennlinie nur schwer zu ziehen.12 Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass es sich um keine Gestaltungs- sondern um eine Feststellungsklage handelt. So kann auch im Nachhinein festgestellt werden, ob ein Beschluss von Anfang an nichtig war. Im Gegensatz dazu muss bei einer Anfechtung Widerspruch schon während der Hauptversammlung eingelegt werden.13

2.2 Evidenz zur missbräuchlichen Ausnutzung von Aktionärsrechten – räuberische Aktionäre und deren Hilfsmittel

Seit dem Entwurf eines eigenen Aktiengesetzes im Jahre 1884 wurden im

zyklischen Verlauf verstärkte und weniger intensive Phasen der Ausnutzung von Aktionärsschutzrechten registriert. Vor allem Anfechtungsklagen schienen dabei als Instrument hervorragend geeignet zu sein. So verzeichnete man in der Vergangenheit Reformvorschläge zur Beschränkung oder auch zur Ausweitung dieses Individualrechts, je nach Häufigkeit von missbräuchlichen Klage- erhebungen. Es entstanden beispielsweise Gesetze wonach bei „[…] vorsätzlich oder grob fahrlässig initiierten, im Ergebnis unbegründeten Anfechtungsklagen […]“14 ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werden konnte, diese allerdings in einer Phase geringerer Klageaktivität wieder abgeschafft wurden. Ab dem Jahr 1975 erlangten Anfechtungsklagen eine neue Qualität, da sie vermehrt in Form von Erpressungen auftraten. So wurde im Jahre 1977 zum ersten Mal das Angebot publik, eine Klage bei Zahlung eines angemessenen Betrages zurückzunehmen.15 Dies mündete in eine wahre Welle von Anfechtungsklagen, was der Entstehung eines neuen Gewerbes gleichkam.16

Baums, der eine Vielzahl von gerichtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zwischen 1980 und 1998 untersuchte, spricht von „Berufsklägern“17. Er stellte in seiner Studie fest, dass eine Gruppe von ungefähr zehn Einzelpersonen mit etwa der Hälfte aller gerichtlichen Verfahren in Verbindung zu bringen ist. Sie scheinen sich hauptberuflich die Rücknahme von angedrohten oder eingeleiteten Klageverfahren von den betroffenen Gesellschaften vergüten zu lassen. Die Tatsache, dass weniger als die Hälfte der untersuchten Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen zu Ende gebracht wurden, lässt den Verdacht aufkommen, dass es diesen Klägern nicht um den Erfolg der Klage, sondern eher um das eigene Wohl und somit den eigenen Geldbeutel ging.18

Die Schwierigkeit liegt in einer allumfassenden Definition des Begriffs Rechtsmissbrauch. Vor allem der Aspekt der persönlichen Bereicherung wird oft angeführt. In extremen Fällen wird bewusst die Schädigung des Unternehmens angestrebt, um das Erpressungspotenzial zu erhöhen. Die stetig ansteigende Zahl von Aktionärsklagen und die Tatsache, dass häufig die gleichen Kläger auftreten, lassen zudem die Vermutung eines Missbrauchs aufkommen. Dabei besteht die Gefahr klagende Aktionäre unter Generalverdacht zu stellen und somit den ansonsten legitimen Rechtschutzbehelf pauschal zu verurteilen.19 Der lästige Gebrauch von Aktionärsrechten dürfe nicht grundsätzlich als Missbrauch abgetan werden, damit redliche Aktionäre von diesem sonst nützlichen Schutzinstrument auch weiterhin Gebrauch machen.20 Häufig wird auf die Doppelfunktion des Anfechtungsrechts hingewiesen, da es als Rechtsmittel zur Wahrung persönlicher Interessen und als Kontrollinstrument zur Beachtung von Gesetz und Satzung mit Schutzwirkung für alle Aktionäre dient.21

Beim Vorgehen der räuberischen Aktionäre lässt sich immer das gleiche Schema beobachten. Nach der Bekanntmachung einer Hauptversammlung oder der Tagesordnung einer Hauptversammlung wird eine geringe Anzahl an Aktien erworben, falls sich diese noch nicht in deren Besitz befindet. Während der Hauptversammlung wird dann Widerspruch gegen einen ausgewählten Beschluss zu Protokoll gegeben. Danach wird vor dem zuständigen Gericht die Anfechtungs- klage erhoben oder zumindest wird das Vorhaben gegenüber der Gesellschaft angedroht. Letztendlich können die räuberischen Aktionäre aus einer starken Position heraus mit der Gesellschaft in Verhandlung treten und das Verfahren im Gegenzug einer Entschädigung beenden.22 Ein besonderes Druckmittel resultiert aus der Tatsache, dass eintragungsbedürftige Beschlüsse, die angefochten werden, einer Registersperre unterliegen, wodurch wichtige Entscheidungen blockiert werden können. Gesellschaften drohen dadurch handlungsunfähig zu werden, weshalb sie häufig dazu tendieren solch lästige und zeitaufwendige Verfahren mittels Vergleichszahlungen zu beenden.23 Dabei begibt sich der Vorstand auf gefährliches Terrain, da die gewährten Sonderzahlungen prinzipiell gegen den gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz (§ 57 I 1. AktG) und das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre (§ 53a AktG) verstoßen und er somit im schlimmsten Fall zur Haftung herangezogen werden könnte. Eine Entlastung wurde bisher aber mit Begründung der Abwehr eines für die Gesellschaft schweren Schadens und dem Geschäftsleiterermessen (§ 93 I 2. AktG) rechtfertigt.24

[...]


1 Vgl. La Porta, R. et al. (1998): S. 1152.

2 Vgl. Gehlert, S. (2001): S. 92. Man betrachte hierzu nur die geringe Hauptversammlungspräsenz von Kleinaktionären.

3 Vgl. Freudenberg, T. (2008): S. R273 und Poelzig, D./ Meixner, P. (2008): S. 197.

4 Vgl. Klunziger, E. (2006): S.169 ff.

5 Peemöller, V. H.(2000): S. 653.

6 Vgl. Peemöller, V. H. (2000): S. 653 und Gabler Lexikon (2000): S. 1419. Siehe auch Kapitel 2.3, wo auf die Prinzipal-Agenten Beziehung zwischen Aktionären und Vorstand eingegangen wird.

7 Vgl. Gehlert, S. (2001): S. 61.

8 Vgl. Gehlert, S. (2001): 79 ff.

9 Vgl. Gehlert, S. (2001): 66 ff.; S. 71 ff. und Klunziger, E. (2006): S. 180 f.

10 Vgl. Obermüller, W./ Werner, W./ Winden, K. (2001): S. 477.

11 Obermüller, W./ Werner, W./ Winden, K. (2001): S. 490.

12 Vgl. Obermüller, W./ Werner, W./ Winden, K. (2001): S. 480.

13 Vgl. Gehlert S. (2001): 61ff.; S. 77 ff.

14 Bison, H. (1997): S. 194.

15 Vgl. FAZ Nr. 178 (vom 3.8.1977): S. 18, zitiert nach: Bison (1997): S. 195.

16 Vgl. Bison, H. (1997): S. 193 ff.

17 Baums, T. (2000) S. 14.

18 Vgl. Baums, T. (2000): S. 12 ff.

19 Vgl. Gehlert, S. (2001): 94 ff.

20 Vgl. Baums, T. (2000): S. 87.

21 Vgl. Baums, T./ Drinhausen, F. (2008): S.146.

22 Vgl. Bison, H. (1997): S. 195 f.

23 Vgl. Baums, T. (2000): S. 91 f.

24 Vgl. Poelzig, D. (2008): S. 1009 ff.

Final del extracto de 22 páginas

Detalles

Título
Räuberische Aktionäre bzw. missbräuchliche Aktionärsklagen – Evidenz und Handlungsbedarf
Universidad
University of Marburg  (Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsprüfung)
Curso
Seminar zur Wirtschaftsprüfung
Calificación
1,3
Autor
Año
2008
Páginas
22
No. de catálogo
V125084
ISBN (Ebook)
9783640300310
ISBN (Libro)
9783640305148
Tamaño de fichero
555 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Räuberische Aktionäre, Missbräuchliche Aktionärsklagen, Aktienrechtlicher Aktionärsschutz, UMAG, Minderheitsaktionär, Anfechtungsklage, Aktienrecht, Hauptversammlung, Aktiengesetz, ARUG, Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, Anfechtungsrecht, Missbrauch von Anfechtungsklagen, Corporate Governance, Kapitalanleger
Citar trabajo
Jonatan Prosenjak (Autor), 2008, Räuberische Aktionäre bzw. missbräuchliche Aktionärsklagen – Evidenz und Handlungsbedarf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125084

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