Implikationen für die US-Afrikapolitik durch die Schaffung eines eigenständigen Regionalkommandos für Afrika


Term Paper, 2008

25 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die US-Afrikapolitik bis zum Zeitenwechsel 2001/2002

3 Politische Motivation der USA für ein verstärktes Militärengagement in Afrika
3.1 Terrorbekämpfung und politische Stabilisierung
3.2 Energiesicherheit

4 US-Militärische Präsenz und Aktivitäten in Afrika im Zuge der neuen Strategie seit 2001/2002
4.1 Ostafrika
4.2 Westafrika
4.3 Sahelzone
4.4 Militärische Ausbildungsprogramme und Stärkung der gesamtafrikanischen Sicherheitsarchitektur

5 Die Schaffung eines eigenständigen Kommandos für Afrika

6 Schlussteil

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Am 6. Februar 2007 hat der Präsident der Vereinigten Staaten, George W. Bush, das Department of Defense (DOD) beauftragt, ein eigenständiges Militärkommando für Afrika zu schaffen. Das U.S. Africa Command (AFRICOM) soll, nach Plänen des Pentagon, bereits zum 1. Oktober 2008 voll einsatzbereit sein.

Im Zentrum dieser Betrachtung soll die Frage stehen, wie die Schaffung eines eigenständigen Militärkommandos für den afrikanischen Kontinent vor dem Hintergrund des aktuellen US-amerikanischen Militärengagements in Afrika zu bewerten ist. Gerät der schwarze Kontinent durch die Schaffung AFRICOMs tatsächlich in das Fadenkreuz der USA, wie es Wolf Kinzel und Sascha Lange in einer SWP-Studie1 fragen, oder handelt es sich bei diesem Schritt lediglich um eine Neustrukturierung des Militärengagements ohne strategische Neuausrichtung mit dem Ziele die bisherige Strategie effektiver verfolgen zu können, wie es Präsident Bush kürzlich bei einem Treffen mit dem ghanaischen Präsidenten John Agyekum Kufuor nochmals betonte: „[AFRICOM] is a way of making our command relevant to the strategy that we have put in place.“2

Es gilt demnach der Frage nachzugehen, ob AFRICOM eine Wegmarkierung in der US-Afrika-Politik darstellt, oder „lediglich“ als Fortentwicklung der US-afrikanischen Militärkooperation einzuschätzen ist.

Aufgrund der Aktualität der Thematik lässt sich der Forschungsstand schwer bestimmen. Die Tatsache, dass das in der Entstehung befindliche Afrika-Kommando seine volle Einsatzbereitschaft erst voraussichtlich im Herbst diesen Jahres erreichen wird, erschwert die fundierte, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Hintergründen von AFRCOM. Die Forschung zu diesem Thema ist schwerpunktmäßig im US-amerikanischen Raum angesiedelt. Hier haben sich einige „Think Tanks“ mit dieser Fragestellung auseinander gesetzt, welche im Folgenden Beachtung finden werden. Im deutschsprachigen Raum gibt es einige wenige kurz gehaltene Publikationen, wie beispielsweise die bereits angesprochene SWP-Studie oder auch eine Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), sowie Zeitschriftenaufsätze, die der Autor in die Ausarbeitung einfließen lässt. Einige afrikanische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben ebenso zu dieser Thematik veröffentlicht und werden, soweit von Relevanz, in die Argumentation mit einbezogen. Des weiteren stützt sich die Untersuchung - soweit für den Autor zugänglich - auf Verlautbarungen aus offiziellen US-amerikanischen Regierungskreisen, sowie auf die Berichterstattung der anglo-amerikanischen und deutschen Tagespresse.

In einem ersten Untersuchungsschritt (Abschnitt 2) wird zunächst kurz auf die Geschichte der US-afrikanischen Militärkooperation von den 1940er Jahren bis 2002 eingegangen. Die Jahre 2001/2002 stellen, wie noch zu zeigen sein wird, einen Wendepunkt in den US-Afrikanischen Beziehungen dar. Daher sollen in Abschnitt drei die politischen Ziele der USA in Afrika kurz erläutert werden. Der vierte Abschnitt dient der Darstellung des aktuellen US-Militärengagements in Afrika, um darauf folgend (Abschnitt 5) die strategischen Überlegungen, die zur Einrichtung eines eigenständigen Afrika-Militärkommandos geführt haben, sowie die Kernelemente dieses (neuen) Ansatzes, zu umreißen und zu analysieren. Hierbei wird versucht werden, die strategischen Ziele, die mit der Gründung AFRICOMs proklamiert wurden, in Relation zu der bisherigen US-afrikanischen Militärkooperationen zu setzen, um abschließend im Schlussteil (Abschnitt 6) den Versuch zu unternehmen, die aufgeworfene Fragestellung zu beantworten.

2 Die US-Afrikapolitik bis zum Zeitenwechsel 2001/2002

Seit dem zweiten Weltkrieg unterhalten die Vereinigten Staaten Militärbeziehungen zu afrikanischen Ländern. In den 1940er Jahren wurde ein Stützpunkt in Libyen eingerichtet, von wo aus Luftangriffe gegen die Achsenmächte geflogen wurden. In der Frühphase des Kalten Krieges gewann Afrika für die USA an strategischer Bedeutung. So wurden die Maghreb-Nationen ab 1952 in den Verantwortungsbereich des für Europa zuständigen U.S. European Command (EUCOM) eingegliedert. Die Staaten des subsaharischen Afrikas wurden seit 1960 verschiedenen, heute nicht mehr existierenden Kommandos zugeordnet. Die heutige Aufteilung (bis zur Schaffung von AFRICOM) geht auf Ronald Reagan zurück. Unter seiner Präsidentschaft wurden die Staaten am Horn von Afrika dem U.S. Central Command (CENTCOM), welches sich ansonsten für den Nahen und Mittleren Osten verantwortlicht zeigte, zugewiesen. Die restlichen Staaten blieben in der Zugehörigkeit von EUCOM.3

Die strategische Bedeutung Afrikas für die USA und das damit verbundene militärische Engagement wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch den Kalten Krieg geprägt. Im Zuge der Containment-Politik versuchten die Vereinigten Staaten den Einfluss der Sowjetunion auf dem afrikanischen Kontinent zurückzudrängen bzw. einzudämmen. Hierbei unterstützten die USA afrikanische Nationen mit Finanz- und Militärhilfen, die sich, vor allem im Verbund der Vereinten Nationen, gegen die kommunistische Ideologie der Sowjetunion stellten.4

Nach dem Ende des Kalten Krieges schwand das Interesse der USA an Afrika. Das US-Engagement blieb auf humanitäre Einsätze beschränkt. Einen wichtigen Einschnitt markiert hierbei das somalische Fiasko von 1994. Bei einem humanitären Hilfseinsatz in Mogadishu wurden achtzehn amerikanische Soldaten getötet. Vor allem die mediale Aufmerksamkeit und die offensichtliche Hilflosigkeit der sich im Einsatz befindenden U.S. Streitkräfte führte zu einem raschen Rückzug. Die amerikanische Öffentlichkeit stellte den Sinn solcher Hilfseinsätze in Frage, und das Engagement in Afrika wurde so unpopulär wie nie zuvor.5

Auch das Pentagon stellte das geringe militärstrategische Interesse am afrikanischen Kontinent heraus. 1995 verfasste das DOD ein Strategiepapier zur Sicherheitsstrategie in Subsahara-Afrika, indem es unter anderem heißt: „ [...] we see very little traditional strategic interests in Africa.“6

Erst die weltpolitischen Veränderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ließen Afrika wieder mehr in den Fokus der US-Außen- und Sicherheitspolitik rücken. Die Vereinigten Staaten entdeckten neben humanitären Zielen eigene strategische Interessen auf dem afrikanischen Kontinent7 und intensivierten ihre militärischen Aktivitäten seitdem deutlich8. Diese und das damit verbundene weitere US-Engagement in Afrika sollen im Folgenden dargestellt werden.

3 Politische Motivation der USA für ein verstärktes Militärengagement in Afrika

Die Schaffung eines eigenständigen Afrika-Kommandos durch die Bush-Administration verdeutlicht die Wertschätzung, die der afrikanische Kontinent mittlerweile innerhalb der US-amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik genießt.9 Diese Wertschätzung ist eine Konsequenz aus den Herausforderungen, denen sich die USA in der postbipolaren, globalisierten Welt der knapper werdenden Rohstoffe zu Beginn des 21. Jahrhunderts gegenübergestellt sehen. Ein verstärktes militärisches Engagement der USA in Afrika ist bereits seit einigen Jahren zu beobachten. Zur fundierten Beantwortung der aufgeworfenen Fragestellung sollen im Folgenden die politischen Ziele der USA in Afrika kurz dargelegt werden.

3.1 Terrorbekämpfung und politische Stabilisierung

In der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA aus dem Jahre 2002 betont die Regierung der Vereinigten Staaten deutlich das gesteigerte Interesse am afrikanischen Kontinent: „ In Africa, promise and opportunity sit side by side with disease, war and desperate poverty. This threatens both a core value of the United States – preserving human dignity – and our strategic priority – combating global terror.“10 Der Terrorismusbekämpfung wird in den US-afrikanischen Beziehungen offiziell die oberste Priorität zugeordnet.

Die Bedrohung durch den „Internationalen Terrorismus“ hat nicht erst mit dem 11. September 2001 begonnen, wenngleich die Terroranschläge in New York und Washington die USA mit bis dato unbekanntem Ausmaß trafen. 1998 kamen bei Terroranschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 224 Menschen zu Tode. Die Anschläge fanden in einer Zeit statt, in der die Vereinigten Staaten die Beziehungen zu afrikanischen Ländern vor allem durch humanitäre Hilfe geprägt sahen.11 Die damalige Regierung unter Bill Clinton reagierte mit Vergeltungsschlägen gegen eine Chemiefabrik im Sudan, die angeblich chemische Waffen herstellte. Die Erfahrungen, die die USA im August 1998 machen mussten, führten zu einem Umdenkungsprozess und können – drei Jahre vor dem 11. September 2001 – als eine Art erster, vorsichtiger Wendepunkt hin zu einer Vertiefung der US-afrikanischen Außen- und Sicherheitsbeziehungen gesehen werden.12

Das Problem der „weak-„ bzw. „failed states“ in Afrika ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Terroristische Gruppierungen haben in vielen afrikanischen Ländern, deren Regierungen nicht in der Lage sind, das staatliche Gewaltmonopol zu verteidigen bzw. sämtliche Regionen des jeweiligen Landes zu kontrollieren, oftmals leichtes Spiel. Dies stellt für das nationale Sicherheitsverständnis der USA eine reelle Bedrohung dar, da islamistisch-terroristische Bewegungen in vielen (teil-) muslimischen Ländern Afrikas an Zulauf gewinnen. Als jüngstes Beispiel für diese Bedrohung ist der Fall Somalia zu nennen. Hier hatten islamische Fundamentalisten 2006 die Hauptstadt Mogadishu besetzt. Die USA reagierten, indem sie eine äthiopische Intervention in Somalia unterstützten.13

Das in Afrika weit verbreitete Problem der „faild states“, in Verbindung mit islamisch-fundamentalistischen Bewegungen, ist vor dem Hintergrund der schwachen innerafrikanischen Sicherheitsarchitektur zur größten militär- und sicherheitspolitischen Herausforderung für die USA in Afrika geworden. Als Konsequenz aus diesen Entwicklungen legen die USA mittlerweile das Hauptaugenmerk auf die Stärkung der nationalen, regionalen und kontinentalen Sicherheitsarchitektur in Afrika.14 Diese neuen Herausforderungen, sowie die Rolle Afrikas in der US-amerikanischen Außenpolitik charakterisiert Linda Thomas-Greenfield, zuständig für „African Affairs“ im „Department of State“(DOS), als „[...] a strategy to operate more effectively in a world where non-state actors, and illegal trans-border activity, can pose essential threats to even the most powerful of countries. This strategy has move Africa from the margins to the center of American foreign policy.”15

Diese neue Strategie verfolgen die Vereinigten Staaten, nach Thomas-Greenfield, bereits seit 2001.16

[...]


1 Wolf Kinzel; Sascha Lange, Afrika im Fadenkreuz der USA?, SWP-Aktuell 17/März 2007, S. 1 ff.

2 Charles W. Corey, Bush Explains Focus of Africa Military Command, 20. Februar 2008, in: http://www.africom.mil/getArticle.asp?art=1651 (11. März 2008), zu Beginn des Textes.

3 Vgl. Lauren Ploch, Africa Command: U.S. Strategic Interests and the Role of the U.S. Military in Africa, CRS Report for Congress, 7. Dezember 2007, S. 29f.

4 Eine gute Darstellung zur US-Afrika-Politk während des Kalten Krieges liefert Peter J. Schraeder, United States Foreign Policy toward Africa, Incrementalism, Crisis and Change, Cambridge Studies in International Relations, 31, Cambridge 1994, S. 247ff.

5 Vgl. “Ploch”, S. 30.

6 Zit. nach: Ebd., S. 30.

7 Vgl. Dustin Dehez, Ein Kommando für Afrika. Die USA setzen mit AFRICOM ihr neues strategisches Konzept um, in: Internationale Politik, 12/2007, S. 78.

8 Gerald LeMelle, Africa Policy Outlook 2008, 7. Februar 2008, in: http://www.fpif.org/fpiftxt/4949 (21. März 2008), Abschnitt: Militarizing Aid.

9 Vgl. Dr. Wafula Okumu, Africa Command: Opportunity for Enhanced Engagement or the Militarization of U.S.-Africa Relations?, 2. August 2007, in: http://foreignaffairs.house.gov/110/oku080207.htm (11. März 2008), Abschnitt: “Background”.

10 The White House, The National Security Strategy of the United States, September 2002, S. 10.

11 Siehe Kapitel 2.1.

12 Vgl. “Ploch”, S. 12.

13 Vgl. “Dehez”, S. 81.

14 Vgl. Brett D. Schaefer, Creating an Africa Command: Bush Administration Makes the Right Call, Web Memo 1349, Heritage Foundation, Februar 2007, in:

http://www.heritage.org/Research/Africa/upload/wm 1349.pdf (18. März 2008), S. 1.

15 Linda Thomas-Greenfield, Remarks on Africom, State Department Press Release, 29. Januar 2008, S.1.

16 Ebd. S. 1.

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Implikationen für die US-Afrikapolitik durch die Schaffung eines eigenständigen Regionalkommandos für Afrika
College
University of Bonn  (Seminar für Politische Wissenschaft und Soziologie)
Course
Internationale Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel Afrikas
Grade
1,3
Author
Year
2008
Pages
25
Catalog Number
V125107
ISBN (eBook)
9783640308088
ISBN (Book)
9783640306244
File size
439 KB
Language
German
Keywords
Implikationen, US-Afrikapolitik, Schaffung, Regionalkommandos, Afrika, Internationale, Entwicklungszusammenarbeit, Beispiel, Afrikas
Quote paper
Joscha Hansen (Author), 2008, Implikationen für die US-Afrikapolitik durch die Schaffung eines eigenständigen Regionalkommandos für Afrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125107

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