Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Anthropomorphismus
2.1 Begriffserklärung
2.2 Beispiel Kaffeevollautomat
2.3 Beispiel KFZ
3 Nudging
3.1 Begriffserklärung
3.2 Attributives Framing am Beispiel des „Frozen Joghurt“
3.3 Weiter Beispiel für attributives Framing
4 Stroop-Effekt
5 Trojanisches Marketing
5.1 Begriffserklärung
5.2 Vorlagen und Muster
5.3 Fallbeispiel zu Schemabilder anhand „Bögl Bauservice“
5.3.1 Grunddaten
5.3.2 Markt und Wettbewerbssituation
5.3.3 Aufgabenstellung
5.3.4 Zielsetzung
5.3.5 Zielgruppendefinition
5.3.6 Trojanischer Marketingansatz
5.3.7 Informationsveranstaltung und Kommunikation
5.3.8 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kaffeevollautomaten (ELG E-Learning Group, S. 1)
Abbildung 2: Audi TT (Eurocarnews, 2022)
Abbildung 3: Frozen Yoghurt (ELG E-Learning Group, S. 2)
Abbildung 4: Stroop-Effekt (ELG E-Learning Group, S. 3)
Anmerkung der Redaktion: Abbildungen wurden aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
1 Einleitung
Die Grundlage von Neuromarketing liegt in der Tatsache, dass der Mensch Kaufentscheidungen nicht nur rational trifft bzw. nicht den HOMO OECONOMICUS verkörpert (Traindl, 2007).
Hauptaugenmerk im Bereich Neuromarketing liegt speziell in der Erforschung unbewusster und nicht direkt beobachtbarer Prozesse im menschlichen Gehirn (Fuchs, 2013), wobei versucht wird, diese sowohl unbewusst als auch bewusst ablaufende Prozesse als eine Einheit zu betrachten, welche sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern als ein Ganzes auftreten (Scheier & Held, 2010, S. 24).
In dieser Hausarbeit werden vier Themen aus dem Bereich des Neuromarketing behandelt. Das erste Thema befasst sich mit dem Anthropomorphismus, worunter die Übertragung menschlicher Eigenschaften und Charakteristika auf nichtmenschliche Agenten verstanden wird. Im daran anschließenden Kapitel wird auf das sg. Nudging bzw. dem attributiven Framing eingegangen, welches durch die Wahl der richtigen Attribution bei Produkten Kaufimpulse auslösen soll. Kapitel 4 erläutert den sg. Stroop-Effekt, welcher einen mentalen Verarbeitungskonflikt beschreibt. Das abschließende Kapitel widmet sich einem trojanischen Marketingkonzept unter Zuhilfenahme von Schemabildern, um einerseits als konkretes Ziel Lehrling anzusprechen, andererseits aber auch das Image der betreffenden Branche zu heben.
2 Anthropomorphismus
2.1 Begriffserklärung
Der aus dem Griechischen stammende Begriff Anthropomorphismus setzt sich aus den Wörtern anthrōpos (für menschlich) und morphē (für Form) zusammen. Im 6. Jahrhundert vor Christus kritisierte der Philosoph Xenophanes von Kolophon die Tatsache, dass die angebeteten Götter in der gleichen Weise wie die sie anbetenden Menschen dargestellt werden. Seiner Auffassung folgend übertrug der Mensch seine eigenen Charakterzüge, sein Wesen und Aussehen sowie seine Fehler und Schwächen auf die Götter. Dadurch war die vermutete Gestalt primär auf die Zuschreibung durch den Menschen zurückzuführen. Diese Überlegungen bildeten die Basis des Anthropomorphismus. Im Lexikon der Psychologie findet sich folgende Definition:
„ Anthropomorphismus, das Hineininterpretieren von menschlichem Erleben oder menschlichen Zügen in nichtmenschliche Wesen (v.a. Tiere), ähnlich der Vorgehensweise beim Adultomorphismus. Tendenz, die Äußerungen der belebten und unbelebten Umwelt in Analogie zum menschlichen Erleben und Verhalten zu deuten, entspricht dem magischen Denken im Kleinkindalter und dem Glauben von Erwachsenen an Mythen.“ (Lexikon der Psychologie, 2020)
Anthropomorphismus beschreibt also die Übertragung von menschlichen Charakteristika oder Eigenschaften auf nichtmenschliche Agenten (Epley et al., 2007), wobei diese damit über eine Beschreibung physischer Erscheinungen hinausgeht. Epley et al. (2007) sowie Kim et al. (2016) beschreiben eine Übertragung geistiger Fähigkeiten wie Stolz oder ein eigenes Bewusstsein, also Fähigkeiten, in deren Besitz nur der Mensch sein kann, sowie weiters die Übertragung von Emotionen und Intentionen auf nichtmenschliche Entitäten. Gegenständen (Epley et al., 2008) und Tiere (Hirschman, 1994) können ebenso wie Produkte (Hart et al., 2013) oder auch digitale Systeme (Adam et al., 2019) zu den anthropomorphisierten Entitäten zählen, wobei diese Zuordnung sowohl in der Gestalt als auch im Verhalten zum Ausdruck gebracht werden kann.
Die menschenähnliche Wahrnehmung kann daher einen positiven Effekt auf die Entstehung des Anthropomorphismus ausüben. Beispielsweise konnte der empirische Nachweis erbracht werden, dass Gegenstände eher anthropomorphisiert werden, wenn diese vereinzelte optische Ähnlichkeiten zu Menschen aufweisen. Es wurde hierbei experimentell unter anderem auf einen Kühlergrill, der einem menschlichen Mund nachempfunden wurde, oder auch Gegenständen, die Darstellungen von Augen enthielten, zurückgegriffen (Aggarwal & McGill, 2007).
Ebenfalls berichten Aggarwal und McGill (2007) am Beispiel eines Saugroboters über die Entstehung von Anthropomorphismus. Die Fähigkeiten des Objekts, sich selbständig durch den Raum zu bewegen, löste mit der ihm dadurch zugeschriebenen Einsamkeit bei manchen Besitzern das Bedürfnis aus, diese Einsamkeit durch den Kauf eines zweiten Saugroboters zu mildern.
Die Fähigkeit zur Kommunikation stellt schließlich ein entscheidendes Kriterium zur Begünstigung der Entstehung von Anthropomorphismus dar. Nichtmenschliche Agenten, welche Fähigkeiten zur Kommunikation Menschen besitzen, können lt. Moussawi und Koufaris (2019) häufiger anthropomorphisiert werden.
„Aufgrund einer bekannten, wenn auch noch nicht erklärten instinktiven Tendenz unterstellt der Mensch dem, was um ihn herum agiert oder reagiert, Intentionen, einen Willen, eine Kausalität analog der seinen: den Mitmenschen, den Tieren und den Körpern, die durch ihre Bewegung das Leben nachahmen (den Wolken, den Flüssen usw.).“ Ribot (1897)
2.2 Beispiel Kaffeevollautomat
Anhand zweier Abbildungen von Kaffeeautomaten soll der Anthropomorphismus beispielhaft erörtert werden.
Die Produktbilder zeigen beide eine auf den ersten Blick ähnlich Ausführung desselben Kaffeevollautomaten. Die Produktbilder weisen bzgl. der Anordnung der Bedienelemente gewisse Unterschiede auf. So wirkt das rechte Produkt mit den zusätzlichen Optionsschaltern und deren gebündelter Anordnung etwas moderner, insgesamt jedoch vermittelt das linke Produkt einen positiveren Eindruck. Dies liegt an der Anlehnung des Produktdesigns an ein positives, lächelndes menschliches Gesicht beim linken Produkt, wo hingegen beim rechten Produkt ein eher negatives menschliches Gesicht interpretiert werden kann.
2.3 Beispiel KFZ
Autos sind oftmals anthropomorphisierte Produkte, was sich meist auf die Frontpartie konzentriert, da diese den wesentlichen Charakter eines Autos prägt.
Der abgebildete Audi TT zeigt keine ausgesprochen unfreundlichen oder direkt aggressiven Gesichtszüge, sondern vermittelt eher einen erhabenen und überlegenen Eindruck. Die Frontpartie vermittelt durch die an zugekniffene Augen erinnernden Scheinwerfer an eine Fahrt mit hoher Geschwindigkeit. Die damit einhergehende Assoziationen wie Luxus und Kraft lassen sich nach Häusel (2008, 69f) in der Limbic Map® dem Dominanz- und Stimulanz-System zuordnen und lösen beim Konsumenten dadurch entsprechende Emotionen aus.
Interessant ist, dass mit der Jahrtausendwende beim Fahrzeugdesign ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Waren aggressive Ausdrucksformen zuvor vermehrt bei Sportwagen zu finden, halten diese nun auch bei Stadtwagen oder Familienmarken Einzug (Schade, 2017).
3 Nudging
3.1 Begriffserklärung
Erkenntnisse der Psychologie und der Neurowissenschaften belegen, wie schwierig es teilweise für Menschen ist, die richtige Entscheidung zu treffen. Das Konzept des Nudging beruht auf diesen Erkenntnissen (Jakubowski, 2018, S. 5) und wurde von den US-amerikanischen Professoren Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein in ihrem 2008 erschienenen Buch „Nudge. Improving Decisions about Health, Wealth and Happiness“ (deutscher Titel: „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“) geprägt. Darin definieren sie den Begriff wie folgt:
„A nudge, as we will use the term, is any aspect of the choice architecture that alters people’s behavior in a predictable way without forbidding any options or significantly changing their economic incentives. To count as a mere nudge, the intervention must be easy and cheap to avoid. Nudges are not mandates. Putting the fruit at eye level counts as a nudge. Banning junk food does not.“ (Thaler & Sunstein, 2009, S. 6)
Damit stellt die Abgrenzung zum Rational Choice Paradigma (Bradbury et al., 2013) den Ausgangspunkt der Nudge-Theorie dar, welche mit der Differenzierung zwischen sogenannten „Humans“ und „Econs“ operiert (Thaler & Sunstein, 2009, S. 16). In dieser Theorie sind Humans fehlbar, selten rational und entscheiden sich häufig zu ihren eigenen Ungunsten. Sie werden in diesem Zusammenhang auch als schwache Subjekte bezeichnet. Die in Anlehnung an den homo oeconomicus bezeichneten Econs wiederum stellen das genaue Gegenteil dar, handeln und entscheiden in dieser Theorie rational und kontrolliert und somit zu ihren eigenen Gunsten. Das Ignorieren der Unbeholfenheit der Gruppe der Humans sowie die Behandlung derselben als Econs, ist lt. Thaler und Sunstein (2009) mit ein Grund für die Entstehung gesellschaftlicher Probleme. Die Strategie der Verbesserung der getroffenen Entscheidungen der schwachen Subjekte besteht in der Nuding-Theorie nun darin, eben diesen schwachen Subjekten ausdrücklich ihre Fehlbarkeit und Schwäche zuzugestehen, ohne dabei den Anspruch auf Verbesserungen aufzugeben. Die Nudge-Theorie hat somit als Ausgangspunkt sowie auch als Grenze den Human (bzw. das Humane des Menschen selbst).
Zur Lösung des Problems der schwachen Entscheidungsfindung der Gruppe der Humans wird das Prinzip des libertären bzw. „sanften“ Paternalismus herangezogen. Das autoritäre, bzw. bevormundende Modell des Paternalismus, welches sich selbst auch als eine Art Schutzbefohlener wahrnimmt und in dieser Funktion auf Individuen einzuwirken versucht, wird um eine libertäre Interpretation erweitert, welche in diesem Zusammenhang schlussendlich bedeutet, dass jedem Individuum jederzeit die freie Wahl zugestanden werden muss, sich für oder gegen eine Alternative zu entscheiden. Das Konzept des Nudging versucht hier also, das menschliche Handeln nicht mittels Verbote und Richtlinien zu diktieren, sondern durch „sanfte“ und subtile Anreize in eine richtige Richtung zu lenken, und dadurch schließlich (entscheidungs)schwache Subjekte weg von Entscheidungen mit eventuell folgenden persönlichen Nachteilen hin zu besseren Alternativen zu führen.
Die Einsetzung von Projektgruppen mit konkreten Aufgaben bzgl. des Einsatzes von Nudging Taktiken zur beispielsweise Verbesserung des Bürgerservice oder Einbindung der Verhaltensökonomik in die Politik in Ländern wie die USA, Groß Britannien, Dänemark und Deutschland zeigt, dass das Modell des Nudging mehr als nur eine Theorie ist (Behavioral Scientist, 2014; The Economist, 2022; Zschäpitz et al., 2015).
Grundsätzlich stellt die Nudge-Theorie somit ein positives Modell und Werkzeug zu einer Verbesserung der Gesellschaft zur Verfügung. Durch Ausnutzung des Wissens über die menschliche Psyche können jedoch etische Grenze überschritten und das Modell des libertären Paternalismus für unethische Zwecke eingesetzt werden. Vor allem im Zeitalter der Digitalisierung mit dem daraus entstehenden größten Nebenprodukt Big Data ist auf eine Einhaltung ethischer Grundsätze besonderes Augenmerk zu legen, denn es ergeben sich durch die Auswertung und Interpretation der Daten zahlreiche positive aber ebenso ethisch bedenkliche Ansätze zur Anwendung des Nudging-Modells (Jakubowski, 2018, 11ff.).
3.2 Attributives Framing am Beispiel des „Frozen Joghurt“
Obige Abbildung zeigt zwei, auf den ersten Blick ident aussehende Joghurtbecher. Einzig der Hinweis auf den Fettgehalt unterscheidet diese beiden Produkte voneinander. Das linke Produkt gibt als Fettgehalt 20% an, das rechte Produkt hingegen verweist darauf, 80% fettfrei zu sein. Der Produzent wendet hier bei der Beschreibung des Fettgehalts eine Nudging Strategie an, welche als attributives Framing bezeichnet wird.
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