Muenchen hatte in den Jahren 1942 bis 1945 mehr als 70 Angriffe durch englische und amerikanische Bomberverbaende durchzustehen, mehr als 6000 Menschen starben im Feuer und in den Truemmern. Die Autorin geht in dieser Untersuchung den verschiedenen strategischen und taktischen Konzeptionen der Englaender und Amerikaner nach, die zu der massivsten Verwuestung der bayerischen Metropole in ihrer Geschichte fuehrten.
Gemessen an dem Ausmaß und der Schwere der Luftangriffe, darunter immerhin 30 Großangriffe, erweisen sich die Personenverlust als erstaunlich “niedrig”, wenn auch angesichts der betroffenen Einzelschicksale, derartige Bewertungen nicht angebracht sind. Die damals von ihrer bebauten Fläche und Einwohnerzahl vergleichbare Stadt Köln hatte zum Beispiel 20 000 Luftkriegsopfer zu beklagen. Als sich ab Juli 1944 der Luftkrieg für München intensivierte, waren die Evakuierungen ins bayerische Umland bereits voll im Gange. Gleichzeitig stiegen die Erfahrungen der Münchener Bevölkerung in der Bewältigung der Luftangriffe und sie übte „luftschutzgerechtes Verhalten“. Eine noch entscheidendere Rolle spielte jedoch der Umstand, dass einige von Planung und Stärke potentiell katastrophale Angriffe mit Feuersturmgefahr in der Praxis aus Wettergründen oder durch Pannen der Angreifer nicht die volle Wirkung entfalteten, so im Dezember 1942, im April 1944 und im Januar 1945.
Die Verluste der beteiligten alliierten Luftstreitkräfte waren ebenfalls schmerzlich: 274 Maschinen kehrten von ihren Operationen gegen München nicht zurück. Dabei verloren die Briten 79 Bomber und insgesamt 553 Soldaten, die 8. USAAF 123 Maschinen und etwa 1230 Mann sowie die 15. USAAF 72 Kampfflugzeuge mit rund 720 Angehörige fliegenden Personals. Damit verloren die Westalliierten bei ihren Angriffen auf München etwa 2500 Soldaten, die entweder getötet, gefangengenommen oder vermisst wurden.
Die urbanen Strukturen in München wurden durch die Zerstörung aus der Luft schwer getroffen: Wohnraum, Kulturbauten und Infrastruktur. Besonders empfindlich traf die ohnehin stets an Wohnungsmangel leidende Stadt die Massenzerstörung von Wohnungen mit zahllosen binnen weniger Stunden auf der Straße stehenden Obdachlosen. Insgesamt 82 000 Wohnungen fielen den Bomben zum Opfer.
Inhalt
1. München als Angriffsziel
2. Der Luftschutz in der Stadt
3. Die fünf Phasen des Angriffsgeschehens gegen München
Der Schutz durch die geographische Lage: September 1939 bis August 1942
Die Einbeziehung Münchens in die Reichweite britischer Flächenangriffe:
September 1942 bis März 1944
Die Einbeziehung Münchens in die „kombinierte Bomberoffensive“: 18
März bis 14. Juni 1944
IV. Die Auswirkungen der alliierten Luftherrschaft auf München
Juli 1944 bis 8. Januar 1945
V. Die Endphase: Strategische und taktische Stör- und Tiefangriffe vom 22
Februar bis zum 29. April 1945
VI. Verluste und Schäden. Eine abschließende Bilanz
München im Luftkrieg 1942 bis 1945
von
Irmtraud Eve Burianek
Die bayerische Metropole München an der Isar war durch ihre Lage - 48 Grad 9’ nördliche Breite, 10 Grad 36’ östliche Länge - exakt im Schnittwinkel der drei wesentlichen strategischen alliierten Luftstreitkräfte im Zweiten Weltkrieg. Das britische Bomber Command der Royal Air Force (RAF) und die 8th United States Army Air Force (8. USAAF) griffen München von ihren Basen in Südostengland aus an, während die 15. USAAF die Stadt von ihrem Stützpunkt Foggia in der süditalienischen Provinz Apulien aus über die gefährlichere Alpenroute anflog. Die Entfernung Münchens von London wie von Foggia betrug gleichermaßen 900 Meilen. Im Fish Code des Bomber Command hatte München bei den Planungen für Flächenangriffe 1941/42 den Decknamen Catfish (dt. Wels) erhalten.[1]
Bereits 1942, unter der Führung von Air Marshall Arthur Harris, holte die RAF zu massiven Schlägen gegen weitentfernte Ziele aus; dazu zählten auch bayerische Städte, die jedoch schon im Sommer 1940 vom Bomber Command mit wenig Erfolg angeflogen wurden. Seit März 1944 griffen die englischen Bomber zusammen mit der 8. USAAF und der 15. USAAF München Tag und Nacht an, teils koordiniert, teils unabhängig voneinander. Die „ kombinierte Bomberoffensive “ ab Sommer 1943 und das Bombardement der deutschen Städte rund um die Uhr (r ound the clock bombing), so wie es die Pointblank - Direktive im Sommer 1943 vorgesehen hatte, wurde nun auch für München bittere Wirklichkeit.[2] Von den 73 verzeichneten Angriffen auf die „Hauptstadt der Bewegung“, wie der offizielle Beiname Münchens unter den Nationalsozialisten lautete, waren dreißig Großangriffe, von denen neun das britische Bomber Command, elf die 8. USAAF und zehn die 15. USAAF ausführten.[3] Die Auswirkungen der in diesen dreißig Angriffen abgeworfenen Bombenlast - nach den alliierten Angaben knapp 25 000 Tonnen Spreng- und Brandmunition[4] - stellte München bei Kriegsende in das Spitzenfeld der deutschen Ruinenstädte.
1. München als Angriffsziel
Für die Planungsstäbe der Alliierten war der Großraum München ein lohnendes Ziel, und dies bei weitem nicht nur wegen der symbolischen und politischen Bedeutung für die herrschenden Nationalsozialisten als Hauptstadt der Bewegung. Folgende Einrichtungen fanden Eingang in die vom Bomber Command 1942 angelegten und später auch von den US-Luftstreitkräften benutzten Bezirkszielkarte für München:[5]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Flughäfen
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Flugzeugindustrie
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Versorgungswerke
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Maschinenbau
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Chemische Industrie
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Leichtmetallwerke
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Militärische Einrichtungen
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Dem Kundigen der Münchener Topographie fallen bei dieser Auflistung sicherlich einige Ungereimtheiten auf, wie das Fehlen der städtischen Kasernen, des Industrieflughafens in Oberpfaffenhofen, des Luftgaukommandos VII in der Prinzregentenstraße oder das Fehlen der für die Entwicklung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff entscheidenden Chemiewerke Linde und EWM in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach. Das Informationsdefizit wurde jedoch bis 1944 aufgeholt, da sich diese Zielgruppen dann in den alliierten Einsatzunterlagen finden, so beim kombinierten Angriff der Amerikaner am 19. Juli gegen die Chemiewerke in Höllriegelskreuth mit dem Ziel, die Entwicklung der deutschen V-Waffe zu blockieren.
Im “Bomber’s Baedeker”, dem “Städteführer” des Bomber Command zu den deutschen Angriffszielen, waren die Informationen zu München bis auf kleinere Mängel präzise recherchiert.[6] Dieses Zielhandbuch maß der bayerischen Hauptstadt besondere Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zu den Fronten zu, aber auch als Sitz wichtiger Flugindustrie mit BMW als Hersteller des standardisierten BMW-801-Flugzeugmotors für die deutsche Jagdwaffe sowie als Ort von Fliegerhorsten. Ebenfalls hervorgehoben wurde der Symbolwert der Stadt als Geburtsstätte der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unter Adolf Hitler, was ein zusätzliches „political target“ darstellte.
In den Planstäben der US-Luftstreitkräfte rangierte München von Herbst 1944 an bis Kriegsende vor allem als hochrangiges Verkehrsziel. Über München liefen die Nord- Süd- bzw. Ost- West- Verbindungen des Schienenverkehrs im Reichsgebiet. Das bedeutete, dass der Nachschub für Italien sowie für den Balkan den Eisenbahnknotenpunkt München passieren musste. Ab Sommer 1944 wurde das Münchner Schienennetz vorwiegend von der 15. USAAF bombardiert, aber auch die 8. USAAF beteiligte sich an dessen systematischer Zerschlagung. Selbst die bis zum Schluss an ihrem Konzept von unterschiedslosen Flächenangriffen (area bombing - Direktive vom 14. Februar 1942) festhaltende RAF setzte ihre Zielmarkierungen gegen Ende 1944 in einer Weise, dass eine weitere Schädigung des Bahnhofsareals garantiert war. Die sofort nach den Angriffen begonnenen Wiederaufbau-maßnahmen am deutschen Eisenbahnnetz trieb die Angreifer zur Verzweiflung. In den gleich nach Beendigung der Kampfhandlungen erstellten USSBS - Berichten[7] wurde gerade den Arbeiten am Verkehrsnetz in München enorme Hartnäckigkeit bescheinigt. Erstaunlich schnelle Reparaturleistung von Strecken und fieberhaftes Arbeiten in den Reichsbahnaus-besserungswerken in Freimann und Neuaubing waren dafür verantwortlich, dass dieses Ziel bis zum Ende trotz katastrophaler Schäden nicht vollkommen ausgeschaltet werden konnte. Die Überkapazität im deutschen Eisenbahnnetz hatte zur Folge, dass die Angreifer ebenfalls eine Überkapazität an Zerstörungskraft investieren mussten, um den Nachschub an die Fronten zu unterbinden. Dies erzeugte wiederum hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung durch Streueffekte auf die umliegenden Wohngebiete, da die Transportziele wie die Münchner Verschiebebahnhofe in den dicht bebauten deutschen Innenstädten lagen.
[...]
[1] Target Information Sheet, Public Record Office (PRO), Kew bei London, Air 40/1522.
[2] Pointblank war der Codename für die von den Combined Chiefs of Staff ausgearbeitete Luftoffensive vom 14. Mai 1943; Abdruck bei Anthony Verrier, Bomberoffensive gegen Deutschland 1939 bis 1945, Frankfurt/Main, S. 324ff.
[3] Irmtraud Permooser, Der Luftkrieg über München 1942 - 1945. Bomben auf die Hauptstadt der Bewegung, München 1997 (2. Aufl.), S. 359; von nun an zitiert als Permooser mit entsprechender Seitenangabe. Dieses inzwischen vergriffene Buch ist die veröffentlichte Dissertation der Autorin dieses Artikels. Der vorliegende Artikel folgt der damals erstellten Strukturierung des Münchner Luftkriegsgeschehens.
[4] Errechnet nach den alliierten Angaben der Bombenlasten; siehe Permooser, S. 359. In den übrigen 43 Angriffen (Stör-, Fehl- und Tiefangriffe) kann ein Schätzwert von ca. 200 Tonnen Bomben festgestellt werden.
[5] District Target Map, PRO, Air 40/1522
[6] The Bomber’s Baedeker (Guide to Economic Importance of German Towns and Cities), 2nd (1944) Edition, Part II Lahr - Zwickau, Munich S. 487 - 498, PRO, Air 14/2663.
[7] United States Srategic Bombing Survey 202: Effects of Bombing on Railroad Installations in Regensburg, Nurnberg and Munich, o.O. 1947.
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