Trotz des vermeintlich vorteilhaften Einsatzes von People-Analytics-Tools wirft ihre Verwendung auch eine Vielzahl an rechtlichen Fragen auf. Schließlich müssen AG innerhalb eines Recruiting-Prozess verschiedene rechtliche Regelungen der DS-GVO, des BetrVGs und des AGGs einhalten. Diese gelten auch wenn eine Einstellung mittels der KI eines People-Analytics-Tools vorgenommen wird.
Im Gegensatz zu den datenschutzrechtlichen oder betriebsverfassungsrechtlichen Komplikationen wurden die offenen Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem AGG und dem Vorliegen einer möglichen Diskriminierung bisher kaum untersucht. Aus diesem Grund soll sich diese Ausarbeitung der Beantwortung der folgenden Frage widmen: Unter welchen Bedingungen liegt eine Diskriminierung i. S. d. AGGs bei der Nutzung von KI durch die Anwendung von People-Analytics-Tools im Recruiting-Prozess vor und unter welchen Umständen können Arbeitgeber dafür haften?
Verstöße gegen das Benachteiligungsgebot nach § 7 AGG i. V. m. § 1 AGG sind, auch ohne den Einsatz von KI, Gegenstand einer Vielzahl von Rechtsfällen. Verschiedene Studien belegen die Benachteiligung von Bewerbern aufgrund ihrer ethischen Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer Religionszugehörigkeit. Während eine Bewerberin mit deutscher Herkunft mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, führten die Bewerbungsunterlagen einer türkischstämmigen Kandidaten, die auf ihrem Bewerbungsfoto ein Kopftuch trägt, nur in 4,2 % der Fälle zu einer Einladung zum persönlichen Gespräch.
Es ist demnach auch zu untersuchen, ob der Einsatz von KI diesem Risiko entgegen wirken kann oder ob die Gefahr der Diskriminierung durch den Einsatz von People-Analytics-Tools steigt. Fraglich ist somit, ob der Einsatz von KI in Form eines People-Analytics-Tools für Unternehmen von Vorteil ist. Dafür wird im Rahmen dieser Ausarbeitung untersucht, unter welchen Umständen der AG für die Software haften muss oder ob KI selbst haftbar gemacht werden kann. So wäre es denkbar,
den Software-Betreiber bzw. den Software-Entwickler in Regress zu nehmen.
Darüber hinaus sind eingangs Rechtsfragen hinsichtlich der Anwendbarkeit des AGGs auf diese moderne und intelligente Form der Technik im Recruiting zu klären und im späteren Verlauf der Anpassungsbedarf des AGGs darzustellen. Es gilt außerdem erste bereits bestehende Ansätze aufzuzeigen, die einen Einsatz von People-Analytics-Tools unter Einhaltung der Rechtsnormen des AGGs ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Begriffsbestimmung
- 1.1 KI im Recruiting – ein neuer Trend?
- 1.2 Ethische Fragen im Zusammenhang mit KI-basierter Personalentscheidung
- 2 Regulierung der Diskriminierung durch KI im Recruiting
- 2.1 Der rechtliche Rahmen
- 2.1.1 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- 2.1.2 Die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO)
- 2.2 Die Regulierung von KI-Systemen
- 2.3 Die Rechtsprechung zum Einsatz von KI im Recruiting
- 3 Die Praxis des Einsatzes von KI im Recruiting
- 3.1 Die Funktionsweise von People Analytics-Tools
- 3.2 Die Risiken des Einsatzes von KI im Recruiting
- 3.3 Die Chancen des Einsatzes von KI im Recruiting
- 4 Lösungsansätze zur Vermeidung von Diskriminierung im Recruiting durch KI
- 4.1 Transparenz und Kontrolle
- 4.2 Algorithmen-Audit und -Zertifizierung
- 4.3 Sensibilisierung von Personalverantwortlichen
- 5 Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwiefern der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Recruiting zu automatisierter Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) führen kann. Ziel ist es, die rechtlichen und ethischen Herausforderungen des Einsatzes von KI im Recruiting zu analysieren und Lösungsansätze zur Vermeidung von Diskriminierung aufzuzeigen.
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Einsatzes von KI im Recruiting
- Risiken und Chancen von KI-gestützter Personalauswahl
- Diskriminierungsrisiken im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Tools
- Möglichkeiten zur Vermeidung von Diskriminierung durch KI
- Ethische Aspekte des Einsatzes von KI im Recruiting
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Diskriminierung im Recruiting durch KI dar und erläutert die Relevanz des Themas. Kapitel 1 definiert den Begriff der KI im Recruiting und beleuchtet die ethischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-gestützter Personalauswahl stellen. Kapitel 2 analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes von KI im Recruiting, insbesondere das AGG und die DS-GVO. Darüber hinaus werden die Regulierung von KI-Systemen und die Rechtsprechung zum Einsatz von KI im Recruiting betrachtet. Kapitel 3 beleuchtet die Praxis des Einsatzes von KI im Recruiting, die Funktionsweise von People Analytics-Tools und die damit verbundenen Risiken und Chancen. Kapitel 4 stellt Lösungsansätze zur Vermeidung von Diskriminierung im Recruiting durch KI vor, wie Transparenz und Kontrolle, Algorithmen-Audit und -Zertifizierung sowie die Sensibilisierung von Personalverantwortlichen. Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.
Schlüsselwörter
Künstliche Intelligenz (KI), Recruiting, Diskriminierung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO), People Analytics-Tools, Algorithmen-Audit, Transparenz, Kontrolle, Ethische Aspekte, Rechtsprechung.
- Quote paper
- Virginia Hildebrand (Author), 2020, Automatisierte Diskriminierung im Recruiting durch den Einsatz von KI? Die Rolle von People-Analytics-Tools im Recruiting-Prozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1257365