Der älteste und meistfrequentierte telefonische Beratungsdienst in Deutschland ist die Telefonseelsorge. Das ist eine Einrichtung der evangelischen und katholischen Kirche, die unter kostenfreien Nummern rund um die Uhr für ein anonymes Gespräch erreichbar ist. Allerdings ist die Telefonseelsorge nicht die einzige Anlaufstelle für die Menschen, die sich in einer Krise befinden und eine dringende Hilfe benötigen. Eins davon ist die bimediale Sendung TALK RADIO bei Eins Live. Die Sendung wird parallel im Radio und in WDR Fernsehen ausgestrahlt. Das Medium Telefon ist die zentrale Größe des Settings der telefonischen Beratung. Das Telefon bestimmt den kommunikativen Prozess der Beratung mit, und hat erhebliche Wirkungen auf die Gestaltung der Kommunikation. So gibt es bestimmte Rituale, die für telefonische Gespräche üblich sind. Die medienspezifische Konstellation dieses Mediums hat zum Wegfall bestimmter kommunikativer Kanäle beigetragen, das führte wiederum dazu, dass sich bestimmte stereotype Muster ausgebildet haben: Gesprächseröffnungen und –beendigung, Gesprächsorganisaton, -phasierung, Steuerung usw. (vgl. Hess-Lüttich 1990: 281)
Der Hauptgegenstand der vorliegenden Hausarbeit ist eine linguistische Analyse eines telefonischen Beratungsgesprächs. Analysiert wird ein Gespräch aus der von Eins Live Radio produzierten Sendung TALK RADIO. Unser Interesse richtet sich in erster Linie auf die sprachlichen Aspekte der Kommunikation. Anhand von dem Beispiel untersuchen wir, wie ein telefonisches Beratungsgespräch eröffnet wird( Kapitel 2); im Weiteren gehen wir darauf ein, wie das Problem des Anrufers präsentiert und behandelt wird( Kapitel 3); schließlich behandeln wir die Beendigungsphase des Gesprächs.(Kapitel 4)
Das Gespräch wurde am 25.07.07. aufgenommen; die gesamte Dauer des Gesprächs ist 13 Minuten 24 Sekunden. Das Gespräch wurde nach GAT Konventionen transkribiert ( Seltinng at al. 1998: 91-122).
Inhalt
Einleitung
1. Das Sendekonzept eins Live Talk Radio
2. Eröffnungs- Phase des Gesprächs
3. Hauptgegenstand des Gesprächs
3.1. Präsentation des Problems
3.2. Lösung des Problems
4. Beendigungsphase des Gesprächs
5. Zusammenfassung
Literatur
Anhang
EINLEITUNG
Der älteste und meistfrequentierte telefonische Beratungsdienst in Deutschland ist die Telefonseelsorge. Das ist eine Einrichtung der evangelischen und katholischen Kirche, die unter kostenfreien Nummern rund um die Uhr für ein anonymes Gespräch erreichbar ist. Allerdings ist die Telefonseelsorge nicht die einzige Anlaufstelle für die Menschen, die sich in einer Krise befinden und eine dringende Hilfe benötigen. Eins davon ist die bimediale Sendung TALK RADIO bei Eins Live. Die Sendung wird parallel im Radio und in WDR Fernsehen ausgestrahlt.
Das Medium Telefon ist die zentrale Größe des Settings der telefonischen Beratung. Das Telefon bestimmt den kommunikativen Prozess der Beratung mit, und hat erhebliche Wirkungen auf die Gestaltung der Kommunikation. So gibt es bestimmte Rituale, die für telefonische Gespräche üblich sind. Die medienspezifische Konstellation dieses Mediums hat zum Wegfall bestimmter kommunikativer Kanäle beigetragen, das führte wiederum dazu, dass sich bestimmte stereotype Muster ausgebildet haben: Gesprächseröffnungen und –beendigung, Gesprächsorganisaton, -phasierung, Steuerung usw. (vgl. Hess-Lüttich 1990: 281)
Der Hauptgegenstand der vorliegenden Hausarbeit ist eine linguistische Analyse eines telefonischen Beratungsgesprächs. Analysiert wird ein Gespräch aus der von Eins Live Radio produzierten Sendung TALK RADIO. Unser Interesse richtet sich in erster Linie auf die sprachlichen Aspekte der Kommunikation. Anhand von dem Beispiel untersuchen wir, wie ein telefonisches Beratungsgespräch eröffnet wird( Kapitel 2); im Weiteren gehen wir darauf ein, wie das Problem des Anrufers präsentiert und behandelt wird( Kapitel 3); schließlich behandeln wir die Beendigungsphase des Gesprächs.(Kapitel 4)
Das Gespräch wurde am 25.07.07. aufgenommen; die gesamte Dauer des Gesprächs ist 13 Minuten 24 Sekunden. Das Gespräch wurde nach GAT Konventionen transkribiert ( Seltinng at al. 1998: 91-122).
1. Das Sendekonzept Eins Live Talk Radio
Die von Jürgen Domian moderierte Sendung TALK RADIO gibt es seit April 1995 fünfmal wöchentlich( vgl. Schramm 1999: 23). Gleichzeitig wird die Sendung in WDR ausgestrahlt. Auf diese Weise haben die Zuhörer und Zuschauer die Möglichkeit ihren Sprechpartner im Fernsehen zu sehen. So bekommen sie den Eindruck ein face-to-face Gespräch mit Domian zu führen.
Zweimal in der Woche sind die Themen des Gesprächs vorgegeben, an anderen Tagen werden die Themen durch die Anrufe der Zuschauer und Zuhörer bestimmt. Die Gesprächsteilnehmer werden sehr bunt gemischt. Das Publikum umfasst Leute verschiedener Altersgruppen, Nationalitäten, sozialer Herkünften. Das Alterspektrum der Anrufenden liegt zwischen 15 und 71 Jahren, drei viertel der Anrufenden sind unter 35 Jahre alt. Alle Bildungsschichten sind vertreten, 10 % der Anrufenden sind arbeitslos. (vgl. Schramm 1999: 25)
Die Zuschauertelefone werden Punkt Mitternacht geschaltet. Drei Rechercheure nehmen die Anrufe entgegen, erfragen von den Anrufern, was sie Domian erzählen wollen; die Rechercheure treffen dann die Vorauswahl und geben ihre Informationen an den Realisator, der durch einen Rückruf sich selbst den Eindruck von Gesprächskandidaten verschafft und die Rheinfolge der Anrufenden bestimmt. Dabei sorgen die Rechercheure und der Realisator dafür, dass die Themen eine unterhaltsame Mischung darstellen: Suizidalität, Scham, Leben nach einem Umfall, Sex an ungewöhnlichen Orten, Marotten, die Lust am Beobachten usw.
Die Sendung wird von einem Psychologe/einer Psychologin begleitet. Das Team hat die Möglichkeit, Anrufende an den Psychologen weiter zu leiten. Die Psychologen beraten die Anrufenden und geben Informationen über Beratungs- und Therapiemöglichkeiten weiter.
Der Moderator der Sendung Jürgen Domian stellt den Anrufenden keine Lösung für ihre Probleme bereit, der hört aufmerksam zu, und versucht gemeinsam mit der/dem Anrufenden rauszufinden, wie das Problem zu lösen ist. Es kann vorkommen, dass die Anrufenden gar keine Lösung für ihre Probleme suchen, sondern einfach einen Gesprächspartner brauchen. Aus einer Befragung der Anrufenden (vgl. Schramm 1999:26) geht hervor, dass die meisten Anrufenden mit ihrem Beitrag anderen Mut machen wollen. Einige Anrufenden möchten einfach mal eine Botschaft vermitteln. Fast 70% der Befragten gaben an, die Entscheidung zur Beteiligung in der Sendung habe mit der Person Jürgen Domian zu tun gehabt.
2. Eröffnungs- Phase des Gesprächs
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit der Eröffnungsphase des Gesprächs. Wir wollen zeigen, wie zwei Gesprächsteilnehmer in die Kommunikation eintreten, was sie für ein gemeinsames Ziel haben, und wie sie dieses Ziel zu erreichen versuchen. Das untersuchte Gespräch ist nicht einfach ein Beratungsgespräch, das ist ein telefonisches Beratungsgespräch. Dementsprechend hat es besondere Merkmale. In telefonischen Gesprächen „wird nur gerade der verbale Kanal benützt, während in face-to-face-Kommunikation auch alle anderen Kanäle mitbenützt werden, wobei der wichtigste wohl der visuelle ist.“ (Werlen 1979: 158)
Das analysierte Gespräch weist eine Besonderheit auf: das ist nicht das erste Gespräch des Moderators mit dem Anrufenden. Der Anrufende ,Hans, 67 Jahre alt, musste wegen seines Sohns seine Lebensgefährtin verlassen. Diesbezüglich meldete er sich bei Domian, in der Hoffnung einen Rat zu bekommen. Da dieser Fall viele Reaktionen hervorgerufen hat, entschied sich Domian den Hans anzurufen, um mit ihm noch mal über das Thema zu sprechen.
Eröffnungsphase eines Gesprächs ist sehr wichtig für ein telefonisches Beratungsgespräch: im Verlauf dieser Phase entscheiden sich die Gesprächsteilnehmer, ob sie miteinander Überhaupt ins Gespräch kommen wollen und inwieweit die Behandlung problematischer Themen möglich erscheint. “D.h. in der Eröffnungsphase werden die Weichen gestellt sowohl für den Fortbestand des Kontaktes als auch für die Qualität der Interaktionsbeziehung“. (Behrend et al. 1992: 108).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In diesem Ausschnitt des Gesprächs stellt der Moderator Jürgen Domian Hans vor. Nach Werlen( Werlen 1979:161) lässt sich die Eröffnung eines Telefongesprächs durch drei Sequenzen beschreiben:
1. Aufforderung- Antwort
2. Identifikation- Gegenindifikation
3. Gruß- Gegengruß
In unserem Fall fordert Domian Hans zum sprechen indem er seinen Namen nennt. Gleichzeitig identifiziert der Moderator seinen Gesprächspartner. Die für ein telefonisches Gespräch typische Einheit Gegenindifikation fehlt hier. Anschließend folgen die Einheiten Gruß- Gegengruß. In unserem Beispiel liegt schon eine Bekanntschaft vor, sie wird dadurch bestätigt, dass der Moderator und der Anrufende einander mit Namen ansprechen, ohne sich vorher vorgestellt zu haben. Sehr untypisch für ein telefonisches Beratungsgespräch ist die Tatsache, dass das Gespräch schon zum zweiten mal stattfindet, und dass im Gegensatz zu der klassischen Telefonseelsorge hier geringeren Grad an Anonymität gibt; der Moderator kennt nicht nur den Namen des Ratsuchenden, sondern auch sein Alter.
[...]
- Quote paper
- Julia Marnat (Author), 2007, Eins Live Talk Radio - Neue Form der Telefonseelsorge, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125793