Garantiert Zentralbankunabhängigkeit Preisniveaustabilität?


Seminar Paper, 2007

13 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Argumente für Zentralbankunabhängigkeit
2.1 Zeitinkosistenzproblem und institutionelle Lösungen
2.2 Unabhängigkeit

3. Empirische Studien zur Zentralbankunabhängigkeit
3.1 Methoden zur Messung der Zentralbankunabhängigkeit
3.2 Ergebnisse empirischer Studien

4. Schlussfolgerungen

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Seit den letzten zwei Jahrzehnten steigt überall auf der Welt, sowohl in Industrieländern als auch in Entwicklungsländern, der Grad der Zentralbankunabhängigkeit. Waren sie früher noch eine Abteilung des Finanzministeriums (Cukierman, 2006), so bilden die Zentralbanken heute vielfach eine Institution, welche die monetären, politischen Entscheidungen eigenständig und unabhängig trifft. Mit dieser Autonomie einher geht eine zumeist stabilere Inflationsrate und somit ein stabiles Preisniveau (im Folgenden wird der in empirischen Arbeiten gebräuchliche- re Ausdruck einer „niedrigen Inflationsrate“ als Synonym für die Preisniveaustabilität ge- nutzt).

Häufig wird beispielsweise die Unabhängigkeit der deutschen Bundesbank und gleichzeitig eine der niedrigsten Inflationsraten nach Ende des zweiten Weltkriegs als Indiz dafür gesehen, dass eine autonome Zentralbank ein effektives Mittel ist, um die Preisniveaustabilität zu si- chern (Eijffinger und de Haan, 1996).

In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob zwischen diesen beiden Faktoren ein Kausalzu- sammenhang besteht und ob Zentralbankunabhängigkeit (ZBU) das notwendige und hinrei- chende Kriterium ist um Preisniveaustabilität zu erreichen.

In Kapitel 2 werden grundlegende theoretische Modelle vorgestellt mit deren Hilfe der Zu- sammenhang zwischen den beiden Variablen beschrieben werden kann, um dann im Folgen- den die verschiedenen Bestandteile der ZBU zu definieren, auf mögliche Probleme hinzuwei- sen und konkrete institutionelle Ausgestaltungen vorzustellen.

Kapitel 3 befasst sich dann mit den Möglichkeiten die Zentralbankunabhängigkeit zu opera- tionalisieren, um damit empirische Studien durchführen zu können. Dies soll an Hand zweier, exemplarisch ausgewählter, Indikatoren verdeutlicht werden. Des Weiteren wird auf die Er- gebnisse aktueller empirischer Studien über den Zusammenhang zwischen ZBU und Preisni- veaustabilität eingegangen, um dann in Kapitel 4 die Ergebnisse zusammenzufassen.

2. Theoretische Argumente für Zentralbankunabhängigkeit

2.1 Zeitinkonsistenzproblem und institutionelle Lösungen

Das wohl am häufigsten angeführte und prominenteste Argument für die Zentralbankunab- hängigkeit basiert auf dem Zeitinkonsistenzproblem, welches Kydland und Prescott (1977) entdeckten.

In ihrem Modell stellen die Wissenschaftler die Nachteile diskretionärer Politik gegenüber einer regelgebundenen Politik dar. Bei ersterer Variante entscheiden die verantwortlichen Politiker so, dass zu jedem Zeitpunkt die beste Entscheidung unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation gefällt wird. Mit diesen Entscheidungen wird versucht eine fixe soziale Zielfunktion zu maximieren. Allerdings beeinflussen bereits diskretionäre Ankündigungen „die Erwartungen und damit auch das Handeln der privaten Wirtschaftssubjekte“ (Belke, Setzer, 2004, S.2) in dynamischen Systemen. Bei dynamischen, ökonomischen Systemen ist es also so, dass rationale Wirtschaftssubjekte ihr Handeln von den Erwartungen über das Verhalten der politischen Entscheidungsträger abhängig machen. Somit verändern sich die Rahmenbe- dingungen für die Politiker und der Anreiz sich an die Ankündigungen zu halten besteht nicht mehr. Ex post ist die zuvor angekündigte Strategie also suboptimal.

Bei sich ändernden ökonomischen Rahmenbedingungen durchschauen die Wirtschaftssubjekte in etwa wie sich Politiker in der entsprechenden Situation verhalten, nämlich zeitlich inkonsistent. Deshalb entsprechen die Erwartungen der Privaten nicht den Ankündigungen der Politiker. Letztendlich erkennen Politiker nicht, dass ihr Verhalten einen Effekt auf die optimalen Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte hat.

Barro und Gordon (1983b) griffen das Beispiel Inflation und Beschäftigung aus Kydland und Prescotts Aufsatz auf und erweiterten es um eine spieltheoretische Analyse bei der sich Regie- rung und Private in einer Art Gefangenendilemma befinden.

Es wird davon ausgegangen, dass diskretionäre Regime Überraschungsinflation, also Inflation, die über den Inflationserwartungen der Privaten liegt, erzeugen können. Der Vorteil liegt für die Regierung darin, dass aufgrund dieser Maßnahme kurzfristig die Arbeitslosigkeit verringert werden kann.1 Wenn die privaten Wirtschaftssubjekte allerdings die Anreize der Politiker verstehen, können diese Überraschungen nicht eintreten („Glaubwürdigkeitsproblem“) und die Privaten werden ihre Inflationserwartungen anpassen.

Beim nächsten Zusammentreffen sehen sich die Politiker wiederum den gegebenen Inflations- erwartungen der Privaten gegenüber und müssen die angestrebte Inflationrate abermals nach oben verändern um einen Effekt auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen. Langfristig führt dies dazu, dass Geldmengenwachstum und Inflation exzessiv werden und kein Effekt bei der Beschäftigung eintritt da rationale Wirtschaftssubjekte das Verhalten der Politik voraus sehen.2

Eine Lösung für dieses Problem liegt darin verbindliche Regeln für das Verhalten der Geldpo- litiker festzulegen, um so die Gefahren der Überraschungsinflation auszuschalten und Inflati- onsrate und Geldmengewachstum zu senken (Barro und Gordon, 1983a). Regeln dieser Art könnten beispielsweise - bei einem weniger ausgeprägtem Zeitinkosistenzproblem - eine In- flationsgrenze (Athey, Atkinson und Kehoe, 2005) sein, welche die höchste erlaubte Inflati- onsrate angibt. Somit hätten Politiker einen geringen diskretionären Spielraum um auf Schocks von außen, wie z.B. den „explodierenden“ Ölpreis in den 1970er Jahren, zu reagieren. Eine weitere erfolgversprechende Strategie ist die Festlegung auf ein konkretes Inflationsziel um die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik zu erhöhen und so die Inflationserwartungen der Privaten auf ein niedriges Niveau zu reduzieren (Johnson, 2002).

Wenn derartige monetäre Regelungen allerdings durchgesetzt sind haben die Politiker weiterhin die Möglichkeit von ihren Ankündigungen abzuweichen und nachträglich die Vorteile eines kurzfristigen Inflationsschocks auszunutzen. Diesem Problem ausweichen kann man, indem die monetäre Autorität von den Politikern auf eine unabhängige und konservative Zentralbank übertragen wird (Rogoff, 1985).

Konservativ in diesem Sinne bedeutet, dass die Zentralbank eine niedrigere Inflationsrate an- strebt als die Regierung und ihr oberstes Ziel die Preisniveaustabilität ist. Durch diese Institution kann die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik sichergestellt und somit die Unsicherheit der Privaten verringert werden (Grilli, Masciandaro und Tabellini, 1991). Aber was genau ist mit „unabhängig“ eigentlich gemeint?

2.2 Unabhängigkeit

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Unabhängigkeit einer Bank theoretisch zu definieren. Nach Eijffinger und de Haan (1996) beinhaltet ZBU drei Aspekte bei denen der Einfluss der Regierung ausgeschlossen oder reduziert werden muss: die personelle, finanzielle und politische Unabhängigkeit.

Bei der personellen Unabhängigkeit geht es um die Frage, ob Regierungsmitglieder direkten Einfluss durch Mitgliedschaft in den Gremien der Bank wie Vorstand oder Verwaltung haben und beispielsweise ein Mitspracherecht bei Amtszeiten oder der Benennung oder Entlassung des Bankenvorstandes haben.

Finanzielle Autonomie erreicht die Bank dann, wenn es der Regierung weder direkt noch in- direkt möglich ist ihre Ausgaben mittels Zentralbankkrediten zu finanzieren. Dadurch kann vermieden werden, dass die Geldpolitik der Fiskalpolitik untergeordnet wird.

[...]


1 Aufgrund der Tatsache, dass Politiker allein an ihrer Wiederwahlinteressiert sind können sie durch vorübergehende Stimulation realer ökonomischer Faktoren wie der Beschäftigung ihre Chancen bei der nächsten Wahl erhöhen (Nordhaus, 1975). Weitere Studien (Cukierman, 1992; Schaling, 1995) unterscheiden sich hierbei lediglich in den Annahmen über die Anreize der Politiker.

2 Spieltheoretisch argumentierten Barro und Gordon (1983b), dass bei wiederholten Spielen, zum Beispiel auf- grund von Reputationseffekten, selbst bei diskretionärer Politik ein Gleichgewicht mit niedriger Inflation auf- treten kann.

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Details

Title
Garantiert Zentralbankunabhängigkeit Preisniveaustabilität?
College
University of Münster  (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Monetäre Ökonomie)
Course
Seminar zur allgemeinen Volkswirtschaftslehre
Grade
1,7
Author
Year
2007
Pages
13
Catalog Number
V125837
ISBN (eBook)
9783640313594
ISBN (Book)
9783640317356
File size
427 KB
Language
German
Keywords
Garantiert, Zentralbankunabhängigkeit, Preisniveaustabilität
Quote paper
Diplom-Volkswirt Benedikt Hüppe (Author), 2007, Garantiert Zentralbankunabhängigkeit Preisniveaustabilität?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125837

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